02.07.00. Der lange Winter des Niedergangs. 1884 bis 1886 / Chronik 30. Jänner bis 31. Dezember 1884

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Überblick

1884 war das Schicksalsjahr der radicalen Arbeiterbewegung in Österreich. Das Attentat von Anton Kammerer (1862–1884), der am 15. Dezember 1883 den Polizeokonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) erschoss, mochte für viele Radicale und insbesondere die Wiener als verständlicher Racheakt gegen einen die Arbeiterschaft bespitzelnden und die Arbeiterinnen und Arbeiter schikanierenden Polizisten nachvollziehbar gewesen sein. Die Attentate des mit den Wiener Verhältnissen völlig unvertrauten Hermann Stellmacher (1853–1884), der obendrein noch eigensinnig und nicht bereit war, sich mit den Genossinnen und Genossen vor Ort zu besprechen, brachten im Jänner 1884 das Fass zum Überlaufen. Die Verunsicherung unter den Radicalen war groß, reichte von Ablehnung über Erklärungsversuche bis hin zur weiteren Radikalisierung. Staatlicherseits folgte die Verhängung des Ausnahmezustands über Wien sowie die niederösterreichischen Gerichtsbezirke Korneuburg und Wiener Neustadt, wodurch die gerade im Schwung befindliche radicale Arbeiterbewegung und die ersten Keime einer anarchistischen Bewegung in Österreich auf Jahre hinaus zerstört wurden. Und mit der Ausweisung und Flucht von Josef Peukert (1855–1910) findet dessen anarchistische Pionierarbeit in Österreich nach nur siebenundzwanzig Monaten ihr abruptes Ende. Die Attentate der Sozialrevolutionäre als Initialzündung einer sozialen Revolution hatten sich als Fehleinschätzung herausgestellt. Die vorsätzliche Tötung, also Ermordung der beiden Attentäter durch die Justiz begründete zwar einen Märtyrerkult, insbesondere um Hermann Stellmacher, doch währte dieser nicht allzu lange. Kaum ein Jahr nach der Hinrichtung von Anton Kammerer und Hermann Stellmacher mehrten sich auch in der radicalen Arbeiterbewegung die Stimmen, die zwar mitfühlendes, ja mitleidiges Verständnis für Kammerer und Stellmacher bezeugten, in ihnen aber vor allem Opfer der sozialen Missstände sahen.

Der Ausnahmezustand bedingte auch eine geografische Neugewichtung der radicalen Arbeiterbewegung Österreichs. Während Wien fast vollständig an Bedeutung verlor, entwickelte sich Graz (Steiermark) zum neuen Zentrum, und aus Wien ausgewiesene Radicale nahmen starken Einfluss auf die Arbeiterbewegung in Oberösterreich, wo sich die Radicalen seit Herbst 1884 zu reorganisieren begannen. Bemerkenswert ist, dass die Sozialrevolutionäre von Wiener Neustadt (Niederösterreich) am 22. und 23. September 1884 mit ihrem Bombenanschlag auf den Turm der Kirche und auf das Rathaus sowie am 30. November 1884 auf die Kirche trotz Ausnahmezustands ein kräftiges Lebenszeichen von sich gaben. In den außerhalb Österreichs liegenden Teilen der Österreichisch-Ungarischen Monarchie blieben Böhmen und Mähren wichtig. Vor allem aber wurde Budapest (Ungarn) in den ersten Monaten nach dem Ausnahmezustand in Wien ein zentraler Rückzugspunkt der Radicalen Österreichs, bis sie auch hier seit Mitte März 1884 den behördlichen Verfolgungen zum Opfer fielen. Ähnlich erging es auch den Radicalen in der Hauptstadt von Krain, Laibach [Ljubljana, Slowenien], welche schon seit längerer Zeit gute Verbindungen zu Graz aufgebaut hatten; sie wurden durch die Verhaftungswelle vom April 1884 zunächst einmal neutralisiert.

Der Ausnahmezustand konnte die Flugschriftenpropaganda in Wien zwar eindämmen, jedoch nicht verhindern. Neu ist, dass verbotene Druckschriften sowie radicale Zeitungen nunmehr teilweise in Budapest hergestellt und von dort in die österreichische Reichshälfte eingeschmuggelt wurden. Aufsehen erregte die Aushebung einer geheimen Druckerei in Wien am 3. September 1884 und der anschließende Hochverratsprozess gegen zwanzig daran beteiligte Radicale vom 26. bis 29. November 1884. Die Abdrängung in die Illegalität und das Fehlen eines öffentlichen Organs verdammte die ohnedies wenigen Anarchistinnen und Anarchisten in Österreich zu einem Dasein in kleinen, geheimen Zirkeln und verurteilte die einst breite radicale Arbeiterbewegung zu einer Existenz in Kleinstgruppen Eingeweihter. Und viele wurden ins Exil gezwungen, vor allem nach London (England), Paris (Frankreich) und in die USA, wo sie sich besonders in New York City (New York) und Chicago (Illinois) in sozialrevolutionären und teils anarchistischen Gruppen zu organisieren begannen.

Der bedeutende Historiker anarchistischer Bewegungen Max Nettlau (1865–1944) war damals Augen- und Ohrenzeuge der Vorgänge in Österreich: »Am Abend des 15. Dezember [1883; R. M.] fand – nach der Chloroformierung des Merstallinger,1 1882 – die erste ernste Gewalttat in Oesterreich statt, die ein offener Protestakt war, die Erschießung des Polizeikonzipisten Hlubek2 in dem Fabriksort Floridsdorf bei Wien durch Anton Kammerer,3 einen jungen dortigen Arbeiter […]. Der Mord an Hlubek hatte den Arbeitern keinen Kummer bereitet, die Regierung und Polizei erbittert und war gerade das äußerste, was ohne Ausnahmsmaßregeln noch hätte vorübergehen können. Das mußte jeder an Ort und Stelle fühlen und Peukert sagte es Kammerer und dieser sah es ein und versprach, dafür zu sorgen, daß Peukert mit Stellmacher4 spreche, der einen ›sehr dicken Schädel‹ habe. [/] Stellmacher aber, der aus Grottkau in Preußisch-Schlesien war, früherer Unteroffizier und offenbar ein sehr eigensinniger Mann, wollte – nach Peukert – diesen nicht sehen; Peukert sei ein ›Angstmeier‹ und ›Quasselhannes‹, ›und er tue, was ihm gefalle‹ usw.; Peukert ›sei ihm schon viel zu viel Autorität geworden‹. Es wagte offenbar niemand Stellmacher entgegenzutreten, dem auch Kammerer sich fügte und so fand am 10. Jänner 1884 in der belebtesten Geschäftsstraße von Wien der dreifache Mord in der Wechselstube Eisert statt (der Geschäftsinhaber und seine beiden Kinder),5 der Stellmacher nachgewiesen wurde, mit dessen Beutevertrieb militante Sozialrevolutionäre in Wien und Budapest sich befaßten und bei dem auch Kammerer anwesend oder mittätig gewesen sein soll. Dies wurde erst durch Stellmachers Verhaftung festgestellt, der unmittelbar nach der Erschießung eines Detektivs6 am 24. Januar ergriffen wurde: dieser zweite Polizistenmord und die bald ersichtliche übrige Tätigkeit von Stellmacher hatte dann auf Jahre hinaus den vom Parlament beschlossenen Ausnahmszustand für Wien und zwei niederösterreichische Industriebezirke zur Folge, der vom 30. Januar 1884 ab in Kraft trat und die öffentliche Parteitätigkeit vernichtete und hunderte von Militanten, die nicht an einem Ort des Ausnahmsgebiets heimatberechtigt waren (wo sie interniert werden konnten) aus diesem Gebiet dauernd verwies, so daß nur ganz wenige in Wien zurückblieben und jeder neutätige, wenn er nicht ›zuständig‹ war, von Ausweisung bedroht war. […] Dieses trostlose Ende der neben der spanischen und der wiederbelebten italienischen schönsten antiautoritären Bewegung erregt Kummer und Aerger – Kummer über das Verhängnis, das das Schicksal von Bewegungen so sehr mit dem Tun und Treiben einzelner Teile derselben oder einzelner Personen verbindet, und Aerger über die besondere Rücksichtslosigkeit in diesem Fall und den bis heute dauernden, noch unheilbaren Schaden. Ob Peukert die Ereignisse wirklich überraschten oder nicht, ist schließlich geringfügig; jedenfalls waren andere da, die Stellmacher sich hörig machte und gegen die Peukert nicht ankämpfen konnte oder wollte. Revolutionär war dieser Einbruch in eine sich mit solcher Mühe aufrechthaltende Bewegung nicht, die gerade noch den Schuß von Kammerer ausgehalten und eine Erholungspause verdient hatte, wenn man überhaupt wollte, daß sie weiterbestehen könne. Das war aber Stellmachers geringste Sorge, der […] in Deutschland und der Schweiz […] sich wohl kaum hätte halten können und der sich daher nach Oesterreich warf, wo sein Auftreten die Bewegung ruinieren mußte, ob er selbst mit dem Leben davon komme oder nicht. Er wurde gehängt (6. August, 1884), aber das Jahr 1884 sah hunderte von Ausweisungen, die schwersten Prozesse in Wien, Graz, Prag usw., u. a. 105 Kerkerjahre in einem Wiener, 41 in einem Prager Prozeß wegen geheimer Drucke, es sah die gänzliche Zerstörung der Bewegung in Ungarn, […] es sah die beginnenden, später nach Stellmachers Tod gesteigerten Schweizer Ausweisungen, die Neve wieder ins Gefängnis brachten, – kurz es war keine Aussicht für die Bewegung mehr als von 1884–85 ab in einigen Londoner und New Yorker Gruppen ein Exilleben zu führen.«7

 

Chronik

  • 30. Jänner 1884 (Mittwoch)
    Wien / Korneuburg (Niederösterreich) / Wiener Neustadt (Niederösterreich): Am 30. Jänner 1884 beschließt der Ministerrat unter Vorsitz des Ministerpräsidenten Eduard Graf Taaffe (1833–1895) zwei Ausnahmsverordnungen, welche noch am selben Tag die allerhöchste Genehmigung durch Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) erhalten. Damit ist die gesetzliche Grundlage für die Verhängung des Ausnahmezustands in den niederösterreichischen Gerichtsbezirken Wien, Korneuburg und Wiener Neustadt geschaffen. Es handelt sich um zwei Verordnungen: 1) Die Verordnung des Gesamtministeriums vom 30. Jänner 1884, Regierungsgesetzblatt Nummer 15, mit welcher für die Gerichtssprengel Wien, Korneuburg und Wiener Neustadt Ausnahmsverfügungen getroffen werden, basierend auf dem Gesetz vom 5. Mai 1869, das für den Fall ausgedehnter hochverräterischer und die persönliche Sicherheit gefährdender Umtriebe die Regierung zur Erlassung von Ausnahmsverfügungen ermächtigt. Die nun getroffene Ausnahmsverfügung für die drei Gerichtssprengel suspendiert die Grundrechte der Freiheit der Person, des Hausrechts, des Briefgeheimnisses, der Versammlungs- und Vereinsfreiheit, der freien Meinungsäußerung sowie Pressefreiheit und ermächtigt die Regierung, Ausnahmsverordnungen zur Handhabung der Polizei- und Strafgewalt zu erlassen. 2) Die Verordnung des Gesamtministeriums vom 30. Jänner 1884, Regierungsgesetzblatt Nummer 16, betreffend die Einstellung der Wirksamkeit der Geschworenengerichte für die Gerichtssprengel Wien und Korneuburg. Diese suspendiert aufgrund des Gesetzes vom 23. Mai 1873 die Geschworenengerichtsbarkeit in den beiden Gerichtsbezirken. Später wird eine solche Verordnung auch für den Gerichtsbezirk Wiener Neustadt erlassen (►19. Dezember 1884). (►31. Jänner 1884)

  • 30. Jänner 1884 (Mittwoch)
    Graz (Steiermark): Am 30. Jänner 1884 findet vor dem Landes- als Schwurgericht Graz unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Prozess gegen den am 12. November 1883 (Montag) verhafteten Schuhmachergehilfen und nunmehrigen Schuhwarenhausierer Nikolaus Podboj und den am 15. November 1883 (Donnerstag) verhafteten Schuhmachergehilfen Franz Pronegg (1833–1886) statt. Sie werden der Verbrechen des Hochverrats, der Majestätsbeleidigung und der Aufforderung zum Mord angeklagt, begangen durch die Versendung des Flugblatts »Arbeiter! Große Krankheiten […] [/] Dělníci! Vzbůru lide pracujici […]« (►22. Oktober 1883) nach Deutschlandsberg (Steiermark) im November 1883 und zweier weiterer revolutionärer Flugschriften. Im Sinne der Anklage werden Nikolaus Podboj zu zwölf und Franz Pronegg zu acht Jahren schwerem Kerker verurteilt. Aus Rache denunziert daraufhin Franz Pronegg seine ehemaligen Genossen, was am 5. Februar 1884 zur Verhaftungswelle unter den steirischen Radicalen führen wird. Franz Pronegg wird wegen seiner Denunziation bereits 1885 aus dem Gefängnis entlassen und den Namen »Georg Mischitz« annehmen dürfen.

  • 31. Jänner 1884 (Donnerstag)
    Wien und Vororte / Korneuburg (Niederösterreich): Am 31. Jänner 1884 überträgt das Ober-Landesgericht Wien die Untersuchung und Durchführung des Strafprozesses hinsichtlich der Morde am Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) und am Polizei-Detektiv Ferdinand Blöch (1844–1884) vom für Floridsdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]) zuständigen Kreisgericht Korneuburg (Niederösterreich) an das Landesgericht Wien.
  • 31. Jänner 1884 (Donnerstag)
    Wien / Korneuburg (Niederösterreich) / Wiener Neustadt (Niederösterreich): Am 31. Jänner 1884 werden die Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 publiziert und damit rechtskräftig. Am ►15. Februar 1884 werden sie auch durch den Reichsrat genehmigt werden. Bereits am 1. Februar 1884 wird die Bevölkerung Wiens mittels Plakaten auf den Ausnahmezustand hingewiesen und von ihr ein entsprechendes Verhalten eingefordert werden. Es machen sich nunmehr Leute strafbar, die einer von der Behörde aus Wien ausgewiesenen Person Obdach geben, ohne dies der Behörde sofort anzuzeigen. Bei Zusammenrottungen auf der Straße muss der Aufforderung der Sicherheitsorgane zum Auseinandergehen ohne Widerspruch Folge geleistet werde. Außerdem ist das demonstrative Tragen von Abzeichen verboten. Noch in der Nacht vom 31. Jänner auf Freitag den 1. Februar 1884 werden viele Radicale verhaftet und ausgewiesen. Zu den ersten gehört der in Nürnberg (Bayern) weilende Maler- und Anstreichergehilfe Josef Peukert (1855–1910), der in contumaciam (in Abwesenheit) ausgewiesen wird. (►2. Februar 1884) Erst am 9. Juni 1891 (Dienstag) werden die Ausnahmsverordnungen außer Wirksamkeit gesetzt werden, allerdings mit der Einschränkung, dass die aus den drei Gerichtsbezirken Ausgewiesenen weiterhin ausgewiesen bleiben, sofern ihnen nicht die Sicherheitsbehörden die Rückkehr fallweise gestatten. Insgesamt werden nach Angaben der Regierung dreihundertneunundsiebzig Personen aus den von den Ausnahmsverordnungen betroffenen Gebieten ausgewiesen, davon dreihundertsechsunddreißig von der Polizei-Direktion Wien, wobei allein im ersten Jahr zweihundertsiebenundneunzig Personen ausgewiesen werden. Allerdings werden diese Zahlen sogar im Reichsrat bezweifelt, wo man von mindestens vierhundertneunzehn Ausgewiesenen zwischen 1884 und 1890 spricht. (►15. Februar 1884)

  • Februar 1884
    Ober-Rosenthal (Böhmen [Horní Růžodol, zu Liberec, Tschechien]): Im Februar 1884 erscheint die erste Nummer der tschechischen Untergrundzeitung »Pomsta« ([Horní Růžodol]; Die Rache), deren erste drei Nummern in einer geheimen Druckerei in Ober-Rosenthal gedruckt werden. Ab 1886 wird die Zeitung – ebenfalls ohne Angabe eines Verlagsorts – in London (England), ab 1887 in Paris (Frankreich) und zuletzt in New York City (New York, USA) verlegt, und zwar bis April 1895. (►12. Februar 1885) Die Weiterverbreitung der Zeitung wird mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht vom 31. März 1884 in Österreich verboten.

  • Februar 1884
    Wien und Vororte: Der erst am 7. Jänner 1884 aus dem Gefängnis entlassene Mechaniker Leo Walecka (1856–1914) geht nach Verhängung der Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 in die Schweiz ins Exil, wo er sich in St. Gallen / Saint-Gall / San Gallo (Kanton St. Gallen, Schweiz) als Schlosser niederlässt. Hier arbeitet er eng mit aus Österreich exilierten Anarchisten zusammen, etwa mit den Schuhmachergehilfen Adolf Brylicki (1852–?) und Károly Halbedl (1847–1914), mit dem Seilergehilfen Josef Klinger (1856–?) und mit dem Drechslergehilfen Josef Koubský (1855–?). Leo Walecka soll dort an auch der Herausgabe anarchistischer Druckschriften mitgewirkt haben. (Juli 1884)

  • 1. Februar 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Neben dem persönlichen Leid für die Ausgewiesenen, deren Frauen, Kinder und vielfach auch Eltern, die meist von den Ausgewiesenen erhalten werden, zeitigen die Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 einschneidende Veränderungen in der radicalen Arbeiterbewegung Österreichs. Aus dem Wirkungsbereich werden allein zwischen Freitag dem 1. und Sonntag den 17. Februar 1884 insgesamt 238 Personen ausgewiesen: 215 Inländer und 23 Ausländer (vierzehn Ungarn, sechs Deutsche, zwei Schweizer, ein Russe). Von den 180 aus Wien ausgewiesenen Personen, alles Inländer, sind 61 verheiratet, 119 ledig oder verwitwet. Dazu kommen das Verbot der radicalen Zeitungen – »Dělnické listy« (Vídeň [Wien]; Arbeiterblätter) (►19. Jänner 1884) und »Die Zukunft« (Wien) (►24. Jänner 1884) – am 1. Februar 1884 und die Auflösung radicaler Organisationen, oder – wie im Fall des wichtigen »Arbeiter-Bildungsvereins Wien« (►4. Februar 1884 und ►7. November 1885) – deren »freiwillige« Stilllegung. Damit wird die radicale Arbeiterbewegung in Wien und Umgebung vollständig und ausschließlich in den Untergrund gedrängt, und dies betrifft alle Gruppierungen: Radicale, Sozialrevolutionäre, Anarchistinnen und Anarchisten. Gleichzeitig verliert Wien seine Rolle als Zentrum der radicalen Arbeiterbewegung, welche sich nun in der Steiermark und bald auch in Oberösterreich konzentriert. Vertreter und Institutionen der Gemäßigten bleiben von den Verfolgungen verschont; ihre Vereine und Zeitungen können weiterbestehen, ihre Anhänger werden nicht ausgewiesen, wenn man von dem einzig nachweisbaren Fall des Metallarbeiters Adolf Cedl, erster Obmann-Stellvertreter des am 5. Februar 1883 (Montag) gegründeten gemäßigten »Böhmisch-politischen Vereins in Wien ›Volnost‹« (Freiheit), im Juli 1884 absieht. Dass auch Bürgerliche von den Ausnahmsverordnungen betroffen sind, zeigt folgender Vorfall: Am Morgen des 1. Februar 1884 findet in der altehrwürdigen Druckerei von Wilhelm Jacobi (1834–1900) in Wien 1., Schottenring 6, in welcher unter anderem die Zeitung »Die Zukunft« (Wien) gedruckt worden war, eine Hausdurchsuchung statt, die Druckerei selbst durch eine Verfügung des Wiener Polizeipräsidenten gesperrt. Wilhelm Jacobis Rekurs wird von der niederösterreichischen Statthalterei abgelehnt werden, doch wird ihm am Freitag dem 18. April 1884 im Gnadenwege die probeweise Weiterführung des Unternehmens gestattet werden.

  • 1. Februar 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Am 1. Februar 1884, um 5 Uhr morgens, wird der Schuhmachergeselle Hermann Stellmacher (1853–1884), dessen Identität der Polizei noch immer unbekannt ist, vom Polizei-Gefangenenhaus ins Wiener Landesgericht überstellt. Erst am Sonntag dem 3. Februar 1884 wird die Mitteilung der Polizei-Direktion Dresden (Sachsen) vom 1. Februar 1884 bei der Polizei-Direktion Wien eintreffen, aufgrund welcher seine Identität endlich geklärt werden kann. Hermann Stellmacher gesteht schließlich am Montag dem 4. Februar 1884 seine Identität.

  • 1. Februar 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Am 1. Februar 1884 erfolgten die ersten Ausweisungen aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884: der Eisendreher Julius Břestian (1852–?), der Spenglergehilfe Ludwig Bürkner (~1851–?), der Webergehilfe Rudolf Culowsky (~1853–?), der Miedermacher Franz Gams (1850–1899), der Fabrikarbeiter Josef Gröger (1851–?), der Maschinenschlosser Franz Hruby (~1859–?), der Eisendreher Wenzel Hruby (1857–?), der Weber Josef Hybeš (1850–1921), der Tischlergehilfe Franz Jonas (1864–?), der Schuhmachergehilfe Franz Kraus (1859–?), der Tischlergehilfe Josef Kreps (1859–1945), der Kleidermachergehilfe Franz Kulik (1854–?), der Schuhmachergehilfe Karl Masur (1850–191?), der Bäckergehilfe Franz Nemez (1842–?), der Bäckergehilfe Anton Notzar (1848–1917), der Maschinenschlosser Franz Pech (1852–?) und dessen Bruder, der Schlosser Hugo Pech (1856–?), der Journalist und Zeitungsherausgeber Josef Boleslav Pecka (1849–1897), der Schuhmachergehilfe Johann Pischler (1854–?), der Büchsenmacher Johann Protz (1858–?), die Näherin Marie Protz (1851–?), der Bäckergehilfe Franz Stradal (~1855–?), der Metallarbeiter Adalbert Steska (1858–?), der Tischler Wenzel Štefek (1850–?), der Fabrikarbeiter Johann Sündermann (1859–?) und der Schlossergehilfe Johann Wach (1849–?). Diese Liste wird die Polizei-Direktion Wien intern am 6. Februar 1884 veröffentlichen, aber erst am 16. Februar 1884 der Presse bekanntgeben.

  • 2. Februar 1884 (Samstag) und 3. Februar 1884 (Sonntag)
    Oberösterreich: Am 2. Februar 1884 trifft der Maler- und Anstreichergehilfe Josef Peukert (1855–1910) aus Nürnberg (Bayern) kommend in Linz an der Donau (Oberösterreich) ein, um sich sofort nach Ried im Innkreis (Oberösterreich) zu begeben. Hier will er den im nahen Gefängnis Suben (Oberösterreich) wegen Hochverrats einsitzenden Schuhmachergehilfen und Redakteur Johann Richter (1852–nach 1932) besuchen (►25. Mai 1882), erhält aber keine Erlaubnis dafür. Am selben Abend nimmt Josef Peukert an einem Fest des »Arbeiter-Bildungs-Vereins Ried« teil. Beim Fest trifft ein Genosse aus Linz an der Donau ein, mit der Nachricht, dass über Wien der Ausnahmezustand verhängt und viele Genossen verhaftet worden seien. Von seiner eigenen Ausweisung (►31. Jänner 1884) weiß Josef Peukert noch nichts. Nicht zuletzt auf Drängen der Linzer Genossen flüchtet Josef Peukert am frühen Morgen des 3. Februar 1884. Vom Hafnergehilfen Anton Fuchs (1847–?) bis zur Grenze begleitet, begibt er sich zu Fuß über die bayerische Grenze und weiter in die Schweiz. Damit endet nach siebenundzwanzig Monaten die anarchistische Pionierarbeit Josef Peukerts in Österreich. Peukert wird angesichts dieser Ereignisse bis in die jüngste Gegenwart von sozialdemokratischen Parteihistorikern der Konfidententätigkeit bezichtigt, wobei als Beweis der erst nach Josef Peukerts Flucht erlassene Steckbrief angeführt wird. Ein Blick auf das Dokument hätte genügt: Dieser Steckbrief der Polizei-Direktion Wien vom ►20. Februar 1884 wird nicht im Zusammenhang mit dem Ausnahmezustand erlassen, sondern wegen eines Pressevergehens im Jahr 1883 (►8. November 1883).

  • 3. Februar 1884 (Sonntag)
    Wien und Vororte: Die vom Webergehilfen Josef Hybeš (1850–1921) für den 3. Februar 1884 in »Neßner’s Bierhalle« und Restauration »zum Stadtgut« (Johann Neßner) in Sechshaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]), Sechshauser Hauptstraße 7 [Sechshauser Straße], einberufene öffentliche Arbeiterversammlung wird gemäß Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 behördlich verboten. Josef Hybeš wird nach Verhängung der Ausnahmsverordnungen über Wien als einer der Ersten abgeschafft. (►8. Februar 1884)

  • 3. Februar 1884 (Sonntag) bis 20. Februar 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 3. Februar 1884 gehen um 17 Uhr 30 über zweihundert Arbeiter in kleinen Trupps von Floridsdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]) in die Brigittenau (Wien 20.), wo sie sich in »Weiland’s Gasthaus« (Valentin Weiland) in Wien 20., Klosterneuburger Straße 33, formieren. Die »Arbeitermarseillaise« – also »Le Chant des ouvriers« (Paris 1846) von Pierre Dupont (1821–1870) – singend, marschieren sie danach in Kolonne über die Alserbachstraße (Wien 9.) gegen das Polizeikommissariat in der Roßau (Wien 9.). Dort werden sie aber durch bereits postierte Wachleute an weiteren Aktionen gehindert. Revolutionäre Lieder, aber auch mit sozialistischen Texten versehene Volkslieder singend, ziehen sie danach unter Hochrufen auf die inhaftierten Arbeiter durch die Spitalgasse, Lazarettgasse (beide Wien 9.) durch die Hernalser Linie (Wien 17.) und die Ottakringer Hauptstraße [Ottakringer Straße] in Ottakring (Niederösterreich [zu Wien 16.]) zur Hernalser Dampf-Ölfabrik in Hernals (Niederösterreich [zu Wien 17.]), Ottakringer Straße 258. Hier zerstreut sich der Demonstrationszug, viele Teilnehmer begeben sich in das dortige Gasthaus. Diese in der Wiener Bevölkerung viel beachtete Demonstration ist gleichsam ein letztes öffentliches Aufbäumen der Arbeiterschaft gegen den behördlichen Ausweisungsterror. (►20. bis 28. Februar 1884)

  • 4. Februar 1884 (Montag) bis 20. Februar 1884 (Mittwoch)
    Budapest (Ungarn): Am 4. Februar 1884 kommt aus Zürich / Zurich / Zurigo (Kanton Zürich, Schweiz) der Buchbindergehilfe Anton Kammerer (1862–1884) (►11. Jänner bis 3. Februar 1884) nach Budapest, reist am nächsten Tag wieder ab, um wenige Tage später erneut nach Budapest zurückzukehren, wo er nach Vermutungen der Polizei beim Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube (►10. Jänner 1884) geraubte Wertpapiere Genossen übergeben und den Schneidergehilfen und nunmehrigen Fabrikarbeiter Ármin Práger (1851–1905) mehrfach getroffen und diesem 15 Gulden übergeben haben soll. Einen Teil der geraubten Wertpapiere, nämlich vierundzwanzig Stück Liesinger Brauerei-Aktien, soll Anton Kammerer unter dem Decknamen »Konrad Wilkens« am Freitag dem 8. Februar 1884 in der Wechselstube der Escompte- und Wechslerbank in Budapest selbst deponiert haben. Weitere Wertpapiere habe der Hausknecht Salomon Blau am nächsten Tag dieser Bank verkauft. (►5. bis 9. Dezember 1884) Diese Papiere werden allerdings erst am Donnerstag dem 20. März 1884 von der Polizei ausfindig gemacht werden. Dies wird später zu einer von der Polizei festgestellten Involvierung ungarischer Radicaler in den Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube und zu einer Verhaftungswelle führen. (►13. März 1884) Außerdem soll Anton Kammerer am Sonntag dem 10. Februar 1884 dem Bankbuchhalter Jónás Gyula Fried (1864–1929) 25 Gulden vom Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube übergeben haben. Sicher ist lediglich, dass der Inhaftiertenfonds der Radicalen seit Verhängung der Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 über Wien in Budapest verwaltet und dass hier vor allem im Monat Februar sehr viel Geld für Inhaftierte und auch Ausgewiesene gesammelt wird. Gesichert ist auch, dass in Budapest Wertpapiere auftauchen und von den Behörden sichergestellt werden, die beim Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube geraubt wurden, und schließlich, dass Anton Kammerer seit Montag dem 18. Februar 1884 erneut in Budapest ist und am ►20. Februar 1884 von hier nach Wien abreist.

