Karl Müller (1858–)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
1858
Berufe
Biographie

Der Maurergehilfe Karl Müller stieß schon früh zur radicalen Arbeiterbewegung. Er war Mitglied des Wiener »Arbeiter-Bildungsvereins« und 1883 Schriftführer des Wiener »Fortbildungsvereins der Maurergehilfen«.

Aufsehen erregte Karl Müller jedoch durch eine ganz andere Aktion. Am 10. Jänner 1884 wurde Theresia Hampel (1852–?), wohnhaft in Hernals (Niederösterreich [zu Wien 9.]), Alserbachstraße 40, in einem Geschäft am Marktplatz in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]), Brunnengasse, ertappt, wie sie mit einem gefälschten Silbergulden ihre um 3 Kreuzer gekauften Erdäpfel bezahlen wollte. Sie hatte schon in den beiden letzten Wochen kleine Einkäufe getätigt und jedesmal mit einem, wie sich nun herausstellte, gefälschten Silbergulden bezahlt. Bei der Hausdurchsuchung fand man in der Wohnung von Theresia Hampel und ihrem Ehemann, dem Maurergehilfen Heinrich Hampel  (1833–?), Hilfsmittel zur Fabrikation von gefälschten Münzen, Fragmente von Gussformen, Gips, Formsand und Wasserglas sowie Zinn- und Kupferstücke gefunden, in der Einfahrt des Wohnhauses ein Heinrich Hampel gehörendes, in einem Düngerhaufen vergrabenes Taschentuch mit falschen Silbergulden und jenen kleinen Münzen, die Theresia Hampel bei ihrem am 10. Jänner getätigten Kauf als Wechselgeld erhalten hatte. In der Wohnung selbst wurden allerdings nur sieben echte Silbergulden gefunden, die allerdings die Jahreszahlen aufwiesen, welche die gefälschten Münzen hatten. Außerdem wurden Rechnungen für Metalle und Schmelztiegel beschlagnahmt. Kurz darauf wurde auch Karl Müller, der damals beim Ehepaar Hampel in Hernals (Niederösterreich [zu Wien 9.]), Alserbachstraße 40, als so genannter Bettgeher wohnte, festgenommen, weil er nachweislich am Marktplatz Brot mit gefälschten Münzen gekauft, sich zunächst aber durch Flucht seiner Verhaftung entzogen hatte. Bei Müller wurden im Zuge der Hausdurchsuchung auch sozialrevolutionäre Druckschriften gefunden. Das Ehepaar Theresia und Karl Hampel sowie Karl Müller wurden am 10. Jänner 1884 ins Polizeikommissariat Ottakring und am 11. Jänner 1884 ins Landesgericht Wien eingeliefert.

Am 2. April 1884 begann vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess wegen Verbrechens der Münzverfälschung. Angeklagt wurden die beiden arbeitslosen Maurergehilfen Heinrich Hampel, Ausschussmitglied des Wiener »Arbeiter-Bildungsvereins« und ehemaliger Obmann des Wiener »Fortbildungsvereins der Maurergehilfen«, und Karl Müller sowie Heinrich Hampels Ehefrau Theresia Hampel. Da die Angeklagten jede Schuld von sich wiesen, musste der Prozess wegen eines erst einzuholenden Gutachtens vertagt werden. Er wurde erst am 2. Mai 1884 fortgesetzt, wobei nun Heinrich Hampel, bereits zweimal wegen Diebstahls abgestraft, gestand, die Falschheit der angeblich zufällig in seinen Besitz gelangten Münzen erkannt zu haben. Er habe die Verbreitung dieser Münzen veranlasst, weil er glaubte, sich dadurch nur der Übertretung des Betrugs schuldig zu machen. Vom Verbrechen zwar freigesprochen, wurden wegen versuchter Münzverfälschung und der Mitschuld an der Münzverfälschung Heinrich Hampel zu zwei und Karl Müller zu eineinhalb Jahren schwerem Kerker, Theresia Hampel wegen Teilnahme an der Münzverfälschung zu acht Monaten schwerem Kerker verurteilt, alle drei mit nachheriger Stellung unter Polizeiaufsicht.

Diese Münzfälscherei hatte zwar nicht unmittelbar mit der radicalen Arbeiterbewegung zu tun, hatte aber 1886 für Sozialrevolutionäre Vorbildcharakter. Dies zeigte sich beim so genannten Anarchisten-Prozess, der am 28. Dezember 1886 vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Wien stattfand. Die am 18. und 21. September 1886 verhafteten drei Sozialrevolutionäre, die Silberarbeitergehilfen Johann Ondříček (1854–?), Josef Paul Schwarz (1857–?) und Otto Steidl (1851–?), die unter anderem der Münzverfälschung angeklagt wurden, sagten aus, dass sie durch den aufgedeckten Fall von Münzverfälschung von Heinrich Hampel, Theresia Hampel und Karl Müller auf diese Idee gekommen seien.

Karl Müller, damals in Wien 15., Pillergasse 15, wohnhaft, wurde selbst Opfer eines Verbrechens. Am 13. Juni 1925 wurde er in Wien 15., Ullmannstraße, von zwei Männern als »alter Freund« begrüßt. Da er sie nicht kannte, verabschiedete er sich bald von ihnen. Später stellte er fest, dass in seiner Brieftasche 200 Schilling fehlten. Die beiden Diebe, ein Automechanikergehilfe und ein Gerbergehilfe, beide mehrmals wegen Diebstahls abgestraft, wurden kurz darauf festgenommen und am 16. Juni 1925 in das Landesgericht Wien eingeliefert.

Adressen

  • Hernals, Niederösterreich [zu Wien 9.], Alserbachstraße 40 (1884)
  • Wien 15., Pillergasse 15 (1925)
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