Eduard Brady (1853–)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Vater: Moriz Brady (Senftenberg, Böhmen [Žamberk, Tschechien] 18. Juni 1816 – Wien 1. April 1877), Sohn einer Hausfrau und eines : Magister der Chirurgie und Geburtshilfe, Arzt, Publizist; Heirat in Senftenberg (Böhmen [Žamberk, Tschechien]) am 7. November 1851 mit:
Mutter: Katharina Brady, geborene Katz (Jistebnitz, Böhmen [Jistebnice, Tschechien] 28. Oktober 1830 – Wien 10. Dezember 1900): Hausfrau
Schwester: Maria Brady (Währing, Niederösterreich [zu Wien 18.] 27. Juni 1864 – Währing, Niederösterreich [zu Wien 18.] 28. August 1865): an häutiger Bräune verstorben
Biographie
Eduard Brady, zuständig nach Senftenberg (Böhmen [Žamberk, Tschechien]), verbrachte seine Kindheit in Wien. Er absolvierte nach dem frühen Tod seines Vaters eine Lehre als Buchbinder. Nach Wien zurückgekehrt, ließ er sich zum Schriftsetzer ausbilden. Brady war 1878 bis 1883 verantwortlicher Redakteur der seit 1. August 1878 erschienenen, deutsch-liberalen »Landstraßer Bürger-Zeitung. Organ des Bürger-Vereines im 3. Bezirke« (Wien), 1880 bis 1882 der Zeitung »Wiener Briefmarken-Zeitung« (Wien), der Zeitung »Oesterreichisch-Ungarische Kellner-Zeitung. Wiener Blätter für die gesammten Interessen des Kellnerstandes und der Kaffeehausgehilfen« (Wien), 1881 bis 1883 der Zeitung »›Leitha‹. Finanzielles Börse- und Verlosungsblatt« (Wien), 1881 bis 1882 der Zeitung »Der Volksfreund. Organ für Politik, Assecuranz-, Bank-, Handels- und Verkehrswesen, Kunst und Literatur« (Wien) und 1882 der Zeitung »Der Globus. Internationales Organ für den Briefmarkenhandel« (Wien). Seine Redakteurstätigkeiten brachten ihm einige Abstrafungen wegen Übertretung des Pressegesetzes und des Strafgesetzes ein. Brady war 1882 auch Händler für Briefmarken-Aufklebebogen. In diesen Jahren schloss sich Brady der radicalen Arbeiterbewegung an. Hauptberuflich war er Schriftsetzer bei der 1874 gegründeten »Gesellschafts-Buchdruckerei Wien, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung« in Wien 3., Erdbergstraße 3., wo unter anderem die vom 3. Februar 1883 bis 1. April 1883 erschienene radicale Zeitung »Proletář« (Vídeň [Wien]; Der Proletarier) und die bis zum 19. Jänner 1884 erschienene radicale Zeitung »Dělnické listy« (Vídeň [Wien]; Arbeiterblätter) gedruckt worden war. In dieser Druckerei arbeiteten auch die Schriftsetzer Ferdinand Hübner (1859–1897) und und Eduard Milý (1858–1923).