  • 4. Februar 1884 (Montag)
    Wien und Vororte: Nachdem bereits am Tag zuvor besondere Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden waren, werden am 4. Februar 1884 die der Mitschuld an der Ermordung des Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) (►15. Dezember 1883) verdächtigten Radicalen, nämlich der Lackierer in einer Lokomotivfabrik Johann Ondra (1856–?), der Brotführer Ferdinand Schaffhauser (1836–190?), der Webergehilfe Josef Till (1855–?) und sein Bruder, der Webergehilfe Johann Till (1863–?), vom Kreisgericht Korneuburg (Niederösterreich) ins Landesgericht Wien überstellt. Die Verfahren gegen Johann Till und Josef Till, in dessen Notizbuch eine Fotografie der russischen Sozialrevolutionärin Sofja Lwowna Perowskaja ‹Софья Львовна Перовская› (1853–1881) gefunden worden war, werden am 25. Februar 1884 (Montag) ohne Anklageerhebung eingestellt, die beiden aus der Untersuchungshaft entlassen, Johann Till am 26. Februar 1884 (Dienstag) aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 aus Wien ausgewiesen werden. (►27. Mai 1884)

  • 4. Februar 1884 (Montag)

  • Wien und Vororte: Am 4. Februar 1884 wird der Damenschneidergehilfe Anton Král (~1859–?) am Neubau (Wien 7.) verhaftet. Unter seinem Namen und mit seinen Papieren hat sich der Schuhmachergeselle Hermann Stellmacher (1853–1884) in einem Kabinett in Wien 2., Vereinsgasse 1, bei Ignaz Zelinka, ein Handelsagent und Vereinsdiener, und seine Ehefrau Anna Zelinka (1820–1896) einquartiert (►13. Jänner 1884), Anton Král wird sich deswegen am ►7. April 1884 vor Gericht verantworten müssen.

  • 4. Februar 1884 (Montag)
    Wien und Vororte: Am 4. Februar 1884 findet im Gasthaus »zum Wasen« (Franz Geischläger) in Wien 6., Dreihufeisengasse 13 [Lehárgasse], eine außerordentliche Generalversammlung des »Arbeiter-Bildungsvereins Wien« statt, auf der unter dem Druck der gegenwärtigen Situation nach einstündiger Debatte mit Dreiviertel-Mehrheit die freiwillige Auflösung beschlossen wird. Tatsächlich handelt es sich aber dann nur um eine zeitliche Stilllegung (►7. November 1885).

  • 4. Februar 1884 (Montag)
    Budapest (Ungarn): Am 4. Februar 1884 wird das Flugblatt »An die Männer des arbeitenden Volkes in Oesterreich! Wien, im Februar 1884«8 in Budapest hergestellt, das erste Druckwerk der Wiener Radicalen seit Verhängung der Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884. In dem mit »Die Herausgeber des Central-Organes der socialdemokratischen Arbeiter-Partei Oesterreichs ›Die Zukunft« gezeichneten, in Budapest gedruckten Flugblatt werden die Genossen aufgefordert, Unterstützungsgelder an den Futteralmacher August Koditek (1855–?) in Budapest (Ungarn) zu schicken. Da August Koditek am Dienstag dem 26. Februar 1884 aus Ungarn ausgewiesen werden wird, wird nach ihm der Schriftsetzer Mátyás Rusz (1860–?) den Inhaftiertenfonds der Radicalen übernehmen.

  • 4. Februar 1884 (Montag)
    Wien und Vororte: Am 4. Februar 1884 1884 beratet die Obmannschaft des Clubs der Vereinigten Linken das Abstimmungsverhalten anlässlich der am nächsten Tag bevorstehenden Lesung der Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 im Reichsrat. Einige sprechen sich für die Annahme aus, Ernst von Plener (1841–1923) und mit ihm die Mehrheit des Clubs dagegen. Daher wird der deutsch-liberale Abgeordnete Eduard von Kopp (1827–1902) beauftragt, im Reichsrat genauere Begründungen zu fordern. (►5. Februar 1884)

  • 5. Februar 1884 (Dienstag)
    Graz (Steiermark): Die Verfolgung der radicalen Arbeiterbewegung trifft nun auch die Steiermark hart. Aufgrund der Denunziation des wegen Hochverrats verurteilten Schuhmachergehilfen Franz Pronegg (1833–1886) (►30. Jänner 1884) werden am 5. Februar 1884 in Graz zweiundzwanzig Radicale verhaftet: der Kleidermachergehilfe Ferdinand Gabriel (1828–1902), die Tuchmachergehilfen Alois Hartel und Rudolf Hartel, die Schuhmachergehilfen Johann Huber und Karl Hubmayer (1856–?), der erst Ende Februar 1883 von Laibach (Krain [Ljubljana, Slowenien]) nach Graz gekommen war, der Schuhmachermeister Franz Kabelka, der Eisendreher Gustav Kappauf (1856–?), der Buchhalter der »Allgemeinen Arbeiter-Kranken- und Invaliden-Kasse« Michael Kappauf (1843–1890), der Schuhmachergehilfe Alexander Kehl, der Tischlermeister Franz Kleiner (1844–1911), die Schuhmachergehilfen Michael Kowatsch, Johann Krainer und Michael Ledinegg, der Schreiber der »Allgemeinen Arbeiter-Kranken- und Invaliden-Kasse« Franz Lindner, der Tischlergehilfe Anton Riedl (1846–?), die Schuhmachermeister Franz Rockenbauer, der Schuhmachergehilfe Josef Scheucher, der Kettenschmied Josef Schneider, die Schneidergehilfen Anton Schrank und Philipp Sleik, der Schuhmachermeister Matthias Streit und der Schuhmacher Franz Stremitzer. Sie sollen in geheimen Sitzungen die Beschaffung von Waffen und den Umsturz der Gesellschaft erörtert haben. Außerdem hätten sie beschlossen, Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) bei seiner bevorstehenden Reise nach Graz mit Dynamit in die Luft zu sprengen. (►11. bis 25. Juni 1884) Abgetrennt verhandelt wird der Prozess gegen den in diesem Zusammenhang ebenfalls verhafteten Arbeiter Anton Stuchne (►14. Mai 1884).

  • 5. Februar 1884 (Dienstag)
    Wien und Vororte: Am 5. Februar 1884 findet im Reichsrat die erste Lesung der Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 statt. Die Minorität lehnt lediglich die Aufhebung der Artikel 12 und 13 des Staatsgrundgesetzes ab. Wegen dieser Opposition kommt es nicht zur Abstimmung über die Ausnahmsverordnungen. (15. Februar 1884). Da sich unter den aufgrund der Ausnahmsverordnungen Ausgewiesenen viele Familienväter befinden – jeder dritte Ausgewiesene ist verheiratet –, stellen die deutschnationalen Reichsratsabgeordneten Heinrich Fürnkranz (1828–1896) und Georg von Schönerer (1842–1921) den Antrag, die Regierung möge den Familien Ausgewiesener Unterstützung gewähren, doch wird dieser Antrag in der Sitzung vom Dienstag dem 19. Februar 1884 abgelehnt werden. Nun veranstaltet die parlamentarische Vereinigte Linke eine Sammlung für diese Familien und bringt 500 Gulden zusammen, welche der Reichsratsabgeordnete und Seidenindustrielle Adolf Wiesenburg (1838–1920) dem Wiener Bürgermeister Eduard Uhl (1813–1892) übergibt.

  • 5. Februar 1884 (Dienstag)
    Wien und Vororte: Am 5. Februar 1884 findet vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Wien in geheimer Verhandlung der Prozess gegen vier Bäckergehilfen wegen Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit im Sinne des Aufruhrs und gegen einen wegen Vergehens der Ruhestörung anlässlich des so genannten Bäckerrummels (►21. und 22. Jänner 1884) statt. Verurteilt werden wegen Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit durch boshafte Beschädigung fremden Eigentums, begangen durch das Werfen von Steinen in die Bäckerei des Bäckermeisters Franz Skalnik in Ottakring (Niederösterreich [zu Wien 16.], Ottakringer Hauptstraße 31 [Ottakringer Straße], die Bäckergehilfen Jakob Kleber zu acht und Johann Schak zu vier Monaten schwerem Kerkerm, wegen Ruhestörung durch alarmierende Ausrufe Karl Siedl zu einem Monat strengem Arrest und Josef Kittler (1853–?), der während des Tumults sozialistische Druckwerke verteilt hatte, wegen Übertretung des Waffenpatents und des Pressegesetzes zu vierzehn Tagen strengem Arrest (►29. Oktober 1886).

  • 5. Februar 1884 (Dienstag)
    Wien und Vororte: Die für den 5. Februar 1884 einberufene halbjährige Generalversammlung des »Fachvereins der Bäcker»« kann nicht stattfinden. Dem Inhaber des Veranstaltungslokals »Puchtl’s Bierhalle« (Franz Puchtl) in Wien 6., Mariahilfer Straße 1a, wird von der Polizei verboten, während der festgesetzten Veranstaltungszeit sein Lokal zu öffnen.

  • 7. Februar 1884 (Donnerstag)
    Wien und Vororte: Am 7. Februar 1884 findet in Wien vor dem Bezirksgericht Leopoldstadt (Wien 2.) die erste Strafverhandlung nach den Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 statt. Angeklagt ist der Bäckergehilfe Alois Schmelzer, der einen Kollegen misshandelt haben soll und nach seiner Verhaftung der Wache zurief: »Ich habe eine Partei hinter mir, die sich meiner annimmt!« Dieser Ausruf wird von der Polizei als demonstrative Handlung im Sinne der Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 bewertet. Alois Schmelzer wird allerdings nicht im Sinne der Ausnahmsverordnungen, für das sich der Bezirksrichter unzuständig erklärt, sondern nur wegen der Übertretungen gegen die körperliche Sicherheit, der Wachebeleidigung und der Falschmeldung verurteilt, und zwar zu vierzehn Tagen Arrest, wogegen der Staatsanwalt Beschwerde einlegt.

  • 8. Februar 1884 (Freitag)
    Prag (Böhmen [Praha, Tschechien]): Der Webergehilfe und ehemalige Redakteur Josef Hybeš (1850–1921), der nach Verhängung der Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 über Wien zu den ersten Verhafteten und Abgeschafften gehörte, war von den Behörden zuerst nach Lundenburg (Mähren [Břeclav, Tschechien]) gebracht, dort vorübergehend interniert, dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Als Josef Hybeš am 8. Februar 1884 einen Freund besucht, wird er neuerlich verhaftet und in das Landesgericht Prag eingeliefert, wo er sechs Monate in Untersuchungshaft verbringen wird. (►9. und 10. August 1884)

  • 9. Februar 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Am 9. Februar 1884 informiert Ministerpräsident Eduard Graf Taaffe (1833–1895) den Ministerrat, dass die Vermehrung der Wiener Sicherheitswache um dreihundertzweiundfünfzig Mann von Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) genehmigt wurde. Weiters wird den Berichterstattern des Reichsrats ein Exposé übergeben,9 mehr oder weniger eine Zusammenfassung der vorliegenden Polizeiberichte über die radicale Arbeiterbewegung in Österreich. Als Beleg wird auch ein Gutachten des Obersten Gerichts- und Kassationshofs vorgelegt, welches allerdings eine Einstellung der Schwurgerichte nur »als angezeigt und zweckmäßig« einstuft, keineswegs jedoch als notwendig. Das Exposé des Ministerrats soll die Abgeordneten zur Zustimmung zu den Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 bewegen (►15.2.1884), nachdem deren Verabschiedung in der ersten Lesung am ►5. Februar 1884 am Einspruch einiger Abgeordneter, welche eine nähere Begründung forderten, gescheitert war.

  • 10. Februar 1884 (Sonntag)
    New York City (New York, USA): Am 10. Februar 1884 findet in New York City eine vom in Frankfurt am Main (Freie Stadt Frankfurt [Hessen]) geborenen Maurergehilfen Justus Schwab (1847–1900) einberufene Massenversammlung in der Irving Hall, 211 Broome Street, statt, in welcher die Erschießungen des Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) am ►15. Dezember 1883 und des Polizei-Detektivs Ferdinand Blöch (1844–1884) am ►25. Jänner 1884 als Beispiele der Propaganda der Tat gewürdigt werden.

  • 15. Februar 1884 (Freitag)
    Budapest (Ungarn): Am 15. Februar 1884 erscheint in Budapest die erste und einzige Nummer der Untergrundzeitung »Die Zukunft« (Budapest), gedacht als Fortsetzung der aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 verbotenen Zeitung »Die Zukunft« (Wien) (►1. Februar 1884). Die Seele und zugleich der Administrator des Blatts, der 1883 aus Wien nach Budapest gezogene Futteralmacher August Koditek (1855–?), wird am Dienstag dem 26. Februar 1884 ebenso aus Budapest abgeschafft werden wie sein Leidensgenosse, der im Februar 1884 aus Wiener Neustadt (Niederösterreich) ausgewiesene Eisendreher Johann Tanzer (1852–?). August Koditek betrieb in Budapest seit 1883 mit Genossen eine Werkstatt, übernahm die Parteikasse der ungarischen Radicalen und war Korrespondent der Wiener Radicalen. Als der Tapezierergehilfe Johann Heindl nach Budapest kam, nahm ihn August Koditek bei sich auf – und damit einen Spitzel der Wiener Polizei. August Koditek wird am Dienstag dem 4. März 1884 Ungarn verlassen, nach Basel / Bâle / Basilea (Kanton Basel, Schweiz) und über Frankfurt am Main (Preußen [Hessen]) nach Paris (Frankreich) und London (England) reisen, von wo er im November 1884 in die USA ins Exil gehen wird. August Koditek wird seit Donnerstag dem 5. Juni 1884 vom königlichen Gerichtshof in Ungarn im Zusammenhang mit dem Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube (►10. Jänner 1884) wegen Teilnahme an Mord und Hehlerei steckbrieflich gesucht werden. Der nominelle Herausgeber und verantwortliche Redakteur der Zeitung »Die Zukunft« (Budapest), der Schriftsetzer Mátyás Rusz (1860–?), kann als gebürtiger Ungar nicht ausgewiesen werden, wird aber später in einer anderen Angelegenheit verhaftet werden (►13. März 1884). Mit der vorübergehenden Festnahme und anschließenden Ausweisung von August Koditek beginnen die Behörden ihre große Aktion zur Zerschlagung der radicalen Arbeiterbewegung in Ungarn. (►1. März 1884) Da der Zeitung der Postdebit (Zeitungsvertrieb durch die Post) mit Erkenntnis des Ministeriums des Innern vom 20. Februar 1884 für die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder (also für die österreichische Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) behördlich entzogen wird, muss sie nach Österreich eingeschmuggelt werden. (►9. August 1884)

  • 15. Februar 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Am 15. Februar 1884 genehmigt der Reichsrat in Wien nach zweitägiger Diskussion die Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 mit 177 zu 137 Stimmen, wobei einige Mitglieder des Clubs der Vereinigten Linken dagegen stimmen, die meisten sich jedoch der Stimme enthalten. Exponierte Gegner sind neben dem Berichterstatter der Minorität, dem deutsch-liberalen Politiker und Hof- und Gerichtsadvokaten Josef Kopp (1827–1907), vor allem der Techniker und Forstwissenschaftler Wilhelm Exner (1840–1931), der Eisenhändler Heinrich Fürnkranz (1828–1896), der Großgrundbesitzer Ludwig von Oppenheimer (1843–1909), der Ministerialbeamte Max Scharschmid Freiherr von Adlertreu (1831–1905), der Gastwirt Johann Heinrich Steudel (1825–1891), der Geologe Eduard Suess (1831–1914) und der Advokat August Weeber (1826–1895).

  • 15. Februar 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Am 15. Februar 1884, um 11 Uhr 30, umstellt die Polizei nach einem vertraulichen Hinweis ein Gasthaus in der Ungargasse (Wien 3.), in unmittelbarer Nähe des dortigen Polizei-Kommissariats, um eine illegale Versammlung Radicaler auszuheben. Als Polizei und Sicherheitswache das Gasthaus stürmen, finden sie in einem Nebenzimmer lediglich den damaligen Gemeinderat und späteren Wiener Bürgermeister Karl Lueger (1844–1910), der sich hier mit einigen Anhängern bespricht.

  • 16. Februar 1884 (Samstag)
    Bern / Berne / Berna (Kanton Bern, Schweiz): Am 16. Februar 1884 hält in Bern der »Arbeiterverein ›Freiheit‹« eine öffentliche Versammlung mit der Tagesordnung »Die Arbeiterbewegung in Österreich und die letzten Vorgänge in Wien« ab. Diesem im Oktober 1883 gegründeten Verein gehören etwa vierzig deutsche und österreichische Radicale, Sozialrevolutionäre und Anarchisten an. Das Hauptreferat hält der aus Winterthur (Kanton Winterthur, Schweiz) angereiste Maler- und Anstreichergehilfe Josef Peukert (1855–1910). Nach ihm spricht ein Sozialrevolutionär, der in Preußen geborene Schriftsetzer Moritz Schultze (1860–?), der sich mit den verhafteten Attentätern, mit dem Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884) und dem Tischlergehilfen Michael Kumić (1853–?), solidarisch erklärt. Moritz Schultze wird am ►22. März 1884 aus der Schweiz ausgewiesen werden.

  • 17. Februar 1884 (Sonntag)
    Wien und Vororte: Am 17. Februar 1884 taucht in Wien und seinen Vororten das Untergrundflugblatt »Aufruf an die Proletarier Wiens!«10 auf, unterzeichnet mit »Wien, im Februar d. J. Das Executiv-Comité der Social- Revolutionäre Oesterreichs«. Gesetzt wird dieses Flugblatt über Aufforderung des Buchbindergehilfen und Schriftsetzers Eduard Brady (1864–?) durch den Schriftsetzer Ferdinand Hübner (1860–1897) in Wien 10., Goethestraße 18 [Uhligstraße], gedruckt beim Tischlergehilfen Johann Ehn (1852–1937) in Inzersdorf (Niederösterreich [zu Wien 10.]). Eduard Brady und der Schlossergehilfe Valentin Horatlík (1857–?) holen sie dann dort zur weiteren Verteilung ab.
    10) 

  • 19. Februar 1884 (Dienstag)
    Wien und Vororte: Am 19. Februar 1884 teilt Ministerpräsident Eduard Graf Taaffe (1833–1895) in der 334. Sitzung des Reichsrats den Abgeordneten mit, dass vom 31. Jänner bis 17. Februar 1884 aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 zweihuntertachtunddreißig Personen aus dem Suspensionsgebiet ausgewiesen wurden. (►21. Februar 1884)

  • 20. Februar 1884 (Mittwoch) bis 28. Februar 1884 (Donnerstag)
    Wien und Vororte: Am 20. Februar 1884 kommt der Buchbindergehilfe Anton Kammerer (1862–1884) aus Budapest (Ungarn) (►3. bis 20. Februar 1884) nach Wien, wo er unter dem Namen »Josef Blum« bei der Genossin Maria Franta, Ehefrau eines ausgewiesenen Radicalen, in Margareten (Wien 5.), wohnt. Bereits seit seiner Ankunft in Wien wird Anton Kammerer von der Polizei überwacht. Allerdings weiß das Kammerer, denn am Dienstag dem 26. Februar 1884 hinterlässt der Kesselheizer Mathias Dokupil (1851–?) in dessen Zimmer in Wien 5., Laurenzgasse 12, das Kammerer gemeinsam mit dem Tapezierergehilfen Johann Heindl bewohnt, eine Warnung, dass Anton Kammerer beim Kauf eines Überziehers bei dem mit seinen Eltern befreundeten Trödler Eduard Kugler (1833–1901) in Wien 2., Große Sperlgasse 25, erkannt worden sei (►11. Jänner bis 3. Februar 1884). Angeblich hätten ihn die Mutter von Anton Kammerer, Franziska Kammerer (1825–1900), und ihre Freundin, die Handarbeiterin Aloisia Till (1852–?), darum gebeten. Daraufhin mietet sich Anton Kammerer am 26. Februar 1884 als »Arnold Otter« in der Josefstadt (Wien 8.) ein. Der in Bern / Berne / Berna (Kanton Bern, Schweiz) verstorbene Arnold Otter (?–1882) ist der Bruder des Schweizer Anarchisten Viktor Otter, ein Schneider, der im März 1884 von der Polizei in Freiburg / Fribourg / Friburgo (Kanton Freiburg, Schweiz) verhaftet, nach Klärung des Dokumentendiebstahls durch Anton Kammerer jedoch wieder freigelassen werden wird; als mittlerweile schweizerischer Staatsbürger hätte er ohnedies nicht ausgewiesen werden können. Viktor Otter wird übrigens im März 1885 wegen seiner Verbindungen zu Anton Kammerer neuerlich verhaftet werden.

  • 20. Februar 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 20. Februar 1884 erlässt das Landesgericht Wien einen Steckbrief (►8. November 1883) gegen den Maler- und Anstreichergehilfen Josef Peukert (1855–1910): »J948 Flüchtig. Peukert Josef, Zimmermaler, Anstreicher u.zuletzt Redakteur der periodischen Druckschrift ›Die Zukunft‹, 29 J. alt, in Franzensthal in Mähren geb., zust. nach Albrechtsdorf in Böhmen, konfessionslos, l., derzeit in der Schweiz, wurde wegen der Vergehen gegen die öffentl. Ruhe u. Ordnung, §§. 300, 302 u. 305 St. G., h. g. rechtskräftig in den Anklagestand versetzt, ist dessen Vorkommen im Inlande zu überwachen u. sofort anher bekannt zu geben. Land.-Ger. Wien 20/2. 84.«11 Im Juli 1884 werden übrigens die von Josef Peukert bei seiner Flucht zurückgelassenen Gegenstände durch die Behörden geschätzt werden; dabei wird das in einen Diwan eingenähte Tagebuch von Josef Peukert gefunden werden.

  • 21. Februar 1884 (Donnerstag)
    Wien und Vororte: Aufhebungen der Ausweisungen aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 sind die Ausnahme und werden es auch bleiben. Dies ist erstmals am 21. Februar 1884 der Fall, als man dem Schmiedgehilfen Johann Bauer, dem Drechslergehilfen Johann Erber, dem Tischlergehilfen Kaspar Hohn und dem Schneidergehilfen Leo Hohn die probeweise Rückkehr in das Geltungsgebiet der Ausnahmsverordnungen gestattet. (►19. Februar 1884)

  • 24. Februar 1884 (Sonntag)
    Budapest (Ungarn): In Budapest wird vermutlich am 24. Februar 1884 das Flugblattgedicht »An Se. ›Excellenz‹ den Minister Taaffe. Vorwärts Staatsraison!«,12 gezeichnet »Die Exilirten«, auf einer Geheimpresse gedruckt.

  • 28. Februar 1884 (Donnerstag)
    Wien und Vororte: Am 28. Februar 1884 soll der Buchbindergehilfe Anton Kammerer (1862–1884) aufgrund vertraulicher Hinweise aus Zürich / Zurich / Zurigo (Kanton Zürich, Schweiz) beim Verlassen des Kaffeehauses Gustav Fischer in Wien 8., Blindengasse 28, von vier Polizeidetektiven festgenommen werden. Anton Kammerer, der bereits seit Mittwoch dem 20. Februar 1884 (►20. bis 28. Februar 1884) polizeilich überwacht wurde, kommt um 14 Uhr 30 in das Kaffeehaus. Hier befindet er sich in Begleitung von Rudolf Oppel (1855–1922) und dem Tapezierergehilfen Johann Heindl, der später verdächtigt werden wird, Anton Kammerer verraten zu haben (►12. Juli 1884). Ebenfalls anwesend ist im Lokal bereits seit 13 Uhr 30 ein Polizei-Detektiv, während ein zweiter Polizei-Detektiv vor dem Kaffeehaus Aufstellung nimmt und zwei weiter Polizei-Detektive im Flur eines benachbarten Hauses bereit stehen. Als Anton Kammerer gegen 16 Uhr das Kaffeehaus verlässt, fasst ihn einer der beiden links und rechts des Eingangs lauernden Polizeiagenten von hinten. Anton Kammerer hat seinen Revolver bereits schussbereit in der Hand und verletzt einen Polizeiagenten durch einen Streifschuss an der rechten Hand. Dem hinzukommenden Sicherheitswachmann Georg Bayer (~1853–1885) setzt Anton Kammerer den Revolver an die Brust, wird dabei aber niedergestoßen. Rudolf Oppel versetzt nun dem Polizeiagenten, der Kammerer festhält, einen Schlag und brüllt: »Schieß! Schieß!« Anton Kammerer kann sich dadurch aus der Umklammerung lösen und flieht mit vorgehaltenem Revolver Richtung Josefstädter Straße (Wien 8.), biegt in die Stolzenthalergasse (Wien 8.) ein, überquert die Lerchenfelder Straße (Wien 7.), läuft nunmehr von mehreren Detektiven, Wachleuten in Zivil und Sicherheitswachmännern verfolgt durch die Schottenfeldgasse (Wien 7.) in die Bernardgasse (Wien 7.). Als Sicherheitswachmänner den Säbel ziehen, bleibt Anton Kammerer stehen, zielt und verletzt einen Sicherheitswachmann durch einen Streifschuss an der Stirn, welcher daraufhin bewusstlos zusammenbricht. Anton Kammerer erhält vor dem Haus Bernardgasse 2 einen Säbelhieb auf den Rücken, strauchelt und schießt noch zwei Mal im Fallen auf einen Sicherheitswachmann, der auf ihn losstürzt, und verwundet ihn durch einen Schuss am rechten Oberschenkel. Die Polizei gibt übrigens erst zwei Tage später, am Samstag dem 1. März 1884, diese Verhaftung bekannt. Die im Zuge der Festnahme von Anton Kammerer verletzten Beamten sind der Polizeiagent Johann Fasold (~1841–1898), der Sicherheitswachmann Johann Werner und der Sicherheitswachmann Ludwig Schröder, der schwer verletzt ist. Vier Wachleute schleppen nach der erfolgreichen Festnahme den gefesselten Anton Kammerer, dem von der inzwischen zusammengelaufenen Menschenansammlung Lynchjustiz angedroht wird, auf die Wachstube in der Schottenfeldgasse (Wien 7.), wo ein Amtsarzt bei Anton Kammerer – neben zahlreichen Flohstichen – mehrere ein bis zwei Zentimeter lange und bis einen Zentimeter breite Hautabschürfungen an Gesicht und Stirn sowie ein Blutgerinnsel am hinteren Rachenrand feststellt. Bei Anton Kammerer werden ein sechsläufiger British Bull Dog-Revolver, eine zugespitzte Feile und ein Fläschchen mit farbloser Flüssigkeit gefunden. In seiner Wohnung wird weiters eine zwei Kilo schwere Dynamitsprengbüchse entdeckt. Schließlich wird Anton Kammerer mit einem Fiaker ins Polizeigefangenenhaus in der Theobaldgasse (Wien 6.) eingeliefert. (►15. März 1884)

  • 1. März 1884 (Samstag)
    Budapest (Ungarn): Eine vom Abgeordneten des ungarischen Unterhauses Károly Eötvös (1842–1916) am 1. März 1884 gerichtete Anfrage an den Minister des Innern, wie die seit einigen Tagen in Budapest durchgeführten Ausweisungen von Sozialisten zu rechtfertigen wären, wird am Donnerstag dem 13. März 1884 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die ungarische Regierung keinen Anordnungen von auswärts gefolgt sei und bislang ohnedies nur sechs »Anarchisten« aus Ungarn abgeschafft worden seien. Die österreichischen Behörden wiederum erklären, dass die nach Ungarn Ausgewiesenen den dortigen Behörden zukünftig vorangekündigt würden.

  • 1. März 1884 (Samstag)
    Budapest (Ungarn): Über Ersuchen der Wiener Polizei erhält am 1. März 1884 in Budapest der Schneidergehilfe und nunmehrige Fabrikarbeiter und Redakteur Ármin Práger (1851–1905) um 6 Uhr morgens beim Verlassen seiner Wohnung, Dob utcza 10 (Trommelgasse), auf offener Straße eine Vorladung zur Ober-Stadthauptmannschaft, wo er gemeinsam mit seinem Rechtsvertreter pünktlich um 9 Uhr erscheint. Er wird im Zusammenhang mit dem Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube (►10. Jänner 1884) gesucht. Bei der nun durchgeführten Durchsuchung von Ármin Prágers Wohnung werden die erhofften Wertpapiere aus dem Eisert’schen Überfall nicht gefunden, dafür aber mehrere Exemplare der Zeitungen »Freiheit« (New York), »Die Zukunft« (Budapest) und »Radikal« (Budapest) sowie das Flugblattgedicht »An Se. ›Excellenz‹ den Minister Taaffe. Vorwärts Staatsraison!« (►24. Februar 1884). Ármin Práger wird daraufhin festgenommen und am Sonntag dem 2. März 1884 der Staatsanwaltschaft eingeliefert, welche nun wegen Aufreizung gegen die Behörde sowie Ehrenbeleidigung und Verleumdung des Ministerpräsidenten ermittelt. (►13. März 1884) Ármin Prágers Zimmergenosse, der Schriftsetzer Eduard Milý (1858–1923) kann sich seiner Verhaftung durch Flucht rechtzeitig entziehen und geht ins Exil, zunächst nach London (England), wo er beim Setzen der Zeitung »Der Rebell« (Nirgendsheim [London]) behilflich sein wird, und 1885 in die USA, wo er unter dem Namen »Edward Mily« zu den exponierten Anarchisten zählen wird. (►13. und 14. März 1884)

  • 1. März 1884 (Samstag)
    Budapest (Ungarn): Wegen der Verhaftung ihres Redakteurs, des Schneidergehilfen und nunmehrigen Fabrikarbeiters Ármin Práger (1851–1905), muss mit der Nummer vom 1. März 1884 die seit ►1. März 1883 erschienene radicale Zeitung »Radikal« (Budapest) nach dreizehn Nummern aufgrund behördlichen Verbots ihr Erscheinen einstellen.

