Ferdinand Gabriel (1828–1902)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Vater: Anton Gabriel: Wegmeister: Heirat mit:
Mutter: Anna Gabriel, geborene Zeitner
erste Ehe: in Graz (Steiermark) am 14. Mai 1860 mit Maria Theisbacher (Knittelfeld, Steiermark 21. Oktober 1825 – Graz, Steiermark 27. Dezember 1881), Tochter einer Hausfrau und eines Pfannenschmiedemeisters: Handarbeiterin und Hausfrau
zweite Ehe: am 29. Juli 1888
Biographie
Der Kleidermachergehilfe Ferdinand Gabriel, der in jungen Jahren nach Graz (Steiermark) kam, war hier seit mindestens 1872 in der sozialistischen Arbeiterbewegung engagiert. Im März 1873 initiierte er die Gründung der »Erwerbsgenossenschaft der Kleidermacher« in Graz und wurde deren Obmann. Im großen Sozialistenprozess gegen zweiunddreißig Sozialdemokraten, der vom 14. bis 24. Oktober 1874 vor dem Landes- als Schwurgericht Graz verhandelt wurde, wurde Ferdinand Gabriel des Vergehens gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung durch die Gründung geheimer Gesellschaften angeklagt. Er wurde zu drei Wochen Arrest, verschärft durch einen Fasttag, verurteilt. Gabriel war auch Mitglied des im Jänner 1875 gegründeten Einberufungskomitees für den zweiten Delegiertentag (Parteitag), der am 16. und 17. Juni 1875 in Marchegg (Niederösterreich), stattfand, und an dem er auch als Delegierter teilnahm. Am 24. April 1876 wurde Gabriel zum Obmann des »Politischen Vereins ›Zukunft‹« gewählt. Als Vorsitzender der Versammlung dieses Vereins am 24. Juli 1876 wurde er wegen Nichtbefolgung einer Anweisung des Regierungskommissärs wegen Übertretung des Vereinsgesetzes vom Bezirksgericht Stadt Graz zu drei Tagen Arrest verurteilt; dieses Urteil wurde vom Landes- als Appellationsgericht Graz am 10. Februar 1877 bestätigt. Gabriel nahm auch am 1. Juli 1877 am Arbeitertag in Atzgersdorf (Niederösterreich [zu Wien 23.]) als Delegierter teil.
Ferdinand Gabriel wurde um 1880 eine der wichtigsten Persönlichkeiten der radicalen Arbeiterbewegung in Graz. In der Nacht vom 6. auf den 7. November 1880 wurden in Graz verbotene Flugschriften angeschlagen. Es wurden danach Hausdurchsuchungen, alle ergebnislos, durchgeführt, auch bei Ferdinand Gabriel, der am 9. November 1880 verhaftet und erst am 25. November 1880 ohne Anklageerhebung aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Mit 1. Jänner 1881 wurde die Zentralleitung der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs« von Reichenberg (Böhmen [Liberec, Tschechien]) nach Graz verlegt, der nunmehr auch Ferdinand Gabriel angehörte. Als guter Redner war er nicht nur in Graz, sondern auch in anderen Orten der Steiermark als Agitator tätig.
Am 5. Februar 1884 traf die Verfolgung der radicalen Arbeiterbewegung nun auch die Steiermark hart. Aufgrund der Denunziation des vom Landes- als Schwurgericht Graz am 30. Jänner 1884 wegen Hochverrats zu acht Jahren schwerem Kerker verurteilten Schuhmachergehilfen Franz Pronegg (1833–1886) wurden am 5. Februar 1884 in Graz zweiundzwanzig Radicale verhaftet, darunter Ferdinand Gabriel. Vom 11. bis 25. Juni 1884 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Graz der Prozess gegen die zweiundzwanzig Radicalen wegen Verbrechens des Hochverrats statt, darunter Ferdinand Gabriel. Sie wurden angeklagt, mittels Sammlung von Geldern zur Anschaffung von Waffen, Munition, Sprengmitteln und revolutionären Druckschriften, durch Anwerbung weiterer Mitglieder, persönlichen Unterricht und tatsächliche Verbreitung solcher Druckschriften, welche die Vorbereitung einer gewaltsamen Erhebung der Arbeiter bezwecken, Handlungen unternommen zu haben, welche auf eine gewaltsame Veränderung der Regierungsform und auf die Herbeiführung einer Empörung oder eines Bürgerkriegs gerichtet wären. Kernstück der Anklage war der angebliche Beschluss, Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) bei seiner Reise nach Graz im April 1883 mit Dynamit in die Luft zu sprengen. Von der Anklage des Hochverrats und des versuchten Attentats auf den Kaiser wurden alle Angeklagten, Ferdinand Gabriel gänzlich freigesprochen.
Nach seiner zweiten Ehe 1888 zog sich Ferdinand Gabriel weitgehend von der Arbeiterbewegung zurück und arbeitete weiterhin als Kleidermacher in Graz.
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Autor: Reinhard Müller
Version: Februar 2025
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