Ferdinand Blöch (1844–1884)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
1. Oktober 1844
Sterbedatum
25. Januar 1884
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch

Vater: Franz Blöch (Sitzendorf an der Schmida, Niederösterreich 10. September 1813 – Sitzendorf an der Schmida, Niederösterreich 15. Juni 1883, Freitod), Sohn einer Hausfrau und eines Weinhauers und Kleinhäuslers: Weinhauer; Heirat in Sitzendorf an der Schmida (Niederösterreich) am 26. November 1839 mit:
Mutter: Katharina Blöch, geborene Wastl (Kleinkirchberg [zu Sitzendorf an der Schmida], Niederösterreich 30. August 1811 – ?), Tochter einer Hausfrau und eines Weinhauers und Kleinhäuslers: Hausfrau
Ehe: in Floridsdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]) am 21. Oktober 1873 mit Aloisia Höß (Zwischenbrücken, Niederösterreich [zu Wien 21.] 22. August 1849 – ?), Tochter einer Hausfrau und eines Tischlermeisters: Hausfrau
Sohn: Ferdinand Blöch (Zwischenbrücken, Niederösterreich [zu Wien 21.] 25. Februar 1874 – Zwischenbrücken, Niederösterreich [zu Wien 21.] 3. Juli 1874): an der Ruhr verstorben
Tochter: Anna Maria Blöch (Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 1. April 1875 – Wien 29. November 1944)

Biographie

Franz Blöch, kam nach Wien, wo er in den Dienst der Polizei trat. Er war seit 1870 bei der Sicherheitswache, war seit 1872 dem Detektiv-Büro zugeteilt und war seit 1875 dem Polizeikommissariat Floridsdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]) als Polizei-Detektiv zugewiesen. Aufsehen erregte er, als er am 15. August 1882 einen mutmaßlichen Mörder festnehmen konnte. Blöch war auch regelmäßig bei Versammlungen und Veranstaltungen der sozialistischen Arbeiterbewegung als Behördenvertreter anwesend, wo er sich durch sein Auftreten gerade bei Anhängern der radicalen Arbeiterbewegung unbeliebt machte. Am 19. Mai 1883 erschien in der Zeitung »Freiheit« (New York) eine »A. Marmerek« gezeichneter Artikel, in welcher mit der Ermordung des eben zum Polizeirat bei der Polizei-Direktion Wien ernannten Alexander Viditz (1824–1907), des Wiener Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) und des Polizei-Detektivs Ferdinand Blöch gedroht wurde: »Alle Genossen sollten sich indess die Aufgabe stellen, solche Individuen unschädlich zu machen, wo sich Gelegenheit bietet – einen Strick um ihren Hals und an den nächsten Baum mit ihnen! Darum appellire ich an Euch Genossen Floridsdorfs, beginnt das Rächeramt! Ihr kennt die Schurken Vidiz, Chlubek, Blech und Konsorten, die durch Denunziation brave Männer in den Kerker brachten und sich nicht scheuten, meineidig zu werden. (Prozess Till Ulbaneketz), um uns zu unterdrücken. An alle Arbeiter Oesterreichs aber ergeht unser Ruf, angesichts solcher himmelschreienden Dinge aufzuwachen, ihre Lage zu begreifen und sich im Verein mit den Arbeitern anderer Länder zum letzten Sturm zu organisiren, damit der Ausbeuter-Staat endlich unter den Hammerschlägen der sozialen Revolution in Scherben fliegt.«1 Das Pseudonym des Autors ist ein Anagramm des gelernten Buchbinders Anton Kammerer (1862–1884), der Franz Hlubek am 15. Dezember 1883 tatsächlich erschoss.