  • 1. März 1884 (Samstag)
    Budapest (Ungarn): Am 1. März 1884 versammeln sich die Budapester Radicalen wie jeden Samstag in einem Gasthaus in der Akácfa utca (Akaziengasse) zu ihrem gemütlichen Abend. Allerdings befinden sich die Versammelten wegen der am Morgen erfolgten Verhaftung des Schneidergehilfen und nunmehrigen Fabrikarbeiters Ármin Práger (1851–1905) in ziemlicher Erregung. Gegen Mitternacht wird der in Zivilkleidung eingeschleuste Konstabler József Tóth erkannt. Man schüttet ihm Bier ins Gesicht, wirft ihn zu Boden, und die Schuhmachergehilfen Károly Dravecz, József Maruska (~1864–?) und Ignácz Schwarcz verprügeln ihn. József Tóth zückt seinen Revolver, doch wird ihm dieser von József Maruska abgenommen. Danach werfen die Arbeiter József Tóth auf die Straße. Als die Polizei im Gasthaus eintrifft, haben die Versammelten dieses schon verlassen. In der Nacht vom Montag dem 3. auf Dienstag den 4. März 1884 werden nun in Budapest zahlreiche Hausdurchsuchungen vorgenommen und mehrere Radicale vorübergehend festgenommen. Allein in Budapest werden nunmehr über dreihundert Wohnungen von Radicalen überwacht. (►30. und 31. März 1884 und ►5. bis 9. Dezember 1884)

  • 1. März 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Am 1. März 1884 wird bei einer Hausdurchsuchung in Favoriten (Wien 10.) ein kleines Labor ausgehoben. Unter den beschlagnahmten Gegenständen befinden sich zwei Gasballone, Sprengmittelflüssigkeiten, Glastrichter und Glasröhren, Trichtergestelle, ein Paket pulverisierter Schwefel, ein Paket pulverisierte Holzkohle, ein Messglas, eine Schalenwaage und Werkzeuge zur Erzeugung von Sprengmitteln.

  • 2. März 1884 (Sonntag)
    Paris (Frankreich): Am 2. März 1884 veranstalten österreichische und deutsche im Exil lebende Sozialrevolutionäre und Anarchisten eine öffentliche Versammlung im Salle Rivoli in Paris, 104 rue Saint-Antoine, wo des – fälschlich als solchen beschuldigten – Bombenwerfers vom 22. Oktober 1882 im Restaurant des Théâtre Bellecour in Lyon (Frankreich) Antoine Cyvoct (1861–1930) und des Wiener Attentäters, des Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884), gedacht, über die »Exekutionsmänner von Wien« und die Beseitigung der Monarchie gesprochen wird.

  • 2. März 1884 (Sonntag) und 3. März 1884 (Montag)
    Zágráb / Agram (Ungarn [Zagreb, Kroatien]): Am 2. März 1884 werden in Zágráb / Agram zwei führende Radicale festgenommen, bei denen sozialistische Druckschriften gefunden werden, aber auch Dokumente, welche eine Verbindung mit den Sozialrevolutionären in der Schweiz sowie mit dem Schneidergehilfen und nunmehrigen Fabrikarbeiters Ármin Práger (1851–1905) in Budapest (Ungarn) belegen: die Schneidergehilfen Wolfgang Hischa (1829–?) und Franz Srnec (1840–?). Franz Srnec wird sofort verhaftet, der kranke Wolfgang Hischa in ein Hospital eingeliefert. Am nächsten Tag, am 3. März 1884, werden unter dem Verdacht der Geheimbündelei weitere Verhaftungen von Radicalen vorgenommen: der Kolporteur Johann Gabron (1852–?).der Uhrmachergehilfe Alois Montanelli, der Schuhmachergehilfe Mirko Orechović und der aus Baden [Baden-Württemberg] gebürtige Uhrmachergehilfe Isidor Straub. Die von der Polizei vermutete Verbindung zu den Wiener Attentätern lässt sich nicht belegen. (►16. und 17. Mai 1884)

  • 3. März 1884 (Montag)
    Wien und Vororte: Am 3. März 1884 findet im Landesgericht Wien vor dem Sechsrichter-Kollegium der Prozess gegen den Fassbindergehilfen Karl Denk (1859–?) statt, genannt »der Denk-Bub«. Die Polizei hatte ihn anfangs verdächtigt, am Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube (►10. Jänner 1884) teilgenommen zu haben. Nun wird der Geständige allerdings wegen dreier Einbruchdiebstähle, begangen am 12. Dezember 1883 (Mittwoch) und 13. Dezember 1883 (Donnerstag) in Fünfhaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]) sowie am 7. Jänner 1884 (Montag) in Gaudenzdorf (Niederösterreich [zu Wien 15.]), zu acht Jahren schwerem Kerker verurteilt.

  • 3. März 1884 (Montag)
    Zürich / Zurich / Zurigo (Kanton Zürich, Schweiz): In Zürich wird am 3. März 1884 der aus Rheinbayern [Rheinland-Pfalz] gebürtige Spengler Philipp Friedrich Kennel (1852–1920) unter dem Verdacht der intellektuellen Beihilfe zu den Attentaten in Stuttgart (Württemberg [Baden-Württemberg]) vom 21. November 1883 und Wien vom 15. Dezember 1883, 10. Jänner 1884 und 25. Jänner 1884 verhaftet. In den nächsten Wochen werden noch mehrere deutsche und österreichische Sozialrevolutionäre und Anarchisten festgenommen werden. (22. März 1884)

  • 5. März 1884 (Mittwoch)
    Wiener Neustadt (Niederösterreich): Am 5. März 1884 findet vor dem Landes- als Schwurgericht Wiener Neustadt der Prozess gegen den Textilfabrikarbeiter Johann Horváth wegen sozialistischer Umtriebe statt. Der bekannte Radicale hatte am Sonntag dem 19. August 1883 in mehreren Gasthäusern in Erlach [Bad Erlach] (Niederösterreich) Arbeiter der Spinnfabrik von Leopold Abeles (1816–1890) zum Streik aufgefordert und unter ihnen sozialistische Zeitungen verteilt, darunter auch die Zeitung »Freiheit« (New York). Johann Horváth wird von den Geschworenen einstimmig freigesprochen.

  • 6. März 1884 (Donnerstag) bis 8. März 1884 (Samstag)
    Prag (Böhmen [Praha, Tschechien]): Vom 6. bis 8. März 1884 findet vor dem Straf- als Erkenntnisgericht Prag der Prozess wegen Vergehens der Geheimbündelei gegen fünf Radicale statt: der Schuhmachergehilfe Franz Dvořák (1857–?), die Tischlergehilfen Josef Komárek, Josef Pižl (1848–?) und Josef Ševčik sowie der Kürschnergehilfe Franz Smetana (~1860–?). Franz Dvořák wird außerdem des Verbrechens der Religionsstörung beschuldigt, außerdem Franz Dvořák, Josef Komárek und Josef Ševčik zusätzlich des Vergehens nach § 24 Pressegesetz: Sie hatten am 24. Juni 1883 Exemplare der Untergrundzeitung »První svobodná tiskárna v Čechách« [Böhmen (Tschechien)] (►Juni 1883) in Elbekosteletz (Böhmen [Kostelec nad Labem, Tschechien]) und Jirschitz (Böhmen [Jiřice, zu Kostelec nad Labem, Tschechien]) verstreut. Josef Pižl, ein wichtiger Aktivist der Wiener tschechoslawischen Radicalen, organisierte wesentlich den Druckschriftenschmuggel zwischen Wien und Böhmen. Verurteilt werden im Sinne der Anklage Franz Dvořák zu fünfzehn Monaten schwerem Kerker und einer Geldstrafe von 50 Gulden, eventuell zehn Tagen Arrest, Franz Smetana zu acht Monaten strengem Arrest, Josef Ševčik zu sechs Monaten strengem Arrest und einer Geldstrafe von 50 Gulden, eventuell zehn Tage Arrest, Josef Pižl zu vier Monaten strengem Arrest, Josef Komárek aufgrund seines Geständnisses und seiner Aussagen zu vierzehn Tagen strengem Arrest und einer Geldstrafe von 10 Gulden, eventuell 48 Stunden Arrest.

  • 7. März 1884 (Freitag)
    Prag (Böhmen [Praha, Tschechien]): Am 7. März 1884 findet vor dem Straf- als Erkenntnisgericht Prag der Prozess gegen den Gelbgießergehilfen Karl Frohne (1857–?) wegen Vergehens der Geheimbündelei statt. Karl Frohne, der unter anderem auch in den USA war, wurde ertappt, wie er in Teplitz (Böhmen [Teplice, Tschechien]) sozialistische Zeitungen las. Bei einer Hausdurchsuchung wurden auch zahlreiche sozialistische Druckwerke gefunden. Karl Frohne wird zu einem Monat Arrest verurteilt.

  • 10. März 1884 (Montag)
    Wien und Vororte: Das Leben wird in Wien nun auch für unbedarfte Gemüter gefährlich. Am 10. März 1884 spielt der böhmische Schneidergehilfe Franz Gebhard in einem Wiener Gasthaus mit dem böhmischen Sicherheitswachmann Anton Hamáček Karten. Plötzlich legt Franz Gebhard die Karten weg und sagt in weinseliger Laune zu seinem Partner: »Landsmann, ich bedauere dich, daß du bei der Polizei bist. Ich habe ein Herz für die Arbeiter. Ihr seid Krüppel, wir aber sind stark genug; wir haben so viel Dynamit, daß ihr uns Alle nichts anhaben könnt.«13 Franz Gebhard wird verhaftet, und nachdem sich herausstellt, dass er keine Kontakte zur Arbeiterbewegung unterhält, am Samstag dem 12. April 1884 lediglich wegen Verbreitung falscher und beunruhigender Gerüchte zu fünf Tagen Arrest verurteilt werden.

  • 12. März 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 12. März 1884 taucht in Wien das Untergrundflugblatt »An die Anarchisten Wiens!«14 auf, unterzeichnet mit »Das Executiv-Comité der Social-Revolutionären Oesterreichs«. Gesetzt wird dieses Flugblatt über Aufforderung des Buchbindergehilfen und Schriftsetzers Eduard Brady (1864–?) durch den Schriftsetzer Ferdinand Hübner (1860–1897) in Wien 10., Goethestraße 18 [Uhligstraße], gedruckt beim Tischlergehilfen Johann Ehn (1852–1937) in Inzersdorf (Niederösterreich [zu Wien 10.]). Eduard Brady und der Schlossergehilfe Valentin Horatlík (1857–?) holen die Flugblätter dann dort zur weiteren Verteilung ab. (►13. April 1884)

  • 13. März 1884 (Donnerstag)
    Wien und Vororte: Der alljährliche Demonstrationszug der Arbeiter zum Denkmal für die so genannten Märzgefallenen (►14. März 1880) auf dem Schmelzer Friedhof verläuft am 13. März 1884 ohne Zwischenfälle. Die Polizei vermerkt lediglich unter den paar hundert Demonstrierenden auffallend viele Frauen. Um 10 Uhr beginnt die Demonstration der Arbeiter, welche einen Kranz niederlegen mit der roten Schleife »Die radicalen Arbeiter Oesterreichs den Kämpfern für Freiheit und Recht«. Ein heftiger Regen führt dazu, dass sich die Menge nach nur einer Stunde zerstreut.

  • 13. März 1884 (Donnerstag) und 14. März 1884 (Freitag)
    Budapest (Ungarn): Nach der schon am ►1. März 1884 vorgenommenen Festnahme des Schneidergehilfen und nunmehrigen Fabrikarbeiters Ármin Práger (1851–1905) erfolgt am 13. März 1884 in Budapest eine Verhaftungswelle gegen Radicale wegen angeblicher Mitschuld am Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube (►10. Jänner 1884), in deren Verlauf bis in die frühen Morgenstunden des 14. März 1884 sechsunddreißig Personen festgenommen werden: der Schriftsetzer Mátyás Rusz (1860–?), Redakteur der radicalen Zeitung »Die Zukunft« (Budapest) (►15. Februar 1884 und ►5. und 27. Mai 1884), und András Szalay (1857–1884), Redakteur der radicalen Zeitung »Népakarat« (Budapest; Volkswille), sowie der Schuhmachergehilfe Rezső Balog, der Schuhmachergehilfe Lipót Braun (1849–?), der der Schuhmachergehilfe Lajos Budai, der Tischlergehilfe Róbert Czigelbrier (~1852–?), Gyula Dekner, Pál Földesy, der Bankbuchhalter Jónás Gyula Fried (1864–1929), István Grabasek, der Schuhmachergehilfe István Heckmann (1850–1937), der zuvor aus Wien ausgewiesene Schuhmachergehilfe Lajos Hlavacsek (~1850–?), József Hotoványi, István Kökény, der zuvor aus Wien ausgewiesene Schuhmachergehilfe Ferenc Korwasz (~1853–?), Károly Kunszt, der Schuhmachergehilfe Pál László, der Schuhmachergehilfe András Lenkovics (~1857–?), der Schuhmachergehilfe József Maruska (~1864–?), Bálint Mihalovics, Károly Mondok, der Schuhmachergehilfe Ágoston Nagy (1849–?), Antal Nanovics, Martón Neuwirth, der Zimmermaler Jakob Novotný (1859–1929), der Metallarbeiter und Redakteur Stefan Pauler (1840–?) und seine aus Graz (Steiermark) gebürtige Ehefrau Anna Pauler (1837–?), die zuvor aus Wien ausgewiesene Näherin Marie Protz (1851–?), der Schuhmachergehilfe Támas Pudleiner (1854–1929), der Schuhmachergehilfe Ferenc Resch (~1857–?), Lőrinc Schneider, der Schuhmachergehilfe Ignácz Schwarcz, der Schuhmachergehilfe István Seregi, Ferdinánd Stein, der Tischlergehilfe Árpád Tamási (1859–?) und der Maschinenschlosser Miksa Zeh. Neunzehn von ihnen werden nach ersten Vernehmungen freigelassen und teilweise abgeschafft beziehungsweise ausgewiesen, siebzehn am 25. März 1884 in das Strafgericht Budapest eingeliefert: Lipót Braun, Róbert Czigelbrier, Jónás Gyula Fried, István Heckmann, Lajos Hlavacsek, Ferenc Korwasz, Ágoston Nagy, Jakob Novotný, Stefan Pauler und seine Frau Anna Pauler, Marie Protz, Támas Pudleiner, Mátyás Rusz, der erst am ►25. März 1884 verhaftete Schriftsetzer Albin Scheffler (~1848–?), András Szalay und Árpád Tamási. Bei den mit den Verhaftungen verbundenen Hausdurchsuchungen werden drei Kisten Korrespondenz und Druckwerke beschlagnahmt. Am 11. April 1884 (Freitag) wird Támas Pudleiner ohne Anklageerhebung aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Aus Budapest für beständig ausgewiesen und in ihre Heimatgemeinden abgeschoben werden: Lipót Braun, Róbert Czigelbrier, István Heckmann, Lajos Hlavacsek, Ferenc Korwasz, András Lenkovics, Ágoston Nagy, Anna und Stefan Pauler, Marie Protz, Ferencz Resch und Árpád Tamási sowie nach seiner Entlassung aus dem Spital Jakob Novotný. Auch András Szalay soll abgeschafft werden, doch verstirbt er zuvor am 2. Mai 1884 (Freitag) im Spital (►4. Mai 1884). Am ►15. Mai 1884 wird der große Presseprozess gegen die Budapester Radicalen stattfinden, allerdings nicht wegen des Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube, sondern wegen Herausgabe der Zeitung »Die Zukunft« (Budapest) (►15. Februar 1884). Der Hintergrund für diese große Verhaftungswelle gegen Radicale in Budapest: Ármin Práger erhielt vom Futteralmacher August Koditek (1855–?) per Post Wertpapiere aus Wien und gab diese an den Bankbuchhalter Jónás Gyula Fried weiter, angeblich ohne zu wissen, dass diese aus dem Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube stammen. Vermutlich wurden diese Wertpapiere Anfang Februar 1884 von einem der mutmaßlichen Attentäter, nämlich dem Buchbindergehilfen Anton Kammerer (1862–1884), an August Koditek gesandt. August Koditek und Ármin Práger beschlossen dann, dieses Geld zum größeren Teil für die Unterstützung der Familien politischer Gefangener und zum kleineren Teil für den Druck der Nummer 12 der Zeitung »Radikal« (Budapest) zu verwenden. Anders gestaltet sich die Sichtweise des Hauptmanns der Budapester Polizeiwache Elek Thaisz (1820–1892), aber auch die mit dieser übereinstimmenden Sichtweise der breiten Öffentlichkeit, welche eine journalistische Darstellung aus dieser Zeit wiedergibt.15 (►30. und 31. März1884, ►17. August 1884 und ►5. bis 9. Dezember 1884)

  • 15. März 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Am 15. März 1884 wird der Buchbindergehilfe Anton Kammerer (1862–1884) vom Polizeigefangenenhaus in der Theobaldgasse (Wien 6.) in einem Zellenwagen in das Landesgericht Wien überstellt (►28. Februar 1884), wo er wegen einer Disziplinarstrafe zeitweise auch in Eisen geschlagen, also angekettet wird. (►19. Mai 1884)

  • 21. März 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Am 21. März 1884 findet vor dem Bezirksgericht Mariahilf (Wien 6.) der Prozess gegen den Kunsttischlermeister Wenzel Führer (1853–?) wegen Übertretung der Einmengung in eine Amtshandlung und wegen Übertretung des Vereinsgesetzes statt, begangen in einer Versammlung des »Fachvereins der Tischler« (►29. Dezember 1883). Wenzel Führer wird vom Richter in allen Anklagepunkten freigesprochen.

  • 22. März 1884 (Samstag)
    Bern / Berne / Berna (Kanton Bern, Schweiz): Am 22. März 1884 beginnen die vom eidgenössischen Bundesrat verfügten Ausweisungen mehrerer hier im Exil lebender Sozialrevolutionäre und Anarchisten aus der Schweiz: aus Freiburg / Fribourg / Friburgo (Kanton Freiburg) der Schneidergehilfe Karl Falk (1859–1938) aus der Steiermark, dessen Auslieferung als intimer Freund des Buchbindergehilfen Anton Kammerer (1862–1884) die Wiener Polizei zunächst vergeblich angestrengt hatte, aus Bern (Kanton Bern) der am ►3. März 1884 verhaftete, aus Rheinbayern [Rheinland-Pfalz] gebürtige Spengler Philipp Friedrich Kennel (1852–1920), der aus Böhmen gebürtige Schneidergehilfe Mathias Lissa (~1846–?) aus Böhmen und der aus Preußen gebürtige Schriftsetzer Moritz Schultze (1860–?). Der Ausweisungsbeschluss des Bundesrats erfolgt »in Betracht, daß die öffentliche Sicherheit in den letzten Monaten in Deutschland und Oesterreich durch mehrere kurz aufeinanderfolgende Verbrechen gefährdet worden ist; daß gegenwärtig zwei Individuen, Hermann Stellmacher und Anton Kammerer, welche während der letzten Jahre zeitweilig in der Schweiz sich aufgehalten hatten, in Wien unter der Anklage, jene Verbrechen sämmtlich oder zum Theil, verübt zu haben, in Untersuchungshaft sich befinden; daß die in der Schweiz aufhältlichen Ausländer v. Kennel, Schultze, Falk und Lissa mit Stellmacher und Kammerer sehr genaue persönliche Beziehungen unterhalten haben und mit denselben durch Gemeinschaft der Bestrebungen enge verbunden waren, ja daß zu ihren Lasten sogar eine Reihe von Thatumständen festgestellt ist, welche, wenn sie auch nicht eine eigentliche strafrechtlich zu verfolgende Theilnahme an jenen verbrecherischen Handlungen darthun, doch einer solchen nahe kommen, und daß sie den Nachforschungen der Behörden zur Entdeckung der Urheber der Verbrechen nicht nur keinen Beistand geleistet, sondern vielmehr gesucht haben, die Behörden in Irrthum zu führen«.16 Zu diesem Zeitpunkt geht der Bundesrat von etwa vierhundert in der Schweiz lebenden, deutschsprachigen ausländischen Anarchisten aus. (►25. September 1884)

  • 23. März 1884 (Sonntag)
    Zürich / Zurich / Zurigo (Kanton Zürich, Schweiz): Am 23. März 1884 wird auf dem Revolutionsfest der Südrussischen Revolutionspartei den Anarchisten in Österreich ihre Sympathie bekundet.

  • 25. März 1884 (Dienstag)
    Budapest (Ungarn): Am 25. März 1884 wird in Budapest aufgrund einer Zuschrift der Wiener Polizei der Schriftsetzer Albin Scheffler (~1848–?) verhaftet, der erst am Sonntag dem 16. März 1884 aus dem Staatsgefängnis Vác / Waitzen [Vác] (Ungarn) entlassen worden war, wo er eine Strafe wegen politischer Vergehen verbüßt hatte. Albin Scheffler gesteht im Verhör seine Teilnahme an der geheimen Parteikonferenz der Radicalen in Langenzersdorf (Niederösterreich) und Wien (►25. bis 27. Oktober 1883) und wird erst am Freitag dem 18. April 1884 ohne Anklageerhebung entlassen werden. Allerdings wird ein laufendes Verfahren wegen Übertretung des Pressegesetzes durch einen Artikel in der radicalen Zeitung »Népakarat« (Budapest; Volkswille) fortgeführt. (►4. Juni 1884)

  • 27. März 1884 (Donnerstag)
    Proßnitz (Mähren [Prostějov, Tschechien]): Am 27. März 1884 erscheint die erste Nummer der tschechischen Zeitung »Duch času« (Prostějov; Der Zeitgeist), welche bis zur Einstellung nach fünfundvierzig Nummern am ►8. Februar 1886 Organ der Radicalen und der Gemäßigten ist, wobei Herausgeber und Redakteur dem Lager der Radicalen angehören: der Bergmann, Journalist und Schriftsteller Franz Hlaváček (1853–1937) sowie der Journalist und Schriftsteller Josef Boleslav Pecka (1849–1897). Die Neugründung ist notwendig, weil für die zuletzt am ►23. Jänner 1884 erschienene Zeitung »Práce« (Brno; Die Arbeit) in Brünn (Brno) im Februar 1884 keine Druckerei mehr gefunden werden kann und deren Herausgeber, der Bergmann und nunmehrige Agent mit Ölfarbendruckbildern Franz Choura (1852–1921), bereits seit Jänner 1884 in Untersuchungshaft ist. Franz Choura und – der mittlerweile inhaftierte und ebenfalls der Geheimbündelei angeklagte – Franz Hlaváček werden sich am ►8. und 9. April 1884 vor Gericht verantworten müssen. Noch im Februar 1884 versuchten Franz Hlaváček und Josef Boleslav Pecka die Zeitung »Práce« (Brno) in Budapest (Ungarn) herauszubringen, was aber mangels einer dazu bereiten Druckerei scheiterte. So entschlossen sie sich, eine neue Zeitung unter dem Titel »Duch času« in Proßnitz zu veröffentlichen.

  • 29. März 1884 (Samstag) nd 30. März 1884 (Sonntag)
    Krakau (Galizien und Lodomerien [Kraków, Polen]): Am 29. und 30. März 1884 findet in Krakau der Prozess vor einem Vierrichter-Kollegium gegen sechs am Mittwoch dem 19. Dezember 1883 verhaftete Sozialisten statt, angeklagt der Bildung einer geheimen Gesellschaft. Es werden der Tischlergehilfe Józef Gostyński (1866–?) und der Ziseleurgehilfe Marian Piechowski (1862–?) zu je sechs Monaten sowie Maria Zofia Onufrowicz, verheiratete Płoska (1862–1922), zu vier Monaten strengem Arrest verurteilt. Außerdem wird über die drei Verurteilten der Verweis aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also aus der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) verhängt. Weiters werden Stanislaus Polanek (1864–?) zu drei Monaten und der Handelsagent Josef Eibenschütz (1863–?) zu sechs Wochen strengem Arrest und der Buchhalter Karl Medwecki (1860–?) sowie der Medizinstudent und spätere Journalist Edmund Kolbuszewski (1865–1919) zu je drei Wochen Arrest verurteilt. Die Verurteilten sollen ihre Urteile lachend angenommen haben. Als Folge dieses Prozesses kann das Attentat vom ►22. April 1884 gesehen werden. (►12. bis 17. November 1884

  • 30. März 1884 (Sonntag) und 31. März 1884 (Montag)
    Budapest (Ungarn): Nach der Verhaftungswelle vom 13. März 1884 (►13. und 14. März 1884) folgt in der Nacht vom 30. auf den 31. März 1884 eine neue Verhaftungswelle, wobei eine mittlerweile gebildete Zehner-Organisation der Radicalen fast vollständig ausgehoben wird: der Tischlergehilfe Ignácz Bárta, die Schuhmachergehilfen György Balogh, József Bokros, Károly Dravecz (►1. März 1884) und János Halász sowie der Friseur Kálmán Farkas. Die am 31. März 1884 verhafteten Schuhmachergehilfen Lájos Bardy, Antal Kiticsics und György Thuróczy werden nach den Einvernahmen wieder freigelassen. Die Verhaftungswellen vom 13. und 14. März 1884 sowie vom 30. und 31. März 1884 führen zur weitgehenden Zerstörung der radicalen Arbeiterbewegung in Ungarn. (►17. August 1884)

  • 2. April 1884 (Mittwoch)
    Budapest (Ungarn): Am 2. April 1884 wird in Budapest der Schlossergehilfe Ludwig Gruber verhaftet, als er im Stadtwäldchen Erpressungsgeld übernehmen will. Er wird beschuldigt, der Verfasser eines sogenannten Brandbriefes, gezeichnet »12e. Anarchisten-Comité«, an den Kaufmann und Hausbesitzer S. Temesvary, in welchem er 2.000 Gulden forderte, andernfalls er ein Kind des Todes sein werde. Die Polizei ist zunächst unsicher, ob es sich um eine anarchistische Aktion oder um ein gemeines Verbrechen handelt. Im Verhör nennt sich Ludwig Gruber die Nummer Vier des »Zwölferbundes ›Gußstahl‹«, doch bald stellt sich heraus, dass er nicht im Auftrag einer anarchistischen Gruppe gehandelt hat.

  • 2. April 1884 (Mittwoch) bis 2. Mai 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Am 2. April 1884 beginnt vor dem Ausnahmsgericht Wien ein Prozess wegen Verbrechens der Münzverfälschung. Angeklagt sind die beiden Maurergehilfen Heinrich Hampel (1833–?) und Karl Müller (1858–?), beides Mitglieder des Wiener »Arbeiter-Bildungsvereins«, letzterer auch gewesener Schriftführer des »Maurer-Fachvereins«, sowie Heinrich Hampels Ehefrau Theresia Hampel (1852–?). Der Prozess wird nach einer Unterbrechung wegen eines erst einzuholenden Gutachtens erst am 2. Mai 1884 fortgesetzt. Vom Verbrechen zwar freigesprochen, werden wegen versuchter Münzverfälschung und der Mitschuld an der Münzverfälschung Heinrich Hampel zu zwei und Karl Müller zu eineinhalb Jahren Monaten schwerem Kerker, Theresia Hampel wegen Teilnahme an der Münzverfälschung zu acht Monaten schwerem Kerker verurteilt, alle drei mit nachheriger Stellung unter Polizeiaufsicht. Diese am Donnerstag dem 10. Jänner 1884 aufgedeckte Münzfälscherei hatte zwar nicht unmittelbar mit der radicalen Arbeiterbewegung zu tun, wird später aber für Sozialrevolutionäre Vorbildcharakter haben. (►28. Dezember 1886)

  • 7. April 1884 (Montag)
    Wien und Vororte: Am 7. April 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess gegen den am ►4. Februar 1884 verhafteten Damenschneidergehilfen Anton Král (~1859–?) statt, angeklagt des Verbrechens des Hochverrats und der Überschreitung durch Vorschubleistung zur Falschmeldung. Unter Anton Králs Namen und mit dessen Arbeitsbuch hatte sich der spätere Attentäter, Schuhmachergeselle Hermann Stellmacher (1853–1884), in Wien am ►13. Jänner 1884 einquartiert. Im Zuge der Untersuchungen gegen Anton Král stellte sich auch heraus, dass er wahrscheinlich zwei Radicalen in Meran (Tirol [Merano / Meran, Italien]), dem Schneidergehilfen Josef Grüner und über diesen dem Schneidergehilfen Adam Fritsch, Anfang Jänner 1884 mehrere Exemplare des Flugblatts »Ein Mahnruf an das Volk!« (►15. Oktober 1883) zugeschickt hatte. Josef Grüner und Albert Fritsch wurden deshalb im Februar 1884 ins Kreisgericht Bozen (Tirol [Bolzano / Bozen, Italien]) eingeliefert. Anton Král, der angibt, das Arbeitsbuch bereits am 9. Juli 1883 auf dem Konskriptionsamt verloren und die beanstandeten Schriften auf Veranlassung eines Unbekannten verschickt zu haben, wird im Sinne der Anklage zu fünf Jahren schwerem Kerker verurteilt, mit anschließender Abschaffung aus dem Wiener Polizeirayon.

