Albin Scheffler (1848–)

Persönliche Daten
Namensvarianten
das ist Albin Franz Schäfler
ungarische Namensform: Albin Ferenc Schäfler
falsche Namensschreibweise: Albin Schäffler
falsche Namensschreibweise: Albin Schefler
falsche Namensform: Hermann Scheffler
Geburtsdatum
1848
Geburtsort
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch

Ehe: mit [?]: Wäscherin
Kinder: mehrere

Biographie

Albin Scheffler, der 1870 Militärdienst seinen Militärdienst leistete, absolvierte ein Schriftsetzerlehre in Budapest (Ungarn). Hier schloss er sich der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung an und wurde Mitglied des am 9. Februar 1868 gegründeten »Általános Munkásegylet« (Allgemeiner Arbeiterverein), die erste sozialistische Organisation Ungarns. Nach dem Sturz der Pariser Kommune von 1871 fand in Budapest am 11. Juni 1871 eine große Demonstration für die Pariser Kommune statt, an der tausende Arbeiter teilnahmen. Am 12. und 13. Juni 1871 wurden deswegen die aktivsten Mitglieder des »Általános Munkásegylet« verhaftet, darunter auch Albin Scheffler. Er wurde erst im Dezember 1871 auf freien Fuß gesetzt, war aber einer der siebenundzwanzig Angeklagten im großen Hochverratsprozess, der am 22. und 23. April 1872 vor dem Strafgericht Budapest stattfand. Scheffler wurde, wie alle anderen Angeklagten auch, freigesprochen. Allerdings musste nun der »Általános Munkásegylet« seine Tätigkeit einstellen.

Albin Scheffler begab sich dann nach Wien, wo er Mitglied des »Vereins der Buchdrucker und Schriftsetzer Niederösterreichs« wurde. 1875 arbeitslos geworden, erhielt er Hilfe vom »Unterstützungs-Verein der Buchdrucker und Schriftsetzer Niederösterreichs«. Scheffler blieb bis mindestens 1877 in Österreich.

Nach Budapest zurückgekehrt, wurde Albin Scheffler, der nun in einer Druckerei arbeitete, ein wichtiger Vertreter der radicalen Arbeiterbewegung in Ungarn. Vom Oktober 1881 bis Juni 1882 war er Verleger und Redakteur der Zeitung »Der Schraubstock« (Budapest), dann von deren Fortsetzung, der Wochenzeitung »Volkswille« (Budapest), die vom Juli bis Oktober 1882 erschien. Wegen zweier Artikel in dieser Zeitung wurde im Februar 1883 ein pressgerichtliches Strafverfahren gegen Scheffler als Redakteur der Zeitung »Volkswille« eingeleitet. Es war vor allem der am 3. September 1882 erschienene Artikel »Die erste That«, gezeichnet »F. Borini«; hinter dem die Staatsanwaltschaft Scheffler vermutete, was aber später die Geschworenen einstimmig verneinten; tatsächlicher Autor soll der Schriftsetzer Wilhelm Kummer (~1857–1933) gewesen sein. Darin ging es um den Überfall auf den Schuhwarenfabrikanten Josef Merstallinger (~1832–?), der am 4. Juli 1882 in Wien von den Tischlergehilfen Josef Engel (~1858–?) und Franz Pfleger (1831–1884) zwecks Beschaffung von Geld für die radicale Propaganda ausgeraubt worden war.1 Scheffler, der am 26. März 1883 verhaftet wurde, musste sich wegen der Artikel am 2. Mai 1883 vor dem Landes- als Schwurgericht Budapest verantworten. Er wurde wegen Aufforderung zum Ungehorsam gegen behördliche Verordnungen und Beschlüsse zu zwei Monaten Staatsgefängnis verurteilt, zusätzlich wegen Pressevergehens zu 150 Gulden Geldstrafe, eventuell dreißig Tage Arrest, und zum Ersatz der Prozesskosten in der Höhe von 117 Gulden und 36 Kreuzern. Scheffler, der um Strafaufschub ersuchte, wurde zunächst gegen eine Kaution von 500 Gulden auf freiem Fuß belassen.

Albin Scheffler nahm als Budapester Delegierter an der für die radicale Arbeiterbewegung wichtigen geheimen Parteikonferenz der Radicalen teil, die vom 25. bis 27. Oktober in Langenzersdorf (Niederösterreich), dann in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]) und am letzten Tag in Wien abgehalten wurde. Die Tagesordnung umfasste vier Punkte: 1) die Frage, ob die Partei sich eine zentralistische oder föderalistische Organisation geben solle; 2) die politische und ökonomische Frage; 3) die Parteipresse; 4) die Parteiorganisation überhaupt. Diskutiert wurde unter anderem, sich nach einem Gruppensystem zu organisieren und eine ländermäßige Aufgliederung vorzunehmen. Man wollte künftig auch entschiedene Front gegen alle anderen politischen Parteien machen und alle zu Gebote stehenden Mittel zur Propaganda ergreifen, besonders in Fabriken, wo Arbeiterinnen und Arbeiter schlecht entlohnt werden. Die Fachzeitungen sollten zugunsten eines Hauptorgans eingestellt werden. Bemerkenswert ist, dass nicht die Zeitung »Die Zukunft« (Wien), sondern »Radikal« (Budapest) die Funktion eines Hauptorgans übernehmen sollte, welche von Graz (Steiermark) aus kontrolliert und von Grazer sowie Wiener Boten aus Budapest abgeholt werden sollte. Schließlich wurde geplant, in jeder Provinz eine geheime Presse zu organisieren, auf der Flugschriften gedruckt werden könnten, die dem Charakter der jeweiligen Provinz entsprächen. Es blieb jedoch nur bei Erörterungen, Beschlüsse wurden keine gefasst. Diese letzte große Konferenz der Radicalen ließ nicht nur deutliche anarchistische Ansätze (etwa dezentrale, föderative Organisation) erkennen, es zeigten sich auch deutliche Differenzen unter den Sozialrevolutionären innerhalb der radicalen Arbeiterbewegung: So meinten einige, man solle versuchen, die Revolution mittels Guerillakrieges auszulösen, während andere für Aktionen Einzelner plädierten.