Im März 1883 begann eine Serie von radicalen Druckschriften, die auf geheimen Druckerpressen in Wien hergestellt wurden. Am 15. März 1883 erschien die erste Nummer der Untergrundzeitung »Erste Freie Presse Cisleithanien’s« [Inzersdorf (Wien)], »Volk und Parlament«. 1 Diese wurde im Auftrag des Schriftsetzers Eduard Milý (1858–1923) von Ferdinand Hübner in der Wohnung des Tischlergehilfen Johann Slezák (1851–1907) hergestellt. Mitte Mai 1883 erschien die zweite Nummer der Untergrundzeitung »Erste Freie Presse Cisleithaniens« [Inzersdorf (Wien)], »Reaction – Revolution«..2 Diese wurde in der Wohnung von Johann Slezák von Ferdinand Hübner gesetzt und vom Tischlergehilfen Johann Ehn (1852–1937) sowie dessen Lebensgefährtin, der Hausfrau Franziska Faber, in Inzersdorf (Niederösterreich [zu Wien 10.]) gedruckt. In der Nacht vom 14. auf den 15. August 1883 wurde erstmals das Flugblatt »Mahnruf an alle Arbeiter und Männer des Volkes«3 in mehreren Bezirken Wiens ausgestreut. Auch dieses wurde in der Wohnung von Johann Slezák von Ferdinand Hübner gesetzt und von Johann Ehn sowie dessen Lebensgefährtin Franziska Faber in Inzersdorf (Niederösterreich [zu Wien 10.]) gedruckt. Am 22. Oktober 1883 tauchte in Graz (Steiermark) erstmals das Flugblatt, »Arbeiter! Große Krankheiten […] [/] Dělníci! Vzbůru lide pracujici […]«4 auf. Dieses wurde neuerlich in der Wohnung dvon Johann Slezák von Ferdinand Hübner gesetzt und von Johann Ehn sowie dessen Lebensgefährtin Franziska Faber in Inzersdorf gedruckt. Da die alte Druckpresse nicht mehr gut genug war, wurde sie nach diesem Flugblatt von Johann Slezák und dem Schlossergehilfen Johann Rouget (1847–1893) aus der Wohnung von Johann Ehn nach Altmannsdorf (Niederösterreich [zu Wien 12.]), Laxenburger Straße 67 [Altmannsdorfer Straße], gebracht. Am 4. November 1883 erschien die erste und einzige Nummer der tschechischen Untergrundzeitung »Lipanské červánky« (Ženeva [recte Wien – Inzersdorf (Wien)]; Die Morgenröte von Lipany).5 Diese wurde vom Schlossergehilfen Valentin Horatlik (1857–?) gesetzt und in Inzersdorf (Niederösterreich [zu Wien 10.]) in der Wohnung von Johann Ehn gedruckt. Dazu wurde bereits die von Valentin Horatlik und Johann Slezák neu hergestellte Druckerpresse benutzt.
Am 18. November 1883 wurde früh morgens im Keller des Hauses in Altmannsdorf (Niederösterreich [zu Wien 12.]), Laxenburger Straße 67 [Altmannsdorfer Straße], eine geheime Druckerpresse der Radicalen von der Polizei ausgehoben. Es begann mit einer fünfstündigen Hausdurchsuchung der Wohnung sowie des Kellers von Johann Rouget. Dabei wurden Schlüssel für ein benachbartes Kellerabteil gefunden, welches dem Schmiedgehilfen Franz Maennl (1838–?) gehörte. Rouget und Männl wurden sofort verhaftet, während Johann Slezák bereits am 5. November 1883 in die USA geflüchtet war. Schon damals wurde Eduard Brady von der Polizei verdächtigt, an dieser geheimen Druckerei mitgewirkt zu haben.
In der Nacht vom 26. auf den 27. Dezember 1883 verteilten Radicale das Flugblatt »Neue freie Presse Cisleithaniens. Nr. 3. Zur Richtschnur!«.,6 Am 17. Februar 1884 tauchte in Wien und seinen Vororten das Untergrundflugblatt »Aufruf an die Proletarier Wiens!«7 auf, unterzeichnet mit »Wien, im Februar d. J. Das Executiv-Comité der Social- Revolutionäre Oesterreichs«. Gesetzt wurde dieses Flugblatt über Aufforderung von Eduard Brady durch Ferdinand Hübner in Wien 10., Goethestraße 18 [Uhligstraße], gedruckt bei Johann Ehn in Inzersdorf (Niederösterreich [zu Wien 10.]). Von dort holten Eduard Brady und Valentin Horatlík dann die Flugblätter zur weiteren Verteilung ab.
Am 12. März 1884 tauchte in Wien das Untergrundflugblatt »An die Anarchisten Wiens!«8 auf, unterzeichnet mit »Das Executiv-Comité der Social-Revolutionären Oesterreichs«. Gesetzt wurde dieses Flugblatt wieder über Aufforderung von Eduard Brady durch Ferdinand Hübner in Wien 10., Goethestraße 18 [Uhligstraße], gedruckt bei Johann Ehn in Inzersdorf (Niederösterreich [zu Wien 10.]). Von dort holten Eduard Brady und Valentin Horatlík dann die Flugblätter zur weiteren Verteilung ab.
