Ferdinand Perlornigg (1854–1901)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Vater: Anton Perlornig (um 1817 – ?), Sohn einer Hausfrau und eines Schuhmachermeisters: Schuhmachermeister; Heirat in Völkermarkt / Velikovec (Kärnten) am 15. Juli 1849 mit:
Mutter: Maria Victoria Perlornig, geborene Raßy (Völkermarkt / Velikovec, Kärnten 5. Jänner 1819 – Völkermarkt / Velikovec, Kärnten 22. Jänner 1890), Tochter einer Hausfrau und eines Kupferschmiedmeisters: Hausfrau
Schwester: Katharina Raßy, mit 15. Juli 1849 legitimierte Perlornig (Völkermarkt / Velikovec, Kärnten 29. Februar 1947 – ?)
Bruder: August Perlornigg; d. i. August Perlornig (Völkermarkt / Velikovec, Kärnten 12. August 1856 – Innsbruck, Tirol 2. August 1921): Schuhmacher; Radicaler
Ehe: in St. Ruprecht am Moos / Šentrupert pri Beljaku [zu Villach / Beljak] (Kärnten) am 19. Mai 1887 mit Maria Raimund (Wernberg / Vernberk, Kärnten 7. April 1864 – Villach / Beljak, Kärnten 26. September 1952), Tochter einer Keuschlerin und eines Keuschlers: Hausfrau
Tochter: Josefa Perlornigg (Villach / Beljak, Kärnten 24. Jänner 1897 – ?)
Biographie
Ferdinand Perlornigg, ein Maschinenschlosser, fand in Steyr (Oberösterreich) Arbeit und schloss sich hier der radicalen Arbeiterbewegung an. Am 6. Jänner 1881 erhielt er von seinem Bruder, dem bekannten Radicalen August Perlornigg (1856–1921), aus Salzburg (Salzburg) ein Paket mit der Flugschrift »An die Arbeiter in Oesterreich!«,1 welche dann in der Nacht vom 15. auf den 16. Jänner 1881 in den Straßen und Gassen von Steyr ausgestreut wurde. Nachdem sein Bruder am 21. April 1881 in Salzburg in Untersuchungshaft kam, begab sich Ferdinand Perlornigg in seine Geburtsstadt Völkermarkt / Velikovec (Kärnten), angeblich, um hier seine angeschlagene Gesundheit auszukurieren. Am 28. Mai 1881 wurde bei ihm eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Er wurde festgenommen und in das Bezirksgericht Völkermarkt eingeliefert, aber nach einem längeren Verhör wieder freigelassen.
Ferdinand Perlornigg fand schließlich in Amstetten (Niederösterreich) Arbeit. Nachdem er seinen Arbeitsplatz verloren hatte, begab er sich am 20. Juni 1883 auf Arbeitssuche nach Wien, wurde aber vorübergehend festgenommen und am 24. Juni 1883 per Bahn aus Wien abgeschafft.
Ferdinand Perlornigg reiste daraufhin nach Wiener Neustadt (Niederösterreich), wo er in der dortigen Lokomotivfabrik Arbeit fand. Am 23. September 1883 machten rund zwanzig Radicale einen Ausflug in die Umgebung der Stadt. Sie wollten mit dem Zug zurückfahren, doch als sie zum Bahnhof Pottendorf (Niederösterreich) kamen, war dieser bereits abgefahren. Als sie das Bahnhofsgelände verließen kam ihnen unter Führung zweier Gendarmen eine Gruppe von Bauern, mit Sensen, Heugabeln und Dreschflegeln bewaffnet, entgegen. Fünf Arbeiter, darunter Perlornigg, wurden unter dem Verdacht, verbotene Flugschriften verteilt zu haben, verhaftet und in das Bezirksgericht Wiener Neustadt eingeliefert. Sie wurden erst nach sechs Wochen ohne Anklageerhebung aus der Untersuchungshaft entlassen. Schließlich wurde Perlornigg aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 aus Wiener Neustadt ausgewiesen und musste die Stadt am 12. Februar 1884 verlassen: »500 Perlornigg Ferdinand, Maschinenschlosser, zu Völkermarkt in Kärnthen geb. u. zust., 30 J. alt, k ., l. [...] Stadtath Wr.-Neustadt 4/2. 84.«2
Ferdinand Perlornigg begab sich nun nach , wo er rasch zu einer wichtigen Persönlichkeit der radicalen Arbeiterbewegung wurde und enge Kontakte zum Schneidergehilfen Johann Risman (1864–1936) in Marburg an der Drau (Steiermark [Maribor, Slowenien]) unterhielt. In Linz an der Donau begann am 14. Dezember 1884 unter Leitung des am Vorabend aus Wien angereisten Regierungsrats Karl Anton Breitenfeld (1830–1900), Vorstand des Sicherheits-Bureaus in Wien, die große Verhaftungswelle unter den oberösterreichischen Radicalen. Am 26. Dezember 1884 wurde Perlornigg unter dem Verdacht der Errichtung einer geheimen Druckerpresse auch Perlornigg verhaftet. Am 11. und 12. März 1885 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Linz an der Donau unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Prozess gegen fünf Radicale wegen anarchistischer Umtriebe statt, darunter gegen Ferdinand Perlornigg. Er wurde vom Vergehen der Herabwürdigung des Rechtsbegriffs des Eigentums freigesprochen, aber wegen Übertretung durch Halten einer so genannten Winkelpresse zu einer Geldstrafe von 25 Gulden zugunsten des Armenfonds in Urfahr [zu Linz an der Donau] (Oberösterreich), eventuell fünf Tage Arrest, verurteilt. Und am 25. März 1885 wurde Perlornigg aus dem Kronland Oberösterreich für immerwährend ausgewiesen und aus Linz an der Donau abgeschafft.