  • 8. April 1884 (Dienstag) und 9. April 1884 (Mittwoch)
    Prag (Böhmen [Praha, Tschechien]): Am 8. und 9. April 1884 findet vor dem Landes- als Strafgericht Prag der Prozess gegen den Schuhmacher Anton Brabec, die Gastwirtin Anna Burian (1842–?), den Kesselschmied Karl Červenka, den Bergmann und nunmehrigen Agenten mit Ölfarbendruckbildern Franz Choura (1852–1921) (►27. März 1884) und den Bergarbeiter Franz Havelka statt, alle wegen Vergehens der Geheimbündelei angeklagt, Franz Havelka zusätzlich des Vergehens der Beleidigung einer gesetzlich anerkannten Kirche, weil er einen Priester verspottet haben soll, der mit den Sterbesakramenten zu einem Kranken ging. Bei allen wurden im Zuge von Hausdurchsuchungen sozialistische Druckwerke gefunden, die zur Verbreitung in Birkenberg (Böhmen [Březové Hory, zu Příbram, Tschechien]) und Tetschen (Böhmen [Děčín, Tschechien]) bestimmt waren. Im Sinne der Anklage werden Franz Choura und Franz Havelka zu je drei Monaten, Anna Burian zu sechs Wochen sowie Anton Brabec und Karl Červenka zu je einem Monat verschärftem Arrest verurteilt.

  • 12. April 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Am 12. April 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien, teilweise in geheimer Sitzung, der Prozess gegen den Tischlergehilfen Franz Provaznik (1863–?) statt, angeklagt der Verbrechen des Hochverrats, der Majestätsbeleidigung und der Störung der öffentlichen Ruhe. Als der Angeklagte am Sonntag dem 9. März 1884 in »Grund’s Gasthaus« (Josef Grund) in Wien 10., Marxergasse 13, verhaftet wurde, fanden die Behörden bei ihm neben einem Notizbuch je eine Nummer der Zeitungen »Radikal« (Budapest), »Die Zukunft« (Budapest) und »Pomsta« ([Horní Růžodol]; Die Rache) (►Februar 1884). Als Zeichen seiner radicalen Gesinnung wird unter anderem festgehalten, dass Franz Provaznik bei seiner Verhaftung eine rote Krawatte mit einer Nadel, die eine geballte Faust darstellte, trug. Der Angeklagte, Mitglied des tschechoslawischen Arbeitervereins »Böhmischer Verein ›Rovnost‹« (Die Gleichheit), wird in allen Punkten freigesprochen, weil ihm lediglich die Verbreitung der beiden deutschsprachigen Organe nachgewiesen werden kann, Franz Provaznik aber aufgrund seiner mangelnden Kenntnisse der deutschen Sprache die Tragweite der darin abgedruckten Texte nicht erfassen konnte. Er wird jedoch auf Antrag der Staatsanwaltschaft der Polizei zur weiteren Amtshandlung, also zur Ausweisung, übergeben.

  • 13. April 1884 (Sonntag)
    Wien und Vororte: Um den 13. April 1884 herum flüchten der Tischlergehilfe Johann Ehn (1852–1937) und seine Lebensgefährtin Franziska Faber in die USA. Es wird daher notwendig, die Druckerpresse aus deren Wohnung in Inzersdorf (Niederösterreich [zu Wien 10.]) zu übersiedeln. (►12. März 1884) Der Buchbindergehilfe und Schriftsetzer Eduard Brady (1864–?), der Schriftsetzer Ferdinand Hübner (1860–1897) und der Schriftsetzer Friedrich Weninger (1862–?) bringen die Druckerpresse nun in die eigens dafür angemietete Wohnung in Wien 3., Tongasse 5. (►9. August 1884)

  • 15. April 1884 (Dienstag)
    Budapest (Ungarn): Am 15. April 1886 werden im Zusammenhang mit dem Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube (►10. Jänner 1884) und den dabei erbeuteten Wertpapieren in Budapest zwei weitere Personen verhaftet: der Hausknecht eines Maschinenfabrikanten und Nähmaschinenhändlers Salomon Blau und der Zimmermaler Jakob Novotný (1859–1929). (►17. August 1884 und ►5. bis 9. Dezember 1884)

  • 21. April 1884 (Montag)
    Laibach (Krain [Ljubljana, Slowenien]): Am 21. April 1884 werden in Laibach der Schneidermeister Franz Železnikar (1844–?) und der »roter Schneider« genannte Schuhmachermeister Ferdinand Tuma (1854–?), später ein bedeutender Anarchist, verhaftet. Die große Verhaftungswelle von Radicalen in Laibach wird aber erst am ►8. Juli 1884 beginnen. (►13. Juli 1884 und ►6. bis 11. Dezember 1884)

  • 22. April 1884 (Dienstag)
    Krakau (Galizien und Lodomerien [Kraków, Polen]): Am 22. April 1884, um 13 Uhr 30, versucht der Bronzeschmiedgehilfe Bolesław Malankiewicz (1867–?) eine mit Schießpulver und Schwefel gefüllte, acht Kilo schwere Bombe in das Fenster eines Parterrezimmers des Polizeigebäudes von Krakau zu schleudern, nach Ansicht der Polizei, um den dort vermuteten, bei der Verhaftung von Sozialisten besonders aktiven Polizeikommissar Johann Kostrzewski – damals schon ein Geheimagent des russischen Zaren – und den Polizeikonzipisten Wladislaw Swolkien zu töten. Bolesław Malankiewicz gehört einer Gruppe von Sozialrevolutionären an und war durch das Los zur Ausführung des Anschlags bestimmt worden. Die Bombe zerplatzt, ehe er sie werfen kann. Bolesław Malankiewicz, der auch einen Revolver bei sich hat, bricht unter dem beschädigten Fenster des Polizeigebäudes zusammen und wird in bewusstlosem Zustand in das Spital eingeliefert. (►30. und 31. März 1884 und ►12. bis 17. November 1884)

  • 24. April 1884 (Donnerstag)
    Karthaus (Böhmen [Valdice, Tschechien]): Am 24. April 1884 wählt der wegen der so genannten Merstallinger-Affäre (►4. Juli 1882) am 21. März 1883 (►8. bis 21. März 1883) zu fünfzehn Jahren schwerem Kerker verurteilte Tischlergehilfe Franz Pfleger (1831–1884) im Gefängnis Karthaus den Freitod.

  • 24. April 1884 (Donnerstag)
    Wien und Vororte: Am 24. April 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess gegen den Schneidergehilfen Alexander Březina statt. Er war am Mittwoch dem 12. März 1884 ertappt worden, wie er in einem Pissoir in Favoriten (Wien 10.) das Flugblatt »An die Anarchisten Wiens!« (►12. März 1884) plakatieren wollte. Außerdem fand man bei ihm mehrere Exemplare der Zeitung »Pomsta« ([Horní Růžodol]; Die Rache) (►Februar 1884). Alexander Březina wird der Verbrechen des Hochverrats und der Gutheißung des Mordes angeklagt, im Gerichtsverfahren jedoch nur wegen Vergehens der Ruhestörung durch Gutheißung ungesetzlicher Handlungen, insbesondere der Verleitung zum Mord, zu einem Jahr schwerem Kerker verurteilt.
    Anschließend formiert sich das Ausnahmsgericht zu einem aus vier Richtern bestehenden Erkenntnissenat und verhandelt den Prozess gegen den Kesselheizer in einer Gasfabrik Mathias Dokupil (1851– ?) wegen Verbrechens der Vorschubleistung und der Begünstigung eines Deserteurs. Mathias Dokupil gesteht, dem fahnenflüchtigen Buchbindergehilfen Anton Kammerer (1862–1884), der damals mit dem Tapezierergehilfen Johann Heindl in Wien 5., Laurenzgasse 12, zusammenwohnte, am 20. Februar 1884 (►20. bis 28. Februar 1884) eine Warnung hinterlassen zu haben, dass er erkannt worden sei. Außerdem gesteht Mathias Dokupil, Anton Kammerer durch den Bäckergehilfen Franz Poppenmeier (1863–1918), ein Schulfreund Kammerers, Wäschestücke überlassen zu haben, welche dem Schmuggel verbotener Schriften dienen sollten. Nachdem der Staatsanwalt die Anklage auf ein niedrigeres Strafmaß restringiert, wird Mathias Dokupil im Sinne der Anklage zu vier Monaten schwerem Kerker, verschärft durch einen Fasttag im Monat, verurteilt.

  • 26. April 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Das Landesgericht Wien erlässt am 26. April 1884 einen Steckbrief gegen den erst am 1. März 1884 aus Wien ausgewiesenen Webergehilfen Josef Thielmann (1855–?) wegen Verbrechens des Hochverrats. Er wird am ►4. November 1884 von Reichenberg (Böhmen [Liberec, Tschechien]) ins Landesgericht Wien überstellt werden. (►22. November 1881 und ►28. Jänner 1885)

  • 2. Mai 1884 (Freitag)
    Neutitschein (Mähren [Nový Jičín, Tschechien]): Am 2. Mai 1884 findet vor dem Kreisgericht Neutitschein der Prozess gegen den Metallarbeiter Gustav Skollaut wegen Verbreitung verbotener Druckschriften, Verbrechens der Majestätsbeleidigung und Beleidigung eines Mitglieds des kaiserlichen Hauses, der Religionsstörung und des Vergehens der Aufwiegelung statt. Gustav Stollaut, ehemaliger Quartiergeber des nun in Wien in Untersuchungshaft sitzenden Lackierergehilfen Johann Ondra (1856–?) (►27. und 28. 1884), war im Februar 1884 aus Wien ausgewiesen worden, trat dann mit den Radicalen in Ungarn in Verbindung und begann schließlich seine Propagandaaktivitäten in Mährisch-Ostrau (Böhmen [Ostrava, Tschechien]) und Witkowitz (Böhmen [Vítkovice, Tschechien]). Von der Beleidigung eines Mitglieds des Kaiserhauses und der Aufwiegelung freigesprochen, wird Gustav Skollaut wegen der anderen Anklagen zu zehn Monaten schwerem Kerker verurteilt.

  • 4. Mai 1884 (Sonntag)
    Budapest (Ungarn): Am 4. Mai 1884 findet in Budapest das Begräbnis von András Szalay (1857–1884), des am Freitag dem 2. Mai 1884 in Polizeihaft im Inquisitenspital verstorbenen Redakteurs der radicalen ungarischen Zeitung »Népakarat« (Budapest; Volkswille), statt. Er war erst am 25. März 1884 in das Landesgericht Budapest eingeliefert worden und sollte nach seiner Entlassung aus dem Spital des Landes verwiesen werden (►13. und 14. März 1884). Das Begräbnis ist eine der letzten öffentlichen Großdemonstrationen der ungarischen Radicalen. Als ein katholischer Pfarrer entgegen dem ausdrücklichen Wunsch des Verstorbenen am Grab die Einsegnung vornehmen will, wird er von den Begräbnisteilnehmern gewaltsam daran verhindert. Zwei Arbeiter halten die Grabreden vor dem mit Kränzen mit roten Schleifen geschmückten Sarg, darunter einer mit der Schleife »Dem Gesinnungsgenossen – die Budapester radicale Arbeiterpartei«: Miháhly Fodor in ungarischer und Josef Brunner in deutscher Sprache. Schließlich wird dem Pfarrer auf Aufruf eines Arbeiters die Einsegnung doch noch gestattet. Danach zerstreuen sich die mehrere hundert Begräbnisteilnehmer. Allerdings werden Miháhly Fodor und Josef Brunner noch in der Nacht des 4. Mai 1884 wegen aufhetzender Reden, in denen sie unter anderem die Polizei für den Tod von András Szalay verantwortlich machten, verhaftet.

  • 5. Mai 1884 (Montag)
    Budapest (Ungarn): Am 5. Mai 1884 findet vor dem Schwur- als Pressegericht Budapest der Prozess gegen den Schriftsetzer Mátyás Rusz (1860–?), Redakteur der radicalen Zeitung »Die Zukunft« (Budapest) (►15. Februar 1884), statt. Er wird anlässlich eines Artikels in dieser Zeitung der Lobpreisung verbrecherischer Handlungen und der Aufreizung zum Klassenhass angeklagt. Er hatte in dem Artikel die Ermordung des Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) am ►15. Dezember 1883 und des Polizei-Detektivs Ferdinand Blöch (1844–1884) am ►25. Jänner 1884 als ein gerechtes Urteil bezeichnet. Mátyás Rusz war eigentlich im Zusammenhang mit dem Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube (►10. Jänner 1884) verhaftet worden und befindet sich deswegen noch in Untersuchungshaft (►13. und 14. März 1884). Erstmals seit Bestehen des Pressegesetzes wird ein Angeklagter in Begleitung eines bewaffneten Gefängnisinspektors vor die Jury geführt. Die Geschworenen sprechen Mátyás Rusz zwar teilweise schuldig. Trotz seines Eingeständnisses, Autor des inkriminierten Artikels zu sein, sprechen ihn aber die Geschworenen frei. Der Richter verhängt daraufhin kein Urteil, sondern verweist das Verfahren an eine andere Jury. (►27. Mai 1884)

  • 10. Mai 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Am 10. Mai 1884 wird in Wien erstmals radicale Flugblatt »Arbeiter! Brüder!«,17 gezeichnet »Einige Gruppen der radicalen Socialisten Oesterreichs. Im Mai 1884«, ausgestreut. Der Text stammt vom Buchbindergehilfen und Schriftsetzer Eduard Brady (1864–?), gesetzt wird das Flugblatt vom Schriftsetzer Ferdinand Hübner (1860–1897) und gedruckt von Ferdinand Hübner und seiner Lebensgefährtin Agnes Hofmann in der geheimen Druckerei in Wien 3., Tongasse 5. (►26. bis 29. November 1884) Die etwa 3.000 gedruckten Exemplare übernimmt Eduard Brady zur Verteilung. Papier und Lettern stellen übrigens Eduard Brady und Ferdinand Hübner selbst her.

  • 12. Mai 1884 (Montag)
    Wien und Vororte: Am 12. Mai 1884 genehmigt Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) eine neue Adjustierung der Wiener Sicherheitswache. Unter anderem werden die Beamten der Sicherheitswache zukünftig statt der Stoffkappen schwarze Helme mit weißer Montierung tragen.

  • 14. Mai 1884 (Mittwoch)
    Graz (Steiermark): Am 14. Mai 1884 findet vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Graz in geheimer Verhandlung der Prozess gegen den Arbeiter Anton Stuchne (►5. Februar 1884) statt, bei dem im Zuge einer Hausdurchsuchung eine Geheimschrift, Druckerschwärze und Lettern gefunden worden waren. Anton Stuchne wird wegen Vorschubleistung zu sechs Monaten schwerem Kerker und anschließender Verweisung aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also aus der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) verurteilt, weil er nach Kroatien zuständig ist.

  • 15. Mai 1884 (Donnerstag)
    Budapest (Ungarn): Am 15. Mai 1884 findet vor dem Schwurgericht Budapest der Presseprozess gegen den Schneidergehilfen und nunmehrigen Fabrikarbeiter und Redakteur Ármin Práger (1851–1905) wegen eines am 1. März 1884 (Samstag) in der von ihm redigierten Zeitung »Radikal« (Budapest) erschienenen Artikels statt. Ármin Práger, der nur Deutsch spricht, wird die Aufforderung zur Verübung von Verbrechen, die Vorbereitung der Revolution, die Aufreizung zum Klassenhass sowie die Aufforderung zum Ungehorsam gegen das Gesetz vorgeworfen. Ármin Práger war eigentlich im Zusammenhang mit dem Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube (►10. Jänner 1884) verhaftet worden und befindet sich deswegen noch in Untersuchungshaft (►1. März 1884). Ármin Práger wird zu fünfzehn Monaten Staatsgefängnis und 600 Gulden Geldstrafe, eventuell sechzig Tage Staatsgefängnis, sowie zur Übernahme der Prozesskosten von 141 Gulden verurteilt und geht in die Berufung. (►5. bis 9. Dezember 1884)

  • 16. Mai 1884 (Freitag) und 17. Mai 1884 (Samstag)
    Zágráb / Agram (Ungarn [Zagreb, Kroatien]): Am 16. und 17. Mai 1884 findet vor dem Gerichtshof in Zágráb / Agram in geheimer Verhandlung der Prozess gegen die am ►2. und 3. März 1884 verhafteten Radicalen statt: die Schneidergehilfen Wolfgang Hischa (1829–?) und Franz Srnec (1840–?) sowie die Uhrmachergehilfen Alois Montanelli und Isidor Straub. Sie werden der Verbrechen des Hochverrats, der Majestätsbeleidigung und der Beleidigung der Mitglieder des kaiserlichen Hauses angeklagt. Im Sinne der Anklage werden Franz Srnec zu sechs und Wolfgang Hischa zu fünf Jahren schwerem Kerker verurteilt. Alois Montanelli und Isidor Straub werden freigesprochen. Wolfgang Hischa meldet Nichtigkeitsbeschwerde an, desgleichen der Staatsanwalt gegen die beiden Freisprüche.

  • 19. Mai 1884 (Montag)
    Wien und Vororte: Nach einem heftigen Kompetenzstreit zwischen dem Landes- und dem Militärgericht wird der Buchbindergehilfe Anton Kammerer (1862–1884) am 19. Mai 1884 vom Landesgericht Wien, wo er seit ►15. März 1884 in Untersuchungshaft war, als Deserteur dem Garnisonsgericht Wien in der Alser Kaserne in Wien 9., Alser Straße 2, übergeben. (►5. September 1884)

  • 23. Mai 1884 (Freitag)
    Innsbruck (Tirol): Am 23. Mai 1884 wird spät abends in Innsbruck der Drechslergehilfe Adolf Hannich (1864–1892) verhaftet. Er war nach einer Hausdurchsuchung am Mittwoch dem 14. Mai 1884 als »Heinrich Schaffer« aus Wien über Salzburg nach Innsbruck geflüchtet. Adolf Hannich wird seit dem Verlassen des »Cafés Stockinger« (Anton Stockinger) in Innsbruck, Maria-Theresien-Straße, von dem Sicherheitswachmann Johann Mitterspacker (1847–1911) wegen auffälligen Verhaltens beschattet. Als sich Adolf Hannich an ihn wendet, um ihn um eine Übernachtungsmöglichkeit zu fragen, fordert Johann Mitterspacker die Vorweisung seiner Legitimation auf. Adolf Hannich flüchtet daraufhin, wird aber am Margarethenplatz [Bozner Platz] gestellt. Er zieht zwar noch seinen geladenen sechsschüssigen Revolver, kann aber vom Wachmann überwältigt werden. Im Zuge der Einvernahmen soll der Geisteszustand von Adolf Hannich untersucht werden, doch dann trifft mittlerweile die Zeitung »Polizei-Anzeiger« ein, der ihn als gesuchten »Anarchisten« ausweist, woraufhin Adolf Hannich nach Wien überstellt wird, wo er am ►11. Juli 1884 vor Gericht gestellt werden wird.

  • 24. Mai 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Im Mai 1884 fand in der Josefstadt (Wien 8.), Lederergasse 26, eine Hausdurchsuchung bei dem als Ingenieur bei der Wiener Elektrischen Ausstellung angestellten Studenten des Technologischen Gewerbemuseums Jan Adolf Juszczyński (1858–?) statt, der sich unter dem Namen »Adolf Jünger« als Ingenieur aus Bielitz (Österreichisch-Schlesien [Bielsko, zu Bielsko-Biała, Polen]), eingemietet hatte. Ein Zimmer seiner aus zwei Zimmern und einem Kabinett bestehenden Wohnung war als Dunkelkammer eingerichtet. Außerdem wurden neben Chemikalien und mehreren gefälschten Pässen auch Proklamationen in außerordentlich kleinem Druck mittels Heliografie gefunden. Jan Adolf Juszczyński, der zu den polnischen Nihilisten gehört, wurde unter dem Verdacht des Verbrechens des Hochverrats ins Landesgericht Wien eingeliefert. Am 24. Mai 1884 wird er vom Bezirksgericht Alsergrund (Wien 9.) wegen Falschmeldung zu drei Wochen Arrest und anschließendem Landesverweis verurteilt. Über Ansuchen der russischen Behörden wird Jan Adolf Juszczyński mit Beschluss des Innenministeriums vom Mittwoch dem 30. Juli 1884 an das Gericht in Odessa ‹Одесса› (Russland [(Odesa ‹Одеса‹, Ukraine]), ausgeliefert, welches ihn wegen Raubmords zu nihilistischen Zwecken sucht, und am Sonntag dem 10. August 1884 den russischen Behörden übergeben werden.

  • 25. Mai 1884 (Sonntag)
    New York City (New York, USA): Am 25. Mai 1884 erscheint die erste Nummer der radicalen tschechischen Zeitung »Proletář« (New York; Der Proletarier), die auch in Österreich vereinzelt verbreitet wird und am ►24. Mai 1885 nach 52 Nummern ihr Erscheinen einstellen wird. Da der Zeitung der Postdebit (Zeitungsvertrieb durch die Post) mit Erkenntnis des Ministeriums des Innern vom 28. Juni 1884 für die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder (also für die österreichische Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) behördlich entzogen wird, muss sie nach Österreich eingeschmuggelt werden.

  • 27. Mai 1884 (Dienstag)
    Budapest (Ungarn): Nachdem der Schriftsetzer Mátyás Rusz (1860–?), Redakteur der radicalen Zeitung »Die Zukunft« (Budapest) (►15. Februar 1884), am ►5. Mai 1884 von den Geschworenen des Schwur- als Pressegerichts Budapest zwar teilweise schuldig, aber dennoch freigesprochen worden war, hatte der damalige Richter das Verfahren an eine andere Jury verwiesen. Am 27. Mai 1884 wurde nun der Prozess neuerlich vor dem Schwur- als Pressegericht Budapest durchgeführt. Mátyás Rusz (1860–?) hatte in einem Artikel in der Zeitung »Die Zukunft« die Ermordung des Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) am ►15. Dezember 1883 und des Polizei-Detektivs Ferdinand Blöch (1844–1884) am ►25. Jänner 1884 als ein gerechtes Urteil bezeichnet. Mátyás Rusz wird nun wegen des Pressevergehens der Aufreizung zum Klassenhass zu sechs Monaten Staatsgefängnis und 200 Gulden Geldstrafe verurteilt, weiters zum Ersatz der 250 Gulden Prozesskosten. Er meldet Berufung an und wird gegen Kaution auf freiem Fuß belassen.

  • 27. Mai 1884 (Dienstag) und 28. Mai 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 27. und 28. Mai 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess gegen den Lackierergehilfen bei der Eisenbahn Johann Ondra (1856–?) und den Brotführer Ferdinand Schaffhauser (1836–190?) statt (►4. Februar 1884). Sie werden des Verbrechens der Mitschuld an der Ermordung des Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) am ►15. Dezember 1883 angeklagt, obwohl der Buchbindergehilfe Anton Kammerer (1862–1884) als mutmaßlicher Attentäter bereits verhaftet ist und der dann auch im Prozess als Zeuge die beiden Angeklagten entlastet. Ferdinand Schaffhauser, der außerdem wegen der Versendung des Flugblatts »Ein Mahnruf an das Volk!« (15. Oktober 1883) im Dezember 1883 angeklagt wird, wird zwar von der Mitschuld am Meuchelmord freigesprochen, doch wegen boshafter Unterlassung der Verhinderung des Mordes zu zwei Jahren schwerem Kerker, verschärft durch zwei Fasttage im Monat, verurteilt. Ferdinand Schaffhauser legt Berufung ein, welche aber vom Obersten Gerichtshof in geheimer Sitzung am Freitag dem 25. Juli 1884 zurückgewiesen werden wird, woraufhin er seine Strafe sofort antreten wird. Die Wende im Prozess bringt für Johann Ondra die Zeugenaussagen am zweiten Verhandlungstag, denen zufolge zum Zeitpunkt des Attentats nur vier Personen am Tatort anwesend waren: Anton Kammerer, Ferdinand Schaffhauser und die zwei Zeuginnen, Marie Schabernak, Ehefrau eines Monteurs, und die Friedhofswärterin Josefa Ueberbacher. Und Anton Kammerer sagt aus, dass Ferdinand Schaffhauser unschuldig sei und er Johann Ondra erschossen hätte, wäre der dazwischengetreten. Als Zeuge wurde auch der radicale Bäckergehilfe Franz Poppenwimmer (1863–1918) befragt. Johann Ondra, der am Tatort nachweislich nicht anwesend war, wird zwar freigesprochen, jedoch schon am Freitag dem 30. Mai 1884 aus Wien ausgewiesen und in seine Heimat abgeschoben werden.

  • 30. Mai 1884 (Freitag)
    Budapest (Ungarn): Am 30. Mai 1884 werden in Budapest zwei im April 1884 verhaftete gemäßigte Arbeiterführer, der Buchdrucker Antal Ihrlinger (1842–1890), Mitglied des Ausschusses des Budapester Buchdrucker-Vereins, und der Redakteur und Privatbeamte Jakab Kürschner (1852–1929), wegen angeblich aufreizender Reden in einer Arbeiterversammlung im Sommer 1883 des Verbrechens der Aufreizung gegen das Eigentum und gewisse Institutionen des Staates für schuldig befunden und zu je einem Jahr Staatsgefängnis sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten verurteilt. Während des Prozesses erregt der Staatsanwalt unter den anwesenden Arbeitern heftigen Unmut, als er die Sozialisten als eine »Räuberbande« bezeichnet. Da die beiden Verurteilten wie auch der Staatsanwalt Appellation einlegen, wird es am Dienstag dem 14. Oktober 1884 zur Verhandlung vor der königlichen Tafel kommen, in der beide Angeklagten gänzlich freigesprochen werden.

  • 2. Juni 1884 (Montag)
    Leoben (Steiermark): Am 2. Juni 1884 findet in Leoben ein Arbeiterfest im Saal der bürgerlichen Schießstätte, auf dem sogenannten Winkelfeld im Ortsteil Judendorf, statt, zu dem etwa vierzig Genossen des Wiener »Arbeiter-Sänger-Bunds« sowie dreißig bis vierzig Genossen aus den steirischen Orten Bruck an der Mur, Graz, Kindberg und Mürzzuschlag kommen. Es ist dies die erste Gelegenheit seit Verhängung der Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884, dass sich Wiener und steirische Radicale öffentlich treffen können.

  • 3. Juni 1884 (Dienstag)
    Budapest (Ungarn): Am 3. Juni 1884 beschreibt der in Budapest inhaftierte Bankbuchhalter Jónás Gyula Fried (1864–1929) angeblich jene dritte Person, die beim Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube (►10. Jänner 1884) als Aufpasser beteiligt war. Außerdem belastet er angeblich den Buchbindergehilfen Anton Kammerer (1862–1884) sowie den Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884) als ausführende Täter.

  • 4. Juni 1884 (Mittwoch)
    Budapest (Ungarn): Am 4. Juni 1884 findet vor dem Schwur- als Pressegericht Budapest der Presseprozess gegen den am ►25. März 1884 verhafteten Schriftsetzer Albin Scheffler (~1848–?) wegen Übertretung des Pressegesetzes durch einen Artikel in der Nummer vom 15. März 1884 (Samstag) der Zeitung »Népakarat« (Budapest; Volkswille) statt. Albin Scheffler wird zu einem Jahr und neun Monaten Staatsgefängnis sowie zu einer Geldstrafe von 1.100 Gulden, eventuell hundertzehn Tage Staatsgefängnis, verurteilt, weiters zum Verfahrenskostenersatz von 90 Gulden und 18 Kreuzern.

