Anton Schenk (1842–1927)

Persönliche Daten
Namensvarianten
tschechische Namensform: Antonín Schenk
Geburtsdatum
8. September 1842
Sterbedatum
2. März 1927
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch

Lebensgefährtin: Anna Heitzer, geborene Soßlieber, verheiratete Haitzer (Wiesmath, Niederösterreich 19. Juli 1850 – Wolkersdorf im Weinviertel, Niederösterreich 7. Februar 1913), Tochter einer Hausfrau und eines Krämers: Tintenerzeugerin und Hausfrau; Heirat in Wien am 21. November 1871 mit dem Sohn einer Kleinhäuslerin und eines Kleinhäuslers Martin Haitzer (Kronberg [zu Ulrichskirchen-Schleinbach], Niederösterreich 30. März 1830 – Wien 7. März 1873), Postbriefträger, der an Lungentuberkulose verstarb
Sohn: Anton Heitzer, mit 2. Juni 1913 legitimierter Schenk (Wolkersdorf im Weinviertel, Niederösterreich 19. April 1891 – Wolkersdorf im Weinviertel, Niederösterreich 6. Februar 1934): Sattler- und Tapezierermeister

Biographie

Anton Schenk kam 1854 zu einem Onkel in Lilienfeld (Niederösterreich), wo er eine Sattlerlehre absolvierte. Er begab sich dann nach Wien, wo er sich als Sattlergehilfe 1869 der der sozialistischen Arbeiterbewegung anschloss und um 1880 ein wichtiger Anhänger der radicalen Arbeiterbewegung wurde. Er war Mitglied des »Fachvereins der Sattler-, Riemen-, Taschner- und Deckenmachergehilfen Wiens«, bei dem er auch in den Ausschuss gewählt wurde. Am 8. Oktober 1881 wurde bei dem Spenglergehilfen Johann Friedl (~1852–1886eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Man fand dort zwar nicht die gesuchte Flugschrift »An das österreichische Volk«,1 dafür aber auf dem Dachboden, unter einem Balken versteckt, zwei Exemplare der Zeitung »Freiheit« (London) und das »Manifest der Communistischen Partei« von Karl Marx (1818–1883) und Friedrich Engels (1820–1895).2 Friedl behauptete, die Druckschriften von Anton Schenk erhalten zu haben, worauf Schenk verhaftet wurde. Am 5. Dezember 1881 fand vor dem Kreis- als Schwurgericht Korneuburg (Niederösterreich) der Prozess gegen Anton Schenk statt, angeklagt des Verbrechens des Hochverrats und des Vergehens der Sachbeschädigung. Nachdem der als Zeuge geladenen Johann Friedl vor Gericht seine Schenk belastende Aussage zurückzog, wurde Anton Schenk von den Geschworenen vom Vorwurf des Hochverrats einstimmig, in den beiden anderen Anklagepunkten mit elf Stimmen gegen eine freigesprochen.

Anton Schenk ging um 1880 eine Lebensgemeinschaft mit der verwitweten Anna Heitzer (1850–1913) ein, die er ebenfalls für die radicale Arbeiterbewegung gewann. Die beiden betrieben ab 1881 die Herstellung von Tintenspezialitäten, seit Juni 1883 bis 1891 unter der Bezeichnung »Anton Schenk (Anna Heitzer)«, in Wien 2., Castellezgasse 24. Anfangs soll auch noch Schenks Mitbewohner, der gelernte Buchbinder und nunmehrige Bürodiener Ernst Schmid (1853–1919), beteiligt gewesen sein. Dieses Unternehmen, in das Anton Schenk hundert Gulden investierte, sollte nach – nicht bewiesener – Meinung des Staatsanwalts dem unauffälligen Studium der Erzeugung von Sprengstoffen sowie der Anschaffung der dazu nötigen Utensilien dienen. Außerdem sei der Reingewinn zur Verwendung für Agitationszwecke bestimmt gewesen.