Albin Scheffler, Redakteur der seit März 1883 erschienenen Zeitung »Népakarat« (Budapest; Volkswille), sollte nach der am 1. März 1884 erfolgten Verhaftung von Ármin Práger (1851–1905) als dessen Nachfolger auch Redakteur der Zeitung »Radikal« (Budapest) werden. Doch Scheffler, der erst am 16. März 1884 aus dem Staatsgefängnis Vác / Waitzen [Vác] (Ungarn) entlassen worden war, wo er eine Strafe wegen politischer Vergehen verbüßt hatte, wurde nach einer Zuschrift der Wiener Polizei an die Budapester Ober-Stadthauptmannschaft am 25. März 1884 verhaftet. Eigentlich war eine Abschaffung Schefflers aus Budapest geplant, doch bat der Staatsanwalt um dessen Aufschiebung, weil er Scheffler als Zeuge im Prozess gegen Ármin Práger brauche. Laut Zuschrift der Wiener Polizei habe Scheffler bei diversen Treffen von Anarchisten der Ermordung des Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883), der am 15. Dezember 1883 in Großjedlersdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]) vom gelernten Buchbinder Anton Kammerer (1862–1884) erschossen worden war, und des Polizei-Detektivs Ferdinand Blöch (1844–1884), der am 25. Jänner 1884 vom Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884) in Floridsdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]) erschossen worden war, zugestimmt. Die Budapester Polizei lancierte gegenüber der Presse das Gerücht, Scheffler habe Anfang April 1884 gestanden, dass in der geheimen Parteikonferenz, die im Oktober 1883 in Langenzersdorf, dann in Neulerchenfeld und am letzten Tag in Wien stattgefunden habe, das Todesurteil über Hlubek und Blöch beschlossen worden sei. Am 5. April 1884 wurde gegen Scheffler die strafgerichtliche Untersuchung wegen Teilnahme an der Ermordung von Hlubek und Blöch eingeleitet. Dabei betonte Scheffler im Verhör gegenüber dem Staatsanwalt, dass er derartige Taten verdamme. Schließlich wurde Albin Scheffler am 18. April 1884 ohne Anklageerhebung entlassen. Allerdings wurde ein laufendes Verfahren wegen Übertretung des Pressegesetzes durch einen Artikel in der Zeitung »Népakarat« (Budapest) fortgeführt. Deshalb wurde Scheffler der Ober-Stadthauptmannschaft übergeben, weiterhin in Haft behalten und erst am 24. April 1884 aus der Polizeihaft entlassen, allerdings unter ständige Polizeiaufsicht gestellt. Schließlich fand am 4. Juni 1884 vor dem Geschworenen- als Pressgericht Budapest der Presseprozess gegen Scheffler wegen Übertretung des Pressegesetzes durch drei Artikel in der Nummer vom 15. März 1884 der Zeitung »Népakarat« (Budapest) statt. Scheffler bekannte sich lediglich zur Autorenschaft des Artikels »Von den Anarchisten«. Albin Scheffler wurde wegen Aufforderung zur Verübung eines Verbrechens, der Lobpreisung eines Verbrechens, der Aufreizung zum Klassenhass und der Aufforderung zum Ungehorsam gegen das Gesetz zu einem Jahr und neun Monaten Staatsgefängnis sowie zu einer Geldstrafe von 1.100 Gulden, eventuell 110 Tage Staatsgefängnis, verurteilt, weiters zum Verfahrenskostenersatz von 90 Gulden und 18 Kreuzern. Wegen der Nichtigkeitsbeschwerde des Verteidigers, wurde Scheffler auf freiem Fuß belassen. Nach deren Verwerfung trat Albin Scheffler am 22. September 1884 seine Haft im Staatsgefängnis Vác / Waitzen [Vác] (Ungarn) an. Danach verliert sich die Spur von Albin Scheffler.

Adressen

  • Budapest, Ungarn, József-utca 65 (1884)
Karte
  • 1

    Vgl. die vom Radicalen Josef Müller (1839–1891) herausgegebene Schrift: Der Hochverraths-Proceß und die Affaire Merstallinger gegen Engel, Pfleger, Berndt, Sommer, Schmidt, Gröbner, Spiegel, Krondorfer, Winter, Masur, Motz, Kompoß, Würges, Wagner, Weich, Spahl, Wetz, Buelacher, Treibenreif, Peukert, Kotidek, Stiaßny, Führer, Gams, Kreps, Schenk, Wordak, Heitzer und Hotze. Verhandelt vor dem k. k. Schwurgericht Wien, vom 8.–21. März 1883. Nach den stenographischen Berichten bearbeitet und wahrheitsgetreu wiedergegeben. Herausgegeben von Josef Müller. VII. Bezirk, Gumpendorferstraße 78. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers 1883, 238 S.