  • 9. Juni 1884 (Montag) und 10. Juni 1884 (Dienstag)
    Wien und Vororte: Am 9. und 10. Juni 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess gegen den am ►25. Jänner 1884 verhafteten Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884) statt. Er wird der Verbrechen des teils vollbrachten, teils versuchten Raubmords an Heinrich Eisert sen. (~1838–1884), seinen Kindern Rudolf Eisert (~1875–1884) und Heinrich Eisert jun. (~1873–1884) und der Französischlehrerin Karoline Berger (~1819–?) (►10. Jänner 1884), des vollbrachten gemeinen Mords am Polizei-Detektiv Ferdinand Blöch (1844–1884) (►25. Jänner 1884), des versuchten gemeinen Mords am Taglöhner Albert Meloun (►25. Jänner 1884) sowie der Übertretung des Diebstahls an Ferdinand Blöch und Übertretung gegen öffentliche Anstalten und Vorkehrungen durch Falschmeldung unter dem Namen »Anton Král« angeklagt. Einer der einvernommenen Zeugen war der radicale Bäckergehilfe Franz Poppenwimmer (1863–1918). Hermann Stellmacher, der sich nur des Mords an Ferdinand Blöch schuldig bekennt, wird vom versuchten Mord an Albert Meloun freigesprochen, aber wegen Verbrechens des teils vollbrachten und teils versuchten Mords, des gemeinen Mords, des Verbrechens der schweren Körperverletzung an Albert Meloun und der Übertretung des Diebstahls schuldig gesprochen und am 10. Juni 1884 zum Tod durch den Strang sowie zur Bezahlung der Verfahrenskosten und eines Schadenersatzes an die Witwe Bertha Eisert sen. (~1851–?) in der Höhe von 6.970 Gulden verurteilt. (►8. August 1884) Der Verteidiger legt Berufung gegen das Urteil ein, das Gericht wiederum beschließt, Hermann Stellmacher nicht der Gnade des Monarchen zu empfehlen. Die Nichtigkeitsbeschwerde Hermann Stellmachers wird vom Obersten Gerichtshof in geheimer Sitzung am Montag dem 28. Juli 1884 zurückgewiesen werden. (►11. Juni 1884)

  • 11. Juni 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Bereits am 11. Juni 1884 erscheint in Wien das Buch über den »Proceß gegen den Anarchisten Hermann Stellmacher«.18 (►9. und 10. Juni 1884)

  • 11. Juni 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 11. Juni 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien in geheimer Verhandlung der Prozess gegen den aus Ungarn gebürtigen Schuhmachergehilfen Anton Tempfli wegen Hochverrats und Majestätsbeleidigung statt, begangen durch die Verteilung des Flugblatts »Arbeiter! Brüder!« (►10. Mai 1884). Wegen Majestätsbeleidigung wird Anton Tempfli zu achtzehn Monaten schwerem Kerker und anschließender Verweisung aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also aus der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) verurteilt.

  • 11. Juni 1884 (Mittwoch) bis 25. Juni 1884 (Mittwoch)
    Graz (Steiermark): Vom 11. bis 25. Juni 1884 findet vor dem Landes- als Schwurgericht Graz der Prozess gegen dreiundzwanzig am ►5. Februar 1884 aufgrund der Denunziation des Schuhmachergehilfen Franz Pronegg (1833–1886) – er trägt ob seines Hinkens den Spitznamen »krumper Schuster« – festgenommene Radicale wegen Verbrechens des Hochverrats statt: der Kleidermachergehilfe Ferdinand Gabriel (1828–1902), der Tuchmachergehilfe Alois Hartel, sein Bruder, der Tuchmachergehilfe Rudolf Hartel, die Schuhmachergehilfen Johann Huber und Karl Hubmayer (1856–?), der Schuhmachermeister Franz Kabelka, der Eisendreher Gustav Kappauf (1856–?), der Buchhalter der »Allgemeinen Arbeiter-Kranken- und Invaliden-Kasse« Michael Kappauf (1843–1890), die Schuhmachergehilfen Alexander Kehl (1824–?), Franz Kleiner (1844–1911), Michael Kowatsch, Johann Krainer und Michael Ledinegg, der Schreiber bei der »Allgemeinen Arbeiter-Kranken- und Invaliden-Kasse« Franz Lindner, der Schuhmachergehilfe und nunmehrige Schuhwarenhausierer Nikolaus Podboj, der Tischlergehilfe Anton Riedl (1846–?), der Schuhmachermeister Franz Rockenbauer, der Schuhmachergehilfe Josef Scheucher, der Kettenschmied Josef Schneider, die Schneidergehilfen Anton Schrank und Philipp Sleik, der Schuhmachermeister Matthias Streit und der Schuhmacher Franz Stremitzer. Sie werden angeklagt, mittels Sammlung von Geldern zur Anschaffung von Waffen, Munition, Sprengmitteln und revolutionären Flugschriften, durch Anwerbung weiterer Mitglieder, persönlichen Unterricht und tatsächliche Verbreitung solcher Druckschriften, welche die Vorbereitung einer gewaltsamen Erhebung der Arbeiter bezwecken, Handlungen unternommen zu haben, welche auf eine gewaltsame Veränderung der Regierungsform und auf die Herbeiführung einer Empörung oder eines Bürgerkriegs gerichtet waren. Kernstück der Anklage war der angebliche Beschluss, Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) bei seiner Reise nach Graz im April 1883 mit Dynamit in die Luft zu sprengen. Von der Anklage des Hochverrats und des versuchten Attentats auf den Kaiser werden alle Angeklagten freigesprochen. Wegen Verbrechens der Störung der öffentlichen Ruhe werden Michael Kappauf zu dreieinhalb und Johann Krainer zu zweieinhalb Jahren schwerem Kerker, Franz Lindner zu drei Jahren schwerem, durch Fasttage verschärften Kerker, Anton Schrank zu zweieinhalb, Josef Schneider zu zwei Jahren Kerker, Johann Huber und Franz Rockenbauer zu je achtzehn, Rudolf Hartel zu fünfzehn sowie Michael Ledinegg und Philipp Sleik zu je dreizehn Monaten Kerker verurteilt. Michael Ledinegg erhält wegen eines Streits zusätzlich eine achtundvierzigstündige Arreststrafe. Ferdinand Gabriel, Alois Hartel, Karl Hubmayer, Franz Kabelka, Gustav Kappauf, Alexander Kehl, Franz Kleiner, Michael Kowatsch, Anton Riedl, Josef Scheucher, Matthias Streit und Franz Stremitzer werden gänzlich freigesprochen. Als Untersuchungsrichter fungiert übrigens der später bekannte Kriminologe Hans Gross (1847–1915), Vater des Mediziners, Psychiaters, Psychoanalytikers und Anarchisten Otto Gross (1877–1920). Michael Ledinegg und Philipp Sleik werden ihre Haftstrafe im Gefängnis Suben (Oberösterreich) verbüßen. (►18. Juni 1884 und ►6. Juni 1885) Eine Person, der Schuhmachergehilfe Michael Tschabitscher (1855–?), sollte ursprünglich ebenfalls auf der Anklagebank sitzen, doch kann er sich zunächst durch Flucht dem Prozess entziehen und wird erst am ►4. März 1886 vor Gericht gestellt werden.

  • 18. Juni 1884 (Mittwoch)
    Graz (Steiermark): Noch während des Grazer Hochverratsprozesses (►11. bis 25. Juni 1884) erlässt das Landesgericht Graz am 18. Juni 1884 einen Steckbrief zu dem mehrfach in den Verhandlungen dieses Prozesses genannten Gelbgießer Anton Sirani. Schon damals vermuten die Behörden, dass »Sirani« ein Anagramm von »Rainis« sei. Er wird unter anderem verdächtigt, illegale Druckwerke mittels eines Fuhrwerks nach Tirol geschmuggelt und damit das Verbrechen des Hochverrats begangen zu haben. Anton Sirani wird im März 1885 als der noch immer flüchtige Tischler Josef Reinisch (1853–?) aus Hannsdorf (Mähren [Hanušovice, Tschechien]) identifiziert werden.

  • 19. Juni 1884 (Donnerstag)
    Wien und Vororte: Im Juni wurde in Wien ein Leopold Banga verhaftet, der schließlich als der aus Budapest flüchtige Handlungskommis Lipót Práger (1862–?) identifiziert wird. Dieser wird wegen einer Zinsschuld gegenüber seinem Quartiergeber und eines Kleiderdiebstahls in Budapest (Ungarn) gesucht, von den Wiener Behörden aber auch sozialistischer Umtriebe verdächtigt. Lipót Práger wird ins Bezirksgericht Alsergrund (Wien 9.) eingeliefert. Am 19. Juni 1884 findet der Prozess gegen Lipót Práger vor dem Bezirksgericht Alsergrund statt. Seine Behauptung, als Sozialist gehandelt zu haben, wird ihm vom Richter nicht geglaubt. Lipót Práger wird wegen Falschmeldung, Betrugs und Diebstahls zu einem Monat Arrest und anschließender Abschaffung verurteilt. Am Tage der Vollstreckung der Haftstrafe macht er während des Spaziergangs der Häftlinge Unfug. Als er vom Gefangenenaufseher Jakob Buchinger in die Zelle zurückgebracht werden soll, flüchtet Lipót Práger in die Aufnahmekanzlei des Bezirksgerichts, streut den ihn verfolgenden Justizwachebeamten Sand ins Gesicht und kann erst nach längerem Kampf überwältigt werden. (►13. August 1884)

  • 25. Juni 1884 (Mittwoch)
    Budapest (Ungarn): Am 25. Juni 1884 stellt in Budapest Staatsanwalt Faustin Heil (1847–1920), 1897 bis 1914 Senatspräsident des Verwaltungsgerichtshofes, in einem Prozess wegen der antisemitischen Krawalle vom August 1883 fest: »Gleichwol hat dieser Strafprozeß doch ein social sehr wichtiges Resultat, denn was fürderhin durch Niemanden wird bezweifelt werden können, ist, daß der wirkliche und unmittelbare Grund des schändlichen Verbrechens der Anti-Semitismus ist, der weder eine politische Richtung, noch eine sociale Frage ist, sondern ganz einfach eine gegen das Strafgesetz verstoßende Niedertracht. Es ist dies eine Abart des Anarchismus und des verwerflichsten Socialismus.«19 Diese Behauptung ist ein guter Beleg für die ideologische Verblendung und Verhetzung von – zumindest Teilen – der Staatsanwaltschaft.

  • 25. Juni 1884 (Mittwoch)
    Graz (Steiermark): Am 25. Juni 1884 wird in Graz der aus Wien ausgewiesene Tischlergehilfe Josef Sagradischnig (1858–?) in der Heinrichstraße festgenommen. Josef Sagradischnig, dessen Name im großen Grazer Hochverratsprozess (►11. bis 25. Juni 1884) mehrfach genannt wurde, wird als Besitzer eines Koffers voller revolutionärer Schriften ermittelt. Da er nicht bei deren Verbreitung ertappt wurde, wird er am nächsten Tag ohne Anklageerhebung aus der Haft entlassen.

  • 30. Juni 1884 (Montag)
    Stuttgart (Württemberg [Baden-Württemberg]): Am 30. Juni 1884 findet vor dem Land- als Schwurgericht Stuttgart der Prozess gegen den am ►21. November 1883 verhafteten österreichischen Tischlergehilfen Michael Kumić (1853–?) statt. Wegen seiner Beteiligung am Raubmord am Apothekergehilfen Franz Lienhardt (~1833–1883) in Straßburg (Elsaß-Lothringen [Strasbourg, Frankreich]) am ►22. Oktober 1883, die er allerdings bestreitet, und am Raub in der Firma »J. A. Heilbronner, Bank- und Wechselgeschäft« des Bankiers Josef Heilbronner (1850–1930) in Stuttgart (Württemberg [Baden-Württemberg]) am ►21. November 1883, den er gesteht, wird er zweier Verbrechen des versuchten Mordes und eines in derselben Handlung damit begangenen Raubs angeklagt. Seine Beziehungen zu den mutmaßlichen Mittätern, dem Buchbindergehilfen Anton Kammerer (1862–1884) und dem Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884), können im Prozess nicht geklärt werden, die nachweislich zumindest beim Heilbronner Attentat beteiligte vierte Person wurde nicht eruiert. Michael Kumić wird wegen versuchten Mords und schweren Raubs zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Das Verfahren gegen Michael Kumić wegen Widerstands und versuchter Tötung anlässlich seiner Festnahme wird von den Behörden ebenso eingestellt wie die Verfahren gegen dessen unbekannte Mittäter. Die Behörden in Wien gehen jedoch von einer Beteiligung Anton Kammerers und Hermann Stellmachers aus. Für deren Teilnahme zumindest am Attentat auf Franz Lienhardt spräche ein in dessen Apotheke zurückgelassenes, für Hermann Stellmacher in Zürich / Zurich / Zurigo (Kanton Zürich, Schweiz) ausgestelltes Rezept sowie eine Uhrkette, die beim Überfall einem der Attentäter abgerissen wurde und welche als Eigentum Anton Kammerers identifiziert worden sei. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg wird Michael Kumić, der sich mittlerweile dem Katholizismus zugewandt hatte, wegen guter Führung aus dem Gefängnis Stuttgart unter der Bedingung freigelassen werden, dass er nach Australien auswandere.

  • Juli 1884
    Henau [Uzwil] (Kanton St. Gallen, Schweiz): Der im Februar 1884 aus Wien nach St. Gallen / Saint-Gall / San Gallo (Kanton St. Gallen, Schweiz) gezogene Mechaniker Leo Walecka (1856–1914) übersiedelt im Juli 1884 nach Henau. (►August 1884 und ►25. September 1884)

  • Juli 1884
    New York City (New York, USA): Im Juli 1884 erscheint die Broschüre »Die freie Gesellschaft«20 des Publizisten und Journalisten Johann Most (1846–1906). Diese wird für die nächsten zwei Jahre wesentlichen Einfluss auf die deutschsprachige radicale Arbeiterbewegung in Österreich ausüben und wird – im Gegensatz zum Untertitel – für die Verbreitung kollektivistisch-anarchistischer Ideen unter Beibehaltung sozialrevolutionärer Überlegungen sorgen. Sie erregt aber auch innerhalb wie außerhalb der deutschsprachigen Bewegung den Widerspruch kommunistischer Anarchisten und leitet damit wohl den Niedergang von Johann Most als Zentralfigur der anarchistischen und sozialrevolutionären Bewegung deutscher Sprache in Österreich ein.
    21) 

  • 5. Juli 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Am5. Juli 1884 findet in Wien, in »Bauzek’s Gasthaus« (Ferdinand Bauzek) in Fünfhaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]), Turnergasse 9, eine polizeiliche Razzia statt. Die in einem Extrazimmer angetroffenen sechsundzwanzig tschechoslawischen Arbeiter werden verhaftet, unter ihnen mehrere Mitglieder des ehemaligen radicalen tschechoslawischen »Böhmischen Bildungs- und Geselligkeitsverein ›Slovan‹« (Der Slawe). Elf werden innerhalb der beiden nächsten Tage freigelassen, fünfzehn Verhaftete werden unter dem Verdacht der Geheimbündelei und Aufreizung zu Feindseligkeiten in das Landesgericht Wien eingeliefert. Am Samstag dem 19. Juli 1884 werden auch diese Inhaftierten entlassen werden, jedoch der Polizei zur Amtshandlung, also zur Ausweisung, übergeben werden. Lediglich der Drechslergehilfe Josef Chmelík wird vor Gericht gestellt werden. (►29. Juli 1884)

  • 8. Juli 1884 (Dienstag)
    Laibach (Krain [Ljubljana, Slowenien]): Nach den Verhaftungen vom ►21. April 1884 beginnt am 8. Juli 1884 in Laibach die große Verhaftungswelle von Radicalen, bei der unter anderem die Schuhmachergehilfen Lukas Breskvar, Franz Dekval und Franz Dhü (1857–?), der Schuhmachergehilfe Viktor Hönigmann, der Buchbindergehilfe Eduard Kriegl (1858–?), Obmann des Laibacher »Arbeiter-Bildungsvereins«, sowie der Schneidermeister und Gastwirt Franz Sturm (1851–?) festgenommen werden. Bis auf Eduard Kriegl und Franz Sturm werden alle Verhafteten ohne Anklageerhebung erst am Montag dem 14. September 1884 aus der Untersuchungshaft entlassen werden. (►8. Juli 1884 und ►6. bis 11. Dezember 1884)

  • 11. Juli 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Am 11. Juli 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess, teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit, gegen die Drechslergehilfen Adolf Hannich (1864–1892?) und Josef Straschar (1862–?) wegen des Verbrechens des Hochverrats statt, begangen durch Verbreitung von Druckschriften hochverräterischen Inhalts. Adolf Hannich, der am ►23. Mai 1884 in Innsbruck (Tirol) verhaftet worden war, wird zusätzlich des Hochverrats durch den Besitz einer Bombe und zweier Dolche sowie wegen versuchten gemeinen Mordes an dem ihn festnehmenden Sicherheitswachmann Johann Mitterspacker (1847–1911) angeklagt. Im Zuge einer Hausdurchsuchung war bei Adolf Hannich eine selbst hergestellte Dynamitsprengbombe, eine Schusswaffe sowie vergiftete Stichwaffen, nämlich zwei von ihm selbst zu Dolchen gefeilte Lochstecher, deren Spitzen mit Blausäure vergiftet sind, gefunden worden. Im Prozess gibt Adolf Hannich an, er habe die Bombe von dem im Merstallinger-Prozess (►8. bis 21. März 1883) angeklagten und freigesprochenen Tischlergehilfen Josef Kreps (1859–1945) erhalten; Josef Kreps war nach seiner Ausweisung aus Wien im Februar 1884 in die USA ins Exil gegangen. Mit Adolf Hannich wird nun auch Josef Straschar, der seit 1879 in Wien lebt, angeklagt, einerseits von den verbrecherischen Plänen Hannichs gewusst und andererseits das hochverräterische Flugblattgedicht »An Se. ›Excellenz‹ den Minister Taaffe. Vorwärts Staatsraison!« (►24. Februar 1884) im Mai 1884 verteilt zu haben, weil man etwa zehn Exemplare davon bei einer Hausdurchsuchung in seiner Kohlenkiste gefunden hatte. Adolf Hannich wird vom Hochverrat hinsichtlich des Besitzes der Bombe und des vergifteten Lochstechers und hinsichtlich der Verbreitung der Flugschrift „»An Se. ›Excellenz‹ den Minister Taaffe. Vorwärts Staatsraison!« freigesprochen, aber wegen versuchten Mords, Hochverrats durch Verbreitung von hochverräterischen Druckschriften, nämlich der Zeitungen »Radikal« (Budapest) und »Freiheit« (New York) und wegen Übertretung des Waffenpatents zu zehn Jahren schwerem Kerker verurteilt. Josef Straschar wird freigesprochen, aber der Polizei zur weiteren Amtshandlung übergeben.

  • 12. Juli 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Am 12. Juli 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien in teils geheimer Verhandlung der Prozess gegen den Schneidergehilfen Josef Kirchmeier (1862–?) wegen Verbrechens der Mitschuld am Hochverrat durch Unterlassung der Anzeige statt. Er soll vom Tapezierergehilfen Johann Heindl, der schon als Genosse des Buchbindergehilfen Anton Kammerer (1862–1884) (►28. Februar 1884 und ►24. April 1884) verhaftet worden war und mittlerweile in die USA geflüchtet ist, vor Heindls Abreise das Manuskript »Manifest an das Volk« übernommen haben, um es an die Besitzer einer Geheimpresse zu übermitteln. Außerdem war bei Josef Kirchmeier im Zuge der Hausdurchsuchung auch Dynamit gefunden worden. Josef Kirchmeier, Vorstand des Festkomitees des Wiener »Arbeiter-Bildungs-Vereins«, wird wegen Hochverrats durch Verbreitung von Druckschriften zu zwei Jahren schwerem Kerker verurteilt.

  • 13. Juli 1884 (Sonntag)
    Laibach (Krain [Ljubljana, Slowenien]): Der im Zuge der Verhaftungswelle von Radicalen (►21. April 1884 und ►8. Juli 1884) in St. Veit (Steiermark [Videm, Slowenien]) verhaftete Tischler Franz Erzen wird am 13. Juli 1884 in das Landesgericht Laibach eingeliefert. Er wird ohne Anklageerhebung erst am Montag dem 14. September 1884 aus der Untersuchungshaft entlassen werden.

  • 29. Juli 1884 (Dienstag)
    Wien und Vororte: Am 29. Juli 1884 findet vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Wien der Prozess gegen den Drechslergehilfen Josef Chmelík wegen des Vergehens gegen die öffentlichen Ruhe und Ordnung statt, weil er am ►5. Juli 1884 das tschechische so genannte Zarenlied (»Czarenlied«) gesungen hatte, dessen Refrain »Ein Hoch auf das Dynamit!« auch von den Anwesenden angeblich mitgesungen wurde. Die Übersetzung des Liedbeginns lautet etwa: »Ein junges, weißes Mädchen ruft: es lebe hoch die Freiheit! In Rußland ist ein großer Sturm; der Nihilist trotzt, die Polizei ist schläfrig; in Rußland ist eine Bombe geplatzt, die in Stücke zerriß»21 Josef Chmelik wird zu zwei Monaten strengem Arrest verurteilt.

  • 1. August 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Unter dem Datum »1. August 1884« erscheint die von der Polizei-Direktion Wien verfasste und herausgegebene Broschüre »Skizzirte Darstellung des Standes der socialistischen Bewegung in Oesterreich-Ungarn und ihrer Beziehungen zu den Parteien des Auslandes«.22

  • 8. August 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Am 8. August 1884 wird um fünf Uhr morgens im Hof Nummer 3 des Landesgerichts Wien der Schuhmachergeselle Hermann Stellmacher (1853–1884) gehenkt. Zur Hinrichtung werden sechzehn Journalisten des In- und Auslandes zugelassen. Viereinhalb Minuten dauert der Todeskampf des Gehenkten, der ohne Abschiedsworte stirbt. Nach der Obduktion der Leiche Hermann Stellmachers wird diese noch am 8. August 1884 spät nachts auf dem Wiener Zentralfriedhof bei der Friedhofsmauer beigesetzt. Unmittelbar nach der Hinrichtung und wird »Urtheil und Darstellung der That«23 Hermann Stellmachers öffentlich angeschlagen. (►8. August 1884, ►10. August 1884, ►11. August 1884, ►18. August 1884 und ►9. Februar 1885)

  • 8. August 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Die Weiterverbreitung der Abendausgabe der Zeitung »Neues Wiener Tagblatt« (Wien) vom 8. August 1884 wird wegen des Artikels »Die Selbstbiographie Stellmacher’s«24 mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 9. August 1884 in Österreich verboten.

  • 8. August 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Unmittelbar nach der Hinrichtung des Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884), vermutlich noch am 8. August 1884, taucht in Österreich ein bereits vorbereitetes Flugblatt »Zum Gedächtniß an den tapferen, opfermuthigen, getreuen Genossen Hermann Stellmacher«25 der Sozialrevolutionäre auf, in welchem er als Märtyrer gefeiert wird.

  • 9. August 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Am 9. August 1884 erscheint mit Unterstützung der Wiener tschechoslawischen Radicalen die erste Nummer der mit »Juli« datierten Untergrundzeitung »Die Zukunft« [Wien und Neulerchenfeld (Wien)], gedacht als Fortsetzung der am ►15. Februar 1884 erschienenen Zeitung »Die Zukunft« (Budapest). Die Artikel »Revolutionäre Grundsätze« und »Früchte des Gottesglaubens« werden der Zeitung »Freiheit« (New York) entnommen, die anderen sind Originalbeiträge von August Haberman, später ein bekannter Anarchist und als Gustav Habrman (1864–1932) ein sozialdemokratischer Politiker. Für dieses Druckwerk wird die Druckerpresse der Radicalen durch den Buchbindergehilfen und Schriftsetzer Eduard Brady (1864–?) sowie den Schlossergehilfen Valentin Horatlík (1857–?) einer Rekonstruktion unterzogen, anschließend vom Drechslergehilfen August Habrman von Wien 3., Tongasse 5 (►13. April 1884), in die Wohnung des Schlossergehilfen Thomas Schönauer (1850–1888) nach Wien 3., Erdbergstraße 31, gebracht. Hier wird die Zeitung vom Schriftsetzer Ferdinand Hübner (1860–1897) gesetzt und teilweise gedruckt. Die Arbeit muss unterbrochen werden, weil eine neuerliche Verlegung der Druckerei ansteht. Durch Vermittlung des Spenglergehilfen Johann Bleicher alias Miško (1850–1887), des Metalldrehers Karl Huliczka (1864–?) und des Bildhauergehilfen Anton Schrom (1846–?) wird sie vom Silberarbeiter Leopold Springer (1858–?) sowie dem Zimmermaler und Anstreicher Willibald Buchmann (1854–?) in dessen Wohnung nach Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]), Kirchstetterngasse 53, gebracht. Hier wird die Zeitschrift in der Wohnung von Willibald Buchmann fertig gesetzt und von der Hausfrau Anna Buchmann (1858–?) und ihrem Ehemann Willibald Buchmann, Karl Huliczka und dem Schlossergehilfen Karl Stummvoll (1857–?) fertig gedruckt. Die Weiterverbreitung der Zeitung wird mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 12. August 1884 in Österreich verboten. (►24. August 1884 und ►3. September 1884)

  • 9. August 1884 (Samstag) und 10. August 1884 (Sonntag)
    Prag, Böhmen (Praha): Am 9. und 10. August 1884 findet vor dem Landes- als Strafgericht Prag durch ein Vierrichter-Kollegium der Prozess wegen Verbrechens der Geheimbündelei und sozialistischer Umtriebe gegen sieben Radicale statt. Angeklagt sind die Näherin Marie Dvořák (1850–?), weil unter ihrer Adresse einem Mitangeklagten ein sozialistisches Druckwerk zugesandt wurde, der Bergarbeiter Wenzel Honzík (1849–?), weil er Abnehmer eines sozialistischen Druckwerks war, der am ►8. Februar 1884 verhaftete Webergehilfe und Redakteur Josef Hybeš (1850–1921), weil er geheime Verbindungen organisiert und Agitationsreisen unternommen haben soll sowie Vorstand geheimer Verbindungen sei, der Schlosser Adalbert Pinkava (1863–1929), weil er geheime Treffen abgehalten habe und Vorstand geheimer Verbindungen sein soll, der Bergarbeiter Johann Skřivánek (1823–?), weil er sozialistische Zeitungen abonniert hatte, der Drechsler Karl Steiner (1850–?) und der Buchbinder Anton Uxa (1850–?), weil sie sozialistische Druckwerke besaßen. Josef Hybeš wird wegen Geheimbündelei zu sechs Monaten Einzelhaft mit sechs Fasttagen, Adalbert Pinkava zu fünf Monaten Einzelhaft und fünf Fasttagen, Anton Uxa zu zwei Monaten Einzelhaft und zwei Fasttagen, Marie Dvořák zu einem Monat strengem Arrest, Karl Steiner zu drei Wochen Einzelhaft und drei Fasttagen verurteilt. Wenzel Honzík und Johann Skřivánek werden freigesprochen. (►30. März 1885)

  • 10. August 1884 (Sonntag)
    Chicago (Illinois, USA): Am 10. August 1884 veranstalten die tschechoslawischen Gruppen in Chicago eine Gedenkfeier für den am ►8. August 1884 in Wien gehenkten Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884).

  • 11. August 1884 (Montag)
    New York City (New York, USA): Am 11. August 1884 veranstaltet die Gruppe New York der »Internationalen Arbeiter-Association« in New York City eine Gedenkfeier für den am ►8. August 1884 in Wien gehenkten Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884).

  • 13. August 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 13. August 1884 wird das Flugblatt »Arbeiter! Brüder!«,26 gezeichnet »Das Executiv-Comité der revolutionären Socialisten, August 1884«, erstmals ausgestreut. Der Text stammt vom Zimmermaler und Anstreicher Willibald Buchmann (1854–?) und vom Silberarbeiter Leopold Springer (1858–?), wurde vom Schriftsetzer Friedrich Weninger (1862–?) korrigiert und von der Hausfrau Anna Buchmann (1858–?) ins Reine geschrieben. Gesetzt wurde es vom Schriftsetzer Ferdinand Hübner (1860–1897), gedruckt von Willibald Buchmann und seiner Ehefrau Anna Buhmann sowie von Leopold Springer in einer Auflage von 3.000 Stück in Buchmanns Wohnung in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]), Kirchstetterngasse 53. (►3. September 1884)

  • 13. August 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 13. August 1884 wird der Metalldreher Karl Huliczka (1864–?) unter dem Verdacht der Verbreitung revolutionärer Schriften verhaftet. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]), Kirchstetterngasse 42, werden zum Verbrennen hergerichtete Manuskripte sowie in einem Ofenloch Flugblätter und mehrere Exemplare der Zeitungen »Budoucnost« (Chicago), »Freiheit« (New York) und »Der Rebell« (Nirgendsheim [London]) gefunden. Dies ist die erste Spur, die schließlich am ►3. September 1884 zur Entdeckung der geheimen Druckerpresse führen wird.

  • 13. August 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 13. August 1884 findet vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Wien der Prozess gegen den am ►19. Juni 1884 wegen Falschmeldung, Betrug und Diebstahl zu einem Monat strengem Arrest und anschließender Abschaffung verurteilten Handlungskommis Lipót Práger (1862–?) statt. Lipót Práger wird wegen Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit, begangen durch seinen Fluchtversuch nach seiner Verurteilung, zu acht Monaten schwerem Kerker verurteilt, verschärft mit einem Fasttag im Monat, und anschließendem Verweis aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also aus der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) und Abschaffung in seine Heimat Ungarn.

  • 17. August 1884 (Sonntag)
    Ercsi / Ertsching [Ercsi] (Ungarn): Am 17. August 1884 findet eine geheime Delegiertenkonferenz der ungarischen Radicalen in Ercsi / Ertsching, rund 50 Kilometer südöstlich von Budapest (Ungarn), statt. Angesichts der Verhaftungswelle vom ►13. und 14. März 1884 und ►30. und 31. März 1884 sowie der im Juli und August 1884 erfolgten Ausweisungen aus Ungarn von aus Österreich, insbesondere aus Wien und Böhmen stammenden Radicalen, wird beschlossen, alle Aktionen bis zur Konsolidierung der radicalen Arbeiterbewegung zu sistieren und alle in Ungarn erscheinenden radicalen Zeitungen vorläufig eingehen zu lassen. Dieser Beschluss betrifft vor allem die dann mit ►30. November 1884 eingestellte ungarische Zeitung »Népakarat« (Budapest; Volkswille), da die deutsche Zeitung »Radikal« (Budapest) bereits seit ►1. März 1884 nicht mehr erscheint. (►5. bis 9. Dezember 1884)

  • 18. August 1884 (Montag)
    London (England): Am 18. August 1884 veranstalten mehrere Gruppen im »Communistischen Arbeiter-Bildungs-Verein« in London eine Gedenkfeier für den am ►8. August 1884 in Wien gehenkten Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884).

