Josef Thielmann (1855–)

Persönliche Daten
Namensvarianten
falsche Namensschreibweise: Josef Thilmann
falsche Namensschreibweise: Josef Tillmann
Geburtsdatum
10. Dezember 1855
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, dann konfessionslos
Berufe

Vater: Augustin Thielmann (Rannersdorf [zu Schwechat], Niederösterreich 16. August 1821 – ?), Sohn einer Hausfrau und eines Papiergehilfen: Feinspinner; Heirat in Gramatneusiedl (Niederösterreich) am 14. Jänner 1845 mit:
Mutter: Anna Maria Thielmann, geborene Praschinger (Puch [zu Hollabrunn], Niederösterreich 20. März 1820 – ?), Tochter einer Inwohnerin und eines Inwohners: Fabrikarbeiterin und Hausfrau
Bruder: Franz Xaver Thielmann (Marienthal [zu Gramatneusiedl], Niederösterreich 7. Oktober 1845 – ?): Fabrikarbeiter
Bruder: Augustin Thielmann (Marienthal [zu Gramatneusiedl], Niederösterreich 30. November 1847 – Wien 23. August 1909): Fabrikarbeiter, Gemeinderat in Floridsdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.])
Bruder: Johann Nepomuk Thielmann (Rannersdorf [zu Schwechat], Niederösterreich 5. Mai 1850 – ?): Webermeister in einer Jutefabrik
Bruder: Ferdinand Thielmann (Marienthal [zu Gramatneusiedl], Niederösterreich 9. November 1852 – ?)
Ehe: in Wien am 11. April 1880 mit Caroline Maria Fischer (Wien 20. Oktober 1857 – ?), Tochter einer Hausfrau und eines Fleischhauergehilfen: Wirtschafterin und Hausfrau
Kinder: drei, darunter:
Tochter: Rosa Maria Thielmann (Wien 25. März 1881 – ?)
Tochter: Leopoldine Thielmann (Wien 3. November 1883 – ?)

Biographie

Josef Thielmann wuchs in Marienthal [zu Gramatneusiedl] (Niederösterreich) und in Rannersdorf [zu Schwechat] (Niederösterreich) auf und wurde in Schwadorf (Niederösterreich) als Weber ausgebildet.

Schließlich fand Josef Thielmann in Wien bei der Simmeringer Webwaren- und Spinnfabrik Arbeit. Schon früh schloss er sich der radicalen Arbeiterbewegung an. Am 11. September 1881 erhielt die Polizei die Anzeige, dass Radicale das Flugblatt »An das österreichische Volk«1 anschlagen wollen. In der Nacht wurde dieses tatsächlich an mehreren Orten Wiens und den Vororten hinterlegt, ausgestreut und plakatiert. In Simmering (Niederösterreich [zu Wien 11.]) wurden Josef Thielmann und der Webergehilfe Emil Schindler (~1860–?), beide in der Simmeringer Webwaren- und Spinnfabrik beschäftigt, beim Plakatieren dieser Flugschrift ertappt, festgenommen und am 13. September 1881 ins Landesgericht Wien eingeliefert. Am 22. November 1881 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien in geheimer Verhandlung der Prozess gegen die beiden statt, angeklagt, die Rechtsbegriffe über das Eigentum erschüttern zu wollen und zu verbotenen Handlungen aufgefordert zu haben. Thielmann und Schindler wurden wegen Vergehens der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung zu je zwei Monaten Arrest verurteilt. Der Verteidiger legte Berufung ein, doch hatte diese im Fall Thielmanns keinen Erfolg. Während Schindler Wien danach verließ, blieb Thielmann in Wien. Er wurde nun laut Polizei einer der wichtigsten radicalen Agitatoren und war führend an der Gründung geheimer Clubs beteiligt. Am 1. März 1884 wurde Thielmann aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 aus Wien ausgewiesen und in seine zuständige Heimatgemeinde Schwadorf (Niederösterreich) abgeschafft.

Kurz vor Josef Thielmanns Ausweisung hatte er anlässlich seiner Ausweisung am 28. Februar 1884 dem Ehepaar Katharina und Wenzel Lapáček Gerätschaften übergeben, welche diese im Keller des Hauses in Simmering (Niederösterreich [zu Wien 11.]), Geiselberg 25 [Geiselbergstraße], verstauten. Mittlerweile hatte der Eisendreher Karl Řehák (1852–?), seit kurzem Mitglied der Gruppe um Josef Thielmann, im Februar 1884 der Polizei vertraulich mitgeteilt, dass Thielmann Mitglieder seiner Gruppe zu auf Gewaltakte abzielende Bestrebungen angeregt habe. Aufgrund dieser Denunziation wurde am 29. Februar 1884 beim Ehepaar Lapáček eine Hausdurchsuchung vorgenommenen. Dabei wurden Instrumente und Ingredienzien zur Erzeugung von Nitroglyzerin und Dynamit, ein eisernes Hohlgeschoss, ein Gasballon und eine von Josef Thielmann handgeschriebene Anweisung zur Herstellung von Nitroglyzerin gefunden. Mehrere Arbeiter wurden verhaftet, und Thielmann wurde aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 Anfang März 1884 aus deren Geltungsbereich, ausgenommen Schwadorf, ausgewiesen: »892 Thielmann (Tillmann) Josef, Fabriksarbeiter, geb.1855 u. zust. Schwadorf, Bez. Bruck a. d. Leitha, konfessionslos, verh., mittelgr., schlank, mit ovalem Gesicht, dunkelbl. H. u. Augenbr., gewölbter Stirne, br. Aug., großer Nase, fehlerhaften Zähnen, bld. Schnurr- und Backenb., ovalem Kinn, deutsch sprechend, mit Ausnahme seiner Zuständigkeitsgemeinde Schwadorf.«2