Am 6. September 1882 führten ab zwei Uhr morgens über dreißig Polizisten die zweite große Verhaftungswelle gegen Radicale durch, angeblich wegen der jüngst erschienenen radicalen Flugschrift »Manifest der sozialrevolutionären Arbeiter-Partei Oesterreichs an das arbeitende Volk«,3 wobei sechsundzwanzig Wiener Radicale verhaftet wurden, darunter auch Anton Schenk. Eigentlicher Grund für diese Verhaftungswelle war wohl die so genannte Merstallinger-Affäre, also der von den Tischlergehilfen Josef Engel (~1858–?) und Franz Pfleger (1831–1884) am 4. Juli 1882 verübte Raubüberfall auf den Schuhwarenfabrikanten Josef Merstallinger (~1832–?) zur Geldbeschaffung für die radicale Arbeiterbewegung. Gegen den in Untersuchungshaft befindlichen Schenk erhob die Wiener Staatsanwaltschaft am 13. Dezember 1882 offiziell Anklage. Vom 8. bis 21. März 1883 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien der Prozess anlässlich der so genannten Merstallinger-Affäre statt, der von der Staatsanwaltschaft als großer Schau- und Hochverratsprozess gegen neunundzwanzig Wiener Radicale angelegt wurde. Anton Schenk wurde des Verbrechens des Hochverrats und der Mitschuld am Raub sowie der Mitschuld am Hochverrat angeklagt, aber freigesprochen.4

Für einige Jahre musste Anna Heitzer die Herstellung von Tintenspezialitäten allein betreiben, weil Anton Schenk am 7. Februar 1884 verhaftet und am 12. Februar 1884 aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 aus Wien ausgewiesen wurde. Schenk zog nach Urfahr [zu Linz an der Donau] (Oberösterreich), wo er am Aufbau geheimer Gruppen der radicalen Arbeiterbewegung mitwirkte und Mitglied der so genannten »Gruppe Nr. 1« wurde. Am 14. Dezember 1884 begann unter Leitung des am Vorabend aus Wien angereisten Regierungsrats Karl Anton Breitenfeld (1830–1900), Vorstand des Sicherheits-Bureaus in Wien, die große Verhaftungswelle unter den oberösterreichischen Radicalen im Zuge von Hausdurchsuchungen in Linz an der Donau und in Urfahr. Unter den Verhafteten befand sich auch Anton Schenk, der aber bereits am nächsten Tag wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Schenk nahm auch an der Konferenz oberösterreichischer Vertrauensmänner teil, die am 27. September 1885 im Gasthaus »Auf der Haide« in Linz an der Donau stattfand. Auf dieser wurde die Organisation nach dem Fünfer-Gruppensystem erörtert und als Leitung die Organisationsgruppe gegründet, deren Mitglieder fast alle zum Anarchismus tendierten, darunter auch Anton Schenk.

Im März 1887 wurde Anton Schenk die probeweise Rückkehr nach Korneuburg (Niederösterreich) gestattet. Um 1891 übersiedelte er mit seiner Lebensgefährtin Anna Heitzer von Wien nach Wolkersdorf im Weinviertel (Niederösterreich), wo Anton Schenk bis zu seinem Tod als Sattlermeister arbeitete.

Adressen

  • Wien 2., Castellezgasse 21 (1881–1883)
  • Wolkersdorf im Weinviertel, Niederösterreich), Brünner Straße 152 (Sterbeadresse)
Karte
  • 1

    Vgl. [anonym]: An das österreichische Volk. [Wien]: [ohne Verlag] [1881]; Neuauflage der am 19. August 1881 beschlagnahmten Flugschrift, nunmehr mit dem Vermerk des Bedauerns versehen, dass die ganze letzte Auflage von der löblichen Polizei-Behörde konfisziert wurde. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 10. November 1881 in Österreich verboten.

  • 2

    Vgl. [Karl Marx (1818–1883) / Friedrich Engels (1820–1895)]: Manifest der Communistischen Partei. [London]: [Communistischer Arbeiter-Bildungs-Verein] [1881], 22 S.; zuerst London 1848. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Kreis- als Pressgericht Wels vom 7. Februar 1882 in Österreich verboten.

  • 3

    Vgl. [anonym]: Manifest der sozialrevolutionären Arbeiter-Partei Oesterreichs an das arbeitende Volk. [London]: [Druck der socialdemocratischen Genossenschafts-Buchdruckerei »Freiheit«] [1882], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 9. Oktober 1882 in Österreich verboten.

  • 4

    Vgl. die vom Radicalen Josef Müller (1839–1891) herausgegebene Schrift: Der Hochverraths-Proceß und die Affaire Merstallinger gegen Engel, Pfleger, Berndt, Sommer, Schmidt, Gröbner, Spiegel, Krondorfer, Winter, Masur, Motz, Kompoß, Würges, Wagner, Weich, Spahl, Wetz, Buelacher, Treibenreif, Peukert, Kotidek, Stiaßny, Führer, Gams, Kreps, Schenk, Wordak, Heitzer und Hotze. Verhandelt vor dem k. k. Schwurgericht Wien, vom 8.–21. März 1883. Nach den stenographischen Berichten bearbeitet und wahrheitsgetreu wiedergegeben. Herausgegeben von Josef Müller. VII. Bezirk, Gumpendorferstraße 78. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers 1883, 238 S.