  • 18. August 1884 (Montag)
    Wien und Vororte: Am 18. August 1884 wird auf eine Denunziation hin beim Schlosser August Bartels (1859–?) in Kaiserebersdorf (Niederösterreich [zu Wien 11.), Hauptstraße [Simmeringer Hauptstraße], eine Hausdurchsuchung durchgeführt. August Bartels versucht rasch einen Packen Papier im Ofen zu verbrennen, doch entreißen die Beamten die teilweise bereits brennenden Druckschriften dem Feuer und können auf diese Weise einundvierzig Exemplare der Nummer 1 der Untergrundzeitung »Die Zukunft« [Wien und Neulerchenfeld (Wien)] (►9. August 1884) sicherstellen. Nachdem August Bartels kurz vor der Hausdurchsuchung in der Hauptstraße mit dem Tischler Franz Ertl (1853–?) gesehen worden war, wird Ertl am Abend festgenommen, wobei bei ihm achtundfünfzig Exemplare der Nummer 1 der Zeitung »Die Zukunft« [Wien und Neulerchenfeld (Wien)] gefunden werden. August Bartels und Franz Ertl werden sich am ►1. Oktober 1884 vor Gericht verantworten müssen.

  • 24. August 1884 (Sonntag)
    Wien und Vororte: Am 24. August 1884 beschließen der Spenglergehilfe Johann Bleicher alias Miško (1850–1887), der Zimmermaler und Anstreicher Willibald Buchmann (1854–?), der Schriftsetzer Ferdinand Hübner (1860–1897), der Bildhauergehilfe Anton Schrom (1846–?) und der Silberarbeiter Leopold Springer (1858–?) eine zweite Nummer der Untergrundzeitung »Die Zukunft« [Neulerchenfeld (Wien)] im September 1884 erscheinen zu lassen. (►9. August 1884) Diese Besprechung findet übrigens während einer Kahnfahrt auf der Alten Donau statt. Der Buchbindergehilfe und Schriftsetzer Eduard Brady (1864–?) verfasst die Artikel »Der Aufruhr. Ein Mahnruf an das Volk in Oesterreich«, »Das Recht auf Revolution«, »Zur Arbeiterbewegung in Oesterreich«, »Antisemiten und Socialisten«, »Cholera und Socialismus«, »Schwarze Seelen« und »Rebellenlied«. Am Beginn der Nummer soll eine von Leopold Springer und vom Schriftsetzer Schriftsetzer Friedrich Weninger (1862–?) zusammenzustellende Kompilation von Artikeln über den am ►8. August 1884 gehenkten Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884) stehen. Ferdinand Hübner wird wieder als Setzer, Willibald Buchmann als Drucker beauftragt. Kurz darauf wird die Druckerei von Willibald Buchmanns Wohnung in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]), Kirchstetterngasse 53, in ein von Buchmann angemietetes Kellerlokal, Kirchstetterngasse 41, verlegt. Die Nummer 2 der Zeitung »Die Zukunft« wird in Willibald Buchmanns Wohnung gesetzt und am 2. September 1884 (Dienstag) in das Kellerlokal zum Drucken gebracht. (►3. September 1884)

  • 25. August 1884 (Montag)
    Budapest (Ungarn): Vermutlich am 13. August 1884 findet in Budapest eine Hausdurchsuchung bei dem erst kürzlich nach Budapest gezogenen Eisengießer Edmund Tetzel (1866–?) statt. Angeblich findet die Polizei so genannte Höllenmaschinen, die bei der Versendung in Schatullen Dynamit zu Explosion brächten, weiters Gussformen für Dynamitbomben und eine halbfertige, noch mit Sand gefüllte Pistonbombe. Edmund Tetzel wird sofort verhaftet. Im Zuge weiterer Untersuchungen werden am 25. August 1884 drei weitere, aus Wien ausgewiesene Radicale, die gerade in Tetzels Wohnung anwesend sind, ebenfalls festgenommen: der erst am Donnerstag dem 21. August 1884 in Budapest eingetroffene Schneider Arnold Mrňa (1860–?), der am Dienstag dem 22. April 1884 aus Bayern ausgewiesene Spenglergehilfe Franz Rauch (1851–?) und der Kupferschmiedgehilfe Karl Urbanek (1848–?). Obwohl man ihnen kein direktes Verbrechen nachweisen kann, werden Arnold Mrňa, Franz Rauch, Edmund Tetzel und der am Dienstag dem 9. September 1884 neuerlich verhaftete Karl Urbanek im September 1884 aus sämtlichen Länder der ungarischen Krone (also aus der ungarischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) für immer ausgewiesen und in die österreichische Reichshälfte abgeschoben werden. Mit dieser Aktion der Behörden scheidet Ungarn als publizistisches Rückzugsfeld österreichischer Radicaler endgültig aus.

  • 26. August 1884 (Dienstag)
    Linz an der Donau (Oberösterreich): Der erst kürzlich im Grazer Hochverratsprozess (►11. bis 25. Juni 1884) freigesprochene Schuhmachergehilfe und nunmehrige Zuschneider in einem Ledergeschäft Karl Hubmayer (1856–?) wird in Linz, wo er seit zwei Monaten in der Kapuzinerstraße 26 wohnt, über Ersuchen des Landesgerichts Laibach (Krain [Ljubljana, Slowenien]), am 26. August 1884 in Linz an der Donau verhaftet und nach Laibach eingeliefert. Zurück bleiben seine Frau, sein zweijähriges Kind und sein acht Tage altes Baby, der spätere Schuhoberteilerzeuger und bekannte Sozialdemokrat Fritz Hubmayr (1884–1932). Karl Hubmayer wird später nach Linz an der Donau zurückkehren und am Dienstag dem 17. Jänner 1888 zum Obmann des »Arbeiter-Sängerbundes Linz« gewählt werden.

  • September und Oktober 1884
    Wien und Vororte: Die Wiener Radicalen diskutieren im September und Oktober 1884 ein neues Organisationsmodell, das Fünfer-Gruppensystem. Jeder Bezirk soll eine Gruppe für die Flugschriftenpropaganda (Druck und Verbreitung), eine für die Geldbeschaffung und eine für die Propaganda der Tat erhalten. Dazu kommen eine Gruppe für Diplomatie (das heißt für die Sicherheit der Gruppe vor Spitzeln) und eine Organisationsgruppe als Zentrale zur Koordination. (►28. Juni 1885)

  • 3. September 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Nach der ersten Spur vom ►13. August 1884 wird am 3. September 1884 die geheime Druckerpresse Wiener Radicaler (►9. August 1884, ►13. August 1884 und ►24. August 1884) in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]), Kirchstetterngasse 41, aufgedeckt. Die Presse spricht bereits von der »geheimen Druckerei der Anarchisten«. Sie befindet sich in einem Kellerabteil, welches dem Zimmermaler und Anstreicher Willibald Buchmann (1854–?) vorgeblich als Malerwerkstätte dient. Im vorderen Teil des Kellerabteils ist tatsächlich eine solche eingerichtet. Jedoch im hinteren, durch eine Wand abgetrennten Teil war die Druckerei aufgestellt sowie ein Schriften- und Papierlager eingerichtet, während sich die Setzerei in der nahe gelegenen Wohnung von Willibald Buchmann, Kirchstetterngasse 53, befindet. Am 3. September 1884, früh morgens, wird im Kellerlokal wie in der Wohnung Buchmanns eine Hausdurchsuchung durchgeführt, wobei unter anderem die beiden Innenseiten der zweiten Nummer der Untergrundzeitung »Die Zukunft« [Neulerchenfeld (Wien)] (►9. August 1884) beschlagnahmt werden. Am Nachmittag des 3. September 1884 werden zunächst Willibald Buchmann und seine Ehefrau, die Hausfrau Anna Buchmann (1858–?), verhaftet. Während man Buchmanns Wohnung durchsucht, taucht ein Mann auf, der sich nach dem Wohnungsinhaber erkundigt. Eine Durchsuchung der Person zeitigt den Besitz vieler sozialistischer Flugblätter, so dass er ebenfalls verhaftet wird: der Schuhmachergehilfe Anton Thiel (1863–?). Gegen 20 Uhr taucht in der Wohnung der Schriftsetzer Ferdinand Hübner (1860–1897) auf. Er erkennt die Situation sofort, fasst mit der Hand in seine Brusttasche, wird aber von den anwesenden Detektiven überwältigt. Man findet in seiner Rocktasche einen vierläufigen geladenen Revolver. Ferdinand Hübner arbeitet seit eineinhalb Jahren in der 1874 gegründeten »Gesellschafts-Buchdruckerei, registrierte Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung« in Wien 3., Erdbergerstraße 3, wo unter anderem die bis ►19. Jänner 1884 erschienene radicale Zeitung »Dělnické listy« (Vídeň [Wien]; Arbeiterblätter) gedruckt worden war. Schließlich wird am selben Tag auch noch der Silberarbeiter Leopold Springer (1858–?) festgenommen. (►8. und 9. September 1884, ►10. September 1884, ►26. Oktober 1884, ►26. bis 29. November 1884, ►28. August 1885 und ►25. Jänner 1886)

  • 5. September 1884 (Freitag)
    St. Pölten (Niederösterreich): Am 5. September 1884 wird vor dem Kreis- als Schwurgericht St. Pölten ein »Raubattentat nach anarchistischem Muster«, wie die Presse titelt, verhandelt. Die einzige Verbindung zum Anarchismus besteht darin, dass am Donnerstag dem 1. Mai 1884 aus erpresserischen Gründen ein Drohbrief verfasst worden war, gezeichnet mit »Das Anarchisten-Comité«. Die vier Angeklagten – der Maler und Anstreicher Ignaz Enzmann (1849–?), die Bedienerin Franziska Kühler (1855–?), der Gärtnergehilfe Julius Merkinger (1860–?) und dessen Mutter, die verwitwete Taglöhnerin Katharina Merkinger (1822–?), die alle keinerlei Beziehung zur Arbeiterbewegung unterhalten, werden wegen versuchten Raubs und Diebstahls zu mehrjährigen Kerkerstrafen verurteilt.

  • 5. September 1884 (Freitag) und 6. September 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Am 5. und 6. September 1884 findet vor dem Kriegsgericht Wien, bestehend aus acht Personen mit verschiedenen militärischen Chargen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Prozess gegen den am ►28. Februar 1884 verhafteten Buchbindergehilfen Anton Kammerer (1862–1884) statt. Anton Kammerer hat während der Verhöre im Wiener Landesgericht, wo er seit ►15. März 1884 in Untersuchungshaft sitzt, keinerlei Aussagen gemacht. Er wurde dann am ►19. Mai 1884 als Deserteur dem Garnisonsgericht Wien in die Alser Kaserne in Wien 9., Alser Straße 2, eingeliefert, wo er am Samstag dem 7. Juni 1884 und am Freitag dem 11. Juli 1884 aufsehenerregende Geständnisse gemacht haben soll: Dabei soll er nicht nur den Mord am Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) vom ►15. Dezember 1883 zugegeben haben, sondern auch seine Beteiligung am Raubmord beim Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube vom ►10. Jänner 1884, den Raubmord am Apothekergehilfen Franz Lienhardt (~1833–1883) und den Mord am Soldaten Johann Adels (?–1883) in Straßburg (Elsaß-Lothringen [Strasbourg, Frankreich]) vom ►22. Oktober 1883 sowie den Raub in der Firma »J. A. Heilbronner, Bank- und Wechselgeschäft« des Bankiers Josef Heilbronner (1850–1930) in Stuttgart (Württemberg [Baden-Württemberg]) am ►21. November 1883. Die Authentizität der Geständnisse von Anton Kammerer ist anzuzweifeln: Es gibt nur eine umfangreiche Zusammenfassung angeblicher Geständnisse und ein zusammenfassendes Urteil sowie einige Informationen im Arrestantenprotokoll. Von allen anderen Prozessen gegen Radicale, deren Akten nicht vernichtet wurden, gibt es Vernehmungsprotokolle, die Bogen für Bogen vom Vernommenen unterzeichnet wurden, und im Falle einer Verweigerung dieser Unterschrift wurde dies vermerkt. Nur von Anton Kammerer, der angeblich so sensationelle Geständnisse gemacht haben soll, gibt es kein einziges von ihm unterzeichnetes Protokoll. Das Kriegsgericht verurteilt Anton Kammerer wegen der Verbrechen des Raubs, des gemeinen Mords und des teils versuchten, teils vollbrachten mehrfachen meuchlerischen Raubmords, der Mitschuld am Mord, der Desertion unter erschwerenden Umständen, des Vergehens des Betrugs und der Übertretungen der Falschmeldung und des Waffenpatents zur Ausstoßung aus der Armee und zum Tod durch den Strang verurteilt. (►15. September 1884 und ►20. September 1884)

  • 8. September 1884 (Montag) und 9. September 1884 (Dienstag)
    Datschitz (Mähren [Dačice, Tschechien]) / München (Bayern) / Stockerau (Niederösterreich) / Wien und Vororte / Wiener Neustadt (Niederösterreich): Am 8. und 9. September 1884 werden im Zusammenhang mit der am ►3. September 1884 in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]) aufgedeckten illegalen Druckerei weitere Radicale verhaftet. Es sind dies in Wien und außerhalb Wiens: der Spengler Johann Büchler (1860–?) in Wiener Neustadt (Niederösterreich), der Schlossergehilfe Valentin Horatlík (1857–?) in Inzersdorf (Niederösterreich [zu Wien 10.]), der Schlossergehilfe Thomas Schönauer (1850–1888) in Stockerau (Niederösterreich), der Schlossergehilfe Karl Stummvoll (1857–?) und der Eisendreher Ignaz Süßenböck (1854–?), beide im Datschitz (Mähren [Dačice, Tschechien]), wohin sie erst im August 1884 aus Wien abgeschafft worden waren. Am 9. September 1884 wird in München (Bayern) der Buchbindergehilfe und Schriftsetzer Eduard Brady (1864–?) festgenommen; er wird am 20. September 1884 (Samstag) an Wien ausgeliefert werden. Karl Stummvoll und Ignaz Süßenböck werden noch im September 1884 aus Wien abgeschafft werden.

  • 10. September 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Im Zusammenhang mit der am ►3. September 1884 aufgedeckten illegalen Druckerei wird am 10. September 1884 ein Lokalaugenschein im Kellerlokal in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]), Kirchstetterngasse 41, durchgeführt. Dabei wird dort noch in einem Versteck ein geladener Revolver gefunden. (►26. bis 29. November 1884)

  • 11. September 1884 (Donnerstag)
    Wien und Vororte: Am 11. September 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess gegen den Schuhmachergehilfen Anton Pesout (1863–?) wegen der Verbrechen des Hochverrats, der Majestätsbeleidigung, der versuchten Verleitung zum Mord und des Vergehens gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung statt. Er hatte fünfzehn Exemplare der Nummer 1 der radicalen Zeitschrift »Pomsta« ([Horní Růžodol]; Die Rache) (►Februar 1884) verteilt. Da der Angeklagte glaubhaft machen kann, den Inhalt der Druckwerke nicht gekannt zu haben, wird er freigesprochen, jedoch anschließend aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also aus der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) ausgewiesen. Er begibt sich nach Sachsen, wird aber im Juli 1885 auch aus dem Königreich Sachsen für immer ausgewiesen werden.

  • 15. September 1884 (Montag)
    Wien und Vororte: Am 15. September 1884 wird das gegen den Buchbindergehilfen Anton Kammerer (1862–1884) vom Kriegsgericht Wien verhängte Todesurteil (►5. und 6. September 1884) vom 2. Korpskommando bestätigt. Dieses wird am Donnerstag dem 18. September 1884 öffentlich kundgemacht werden. (►20. September 1884)

  • 18. September 1884 (Donnerstag)
    Wien und Vororte: Am 18. September 1884 wird der Tischlergehilfe Josef Barfuß (1863–?) auf der Straße ertappt, wie er eine Stampiglie abdrucken will. Er hatte mindestens seit Sonntag dem 6. Juli 1884 regelmäßig in Wien und den Vororten Zetteln mit aufgestempelten sozialrevolutionären Parolen an Kirchen, Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden aufgeklebt. Im Zuge der Hausdurchsuchung bei Josef Barfuß wird auch dessen Zimmergenosse, der Tischlergehilfe Vinzenz Benisch (1860–?), verhaftet. Josef Barfuß und Vinzenz Benisch werden sich dafür am ►7. November 1884 vor Gericht verantworten müssen.

  • 20. September 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Am 20. September 1884 wird um fünf Uhr dreißig morgens im so genannten Bandahof der Alser Kaserne in Wien 9., Alser Straße 2, der Buchbindergehilfe Anton Kammerer (1862–1884) gehenkt, wobei der Tod erst nach acht Minuten eintritt. Er hat nach der Verkündigung des Todesurteils am Donnerstg dem 18. September jede Vergünstigung, etwa besseres Essen, abgelehnt. Anton Kammerers Leiche, die etwa eine Stunde am Galgen belassen wird, wird noch am Vormittag des Hinrichtungstags obduziert. Der Publizist und Journalist Johann Most (1846–1906) wird zwar Anton Kammerer als Märtyrer der sozialrevolutionären Bewegung verherrlichen, doch wird Kammerer seinem Mitstreiter, dem Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884), im sozialrevolutionären Martyrologium an Bedeutung stets untergeordnet bleiben. Bezeichnenderweise erscheint anlässlich der Hinrichtung von Anton Kammerer keine der sonst üblichen sozialrevolutionären Flugschriften.

  • 22. September 1884 (Montag) und 23. September 1884 (Dienstag)
    Wiener Neustadt (Niederösterreich): Am 22. September 1884 explodiert um 2 Uhr morgens am Pfarrkirchturm von Wiener Neustadt – er ist wegen Renovierungsarbeiten gerade eingerüstet – eine Patrone: Sie ist am Fuß der Hauptkirchtürme in einer Nische deponiert und richtet lediglich leichten Sachschaden am Mauerwerk an. Die Polizei vermutet, dass es sich dabei um gestohlenes Schießpulver handle, welches vor einigen Tagen bei einem Einbruch in die Handelsfirma »Josef Lasnaňsky’s Söhne« in Wiener Neustadt gestohlen worden war. Außerdem war am Sonntag dem 21. September 1884 bei einem Steinmetzmeister in Neunkirchen (Niederösterreich) Dynamit entwendet worden. Und die Polizei bestätigt auch, dass es sich um einen Bubenstreich gehandelt haben könnte. Am selben Tag, um 21 Uhr, geht eine weitere Bombe an der rückwärtigen Front des Wiener Neustädter Rathauses in der Lange Gasse hoch: Die Mauer zeigt ein großes Loch, und alle Fensterscheiben zur Straße hin gehen kaputt. Zunächst nimmt man diesbezüglich an, dass der Anschlag dem gegenüberliegenden Hotel »zum goldenen Hirschen« galt, weil dort Splitter der Rohrbombe gefunden werden und dreizehn Fensterscheiben zu Bruch gegangen sind. Kurz darauf, am 23. September, um 0 Uhr 30, wird neuerlich bei den Kirchtürmen versucht, einen Brandsatz zu zünden, doch werden die beiden Attentäter dabei gestört, und diese ergreifen die Flucht. Daraufhin werden noch in der Nacht die Polizeipatrouillen durch eine Abteilung Dragoner verstärkt. Am Vormittag erhält der seit 1874 amtierende Bürgermeister von Wiener Neustadt Josef Pöck (1826–1886) einen Drohbrief aus Baden (Niederösterreich), in welchem ihm seine Verurteilung zum Tod mitgeteilt wird: »Stellmacher und Kammerer sind hin, jetzt kommen Sie an die Reihe.«27 Ein weiterer Brief ähnlichen Inhalts langt kurz darauf ein. Josef Pöck, als Bürgermeister auch Chef der Stadtpolizei, ist unter Radicalen besonders verhasst, weil auf seine Empfehlung hin nach Verhängung des Ausnahmezustands ein Dutzend Arbeiter aus Wiener Neustadt ausgewiesen wurde. Die Briefe sind mit »Das Executiv-Comité« gezeichnet. In den nächsten Tagen werden regelmäßig sozialrevolutionäre Flugschriften ausgestreut und die Kundmachungen des Bürgermeisters mit Plakaten revolutionären Inhalts überklebt werden. (►30. November 1884, ►9. bis 13. Dezember 1884 und ►11. bis 27. Mai 1885)

  • 25. September 1884 (Donnerstag)
    Bern / Berne / Berna (Kanton Bern, Schweiz): Die nächste Ausweisungswelle (►22. März 1884) des Schweizerischen Bundesrats erfolgt am 25. September 1884: der Schreiner Franz Grob-Senger (1852–?) aus Mähren, der Schneidergehilfe Jakob Lederer-Haberkorn (1856–?) aus Böhmen, der Taglöhner Karl Julius Mück (1862–?) aus Mähren, der Schreinergehilfe Franz Stieglitz (1862–?) aus Mähren – er wird noch im November 1884 in Wien verhaftet werden –, der Spengler Karl Theodor Weiß (1864–?) aus Sachsen und der Korbmacher Leopold Zickbauer-Müchinger (1835–?) aus der Steiermark. Die österreichischen Behörden gehen in ihren Verfolgungen österreichischer Exilanten in der Schweiz über eine bloße Zusammenarbeit mit den schweizerischen Kollegen weit hinaus und kontaktieren beispielsweise auch Privatpersonen, die den aus Österreich Ausgewiesenen oder Geflüchteten Arbeit geben, wie beispielsweise ein Schreiben des schweizerischen Kaufmanns Hermann Schlatter (1845–1922), seines Zeichens 1879 bis 1893 kaiserlich und königlicher österreichischer Konsul in St. Gallen / Saint-Gall / San Gallo (Kanton St. Gallen, Schweiz), vom 7. Juli 1884 an den Inhaber der Eisengießerei und mechanischen Werkstätte (der späteren »Bühler Aktiengesellschaft«) Adolf Bühler (1822–1896) in Henau [Uzwil] (Kanton St. Gallen, Schweiz) in Sachen des Mechanikers Leo Walecka (1856–1914), der als Radicaler im ►Februar 1884 in die Schweiz geflüchtet war, zeigt.28 (►Juli 1884)

  • 25. September 1884 (Donnerstag)
    Ebensee (Oberösterreich): In der Nacht vom 25. auf Freitag den 26. September 1884 werden in Ebensee bemerkenswert viele sozialrevolutionäre Flugschriften, unter anderem die Zeitung »Der Rebell« (Nirgendsheim [London]), ausgestreut, insbesondere bei den Häusern nahe den Salinenwerken. Die ausschwärmenden Gendarmen kontrollieren unter anderem auch den Obmann des »Katholischen Arbeiter-Vereins«, finden aber nur einen Schuh, den er gerade vom Schuster geholt und nach Hause bringen will. Er wird aber dennoch am Montag dem 29. September 1884 beim Bezirksgericht diesbezüglich verhört werden. Die Verteiler der Druckschriften werden nicht ausfindig gemacht werden. (►11. und 21. Mai 1885)

  • 26. September 1884 (Freitag)
    Donawitz [zu Leoben] (Steiermark): Unter dem Datum vom 26. September 1884 sendet ein gewisser »Rachenfels« einen Brief an den Anarchisten Josef Heidler in der Schweiz zwecks Einschmuggelns verbotener Druckschriften nach Österreich. Hinter dem Decknamen »Rachenfels« wird bald der Werksarbeiter Anton Walchhütter (1867–1885) entdeckt, der an nämlichen 26. September in Donawitz wegen sozialistischer Umtriebe entlassen wurde. Dies ist der Beginn der so genannten Rachenfels-Affäre. (►31. Jänner 1885 und ►1. Februar 1885)

  • 27. September 1884 (Samstag)
    St. Pölten (Niederösterreich): Am 27. September 1884 findet vor dem Kreis- als Schwurgericht St. Pölten der Prozess gegen den Schneidergehilfen Johann Risman (1864–1936) wegen Verbrechens der Majestätsbeleidigung statt. Er hatte beim Abspielen der Volkshymne während eines Fests die Kopfbedeckung aufbehalten, wurde deswegen von einem Wachmann beanstandet und stimmte am Ende der Hymne kein »Hoch!« auf den Kaiser an, sondern sagte »Pereat!« (Geh zu Grunde!). Johann Risman, später Hauptinitiator der ersten rein anarchistischen Bewegung in Österreich, wird zu vier Monaten Kerker verurteilt.

  • 1. Oktober 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 1. Oktober 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess gegen zwei am ►18. August 1884 verhaftete Radicale statt. Angeklagt werden der Schlosser August Bartels (1859–?) wegen Verbrechens des Hochverrats, der Religionsstörung und der mehrfach qualifizierten Ruhestörung sowie der Tischler Franz Ertl (1853–?) wegen Verbrechens des Hochverrats. Beide waren im Besitz zahlreicher Exemplare der Nummer 1 der Untergrundzeitung »Die Zukunft« [Wien und Neulerchenfeld (Wien)] (►9. August 1884). Während der Verhandlung wird August Bartels auch überführt, für die inhaftierten Radicalen eine Sammlung gemacht zu haben. August Bartels wird wegen Hochverrats, Religionsstörung sowie Vergehens gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung zu drei Jahren schwerem Kerker, Franz Ertl wegen Vergehens der Ruhestörung zu acht Monaten strengem Arrest verurteilt. Franz Ertl wird im Juli 1885 aus Wien ausgewiesen werden.

  • 15. Oktober 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 15. Oktober 1884 wird im Zuge einer finanzamtlichen Überprüfung am Westbahnhof in Wien eine Holzkiste mit angeblich leeren Flaschen geöffnet. Sie kam aus Genf / Genève / Ginevra (Kanton Genf, Schweiz) und sollte vom Wiener Nordbahnhof laut Frachtbrief nach Lemberg (Galizien und Lodomerien [Lwiw ‹Львів›, Ukraine]) und Krakau (Galizien und Lodomerien [Kraków, Polen]) geschickt werden. Tatsächlich enthält sie Flugschriften, Zeitungen und Broschüren mit sozialrevolutionären Inhalten. Die Kiste wird von den Finanzwachorganen beschlagnahmt und der Polizei übergeben.

  • 16. Oktober 1884 (Donnerstag)
    Lubokey (Böhmen (Hluboká, zu Liberec, Tschechien]): Am 16. Oktober 1884 erscheint in Lubokey nahe Reichenberg (Böhmen [Liberec, Tschechien]) die erste und einzige Nummer der Untergrundzeitung »Svoboda« (New York [recte Lubokey (Hluboká, zu Liberec, Tschechien)]; Die Freiheit), deren Hersteller im Zuge der Aushebung der geheimen Druckerei später verhaftet werden. (►12. Februar 1885)

  • 18. Oktober 1884 (Samstag) und 19. Oktober 1884 (Sonntag) sowie 24. Oktober 1884 (Freitag)
    Wels (Oberösterreich): In der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 1884 bemerkenswert viele Exemplare der Flugschrift »Zum Gedächtniß an den tapferen, opfermuthigen, getreuen Genossen Hermann Stellmacher« (►8. August 1884) auf den Straßen, in Gärten und Häusern ausgestreut. Diese Aktion wird am 24. Oktober 1884 wiederholt.

  • 22. Oktober 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 22. Oktober 1884 abends entdeckt der Portier des neuen Rathauses von Hernals (Niederösterreich [zu Wien 17.]) auf seinem Rundgang eine Pulverkassette auf der in den ersten Stock führenden Treppe. Da eine Zündschnur fehlt, hätte die auch sonst sehr primitiv gebaute Bombe ohnedies nicht funktioniert. Die Behörden lasten diesen vereitelten Sprengstoffanschlag zunächst der radicalen Arbeiterbewegung an, gehend dann aber doch von einem Bubenstreich aus.

  • 26. Oktober 1884 (Sonntag)
    Wien und Vororte: Am 26. Oktober 1884 werden die wegen der am 3. September 1884 in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]) aufgedeckten geheimen Druckerpresse eingeleiteten gerichtlichen Verfahren gegen Georg Butzner, Wenzel Hurka, Franziska Turek, Hedwig Turek und den Schriftsetzer Friedrich Weninger (1862–?) eingestellt, wobei der Letztgenannte dann doch angeklagt werden wird (►26. bis 29. November 1884).

  • 27. Oktober 1884 (Montag)
    Wien und Vororte: Am 27. Oktober 1884 erhält Wilhelm Löw, Inhaber eines Schmuckgeschäfts in Wien 1., Kärntnerstraße 15, einen Drohbrief, gezeichnet »Das Executiv-Comité«: Das Haus, in dem sich sein Geschäft befindet, würde in die Luft gesprengt, hinterlegte er nicht 10.000 Gulden bei Eduard Uhl (1813–1892), Bürgermeister von Wien. Diesmal glaubt selbst die Polizei an einen üblen Scherz.