Josef Thielmann flüchtete daraufhin von Schwadorf (Niederösterreich) nach Böhmen [Tschechien]). Am 26. April 1884 schrieb ihn das Landesgericht Wien zur Fahndung aus: »1703 Thielmann (Tillmann) Josef, Fabriksarbeiter, zu Marienthal geb., nach Schwadorf, Bez. Bruck a. d. Leitha zust., 28 J. alt, konfessionslos, verh., zuletzt in Simmering bei Wien wohnh., – siehe Bl. Nr. 17, Art. 892 v. J. 1884 – ist als des Verbr. des Hochverrathes §. 58 c St.-G. beschuldigt, anher einzuliefern. Land.-Ger. Wien 26/4. 84.«3

Aus Böhmen schrieb Josef Thielmann seiner Ehefrau Caroline Maria Thielmann (1857–?), er wolle zu Allerheiligen (1. November) heimlich nach Wien kommen, um seine Kinder zu sehen. Caroline Maria Thielmann, die mittlerweile eine Beziehung zu einem anderen Mann eingegangen war, verriet nun in einer anonymen Mitteilung der Polizei den Aufenthaltsort ihres Ehemannes. Am 4. November 1884 wurde Josef Thielmann in Alt-Harzdorf (Böhmen [Starý Harcov, zu Liberec, Tschechien]) verhaftet, wobei man bei ihm zwei Kapseln, ein Stück Zündschnur, einen falschen Bart und einen Schlagring fand. Außerdem hatte bei seiner Festnahme einen falschen Namen angegeben. Thielmann wurde kurz darauf in das Landesgericht Wien überstellt.

Am 28. Jänner 1885 fand vor dem Ausnahmsgericht Wien unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Prozess gegen Josef Thielmann wegen Verbrechens des Hochverrats statt. Er wurde beschuldigt, im Februar 1884 die Gründung einer geheimen Verbindung angestrebt zu haben, um das Kommissariatsgebäude in Wien 10. und den Pfarrhof der Pfarrkirche St. Johann Evangelist in Wien 10., Keplerplatz 6, in die Luft zu sprengen, aus Rache für die drei am 17. Jänner 1884 verurteilten Radicalen wegen des so genannten Kirchenexzesses vom 30. Dezember 1883 bei der Pfarrkirche St. Johann Evangelist. Josef Thielmann wurde wegen Bildung einer auf Gewaltakte abzielenden Gruppe vor allem aufgrund der Aussagen des Polizei-Oberkommissärs Bernhard Frankl (1846–1907) wegen Verbrechens des Hochverrats zu sechs Jahren schwerem Kerker verurteilt. Seine Ehefrau soll nach der Urteilsverkündung gesagt haben, ihr Ehemann hätte nicht sechs, sondern mindestens fünfzehn Jahre Kerker bekommen sollen. Nach seiner Haftentlassung verliert sich die Spur von Josef Thielmann.

Adressen

  • Gramatneusiedl, Niederösterreich, Marienthal 43 (Geburtsadresse)

  • Wien 10., Quellenstraße 60 (1880 bis 1881)

  • Wien 11., Geiselbergerstraße 417 (1883)

Karte
  • 1

    Vgl. [anonym]: An das österreichische Volk. [Wien]: [ohne Verlag] [1881]; Neuauflage der am 19. August 1881 beschlagnahmten Flugschrift, nunmehr mit dem Vermerk des Bedauerns versehen, dass die ganze letzte Auflage von der löblichen Polizei-Behörde konfisziert wurde. Die Weiterverbreitung der Flugschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 10. November 1881 in Österreich verboten werden.

  • 2

    [Anonym]: 892 Thielmann (Tillmann) Josef, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 17 (5. März 1884), S. 65.

  • 3

    [Anonym]: 1703 Thielmann (Tillmann) Josef, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 31 (6. Mai 1884), S. 121; siehe auch die falsche Namenskorrektur: »4222 Thielmann Josef, recte Tillmann, – Bl. Nr. 31, Art. 1703 v. J. 1884. Pol.-Dion. Wien 5/11. 84.«, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 74 (9. Novmber 1884), S. 295.