Um den 13. April 1884 herum flüchteten der Tischlergehilfe Johann Ehn (1852–1937) und seine Lebensgefährtin Franziska Faber in die USA. Es wurde daher notwendig, die Druckerpresse aus deren Wohnung in Inzersdorf (Niederösterreich [zu Wien 10.]) zu übersiedeln. Eduard Brady, Ferdinand Hübner und der Schriftsetzer Friedrich Weninger (1862–?) brachten die Druckerpresse nun in die eigens dafür angemietete Wohnung in Wien 3., Tongasse 5.
Am 10. Mai 1884 wurde in Wien erstmals radicale Flugblatt »Arbeiter! Brüder!«,9 gezeichnet »Einige Gruppen der radicalen Socialisten Oesterreichs. Im Mai 1884«, ausgestreut. Der Text stammte von Eduard Brady. Gesetzt wurde das Flugblatt von Ferdinand Hübner und gedruckt von Ferdinand Hübner und seiner Lebensgefährtin Agnes Hofmann in der geheimen Druckerei in Wien 3., Tongasse 5. Die etwa 3.000 gedruckten Exemplare übernahm Eduard Brady zur Verteilung. Papier und Lettern stellten übrigens Brady und Hübner selbst her. Danach wurde die Druckerpresse der Radicalen durch Eduard Brady und Valentin Horatlik einer Rekonstruktion unterzogen, anschließend vom Holzdrechslergehilfen August Haberman, später ein bekannter Anarchist und als Gustav Habrman (1864–1932) ein sozialdemokratischer Politiker, von Wien 3., Tongasse 5, in die Wohnung des Schlossergehilfen Thomas Schönauer (1850–1888) nach Wien 3., Erdbergstraße 31
Kurz darauf wurde Eduard Brady ins Landesgericht Wien eingewiesen, doch musste das Verfahren mangels Beweisen eingestellt werden. Allerdings wurde Brady aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 am 16. Juni 1884 aus Wien ausgewiesen: »2632 Brady Eduard, Buchdrucker, geb. 1853 zu Groß-Topolowetz in Ungarn u. zust. nach Senftenberg in Böhmen, Israelite, led., mittelgr., schwach, mit längl. Ges., br. H. und Augenbr., hoher Stirne, bl . Augen, bld. Schnurrb., ovalem Kinn, deutsch sprechend, mit Erk. vom 16/6. 1884.«10
Edward Brady wurde zur Grenze nach Mähren eskortiert, begab sich dann aber nach München (Bayern), wo er als Schriftsetzer arbeitete. Von dort aus ersuchte er über seinen Wiener Anwalt um eine Rückkehrerlaubnis nach Wien. Auch seine Mutter Katharina Brady (1830–1900) reichte am 19. Juni 1884 ein Gesuch um Rückkehr für Edward Brady ein, welches aber von der Polizei-Direktion Wien abgelehnt wurde.
Nach der ersten Spur vom 13. August 1884 wurde am 3. September 1884 die geheime Druckerpresse Wiener Radicaler in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]), Kirchstetterngasse 41, aufgedeckt. Aufgrund der Aussagen des noch am 3. September 1884 verhafteten Ferdinand Hübner konnten die Behörden ihre Verdachtsmomente gegen Brady und dessen führende Rolle bei der geheimen Druckerei verstärken. Sie richteten daher ein Ansuchen an das königlich-bayerische Staatsministerium um Auslieferung Bradys. Am 9. September 1884 wurde Eduard Brady in München festgenommen und am 20. September 1884 gefesselt nach Simbach am Inn (Bayern) gebracht. Hier wurde er von den österreichischen Behörden übernommen und sofort ins Landesgericht Wien eingeliefert.