  • 27. Oktober 1884 (Montag), 2. Dezember 1884 (Dienstag) und 12. Dezember 1884 (Freitag)
    Kindberg (Steiermark) / Wiener Neustadt (Niederösterreich): Nicht zuletzt unter dem Eindruck der Anschläge in Wiener Neustadt (Niederösterreich) (►22. und 23. September 1884) zeigen die Behörden nun ein verstärktes Interesse an Sprengmitteldiebstehlen. Dies gilt beispielsweise für den am 27. Oktober 1884 erfolgten Diebstahl von fünfundvierzig Zollpfund Dynamit beim Kaufmann Josef Karinčić (~1839–1916) in Kindberg (Steiermark), Markt 58, für den in der Nacht vom 2. auf Mittwoch den 3. Dezember 1884 in Wiener Neustadt (Niederösterreich) durchgeführten Diebstahl von rund vierzig Kilo Rundscheibenpulver aus dem zwischen Fischauer Straße und Wöllersdorfer Straße gelegenen Pulvermagazin des Kaufmanns und Holzhändlers Ferdinand Lasnaňsky (1849–1933) sowie von sechzig bis hundert Stück Eisenbahn-Knallsignalen und einem halben Kilo Knallsalz sowie von einem achtel Liter Salpetersäure und einer Pulvertüte aus dem nur achthundert Schritt entfernten chemischen Laboratorium der Firma »Alois Obertimpfler« gestohlen, ebenso für den am 12. Dezember 1884 neuerlich in Wiener Neustadt erfolgten Diebstahl von zweiundvierzig Kilogramm Schießpulver, welche diesmal vom Militär entwendet wird. Die Behörden bringen diese Sprengmitteldiebstähle mit der radicalen Arbeiterbewegung in Verbindung, allerdings wird sich lediglich für den Diebstahl vom 2. auf den 3. Dezember 1884 der bei einem Färber beschäftigte Taglöhner Wilhelm Ulz (1865–?) dafür vor Gericht verantworten müssen (►11. bis 27. Mai 1885).

  • 1. November 1884 (Samstag)
    Enns (Oberösterreich): Am 1. November 1884 werden zwischen 20 und 20 Uhr 30 in Enns, in der Schlossgasse, Stiegengasse, Kaltenbrunner Gasse, Linzer Straße und auf dem Weg zum Bahnhof etwa sechzig Exemplare der Zeitung »Freiheit« (New York), Nr. 50 (15. December 1883) und Nr. 2 (12. Januar 1884), ausgestreut. Die Fahndung nach einer der Tat verdächtigten Frau verläuft erfolglos.

  • 4. November 1884 (Dienstag)
    Alt-Harzdorf (Böhmen [Starý Harcov, zu Liberec, Tschechien]): Am 4. November 1884 wird aufgrund einer Denunziation seiner Ehefrau Caroline Maria Thielmann (1857–?) der Webergehilfe Josef Thielmann (1855–?) in Alt-Harzdorf verhaftet und in das Landesgericht Wien überstellt. Josef Thielmann, am 28. Februar 1884 (Donnerstag) aus Wien ausgewiesen, wird seit ►26. April 1884 vom Wiener Landesgericht steckbrieflich wegen Hochverrats gesucht. (►28. Jänner 1885)

  • 7. November 1884 (Freitag)
    Wien und Vororte: Am 7. November 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess gegen die am ►18. September 1884 verhafteten Tischlergehilfen Josef Barfuß (1863–?) und Vinzenz Benisch (1860–?) statt. Josef Barfuß wird wegen seiner Stampiglien mit sozialrevolutionären Parolen des Verbrechens des Hochverrats angeklagt. Sein Zimmergenosse Vinzenz Benisch wird des Verbrechens der Vorschubleistung angeklagt, weil er im Zuge der Hausdurchsuchung bei Josef Barfuß versucht hatte, die noch vorhandenen Stampiglien, Aufschriften und Druckfarben zu verbergen, indem er sie den Quartierleuten übergab, welche allerdings darauf nicht eingingen waren. Josef Barfuß wird wegen Hochverrats zu sechs Jahren schwerem Kerker, Vinzenz Benisch wegen versuchter Vorschubleistung zu einem Monat einfachem Kerker verurteilt. Das Gericht macht übrigens kein Hehl daraus, dass es als erschwerend befindet, dass es sich bei den Stampiglien um eine neue Form sozialrevolutionärer Propaganda handle. (►28. Dezember 1886)

  • 8. November 1884 (Samstag)
    Bregenz (Vorarlberg): Am 8. November 1884 wird bei der Grenzstation zu St. Margrethen (Kanton St. Gallen, Schweiz), ein Mann namens »Franz Josef Schulz«, Buchbinder, verhaftet und vom dortigen Hauptzollamt der Bezirkshauptmannschaft in Bregenz übergeben. Beim Verhör gibt er sich dann als der 1863 in Zágráb / Agram (Ungarn [Zagreb, Kroatien]) geborene Stellungsflüchtige »Franz Stefan Tkalac« aus. Die Polizei vermutet, ohne dies jedoch beweisen zu können, dass es sich um den mit Beschluss des schweizerischen Bundesrats vom ►22. März 1884 aus der Schweiz ausgewiesenen, in Preußen geborene Schriftsetzer Moritz Schultze (1860–?) handle, eine wichtige Figur des deutschsprachigen Anarchismus.

  • 11. November 1884 (Dienstag)
    Leoben (Steiermark): Am 11. November 1884 findet im Kreisgericht Leoben der Prozess gegen den im Vorjahr beim Hochverratsprozess (5. bis 13. Dezember 1883) freigesprochenen Sensenwerkarbeiter Adolf Schwarzelmüller (1862–?) sowie gegen den Gastwirt Georg Pollauf und den Sensenwerkarbeiter Lukas Skubel (1848–1906) wegen Schwarzelmüllers Drohung gegen einen Denunzianten, den Schuhmachergehilfen Johann Ederer in Kindberg (Steiermark), statt. Am Sonntag dem 7. September 1884 waren die drei Radicalen in einem Gasthaus in Kindberg (Steiermark) auf ihren Denunzianten (16. bis 30. Juli 1883) Johann Ederer getroffen. Dieser war dabei vor allem von Adolf Schwarzelmüller als Schurke und Denunziant beschimpft und mit dem Erschlagen bedroht worden, woraufhin Johann Ederer die Flucht ergriff. Adolf Schwarzelmüller wird wegen Verbrechens der gefährlichen Drohung und der Übertretung gegen die Sicherheit der Person zu dreizehn Monaten schwerem Kerker, verschärft durch einen Fasttag im Monat, verurteilt. Nach Verbüßung seiner Strafe wird Adolf Schwarzelmüller am 4. September 1885 nach Bruck an der Mur (Steiermark) gebracht, inhaftiert und am Donnerstag dem 10. September 1885 aus dem Kronland Steiermark für immer ausgewiesen werden. Lukas Skubel wird wegen Verbrechens der gefährlichen Drohung und der Übertretung gegen die Sicherheit der Person zu acht Monaten schwerem Kerker verurteilt, Georg Pollauf freigesprochen.

  • 12. November 1884 (Mittwoch) bis 17. November 1884 (Montag)
    Krakau (Galizien und Lodomerien [Kraków, Polen]): Am 12. November 1884 beginnt vor dem Schwurgericht Krakau in geheimer Verhandlung der auch in Österreich Aufsehen erregende Prozess anlässlich des Anschlags auf das Polizeigebäude in Krakau am ►22. April 1884 gegen den Hauptangeklagten, den Bronzeschmiedgehilfen Bolesław Malankiewicz (1867–?), der des versuchten Meuchelmordes beschuldigt wird. Fünf Mitangeklagte, der Buchbindergehilfe Ludwig Grudziński (1861–?), der Eisendreherlehrling Adam Królikowski (1866–?), der Gymnasiast Jan Pająk (1863–?), der Ziseleur Roman Piechowski (1857–?), der in Prag (Böhmen [Praha, Tschechien]) festgenommen worden war, und der Steinmetzgehilfe Franz Sułczewski (1862–?), werden beschuldigt, den Hauptangeklagten durch Befehl, Rat und Belehrung zu dem Verbrechen angeeifert und die Ausführung desselben durch Beschaffung der Mittel und Beseitigung von Hindernissen wesentlich gefördert zu haben. Außerdem werden Johann Pająk und der Medizinstudent Ludwig Dąbrowski (1863–?) auch eines Anfang September 1884 beabsichtigten Attentats auf den Polizeikommissar Johann Kostrzewski (~1850–?) und den Polizeikonzipisten Wladislaw Swolkien beschuldigt. Alle Angeklagten sind großenteils geständig. Am 17. November 1884 werden die Urteile gefällt: Bolesław Malankiewicz wird wegen Webrechens des versuchten Meuchelmordes und Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung zu fünf Jahren, Roman Piechowski als intellektueller Urheber wegen Mitschuld an diesen Verbrechen zu neun Jahren, Franz Sułczewski wegen Mitschuld zu drei Jahren schwerem Kerker verurteilt. Johann Pająk wird zwar vom Verbrechen der Mitschuld am versuchten Meuchelmord freigesprochen, aber wegen Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung zu einem Jahr schwerem Kerker verurteilt. Ludwig Dąbrowski, Ludwig Grudziński und Adam Królikowski werden freigesprochen. (►30. und 31. März 1884)

  • 26. November 1884 (Mittwoch) bis 29. November 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Vom 26. bis 29. November 1884 findet vor dem Ausnahmsgericht Wien der Hochverratsprozess gegen die vor allem am ►3. September 1884 sowie am ►8. und 9. September 1884 verhafteten Betreiber der geheimen Druckerei von Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]) statt, in welcher unter anderem die Untergrundzeitung »Die Zukunft« [Neulerchenfeld (Wien)] (►9. August 1884) gedruckt worden war. Alle zwanzig Angeklagten werden der Verbrechen des Hochverrats, der Majestätsbeleidigung, der Beleidigung von Mitgliedern des kaiserlichen Hauses, der Religionsstörung sowie der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung angeklagt: der Spenglergehilfe Johann Bleicher alias Miško (1850–1887), der Buchbindergehilfe und Schriftsetzer Eduard Brady (1864–?), die Hausfrau Anna Buchmann (1858–?) und deren Ehemann, der Zimmermaler und Anstreicher Willibald Buchmann (1854–?), der Hafnergehilfe Emanuel Doktor (1844–1925), der bereits 1876 wegen Übertretung nach § 411 Strafgesetz zu einer Woche Arrest verurteilt worden war (►23. April 1880), der Holzdrechslergehilfe August Haberman, später ein bekannter Anarchist und als Gustav Habrman (1864–1932) ein sozialdemokratischer Politiker, der Schlossergehilfe Valentin Horatlík (1857–?), der Metalldreher Karl Huliczka (1864–?), der Schriftsetzer Ferdinand Hübner (1860–1897), der Schuhmachergehilfe Fabian Kisely (1864–?), der Bandmachergehilfe Ignaz Linsenmayer (1839–?), der Schlossergehilfe Thomas Schönauer (1850–1888), der Miedermachergehilfe Friedrich Schreiblechner (1861–1886), der Bildhauergehilfe Anton Schrom (1846–?), der Silberarbeiter Leopold Springer (1858–?), der Schlossergehilfe Karl Stummvoll (1857–?), der Schuhmachergehilfe Anton Thiel (1863–?), der Maschinenschlosser Eduard Tröstler (1859–?) und der Schriftsetzer Friedrich Weninger (1862–?). Johann Bleicher, Eduard Brady, Anna Buchmann, Willibald Buchmann August Haberman, Valentin Horatlík, Ferdinand Hübner, Karl Huliczka, Thomas Schönauer, Anton Schrom, Leopold Springer, Karl Stummvoll und Friedrich Weninger hätten sich in irgendeiner Form an der Herstellung der Druckwerke beteiligt, Emanuel Doktor, Fabian Kisely, Ignaz Linsenmayer, Friedrich Schreiblechner, Anton Thiel und Eduard Tröstler der Verbreitung dieser Druckwerke schuldig gemacht. Der ebenfalls angeklagte Zimmermaler Georg Prätzner (1850–?) wird nur des Verbrechens der Vorschubleistung beschuldigt. Wegen Verbrechens des Hochverrats, der Religionsstörung, der Majestätsbeleidigung und anderem mehr werden Eduard Brady und Ferdinand Hübner zu je zwölf Jahren, Willibald Buchmann zu zehn Jahren, Johann Bleicher (►3. März 1887), Karl Huliczka, Valentin Horatlík und Leopold Springer zu je acht Jahren, Friedrich Weninger zu fünf Jahren, August Haberman, Anton Schrom, Karl Stummvoll und Thomas Schönauer zu je vier Jahren sowie Anna Buchmann, Emanuel Doktor, Fabian Kisely, Ignaz Linsenmayer, Friedrich Schreiblechner (►31. Dezember 1886) und Anton Thiel zu je drei Jahren schwerem Kerker verurteilt, alle Verurteilten jeweils mit einem Fasttag monatlich. Georg Prätzner und Eduard Tröstler werden freigesprochen. Die nicht nach Niederösterreich Zuständigen werden außerdem anschließend für beständig aus dem Kronland Niederösterreich ausgewiesen, Johann Bleicher aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also aus der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie). Eduard Brady und Ferdinand Hübner werden ihre Strafe in dem berüchtigten Gefängnis Karthaus (Böhmen [Valdice, Tschechien]) absitzen. In der vorläufigen Anklageschrift vom Donnerstag dem 11. Oktober 1884 waren auch noch Georg Butzner, Wenzel Hurka, Franziska Turek, Hedwig Turek angeklagt, doch wurden deren Verfahren eingestellt, so dass sie in der endgültigen Anklageschrift vom ►26. Oktober 1884 fehlen. Der Tischlergehilfe Johann Eder und seine Lebensgefährtin Franziska Haber werden im Zusammenhang mit diesem Prozess wegen ihrer Beteiligung am Druck sozialrevolutionärer Druckschriften steckbrieflich gesucht. (►28. August 1885 und ►31. Dezember 1886)

  • 30. November 1884 (Sonntag)
    Budapest (Ungarn): Mit der Nummer vom 30. November 1884 wird die seit ►18. März 1883 erscheinende ungarische Zeitung »Népakarat« (Budapest) eingestellt.

  • 30. November 1884 (Sonntag)
    Wiener Neustadt (Niederösterreich): Am 30. November 1884, um 7 Uhr morgens, erfolgt in Wiener Neustadt eine heftige Detonation, außen an der Kirchenmauer der Hauptpfarrkirche. (►22. und 23. September 1884) Die Gläubigen, die gerade am Johannesaltar das Abendmahl empfangen, geraten in Unruhe, jedoch nicht in Panik. Das Attentat wird den Sozialrevolutionären angelastet. (►9. bis 13. Dezember 1884 und ►11. bis 27. Mai 1885)

  • 5. Dezember 1884 (Freitag) bis 9. Dezember 1884 (Dienstag)
    Budapest (Ungarn): Vom 5. bis 9. Dezember 1884 findet vor dem Strafgerichtshof Budapest der Prozess im Zusammenhang mit dem Raubüberfall auf die Eisert’sche Wechselstube (10. Jänner 1884) statt. Angeklagt sind der am Samstag dem 1. März 1884 verhaftete Schneidergehilfe und nunmehrige Fabrikarbeiter und Redakteur Ármin Práger (1851–1905) und der im Zuge der Verhaftungswelle vom 13. und 14. März 1884 festgenommenen Bankbuchhalter Jónás Gyula Fried (1864–1929) wegen Verbrechens der Hehlerei. Sie hätten Wertpapiere aus dem Raubüberfall auf die Eisert’sche Wechselstube an sich gebracht und an deren Veräußerung mitgewirkt. Der am 15. April 1884 verhaftete Zimmermaler Jakob Novotný (1859–1929), der bei seiner Verhaftung ein Foto des Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884) bei sich trug, wird des Vergehens der Vorschubleistung angeklagt, weil er Ármin Práger geholfen habe, sich der Verfolgung durch die Behörden zu entziehen. Schließlich ist noch der ebenfalls am 15. April 1884 verhaftete Hausknecht Salomon Blau wegen Übertretung gegen das Eigentum angeklagt, weil er die von Jónás Gyula Fried erhaltenen Wertpapiere verkauft habe, ohne sich nach deren Provenienz zu erkundigen. Vom Dienstag dem 22. bis Donnerstag dem 24. Jänner 1884 waren in Budapest durch Jónás Gyula Fried und am Samstag dem 9. Februar 1884 durch den am Dienstag dem 26. Februar 1884 aus Budapest abgeschafften und mittlerweile in den USA im Exil lebenden Futteralmacher August Koditek (1855–?) (►15. Februar 1884) vermittelte Wertpapiere aus dem Raubüberfall auf die Eisert’sche Wechselstube von Ármin Práger, Jónás Gyula Fried und Salomon Blau teils an Wechselstuben verkauft, teils an ein Pfandleih-Institut verpfändet, teils in Banken deponiert worden. Ármin Práger und Jónás Gyula Fried sind diesbezüglich geständig, leugnen aber die Kenntnis von deren Herkunft. Salomon Blau aber hatte offensichtlich keine Ahnung, worum es sich bei diesen Wertpapieren handelte. Einer zweiten Gruppe von in diesem Prozess Angeklagten gehören die Schuhmachergehilfen Károly Dravecz, József Maruska (~1864–?) und Ignácz Schwarcz an. Sie werden anlässlich des Vorfalls vom 1. März 1884 wegen Gewalttätigkeit gegen ein behördliches Organ und widerrechtlicher Aneignung eines das Eigentum dieses behördlichen Organs bildenden Revolvers angeklagt. Als Zeuge tritt übrigens auch der seine Strafe im Staatsgefängnis Vác / Waitzen [Vác] (Ungarn) verbüßende Schriftsetzer Mátyás Rusz (1860–?) auf. (5. und 27. Mai 1884) Ármin Práger wird wegen Verbrechens der Hehlerei und mit Rücksicht auf das rechtskräftige Urteil des Pressegerichts (15. Mai 1884) zu einer Gesamtstrafe von drei Jahren und sechs Monaten Kerker, zu 600 Gulden Geldstrafe, sechs Jahren Amtsverlust und zum Ersatz der Gerichtskosten verurteilt, Jónás Gyula Fried wegen Hehlerei zu einem Jahr Kerker, Jakob Novotný wegen Vorschubleistung zu sechs Monaten Gefängnis, welche Strafe jedoch durch die Untersuchungshaft bereits verbüßt ist, schließlich József Maruska wegen Vergehens des Diebstahls zu drei Monaten Gefängnis. Salomon Blau und Károly Dravecz werden freigesprochen. Das Verfahren gegen Ignácz Schwarcz wird eingestellt, nachdem der Staatsanwalt bereits nach der Beweisaufnahme die Anklage gegen Károly Dravecz und Ignácz Schwarcz hatte fallen lassen. Die Witwe von Heinrich Eisert sen. (~1838–1884), Bertha Eisert sen. (~1851–?), wird mit ihren Forderungen gegen die Angeklagten auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Ármin Práger, Jónás Gyula Fried und Jakob Novotný legen gegen das Urteil Berufung ein. Jónás Gyula Fried wird gegen eine Kaution von 500 Gulden auf freien Fuß gesetzt. Und Jakob Novotný wird noch im Dezember 1884 für alle Zeiten des Landes verwiesen und an die Grenze abgeschafft werden. Ursprünglich plante die Staatsanwaltschaft eine breiter angelegte Anklageerhebung, doch beantragte sie am Donnerstag dem 9. Oktober 1884 die Einstellung des Verfahrens gegen die Angeklagten bezüglich der Ermordung des Wiener Polizei-Detektivs Ferdinand Blöch (1844–1884) am 25. Jänner 1884 und des Wiener Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) am 15. Dezember 1883. In der Revision wird die königliche Tafel am Mittwoch dem 24. Juni 1885 die Urteile teilweise erheblich abändern: Ármin Práger erhält statt drei Jahren und sechs Monaten Kerker sechs Jahre Zuchthaus und 600 Gulden Geldstrafe oder weitere 60 Tage Zuchthaus, Jónás Gyula Fried statt einem Jahr Kerker drei Jahre Zuchthaus, beide Haftstrafen im Ausmaß vom heutigen Tag an zu rechnen, jedoch unter Einbeziehung der einjährigen Untersuchungshaft. Die anderen Urteile werden bestätigt werden.

  • 6. Dezember 1884 (Samstag)
    Wien und Vororte: Am ►6. Dezember 1884 wird um 21 Uhr auf dem Wiener Nordbahnhof der Tischlergehilfe Rudolf Warbinek (1864–?) verhaftet. Er wollte zur Übernahme des in der Nacht auf Montag den 10. November 1884 in Klein-Stohl (Mähren [Malá Štáhle, Tschechien]) gestohlenen Dynamits nach Sternberg (Mähren [Šternberk, Tschechien]) reisen. (►26. Mai bis 5. Juni 1885). Im Jänner 1885 wird der aus Mähren gebürtige Rudolf Warbinek aus Wien abgeschafft werden.

  • 6. Dezember 1884 (Samstag) bis 11. Dezember 1884 (Donnerstag)
    Klagenfurt / Celovec [Klagenfurt am Wörthersee / Celovec ob Vrbskem jezeru ] (Kärnten): Vom 6. bis 11. Dezember 1884 findet vor dem Landes- als Schwurgericht Klagenfurt / Celovec der so genannte Anarchistenprozess gegen fünf am ►21. April 1884 beziehungsweise am ►8. Juli 1884 verhaftete Radicale aus Laibach (Krain [Ljubljana, Slowenien]) wegen der Verbrechen des Hochverrats und der Störung der öffentlichen Ruhe sowie des Vergehens gegen die öffentliche Sicherheit statt: der Schuhmachergehilfe Franz Dhü (1857–?), der Buchbindergehilfe Eduard Kriegl (1858–?), der Schneidermeister und Gastwirt Franz Sturm (1851–?), der Schuhmachermeister Ferdinand Tuma (1854–?) und der Schneidermeister Franz Železnikar (1844–?). Das Verfahren war am Dienstag dem 25. November 1884 auf Weisung des Oberlandesgerichts Graz (Steiermark) von Laibach nach Klagenfurt / Celovec verlegt worden, weshalb die Gefangenen auch in diese Stadt transportiert werden mussten. Franz Železnikar wird wegen Hochverrats und Störung der öffentlichen Ruhe zu acht Jahren schwerem Kerker verurteilt, die anderen Angeklagten werden freigesprochen. Im Rekursverfahren wird das Oberlandesgericht Graz die Strafe Franz Železnikars am Dienstag dem 27. Jänner 1885 auf zehn Jahre schweren Kerker, verschärft durch Fasten, erhöhen. Bei dem Prozess kommt es übrigens zu einem heftigen Gefühlsausbruch: Publikum wie Geschworene brechen in Tränen aus, als der Verteidiger Friedrich Elbogen (1854–1909) in seinem Plädoyer berichtet, wie das Kind Franz Sturms starb, als aus der Mutterbrust Blut statt Milch gekommen sei: Dies sei eine Folge des Schreckens über die Verhaftung des Familienvaters gewesen.

  • 7. Dezember 1884 (Sonntag) und 8. Dezember 1884 (Montag)
    Wiener Neustadt (Niederösterreich): Am 7. Dezember 1884 erscheint der Maschinist und Schlosser Josef Mannsberger im Amtszimmer des Bürgermeisters von Wiener Neustadt Josef Pöck (1826–1886) und teilt diesem mit, dass mehrere Arbeiter der Wiener Neustädter Lokomotivfabrik zu Weihnachten während der Christmette einen Bombenanschlag gegen die Pfarrkirche und das Kreisgerichtsgebäude planten. Am 8. Dezember 1884 ladet Josef Pöck um 22 Uhr zu sich nachhause ein, wobei ihm Mannsberger mehrere Namen von Verdächtigen nennt. In Begleitung von drei Sicherheitswachmännern fährt Josef Pöck anschließend in die Wiener Neustädter Lokomotivfabrik, wo in einem Versteck rund zwei Kilo Dynamit, eine Schachtel mit Sprengkapseln und mehrere Exemplare des Flugblatts »Zum Gedächtniß an den tapferen, opfermuthigen, getreuen Genossen Hermann Stellmacher« (►8. August 1884) gefunden werden. Die Denunziation und dieser Fund werden zur Verhaftungswelle vom ►9. bis 13. Dezember 1884 und zur Ausforschung der Attentäter vom September und November 1884 (►22. und 23. September 1884 und ►30. November 1884) in Wiener Neustadt führen.

  • 9. Dezember 1884 (Dienstag) bis 13. Dezember 1884 (Samstag)
    Wiener Neustadt (Niederösterreich): Am 9. Dezember 1884, um 3 Uhr morgens, beginnt aufgrund der Denunziation (►7. und 8. Dezember 1884) des Maschinisten und Schlossers Josef Mannsberger die große Verhaftungswelle unter den Wiener Neustädter Radicalen. Als Erster wird der Eisendreher Franz Partsch (1860–?) verhaftet, in dessen Wohnung sich Zündschnüre, Sprengkapseln und verbotene Druckschriften gefunden werden. Wenige Stunden danach wird auch der Eisendreher Adolf Hartmann (1854–1886) festgenommen, in dessen Drehbank ein Büchlein mit Adressen von in der Schweiz lebenden Sozialisten, Radicalen und Sozialrevolutionären fgefunden wird. Am Mittwoch dem 10. Dezember 1884 lässt die Direktion der Wiener Neustädter Lokomotivfabrik die Arbeitskästen öffnen, wobei in jenem von Franz Partsch weiteres Dynamit und eine Doppelpistole gefunden werden. Am Freitag dem 12. Dezember 1884 wird der Eisendreher Franz Wögerer (1843–1887) verhaftet, in dessen Garten in einem Misthaufen versteckt rund sieben Kilo Dynamit gefunden werden. Kurz darauf erfolgt die Verhaftung des Eisendrehers Franz Hermann (1857–?), der ehemaligen Zündschnurfabrik- und nunmehrigen Kartonagenfabrikarbeiterin Leopoldine Pristošek (1866–?), des Schlossers Wenzel Stukhail (1850–?). Und, am 13. Dezember 1884 wird der Schlosser Anton Kowazek (1865–?) verhaftet, der im Verhör seine Genossinnen und Genossen preisgibt, was zu weiteren Verhaftungen führt: der Schlosser Anton Kautschek (1851–?), der Nietenpresser Franz Mährl (1850–?), der Schmied Anton Rausch (1852–?) und Andreas Stipschitz, ein Kleinhäusler in Siklós / Sigleß (Ungarn [Sigleß, Burgenland]). Steckbrieflich gesucht wird in diesem Zusammenhang seit Donnerstag dem 29. Jänner 1885 der Eisendreher Thomas Tiefenbacher (1864–?), der am 4. Oktober 1884 Wiener Neustadt Richtung Marburg an der Drau (Steiermark [Maribor, Slowenien]), verlassen haben soll. Tatsächlich reist Thomas Tiefenbacher in die Schweiz und von dort in die USA, wo er sich im Jänner 1885 in New York (New York, USA) niederlassen wird. (►11. bis 27. Mai 1885)

  • 14. Dezember 1884 (Sonntag)
    Linz an der Donau / Urfahr [zu Linz an der Donau] (Oberösterreich): Am 14. Dezember 1884 beginnt unter Leitung des am Vorabend aus Wien angereisten Regierungsrats Karl Anton Breitenfeld (1830–1900), Vorstand des Sicherheits-Bureaus in Wien, die große Verhaftungswelle unter den oberösterreichischen Radicalen im Zuge von Hausdurchsuchungen in Linz an der Donau und in Urfahr. Um 4 Uhr 30 morgens wird in Linz an der Donau eine Hausdurchsuchung beim Hafnergehilfen Franz Fellinger (1842–1890) und seine Ehefrau, der Hausfrau Therese Fellinger durchgeführt, wobei zum Ausstreuen bestimmte Flugblätter gefunden werden. Therese Fellinger wird sofort festgenommen, Franz Fellinger, der sich noch bei einer Versammlung des »Arbeiter-Bildungsvereins« in Rohrbach [zu Ottenschlag im Mühlkreis] (Oberösterreich) befindet, sofort nach seiner Rückkehr. Folgenreicher sind die Hausdurchsuchungen in Urfahr. Hier werden im Zuge der Hausdurchsuchungen mehrere Radicale verhaftet: der Tischlergehilfe Franz Doležal (1846–?) und der aus Gloggnitz (Niederösterreich) durch die Ausnahmsverordnungen vom ►30. Jänner 1884 vertriebene Schneidergehilfe und jetzige Schreiber Ludwig Philipp Schrödl (1851–1888) sowie die beiden kurz darauf wieder aus der Haft entlassenen, aber später neuerlich verhafteten Radicalen: der Schneider Arnold Mrňa (1860–?) und der Sattlergehilfe Anton Schenk (1842–1927). (►17. Dezember 1884, ►26. Dezember 1884 und ►19. Jänner 1885)

  • 15. Dezember 1884 (Montag)
    Bern / Berne / Berna (Kanton Bern, Schweiz): Am 15. Dezember 1884 werden vom eidgenössischen Bundesrat drei für den Schmuggel der Zeitung »Freiheit« (New York) nach Österreich wichtige Personen aus der Schweiz ausgewiesen: der aus Württemberg gebürtige Messerschmied Peter Hauser (1859–?), der Mechaniker und Redakteur Josef Kaufmann (1841–?) aus Vorarlberg, der aber von einigen Genossen als Spitzel für die Berliner Polizei verdächtigt wird, und der am ►26. Juli 1883 aus Wien abgeschaffte Revolutionär Johann Christoph Neve alias John Neve (1844–1896). (26. Februar 1885)

  • 17. Dezember 1884 (Mittwoch)
    Linz an der Donau (Oberösterreich): Am 17. Dezember 1884 wird der Hafnergehilfe Anton Fuchs (1847–?), Obmann des »Arbeiter-Bildungsvereins«, unter dem Verdacht anarchistischer Umtriebe verhaftet. Zugleich werden die polizeilichen Erhebungen auf die oberösterreichischen Orte Enns, Steyr und Wels ausgedehnt. (►14. Dezember 1884, ►19. Jänner 1885, ►1. Februar 1885 und ►12. März 1885)

  • 19. Dezember 1884 (Freitag)
    Wiener Neustadt (Niederösterreich): Mit 19. Dezember 1884 wird der Wirkungsbereich der Verordnung des Gesamtministeriums vom ►30. Jänner 1884, Regierungsgesetzblatt Nummer 16, betreffend die Einstellung der Wirksamkeit der Geschworenengerichte für die Gerichtssprengel Wien und Korneuburg, auch auf den Gerichtsbezirk Wiener Neustadt ausgedehnt.