Das Attentat und die Festnahme Hermann Stellmachers

Am 25. Jänner 1884 begab sich um 7 Uhr 45 morgens der Polizei-Detektiv Ferdinand Blöch von seiner Wohnung in Floridsdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]), Mühlschüttel 140, zum Floridsdorfer Polizeikommissariat. In der Mitte einer Schottergrube wurde er gegen 8 Uhr morgens namentlich angerufen und dann von dem aus Preußen gebürtigen Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884) mit sieben Schüssen niedergestreckt, wobei ein Kopfschuss tödlich war. Blöch verstarb an Ort und Stelle an Gehirnlähmung. Stellmacher nahm nun Blöchs Notizbuch, dessen silberne Uhr samt Kette und dessen Revolver an sich, wurde dann aber von Umstehenden verfolgt. Stellmacher setzte bei der Nordbahnbrücke über die Alte Donau, wo er von dort anwesenden fünf Taglöhnern, Gustav Bürner, Anton Fiedler, Albert Meloun, Johann Pillner (1856–?) und Josef Swoboda, in einer nahe gelegenen Schottergrube bei der so genannten Bienerschen Überfuhr in den Schießstätten (Niederösterreich [zu Wien 20.]) umstellt wurde. Während der Verfolgung soll er den Arbeitern zugerufen haben: »Ihr Esel, ich habe es ja für Euch getan!« Von einem Steinwurf am Fuß getroffen, feuerte Stellmacher zwei Schüsse ab, von denen einer Albert Meloun am rechten Fuß im Sprunggelenk traf; er musste deswegen bis 10. März 1884 im Wiener Allgemeinen Krankenhaus behandelt werden. Einen dritten Schuss wollte Stellmacher gegen sich selbst abgeben, strauchelte jedoch, und der Schuss versengete nur sein Haar. Stellmacher wurde nun überwältigt und von Wacheorganen, vor der aufgebrachten Menge in Sicherheit gebracht, in das Polizeikommissariat Floridsdorf eingeliefert. Dort fiel eine eineinhalb Kilo schwere Blechkassette mit Dynamit und Bleikugeln zu Boden, explodierte aber nicht, weil die Zündstifte nicht eingesetzt waren. Im Verhör erklärte Hermann Stellmacher am 4. Februar 1884 dazu: »Würde ich von der Polizei oder vom Militär verfolgt worden sein, so würde ich die Stifte sehr schnell haben einführen können und die Bombe geworfen haben, allein gegen Arbeiter und Privatpersonen, welche mich verfolgten, wollte ich die Bombe, die eine sehr starke Wirkung gehabt hätte, nicht in Anwendung bringen. Ich habe daher gegen die verfolgenden Arbeiter anfänglich zwei Schüsse nur um zu erschrecken, und ohne Absicht zu treffen, abgegeben, und erst als mir der eine zu nahe kam, schoß ich auf ihn, indem ich gegen seine Füße zielte.«2 Weiters wurden bei Stellmacher die Waffe von Ferdinand Blöch, nämlich ein bis auf eine Kugel ausgeschossener Revolver Kaliber neun Millimeter, weiters ein Lederbeutel mit Munition, ein Dolch und zwei Fläschchen mit Flüssigkeiten zum Ankleben beziehungsweise Ablösen eines künstlichen Barts gefunden. Stellmacher, der zunächst alle Angaben zu seiner Person verweigerte, wurde noch am 25. Jänner um 11 Uhr 30 ins Polizeigefangenenhaus in Wien 6., Theobaldgasse 2, überstellt, wo er am 27. Februar 1884 wegen angeblicher Renitenz in Ketten gelegt wurde.

Behördliche Maßnahmen nach dem Attentat

Nach den Morden am Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) am 15. Dezember 1883 und an Ferdinand Blöch am 25. Jänner 1884 starteten die Behörden eine große Verfolgungsaktion gegen Radicale und gegen solche, die sie für Radicale hielten. Bereits am Vormittag des 26. Jänner 1884 wurden aus Sicherheitsgründen in Floridsdorf zwei Kompanien mit zusammen 170 Mann des Infanterie-Regiments Nr. 38 Anton Freiherr Mollinary von Monte Pastello stationiert, welche auch vor Ort einquartiert wurden. Die Stimmung unter großen Teilen der Floridsdorfer Arbeiterschaft bezeugt ein Vorfall, der sich am 27. Jänner 1884, um 2 Uhr frühmorgens, zutrug. Einige Arbeiter begannen eine Auseinandersetzung mit einer Militärpatrouille. Im Zuge dessen wurde der unterstandslose Maurergehilfe Wilhelm Chludaschek verhaftet und wegen Wachebeleidigung ins Kreisgericht Korneuburg (Niederösterreich) eingeliefert, weil er den Soldaten zurief: »Ich bin ein Socialist, mit euch, ihr ……helden, werden wir auch schon fertig werden!«3 Nun wurden die Patrouillen der Sicherheitswache in den Straßen von Floridsdorf verstärkt durchgeführt. Und an diesem Tag wurde auch verfügt, dass alle öffentlichen Lokale in Floridsdorf spätestens um 21 Uhr schließen mussten. Schließlich beschloss am 30. Jänner 1884 der Ministerrat unter Vorsitz des Ministerpräsidenten Eduard Graf Taaffe (1833–1895) zwei Ausnahmsverordnungen, welche noch am selben Tag die allerhöchste Genehmigung durch Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) erhielten. Damit war die gesetzliche Grundlage für die Verhängung des Ausnahmezustands in den niederösterreichischen Gerichtsbezirken Wien und Korneuburg sowie später auch Wiener Neustadt geschaffen.

