Josef Straschar (1862–)
Persönliche Daten
Biographie
Josef Straschar, nach Raffoltsdor (Krain [Rafolče, zur Občina Lukovica, Slowenien]) zuständig, absolvierte eine Drechslerlehre und kam 1879 nach Wien, wo er als Drechslergehilfe arbeitete und sich der radicalen Arbeiterbewegung anschloss.
Anlässlich der vom 1. bis 10. November 1882 andauernden so genannten Schusterkrawalle in Wien fanden vom 5. bis 20. Dezember 1882 vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Wien insgesamt zehn Prozesse gegen zusammen fünfundachtzig Angeklagte statt. Im ersten Prozess vom 5. Dezember 1882 wurden jene elf Radicalen angeklagt, denen Verbrechen beziehungsweise Vergehen der öffentlichen Gewalttätigkeit am 1. November 1882 vorgeworfen wurden, darunter der Josef Straschar, angeklagt des gewalttätigen Auftretens bei der eigenen sowie der Festnahme Dritter. Straschar, der einer Aufforderung der Wache, auseinander zu gehen, nicht Folge geleistet haben soll, wurde aber freigesprochen.
Am 11. Juli 1884 fand vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess, teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit, gegen die Drechslergehilfen Adolf Hannich (~1864–1892) und Josef Straschar wegen des Verbrechens des Hochverrats statt, begangen durch Verbreitung von Druckschriften hochverräterischen Inhalts. Adolf Hannich, der am 23. Mai 1884 in Innsbruck (Tirol) verhaftet worden war, wurde zusätzlich des Hochverrats durch den Besitz einer Bombe und zweier Dolche sowie wegen versuchten gemeinen Mordes an dem ihn festnehmenden Sicherheitswachmann Johann Mitterspacker (~1847–1911) angeklagt. Im Zuge einer Hausdurchsuchung war bei Adolf Hannich eine selbst hergestellte Dynamitsprengbombe, eine Schusswaffe sowie vergiftete Stichwaffen, nämlich zwei von ihm selbst zu Dolchen gefeilte Lochstecher, deren Spitzen mit Blausäure vergiftet sind, gefunden worden. Mit ihm wurde auch Josef Straschar, einerseits von den verbrecherischen Plänen Hannichs gewusst und andererseits das hochverräterische Flugblattgedicht »An Se. ›Excellenz‹ den Minister Taaffe. Vorwärts Staatsraison!«1 im Mai 1884 verteilt zu haben, weil man etwa zehn Exemplare davon bei einer Hausdurchsuchung in seiner Kohlenkiste gefunden hatte. Adolf Hannich wurde wegen versuchten Mords, Hochverrats durch Verbreitung von hochverräterischen Druckschriften und wegen Übertretung des Waffenpatents zu zehn Jahren schwerem Kerker verurteilt. Josef Straschar zwar freigesprochen, aber der Polizei zur weiteren Amtshandlung übergeben. Straschar wurde aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 aus Wien ausgewiesen und der polizeilichen Überwachung unterstellt: »3085 Strashar (Straschar) Josef, Drechsler, 7.6. 62 zu Laibach geb., nach Rafolče, Bez. Stein in Krain zust., mittelgroß, schwächl., mit ovalem Ges., dunkelbr. H. u. Augenbr., br. Augen, deutsch, slovenisch u. italienisch sprechend, nach mit Urtheil des h. o. k. k. Land.-Ger. vom 11. Juli 1884 v. Verbr. des Hochverrathes erfolgten Freispruches (mit Erk. vom 13. Juli 1884.) [...] Pol.-Dir. Wien 5/8. 84.«2
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Autor / Version / Copyleft
Autor: Reinhard Müller
Version: Oktober 2024
Anarchistische Bibliothek | Archiv | Institut für Anarchismusforschung | Wien
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Vgl. [anonym]: An Seine ›Excellenz‹ den Minister Taaffe. Vorwärts Staatsraison! [Budapest]: Quittner József [1884], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 28. Februar 1884 in Österreich verboten.
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[Anonym]: 3085 Strashar (Straschar) Josef, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 54 (15. August 1884), S. 215–216.