Vom 26. bis 29. November 1884 fand vor dem Ausnahmsgericht Wien der so genannte Anarchistenprozess gegen die Betreiber der geheimen Druckerei von Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]) statt. Alle zwanzig Angeklagten, mit Ferdinand Hübner als Hauptangeklagten, wurden der Verbrechen des Hochverrats, der Majestätsbeleidigung, der Beleidigung von Mitgliedern des kaiserlichen Hauses, der Religionsstörung sowie der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung angeklagt, darunter auch Eduard Brady. Dieser gestand im Prozess nur den Ankauf von Lettern für einen Unbekannten. Eduard Brady wurde als einer der Haupttäter zu zwölf Jahren schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt. Seine Berufung wurde am 3. Jänner 1885 vom Oberlandesgericht Wien verworfen.
Eduard Brady verbüßte seine Strafe im berüchtigten Gefängnis Karthaus (Böhmen [Valdice, Tschechien]) und zuletzt in Stein [zu Krems an der Donau] (Niederösterreich). Die Verurteilung als Schwerverbrecher und die Behandlung Bradys in Karthaus klagte der Abgeordnete Ferdinand Kronawetter (1838–1913) am 27. März 1886 im Abgeordnetenhaus des Parlaments an.11
Eduard Brady wurde anlässlich des 62. Geburtstags des Kaisers auf dem Gnadenweg im August 1892 vorzeitig aus dem Gefängnis Stein entlassen.
Kategorien
Adresse
- Wien 3., Erdbergstraße 3 (1882)
- Wien 1., Schottenring 15 (1882 bis 1883)
- Wien 3., Barichgasse 31 (1883)
Karte
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Autor: Reinhard Müller
Version: Dezember 2024
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- 1
Vgl. Erste Freie Presse Cisleithanien’s. Volk und Parlament. Nr. 1. [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn und Franziska Faber] 1883, Flugblattzeitung. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 18. März 1883 in Österreich verboten.
- 2
Vgl. Erste Freie Presse Cisleithaniens. Nr. 2. Reaction – Revolution. [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn und Franziska Faber] 1883, Flugblattzeitung. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 18. Mai 1883 in Österreich verboten.
- 3
Vgl. [anonym]: Mahnruf an alle Arbeiter und Männer des Volkes. [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn und Franziska Faber] [1883], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 16. August 1883 in Österreich verboten.
- 4
Vgl. [anonym]: Arbeiter! Große Krankheiten […][/] Dělníci! Vzbůru lide pracujici […]. [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn und Franziska Faber] [1883], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Graz vom 2. November 1883 in Österreich verboten.
- 5
Vgl. [anonym]: Lipanské červánky. Nr. 1. Ženeva [recte Wien – Inzersdorf (Wien)] [Johann Ehn und Franziska Faber] [1883], Flugblattzeitung; Tschechisch: Die Morgenröte von Lipany. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Prag vom 23. Dezember 1883 in Österreich verboten.
- 6
Vgl. Neue freie Presse Cisleithaniens. Nr. 3. Zur Richtschnur! [Wien]: [ohne Druckerangabe] [1883], Flugblattzeitung. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 28. Dezember 1883 in Österreich verboten.
- 7
Vgl. [anonym]: Aufruf an die Proletarier Wiens! [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn] [1884], Fluhblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 20. Februar 1884 in Österreich verboten.
- 8
Vgl. [anonym]: An die Anarchisten Wiens! [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn] [1884], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 15. März 1884 in Österreich verboten.
- 9
Vgl. [Eduard Brady (1864–?)]: Arbeiter! Brüder! [Wien]: [Ferdinand Hübner und Agnes Hofmann] Mai 1883, Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 11. Mai 1884 in Österreich verboten.
- 10
[Anonym]: 2632 Brady Eduard, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 46 (13. Juli 1884), S. 183.
- 11
Vgl. Stenographisches Protokoll. Haus der Abgeordneten. X. Session. 37. Sitzung am 27. März 1886, in: Stenographische Protokolle über die Sitzungen des Hauses der Abgeordneten des österreichischen Reichsrathes im Jahre 1886. X. Session. II. Band. 31. bis 160. Sitzung. (S. 997 bis 2258.). Wien: Aus der kaiserlich-königlichen Hof- und Staatsdruckerei 1886, S. 1257–1272, vor allem S. 1265.