  • 22. Dezember 1884 (Montag)
    Újpest / Neu-Pest [zu Budapest] (Ungarn): Am 22. Dezember 1884 wird abends um 18 Uhr 30 in Újpest / Neu-Pest eine anarchistische Geheimdruckerei ausgehoben. Schon seit mehreren Wochen hat die Polizei entsprechende Erhebungen durchgeführt, doch war bislang lediglich der Schuhmachergehilfe Anton Pesout (1863–?) verhaftet und anschließend ausgewiesen worden. (►11. September 1884) Nun wird in Újpest / Neu-Pest, Deák Ferenc ulica 56, eine kleine, aber vollständig eingerichtete Druckerei ausgehoben, wobei die Polizei den Schriftsetzer Ferenc Spielmann (1868–?) auf frischer Tat ertappt. Er und die Wohnungsinhaberin Franciska Kolosy, geborene Franziska Wacker, werden sofort verhaftet, die bei der Durchsuchung vorgefundenen, teils schon gesetzten Artikel sowie Bücher und Druckmaterialien beschlagnahmt. Als Setzer dieser angeblich einem Hermann D. W. Freiwach gehörenden Geheimdruckerei werden die flüchtigen Setzer Hermann Wacher und Johann Pollak gesucht. Anton Pesout wird im Juli 1885 aus dem Königreich Sachsen für immer ausgewiesen werden.

  • 26. Dezember 1884 (Freitag)
    Linz an der Donau (Oberösterreich): Am 26. Dezember 1884 wird in Linz an der Donau der Maschinenschlosser Ferdinand Perlornigg (1854–1901) unter dem Verdacht der Errichtung einer geheimen Druckerpresse verhaftet. (►14. Dezember 1884, ►19. Jänner 1885 und ►12. März 1885)

  • 28. Dezember 1884 (Sonntag)
    Wien und Vororte: Am 28. Dezember 1884 findet 1886 im Saal des Gasthauses »zu den drei Engeln« (Josef Renz) in Wien 4., Große Neugasse 36, eine allgemeine Arbeiterversammlung statt, veranstaltet vom gemäßigten »Politischen Verein ›Wahrheit‹«. Eigentlich hätte der sozialdemokratische Abgeordnete zum Reichstag des Deutschen Kaiserreichs Wilhelm Liebknecht (1826–1900) »Über die Stellung der deutschen Sozialdemokraten zu den politischen Parteien im Reiche« sprechen sollen, doch wurde ihm der Aufenthalt in Wien am Donnerstag dem 25. Dezember 1884 behördlich untersagt. Stattdessen sprechen Vertreter der Gemäßígten: der Woll- und Seidenfärbergehilfe Josef Bardorf (1847–1922), der Buchdruckergehilfe Karl Höger (1847–1913), der Sattlergehilfe Heinrich Gehrke (1835–1917) und der Buchdruckergehilfe Josef Schwarzinger (1848–1910) zur neuen Tagesordnung »Die Stellung der Sozialdemokraten zu den politischen Parteien und deren Presse«. Als der Buchbindergehilfe und nunmehrige Bürodiener und Zeitungsadministrator Ernst Schmid (1853–1919), ein Radicaler, das Wort ergreift, wird er von den Gemäßigten zunächst niedergeschrien und kann erst nach einiger Zeit mit seiner Rede fortfahren. Als er die Einigung der gemäßigten und radicalen Arbeiterpartei fordert, erhält er lebhaften Beifall. In diesem Sinn äußert sich auch der Schriftsetzergehilfe Johann Schwarzinger (1846–1928), ebenfalls ein Radicaler. Die Gruppe der Radicalen verlässt nach deren Ende die »Marseillaise« singend die Veranstaltung.

  • 31. Dezember 1884 (Mittwoch)
    Mülhausen (Elsaß-Lothringen [Mulhouse, Frankreich]): Am 31. Dezember 1884 wird in Mühlhausen ein gewisser Marovsky verhaftet. Er sei der vierte Täter bei dem am 21. November 1883 verübten Raubmord am Apothekergehilfen Franz Lienhardt (~1833–1883) gewesen. Dieser vierte Attentäter – laut Gericht neben dem Buchbindergehilfen Anton Kammerer (1862–1884), dem Tischlergehilfen Michael Kumić (1853–?) und dem Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884) – wird aber am Donnerstag dem 10. Jänner 1885 mangels genügender Beweise wieder freigelassen werden.

  • 31. Dezember 1884 (Mittwoch)
    Wien und Vororte: Am 31. Dezember 1884, kurz vor Mitternacht, explodiert im Keller des Hauses in Wien 10., Columbusgasse 24, ein mit Schießpulver gefülltes Blechgefäß, welches durch das Kellerfenster geworfen wird, unter der Wohnung des Schuhmachers Karl Mineif. Dabei gehen vier Fensterscheiben zu Bruch. Der Sprengstoffanschlag wird von den Behörden der radicalen Arbeiterbewegung angelastet.

 

Bücher und Broschüren der radicalen Arbeiterbewegung 1884

  • [Anonym]: Oesterreichischer Arbeiter-Kalender für das Jahr 1885. Herausgegeben von Eduard Zacharias. Brünn: Volksfreund 1884, 108 S. Der Herausgeber Eduard Zacharias (?–1910) gehörte dem gemäßigten Lager der Sozialdemokratie an.

 

Weitere Bücher und Broschüren im Kontext anarchistischer Bewegungen in Österreich
Auswahl für das Jahr 1884

  • [Anonym]: K. K. Landesgericht in Strafsachen: Urtheil und Darstellung der That. [Wien]: Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei [1884], unpaginiert (1 S.). Amtliche Bekanntmachung des Urteils gegen Hermann Stellmacher (1853–1884).

  • [Anonym]: Proceß gegen den Anarchisten Hermann Stellmacher, angeklagt der Ermordung des Wechselstubenbesitzers Eisert in Wien; ferner der Ermordung des Detectivs Ferdinand Blöch in Floridsdorf. Nebst einer kurzen Darstellung der Arbeiterbewegung, sowie der anarchistischen Bewegung in Wien und Budapest, des vorangegangenen Processes gegen Ferdinand Schaffhauser und Johann Ondra. (Mord an dem Polizei-Concipisten Hlubek.). Verhandlung vor dem Wiener Ausnahmsgerichtshofe. Nach stenographisch getreuen Aufzeichnungen und mit Benützung von authentischen Gerichtsacten, bearb. von Fach-Journalisten. Mit 15 Illustrationen. 6 Bogen stark, Preis 30 kr. = 50 Pf. Berlin – Wien – Leipzig: Hugo Engel [1884] (= Wiener Criminal-Bibliothek. 1.), 103 S. Umschlagtitel: Proceß gegen den Anarchisten Hermann Stellmacher, den Mörder des Detectivs Blöch und des Wechselstubenbesitzers Heinrich Eisert. Nebst einer kurzen Darstellung der anarchistischen Bewegung in Wien und Budapest, des vorangegangenen Processes gegen Ferdinand Schaffhauser und Johann Ondra (Mord am Polizei-Concipisten Hlubek). Verhandelt vor dem Wiener Ausnahmsgerichtshofe. Nach stenographisch getreuen Aufzeichnungen und mit Benützung von authent[ischen] Gerichtsacten, bearbeitet von Fachjournalisten. Mit 15 Illustrationen. Nicht-anarchistische Darstellung.

  • [Anonym]: Skizzirte Darstellung des Standes der socialistischen Bewegung in Oesterreich-Ungarn und ihrer Beziehungen zu den Parteien des Auslandes. (Juni 1883 bis August 1884). Wien: Aus der kaiserlich-königlichen Hof- und Staatsdruckerei 1884, 11 S. Veröffentlichung der Polizei-Direktion Wien.

  • Matthey, A. [d. i. Arthur Arnould] (1833–1895): Zoé-šelma. Z francouzského A. Mattheye přeložil K. K. V Praze [Praha]: Tiskem a nákladem Národních listů 1884, 592 S. Übersetzer: K. K. [d. i. Karel Kádner] (1859–1923). Original: Zoé Chien-Chien. Paris 1880. Tschechisch: Das Raubtier Zoé. Aus dem Französischen des A. Matthey übersetzt von K. K.

  • Dvorzsák, Johann; siehe: Dvorzsák, János

  • Dvorzsák, Johann [d. i. János Dvorzsák] (1850–1922): Catechismus anarchistarum. In textu originali et versione Latina, Germanica et Hungarica. Cum stipendio pro optima refutatione. 1000 – mille – florenorum a. v. Instar manuscripti communicatur per Joannem Bapt. M. Dvorzsák, nobilem bohoemum, dioeceseos quinque-eclesiarum presbyterum, proprietarium et redactorem pagellarum menstruarum »Havi Füzetek« et pagellarum pro juventute »A Magyar Ifjuság Lapja«, proprietarium pagellarum pro puellis »Leányvilág«, redactorem secundarium foliorum cleri »Papok Lapja«, membrum superintendens consociationis cassae parsimonialis rudensis. Budapestini II. Donati-via 3. (Anarhista-Káté. Eredeti nyelven és magyar, német, latin fordításban kéziratképen közli és a legjobb cáfolatra ezer forint pályadijat tüz ki Dvorzsák János, Budapest, II. Donati-utcza 3. Anarchisten-Catechismus in Urtext, und deutscher, lateinischer, ungarischer Übersetzung als Manuscript mitgetheilt und für die beste Widerlegung eine Prämie mit 1000 Gulden ö. W. ausgeschrieben von Johann Dvorzsák, Budapest II. Donati-Gasse 3.) Budapest: Nyomatott Buschmann F.-nél. 1884 (= Havi füzetek. 8.), 32 [36] S. Umschlagtitel: Anarhista-Káté. 50 iv, ára 5 forint. Anarchisten-Catechismus. 50 Bogen, Preis 5 fl. öst. Währ. Catechismus anarchistarum. 50 philerarum, pretium: 5 Floreni. Austriaci Valoris = 14 Franc 50 Centes. Dvorzsák János. Auf dem Titelblatt ist als Erscheinungsjahr 1885 angegeben. Diese Schrift eines römisch-katholischen Theologen hat mit Anarchismus nur bedingt zu tun. Enthält Redactor [d. i. János Dvorzsák]: Lectori Salutem ab Auctore Salutis!, S. 3–8; [János Dvorzsák]: Heil dem Leser vom Urheber des Heils!, S. 9–14; [János Dvorzsák]: Üdv az Olvasónak az üdv Szerzöjétöl!, S. 15–19; [anonym]: Textus originalis. – Urtext. – Eredeti szöveg, S. 21–32. Lateinisch: Katechismus der Anarchisten. Im Originaltext und in lateinischer, deutscher und ungarischer Fassung. Mit einer Prämie für die beste Widerlegung. 1000 – eintausend – Gulden österreichische Währung. Die Ähnlichkeit des Manuskripts wird von Johannes dem Täufer geteilt. M. Dvorzsák, adeliger Böhme, fünfkirchlicher Diözesanpriester, Eigentümer und Herausgeber der Monatszeitschrift »Monatshefte« und der Jugendzeitschrift »Das Ungarische Jugendblatt«, Eigentümer der Mädchenzeitschrift »Welt der Mädchen«, Herausgeber der Nebenzeitschrift für Geistliche »Tagebuch der Priester«, leitendes Mitglied des Sparkassenvereins. Budapest, II. Donati-Gasse 3.

  • Schmidt, Johannes [d. i. Ewald Haufe] (1854–1939): Jugenderinnerungen nebst pädagogischen und kulturhistorischen Exkursionen und Reflexionen. Leipzig: Verlag von Siegismund & Volkening, Buchhandlung für pädagogische Litteratur [1884] (= Pädagogische Sammelmappe. Reihe 7. 11–12.), 217 S.

  • Grottkau, Paul (1846–1898) / Most, Joh[ann] (1846–1906): »Anarchismus oder Communismus?«. Geführt von Paul Grottkau und Joh. Most am 24. Mai 1884 in Chicago. Chicago, Ill.: Verlag des Central-Comités der Chicagoer Gruppen der I. A. A. [1884], 47 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Kreisgerichts Wels vom 13. Mai 1887 in Österreich verboten.

  • Lafargue, Pavel [d. i. Paul Lafargue, eigentlich Pablo Lafargue] (1842–1911): Marxův hospodářský materialism. Přeložil G. Gram. Kladno: Dělnická knihitskárna 1900 (= Vzdělávací čtení Svobody. 1.), 56 S. Übersetzer: Gabriel Gram [d. i. Stefan Großmann] (1875–1935). Original: Cours d’économie sociale. Le Matérialisme économique de Karl Marx. Paris [1884], 3 Bände. Tschechisch: Marx’ ökonomischer Materialismus. Übersetzt von G. Gram.

  • Lafargue, Pavel; siehe: Lafargue, Paul

  • Matthey, A.; siehe: Arnould, Arthur

  • Meißner, Alfred (1821–1885): Geschichte meines Lebens. I. Band. Wien – Teschen [Český Těšin]: Verlag der k. k. Hofbuchhandlung Karl Prochaska 1884, VIII, 291 S. Nicht-anarchistische Autobiografie, unter anderem seine von Pierre-Joseph Proudhon (1809–1865) beeinflussten Jahre betreffend. Erschien ebenda in 2. und 3. unveränderter Auflage 1884.

  • Meißner, Alfred (1821–1885): Geschichte meines Lebens. II. Band. Wien – Teschen [Český Těšin]: Verlag der k. k. Hofbuchhandlung Karl Prochaska 1884, VIII, 351 S. Nicht-anarchistische Autobiografie, unter anderem seine von Pierre-Joseph Proudhon (1809–1865) beeinflussten Jahre betreffend. Erschien ebenda in 2. und 3. unveränderter Auflage 1884.

  • Most, Johann (1846–1906): Die Eigenthums-Bestie. Von Johann Most. [2. Auflage.] New York: Internationale Druckerei der »Freiheit« [1884], 16 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Kreis- als Pressgericht Eger vom 17. Februar 1884 in Österreich verboten.

  • Most, Johann (1846–1906): Die freie Gesellschaft. Eine Abhandlung über die Principien und Taktik der kommunistischen Anarchisten. Von Johann Most. New York: Selbstverlag des Verfassers 1884, 85 S.

  • Most, Johann (1846–1906): Die freie Gesellschaft. Eine Abhandlung über die Principien und Taktik der kommunistischen Anarchisten. Nebst einem polemischen Anhang. Von Johann Most. [2. Auflage.] New York: Im Selbstverlage des Verfassers 1884, 94 S.

  • Most, Johann (1846–1906): Die freie Gesellschaft. Eine Abhandlung über die Principien und Taktik der kommunistischen Anarchisten. Nebst einem polemischen Anhang. Von Johann Most. [3. Auflage.] New York: Im Selbstverlage des Verfassers 1884, 102 S.

  • Most, Johann (1846–1906)]: Die Gottes-Pest und die Religions-Seuche. Von Johann Most. Fünfte Auflage. New York: Internationale Druckerei der »Freiheit« [1884], 16 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Pilsen vom 23. April 1884 in Österreich verboten.

  • Most, Johann; siehe auch: Grottkau, Paul

  • Schmidt, Johannes; siehe: Haufe, Ewald

  • Tambour, Rudolf; d. i. Juda Gergel (1858–1924): Die literarische Hyksosherrschaft unserer Zeit. Von Rudolf Tambour, 1. Buch. Gegen Carl Emil Franzos! Ein Schreckbild für aufstrebende jugendliche Literaten nach der Natur aufgenommen, nebst einer anklingenden Erörterung: »Blätter zur Hebung des Geschmacks auf dem Gebiete der neuesten deutschen Literatur« (I. und II Lesestück) und der Schilderung: Ein mißlungener Versuch, Redacteur zu werden. Wien: Buchdruckerei »Helios« 1884/85 (= Die literarische Hyksosherrschaft unserer Zeit. 1.), 112 S.

  • Tambour, Rudolf; d. i. Juda Gergel (1858–1924): Gegen Karl Emil Franzos! Ein Schreckbild für aufstrebende jugendliche Literaten. Wien: Selbstverlag, Fischer & Comp. 1884, 51 S. Sonderdruck aus: Die literarische Hyksosherrschaft unserer Zeit. 1. Band. Wien 1884.

 

Verbotene Flugblätter
Auswahl aus dem Jahr 1884

  • [Anonym]: An die Männer des arbeitenden Volkes in Oesterreich! Wien, im Februar 1884. Budapest: Druck von F. Varnai 1884, Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Graz vom 8. Februar 1884 und mit Erkenntnis des Landesgerichts Brünn vom 12. Februar 1884 in Österreich verboten.

  • [Anonym]: Aufruf an die Proletarier Wiens! [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn] [1884], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 20. Februar 1884 in Österreich verboten.

  • [Anonym]: An Seine ›Excellenz‹ den Minister Taaffe. Vorwärts Staatsraison! [Budapest]: Quittner József [1884], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 28. Februar 1884 in Österreich verboten.

  • [Anonym]: An die Anarchisten Wiens! [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn] [1884], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 15. März 1884 in Österreich verboten

  • [Anonym] Arbeiter! Brüder! [Wien]: [Ferdinand Hübner und Agnes Hofmann] Mai 1883, Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 11. Mai 1884 in Österreich verboten.

  • [Anonym]: Zum Gedächtniß an den tapferen, opfermuthigen, getreuen Genossen Hermann Stellmacher. Die Gruppe New York der Internationalen Arbeiter-Association an die Proletarier aller Länder. New York: Die Gruppe New York der Internationalen Arbeiter-Association [1884], Flugblatt. Betrifft Hermann Stellmacher (1853–1884). Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 4. September 1884 in Österreich verboten.

  • [Buchmann, Willibald (1854–?) / Springer, Leopold (1858–?)]: Arbeiter! Brüder! [Neulerchenfeld (Wien)]: [Anna Buchmann, Willibald Buchmann und Leopold Springer] August 1884, Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 30. August 1884 in Österreich verboten.

 

Für die radicale Arbeiterbewegung in Österreich wichtige Zeitungen und Zeitschriften
Auswahl für das Jahr 1884


 

Autor: Reinhard Müller
Version: November 2024
Anarchistische Bibliothek | Archiv | Institut für Anarchismusforschung | Wien
Copyleft

Daten
bis
31. Dezember 1884
von
30. Januar 1884
  • 1

    Josef Merstallinger (~1832–?): Schuhwarenfabrikant in Wien, der am ►4. Juli 1882 chloroformiert und ausgeraubt wurde. Anmerkung Reinhard Müller.

  • 2

    Franz Hlubek (1854–1883): Polizeikonzipist in Wien, der am ►15. Dezember 1883 von Anton Kammerer (1862–1884) erschossen wurde. Anmerkung Reinhard Müller.

  • 3

    Anton Kammerer (1862–1884, hingerichtet): Buchbindergehilfe, dann Eisenbahnarbeiter und Attentäter; Radicaler, dann Sozialrevolutionär in Wien, der nach eigenem Geständnis am ►15. Dezember 1883 den Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) erschoss. Anmerkung Reinhard Müller.

  • 4

    Hermann Stellmacher (1853–1884, hingerichtet): Schuhmachergeselle und Attentäter; Radicaler, dann Sozialrevolutionär in der Schweiz und in Wien, der laut Gericht an der Ermordung des Wechselstubeninhabers Heinrich Eisert sen. (~1838–1884) und dessen Kinder Heinrich Eisert jun. (~1873–1884) und Rudolf Eisert (~1875–1884) am ►10. Jänner 1884 sowie nach eigenem Geständnis den Polizei-Detektiv Ferdinand Blöch (1844–1884) am ►25. Jänner 1884 erschoss. Anmerkung Reinhard Müller.

  • 5

    Heinrich Eisert sen. (~1838–1884): Geldwechsler, Inhaber einer Wechselstuben, der am ►10. Jänner 1884 überfallen wurde und am 22. Jänner 1884 seinen dabei erlittenen Verletzungen erlag. Sein Sohn Rudolf Eisert (~1875–1884) verstarb noch an Ort und Stelle des Überfalls, sein anderer Sohn, Heinrich Eisert jun. (~1873–1884), verstarb am 26. Jänner 1884 an den Folgen der beim Überfall erlittenen Verletzungen. Anmerkung Reinhard Müller.

  • 6

    Gemeint ist die Ermordung des Polizei-Detektivs Ferdinand Blöch (1844–1884) am ►25. Jänner 1884 durch Hermann Stellmacher (1853–1884, hingerichtet). Anmerkung Reinhard Müller.

  • 7

    Max Nettlau (1865–1944): Anarchisten und Sozialrevolutionäre. Die historische Entwicklung des Anarchismus in den Jahren 1880–1886. Berlin: Gilde freiheitlicher Bücherfreunde [1931] (= Beiträge zur Geschichte des Sozialismus, Syndikalismus, Anarchismus. 5. / Gildenbücher. 6.), S. 323–324.

  • 8

    Vgl. [anonym]: An die Männer des arbeitenden Volkes in Oesterreich! Wien, im Februar 1884. Budapest: Druck von F. Varnai 1884, Flugschrift. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wird mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Graz vom 8. Februar 1884 und mit Erkenntnis des Landesgerichts Brünn vom 12. Februar 1884 in Österreich verboten.

  • 9

    Vgl. das Exposé und das Gutachten, abgedruckt in Ludwig Brügel (1866–1942): Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie. Dritter Band: Parteihader. Propaganda der Tat. Einigung. (1878 bis 1889). Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1922, S. 325–329 und 329–330.

  • 10

    Vgl. [anonym]: Aufruf an die Proletarier Wiens! [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn] [1884], Fluhblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wird mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 20. Februar 1884 in Österreich verboten.

  • 11

    [Anonym]: 948 Flüchtig. Peukert Josef, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 18 (12. März 1884), S. 70.

  • 12

    Vgl. [anonym]: An Seine ›Excellenz‹ den Minister Taaffe. Vorwärts Staatsraison! [Budapest]: Quittner József [1884], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wird mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 28. Februar 1884 in Österreich verboten.

  • 13

    [Anonym]: Aus dem Gerichtssaale. [/] (Anarchistische Prahlereien.), in: Neue Freie Presse [/] Morgenblatt (Wien), [21]. Jg. Nr. 7051 (13. April 1884), S. 6.

  • 14

    Vgl. [anonym]: An die Anarchisten Wiens! [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn] [1884], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wird mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 15. März 1884 in Österreich verboten.

  • 15

    Vgl. Proceß gegen den Anarchisten Hermann Stellmacher, angeklagt der Ermordung des Wechselstubenbesitzers Eisert in Wien; ferner der Ermordung des Detectivs Ferdinand Blöch in Floridsdorf. Nebst einer kurzen Darstellung der Arbeiterbewegung, sowie der anarchistischen Bewegung in Wien und Budapest, des vorangegangenen Processes gegen Ferdinand Schaffhauser und Johann Ondra. (Mord an dem Polizei-Concipisten Hlubek.). Verhandlung vor dem Wiener Ausnahmsgerichtshofe. Nach stenographisch getreuen Aufzeichnungen und mit Benützung von authentischen Gerichtsacten, bearb. von Fach-Journalisten. Mit 15 Illustrationen. 6 Bogen stark, Preis 30 kr. = 50 Pf. Berlin – Wien – Leipzig: Hugo Engel [1884] (= Wiener Criminal-Bibliothek. 1.), S. 22–23.

  • 16

    Bundesrathsbeschluß betreffend die Ausweisung von vier Ausländern aus der Schweiz. (vom 22. März 1884.), in: Schweizerisches Bundesblatt. 36. Jahrgang. II. Nr. 15. 29. März 1884, abgedruckt in: Bundesblatt der schweizerischen Eidgenossenschaft. Jahrgang 1884. II. Band. Bern: Gedruckt in der Stämpfli’schen Buchdruckerei 1884, S. 233–234.

  • 17

    Vgl.[anonym] Arbeiter! Brüder! [Wien]: [Ferdinand Hübner und Agnes Hofmann] Mai 1883, Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wird mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 11. Mai 1884 in Österreich verboten.

  • 18

    Vgl. [anonym]: Proceß gegen den Anarchisten Hermann Stellmacher, angeklagt der Ermordung des Wechselstubenbesitzers Eisert in Wien; ferner der Ermordung des Detectivs Ferdinand Blöch in Floridsdorf. Nebst einer kurzen Darstellung der Arbeiterbewegung, sowie der anarchistischen Bewegung in Wien und Budapest, des vorangegangenen Processes gegen Ferdinand Schaffhauser und Johann Ondra. (Mord an dem Polizei-Concipisten Hlubek.). Verhandlung vor dem Wiener Ausnahmsgerichtshofe. Nach stenographisch getreuen Aufzeichnungen und mit Benützung von authentischen Gerichtsacten, bearb. von Fach-Journalisten. Mit 15 Illustrationen. 6 Bogen stark, Preis 30 kr. = 50 Pf. Berlin – Wien – Leipzig: Hugo Engel [1884] (= Wiener Criminal-Bibliothek. 1.), 103 S.

  • 19

    Zitiert nach [anonym]: Anti-semitische Straßenkrawalle, in: Die Presse (Wien), 37. Jg., Nr. 175 (26. Juni 1884), S. 11.

  • 20

    Vgl. Johann Most (1846–1906):. Eine Abhandlung über die Principien und Taktik der kommunistischen Anarchisten. New York: Selbstverlag des Verfassers 1884, 85 S. Im September 1884 erscheint bereits die um einen Anhang erweiterte 3. Auflage.

  • 21

    Zitiert nach [anonym]: Gerichtssaal. [/] Wien, 29. Juli. [Orig.-Ber.] (Das Czarenlied.), in: Wiener Allgemeine Zeitung [/] Morgenblatt (Wien), [5]. Jg., Nr. 1588 (30. Juli 1884), S. 7.

  • 22

     Vgl. Skizzirte Darstellung des Standes der socialistischen Bewegung in Oesterreich-Ungarn und ihrer Beziehungen zu den Parteien des Auslandes. (Juni 1883 bis August 1884). Wien: Aus der kaiserlich-königlichen Hof- und Staatsdruckerei 1884, 11 S.

  • 23

    Vgl. K. K. Landesgericht in Strafsachen: Urtheil und Darstellung der That. [Wien]: Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei [1884], unpaginiert (1 S.).

  • 24

    Siehe [anonym] / Hermann Stellmacher (1853–1884): Die Selbstbiographie Stellmacher’s, in: Neues Wiener Abendblatt. Abend-Ausgabe des »Neuen Wiener Tagblatt« (Wien), 17. Jg., Nr. 218 (8. August 1884), S. 2–3. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wird mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 9. August 1884 in Österreich verboten. Auf die angekündigte Fortsetzung der Selbstbiografie wird nach der Konfiskation verzichtet.

  • 25

    Vgl. [anonym]: Zum Gedächtniß an den tapferen, opfermuthigen, getreuen Genossen Hermann Stellmacher. Die Gruppe New York der Internationalen Arbeiter-Association an die Proletarier aller Länder. New York: Die Gruppe New York der Internationalen Arbeiter-Association[1884], 1 Blatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wird mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 4. September 1884 in Österreich verboten.

  • 26

    Vgl. [Willibald Buchmann (1854–?) / Leopold Springer (1858–?)]: Arbeiter! Brüder! [Neulerchenfeld (Wien)]: [Anna Buchmann, Willibald Buchmann und Leopold Springer] August 1884, Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wird mi Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 30. August 1884 in Österreich verboten.

  • 27

    Zitiert nach [anonym]: [Attentate in Wiener-Neustadt.], in: Wiener Allgemeine Zeitung [/] Morgenblatt (Wien), [5]. Jg., Nr. 1643 (24. September 1884), S. 5.

  • 28

    Abgedruckt in Ludwig Brügel (1866–1942): Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie. Dritter Band: Parteihader. Propaganda der Tat. Einigung. (1878 bis 1889). Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1922, S. 347.