Marie Protz (1851–)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
1851
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch

BruderJohann Protz; tschechische Namensform: Jan Protz (Littau, Mähren [Litovel, Tschechien] 1858 – ?): Büchsenmacher; Radicaler
Ehe: keine
Kinder: keine
zeitweiliger Lebensgefährte: Jakob Novotný (1859–1929): Zimmermaler, Radicaler

Biographie

Marie Protz kam als Dienstmagd nach Olmütz (Mähren [Olomouc, Tschechien]). Hier wurde sie am 11. März 1878 vom Kreisgericht Olmütz wegen Verbrechens des Diebstahls zu sechs Monaten schwerem Kerker verurteilt. Während ihres bis 22. April 1878 gewährten Strafaufschubs entzog sie sich durch Flucht der Haft.

Marie Protz flüchtete nach Wien, wo sie als Näherin arbeitete und sich der radicalen Arbeiterbewegung anschloss. In der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober 1883 wurde in mehreren Vororten Wiens und in Wien selbst die Flugschrift »Ein Mahnruf an das Volk!«, gezeichnet »Im Sommer 1883, mehrere anarchistische Gruppen«, verteilt.1 Deshalb wurden in den frühen Morgenstunden des 16. Oktober 1883 in Wien und Umgebung mehrere Hausdurchsuchungen durchgeführt, insbesondere bei Schuhmachergehilfen. Neben zwölf Personen, die wegen der bei ihnen gefundenen verbotenen Schriften verhaftet wurden, wurden Marie Protz und ihr Bruder, der Büchsenmacher Johann Protz (1858–?) festgenommen, aber nach wenigen Tagen ohne Anklageerhebung aus der Untersuchungshaft entlassen. Allerdings wurden Marie Protz und Johann Protz aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 noch im Februar 1884 aus Wien ausgewiesen.

Marie Protz begab sich nach Budapest (Ungarn), wo sie enge Kontakte zu Budapester und aus Wien ausgewiesenen Anhängern der radicalen Arbeiterbewegung unterhielt und als Vermittlerin von Korrespondenzen aktiv war. In dieser Zeit war sie die Lebensgefährtin des Zimmermalers Jakob Novotný (1859–1929), ebenfalls ein Radicaler. In Zusammenhang mit dem Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube in Wien am 10. Jänner 1884 und der Ermordung des Wechselstubenbesitzers Heinrich Eisert sen. (~1838–1884) und zwei seiner Kinder begann in Budapest am 13. März 1884 eine große Verhaftungswelle. Bis in die frühen Morgenstunden des 14. März 1884 wurden sechsunddreißig Personen festgenommen, darunter auch Marie Protz. Neunzehn von ihnen wurden nach ersten Vernehmungen freigelassen und teilweise abgeschafft beziehungsweise ausgewiesen, siebzehn am 25. März 1884 in das Strafgericht Budapest eingeliefert, darunter wieder Marie Protz. Schließlich wurde sie am 11. April 1884 aus Budapest (Ungarn) für beständig ausgewiesen, nach Littau (Mähren [Litovel, Tschechien]) abgeschafft und an die Grenze nach Marchegg (Niederösterreich) gebracht.

Marie Protz begab sich heimlich nach Wien, wo sie am 11. April 1884 aufgegriffen und wegen unerlaubter Rückkehr zu zwei Monaten Arrest verurteilt wurde.

Auf Ersuchen des Landesgerichts Olmütz wurde Marie Protz, die am 13. Juni 1884 ihre Strafe in Wien abgesessen hatte, nicht freigelassen, sondern wenige Tage später nach Olmütz überstellt, um ihre Strafe vom 11. März 1878 zu verbüßen. Danach verliert sich die Spur von Marie Protz. 

Karte
  • 1

    Vgl. [anonym]: Ein Mahnruf an das Volk! [Wien]: [ohne Druckerangabe] 1883, Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 22. Oktober 1883 in Österreich verboten.