Ferdinand Perlornigg kehrte anschließend nach Kärnten zurück, wo er zunächst in der Metallwarenfabrik in Seebach / Jezernica [zu Eberndorf / Dobrla vas] (Kärnten) Arbeit fand. Perlornigg nahm als Vertreter Kärntens an der geheimen Konferenz deutschsprachiger radicaler Vertrauensmänner teil, welche am 28. Juni 1885 nahe Leoben (Steiermark) stattfand. Auf dieser Konferenz wurde das auf dem International Social Revolutionary Congress (Internationaler sozialrevolutionärer Kongress), der vom 14. bis 20. Juli 1881 in London (England) sattgefunden hatte, empfohlene Fünfer-Gruppensystem als neue Organisationsform beschlossen, weiters die Herausgabe eines neuen Parteiblatts, welches dann ab 6. August 1885 unter dem Titel »Die Arbeit« (Marburg) in Marburg an der Drau (Steiermark [Maribor, Slowenien]) erschien. Diese Konferenz war für die radicale Arbeiterbewegung Österreichs das folgenreichste Ereignis seit Verhängung der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884. Die gesamte Bewegung wurde neu organisiert: Die lokalen Gruppen erhielten praktisch völlige Autonomie, und es gab erstmals ernste Bestrebungen, diese autonomen Gruppen mittels eines aufzubauenden Netzwerks auch föderativ zu verbinden.
Bald darauf übersiedelte Ferdinand Perlornigg nach Villach / Beljak (Kärnten), wo er sich bald den Gemäßigten annäherte. Er nahm auch als Delegierter von Villach / Beljak am so genannten Einigungsparteitag in Hainfeld (Niederösterreich) teil, der vom 30. Dezember 1888 bis 1. Jänner 1889 stattfand. Hier vertrat er bereits eindeutig sozialdemokratische Positionen und wurde dann Mitglieder der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei«. Er gab nun seinen Handwerkerberuf auf und wurde beamteter Sekretär der »Allgemeinen Arbeiter-Kranken-Unterstützungskasse«. Als wichtiger Vertreter der Sozialdemokratie in Kärnten nahm er als sozialdemokratischer Experte an der Gewerbe-Enquete vom Juli 1893 teil, war Gründungsmitglied und Obmann-Stellvertreter des mit 14. August 1894 registrierten »Arbeiter-Consum- und Sparvereins, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung in Villach und dessen Gerichtsbezirk« und war 1895 Schriftführer des »Allgemeinen Arbeitervereins«, dessen Obmann ebenfalls eine ehemaliger Radicaler und Anarchist, der Tischlermeister Franz Egger (1859–1935), war. Perlornigg war auch wichtiger Organisator der siebenten Landeskonferenz der Kärntner Sozialdemokratischen Partei vom 25. September 1898 in Klagenfurt / Celovec (Kärnten) und der achten Landeskonferenz vom 15. Oktober 1899 in Villach / Beljak. Ferdinand Perlornigg verstarb am 5. März 1901 an einer Nierenentzündung.
Adressen
Völkermarkt / Velikovec, Kärnten, Völkermarkt 132 (Geburtsadresse)
Villach / Beljak, Kärnten, Kaigasse 6 (1897)
Villach / Beljak, Kärnten, Lederergases 7 (1898)
Villach / Beljak, Kärnten, Kaiser Josef-Platz 4 (1899–1901; Sterbeadresse)
Mitarbeiter*innen an Periodika
Die Zukunft (Wien) 1881 und 1883
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Autor: Reinhard Müller
Version: November 2024
Anarchistische Bibliothek | Archiv | Institut für Anarchismusforschung | Wien
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Karte
- 1
Vgl. [anonym]: An die Arbeiter in Oesterreich! [London]: [Druck der socialdemocratischen Genossenschafts-Buchdruckerei »Freiheit«] [1881], Sonderdruck aus der Zeitung »Freiheit« (London), 2. Jg., Nr. 49 (4. December 1880). Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Kreis- als Pressgericht Steyr vom 19. Jänner 1881 und des Landes- als Pressgericht Wien vom 21. Jänner 1881 in Österreich verboten.
- 2
[Anonym]: 500 Perlornigg Ferdinand, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 11 (13. Februar 1884), S. 39.