Das Begräbnis von Ferdinand Blöch

Am 28. Jänner 1884 fand das Begräbnis von Ferdinand Blöch statt, der auf dem Friedhof in Floridsdorf, nicht weit entfernt vom Grab des ebenfalls ermordeten Polizeikonzipisten Franz Hlubek, beigesetzt wurde. Ferdinand Blöch hinterließ seine Ehefrau Aloisia Blöch (1849–?), der Kaiser Franz Joseph I. am 3. März 1884 im Gnadenweg eine jährliche Pension von 400 Gulden gewährte, und zwei kleine Kinder. Im April 1884 wurde nach Sammlungen unter den Mitgliedern des Detektivkorps und unter Polizeibeamten am Friedhof ein Denkmal errichtet, eine Pyramide aus grauem Marmor mit der Inschrift: »Hier ruht Ferdinand Blöch, k. k. Polizei-Agent, am 25. Jänner 1884 im 40. Lebensjahre gestorben. Friede seiner Asche! Ein Opfer seiner Pflicht! Die treuen Collegen.«

Prozess und Hinrichtung Ferdinand Stellmachers

Am 31. Jänner 1884 übertrug das Ober-Landesgericht Wien die Untersuchung und Durchführung des Strafprozesses hinsichtlich der Morde am Polizeikonzipisten Franz Hlubek und am Polizei-Detektiv Ferdinand Blöch vom für Floridsdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]) zuständigen Kreisgericht Korneuburg (Niederösterreich) an das Landesgericht Wien. Am 9. und 10. Juni 1884 fand vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess gegen Hermann Stellmacher statt. Er wurde der Verbrechen des teils vollbrachten, teils versuchten Raubmords an Heinrich Eisert sen. (~1834–1884), seinen Kindern Rudolf Eisert (1875–1884) und Heinrich Eisert jun. (1873–1884) und der Französischlehrerin Karoline Berger (~1819–?) am 10. Jänner 1884, des vollbrachten gemeinen Mords am Polizei-Detektiv Ferdinand Blöch am 25. Jänner 1884, des versuchten gemeinen Mords am Taglöhner Albert Meloun am 25. Jänner 1884 sowie der Übertretung des Diebstahls an Ferdinand Blöch und Übertretung gegen öffentliche Anstalten und Vorkehrungen durch Falschmeldung unter dem Namen »Anton Král« angeklagt. Hermann Stellmacher, der sich nur des Mords an Ferdinand Blöch schuldig bekannte, wurde des versuchten Mords an Albert Meloun freigesprochen, aber wegen Verbrechens des teils vollbrachten und teils versuchten Mords, des gemeinen Mords, des Verbrechens der schweren Körperverletzung an Albert Meloun und der Übertretung des Diebstahls schuldig gesprochen und am 10. Juni 1884 zum Tod durch den Strang sowie zur Bezahlung der Verfahrenskosten und eines Schadenersatzes an die Witwe Bertha Eisert sen. (1856–?) in der Höhe von 6.970 Gulden verurteilt. Der Verteidiger legte Berufung gegen das Urteil ein, das Gericht wiederum beschloss, Hermann Stellmacher nicht der Gnade des Monarchen zu empfehlen. Die Nichtigkeitsbeschwerde Stellmachers wurde vom Obersten Gerichtshof in geheimer Sitzung am 28. Juli 1884 zurückgewiesen. Hermann Stellmacher wurde am 8. August 1884 um fünf Uhr morgens im Hof Nummer 3 des Landesgerichts Wien durch den Scharfrichter Heinrich Willenbacher (1865–1886) gehenkt.

Adressen

  • Sitzendorf an der Schmida, Niederösterreich, Sitzendorf 44 (Geburtsadresse)
  • Mühlschüttl 140 (letzte Wohnadresse)
Karte