Franz Poppenwimmer (1863–1918)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Vater: Jakob Poppenwimmer (Leopoldau, Niederösterreich [zu Wien 21.] 27. Juli 1828 – Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 15. März 1874), Sohn einer Hausfrau und eines Müllermeisters: Müllermeister; Heirat in erster Ehe in Floridsdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]) am 17. September 1849 mit Barbara Hofer (Mannswörth, Niederösterreich 7. Juni 1828 – Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 18. Juli 1851), Hausfrau; Heirat in zweiter Ehe in Simmering (Niederösterreich [zu Wien 11.]) am 3. Februar 1852 mit:
Mutter: Franziska Romana Poppenwimmer, geborene Ferstl (Simmering 20. Februar 1833 – Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 14. März 1897), Tochter einer Gastwirtin und eines Gastwirtes: Hausfrau
Halbbruder: Ferdinand Franz Poppenwimmer (Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 10. Juni 1850 – Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 19. November 1850): an den Fraisen verstorben
Halbschwester: Barbara Maria Poppenwimmer (Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 13. Juli 1851 – ?)
Bruder: Jakob Franz Poppenwimmer (Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 29. November 1852 – Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 10. Oktober 1877): Müllermeister
Schwester: Franziska Maria Poppenwimmer, seit 1. September 1874 verheiratete Schallabeck, mit 24. Juli 1890 umbenannt in Schallaböck (Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 18. Dezember 1853 – ?)
Bruder: Ferdinand Josef Poppenwimmer (Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 27. Februar 1855 – Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 20. Juni 1873)
Schwester: Maria Poppenwimmer, seit 26. Oktober 1875 verheiratete Becker (Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 5. Februar 1856 – ?)
Bruder: Rudolf Poppenwimmer (Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 10. August 1857 – Leopoldau, Niederösterreich [zu Wien 21.] 1. April 1877): Müllermeister und Mühlenbesitzer
Bruder: Heinrich Poppenwimmer (Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.] 26. November 1868 – Wien 1. Mai 1893): Privatier
Ehe: in Großjedlersdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]) am 20. September 1888 mit Sofie Krippel, mit 4. Jänner 1863 legitimierte Leitner; genannt: Sophie Friedl (Wien 30. Dezember 1862 – Wien 5. Jänner 1946), Tochter einer Bindermeisterstochter und eines Lokomotivheitzers: Arbeiterin und Hausfrau
Kinder: keine
Biographie
Franz Poppenwimmer, aus einer alten und wohlhabenden Mühlenbesitzerdynastie stammend, absolvierte eine Bäckerlehre. Schon als Jugendlicher schloss er sich der radicalen Arbeiterbewegung an und war insbesondere bei den radicalen Bäckergehilfen aktiv. Engen Kontakt unterhielt Poppenwimmer zu seinem Schulfreund, dem Buchbindergehilfen Anton Kammerer (1862–1884). Diesem vermittelte er auch 1883 Wäschestücke, um darin verbotene Druckschriften zu schmuggeln. Die Wäschestücke hatte er vom Kesselheizer Mathias Dokupil (1851–?) erhalten. Am 15. Dezember 1883 besuchte Poppenwimmer den Vortrag des Brotführers Ferdinand Schaffhauser (1836–190?) im Gasthaus von Franz Aschenbrenner (1840–1906) in Großjedlersdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]), Brünner Straße 203. Unter den Anwesenden befand sich auch der Polizeikonzipist Franz Hlubek (1854–1883), der noch in dieser Nacht von Anton Kammerer erschossen wurde. Im Prozess, der am 27. und 28. Mai 1884 vor dem Ausnahmsgericht Wien gegen den Lackierergehilfen bei der Eisenbahn Johann Ondra (1856–?) und Ferdinand Schaffhauser stattfand¸ angeklagt des Verbrechens der Mitschuld an der Ermordung des Polizeikonzipisten Franz Hlubek, musste Poppenwimmer als Zeuge aussagen.
Auch im Zuge der polizeilichen Erhebungen gegen die Attentäter Anton Kammerer und den Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884), der am 25. Jänner 1884 den Polizei-Detektiv Ferdinand Blöch (1844–1884) erschossen hatte, wurde Poppenwimmer festgenommen und verhört. Er hatte nämlich seine Adresse in Floridsdorf für die Korrespondenz Stellmachers mit dem Ausland zur Verfügung gestellt. Er fand auch in seiner Wohnung jenen Brief vor, der ihn beauftragte, alle bei ihm aus dem Ausland einlangende Korrespondenz an »Anton Král bei Herrn Zelinka, Vereinsgasse 1« zu schicken; unter diesem Decknamen wohnte Stellmacher vom 13. bis 24. Jänner 1884 in einem Kabinett beim Handelsagenten und Vereinsdiener Ignaz Zelinka und seiner Ehefrau Anna Zelinka (1820–1896). Wieder musste Poppenwimmer als Zeuge auftreten, diesmal im Prozess gegen Stellmacher, der am 9. und 10. Juni 1884 vor dem Ausnahmsgericht Wien stattfand.
Die Erhebungen im Zuge dieser Attentate hatte zur Folge, dass Franz Poppenwimmer nach der Verhängung der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 im Februar 1884 in seiner zuständigen Heimatgemeinde Neu-Leopoldau (Niederösterreich [zu Wien 21.]) konfiniert und unter polizeilicher Aufsicht gestellt wurde: »571 Poppenwimmer Franz. Bäckergeh., Floridsdorf, Hauptstr. Nr. 14, geb. 1863, zust. Neu-Leopoldau, Mühlschüttel, l., kl., untersetzt, mit rundem Ges., br. H., br. Augenbr. und Aug., br. Schnurrb. u. Fliege, rundem Kinn, deutsch sprechend, confinirt Heimatsort Neu-Leopoldau, Mülschüttel. K. k. Polizei-Direktion Wien 12. 2. 84.« 1
Nach dem so genannten Einigungsparteitag von Hainfeld (Niederösterreich) zur Jahreswende 1888/1889 schloss sich Franz Poppenwimmer der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« an und wurde ein wichtiger sozialdemokratischer Parteifunktionär in Floridsdorf (Niederösterreich, seit 1904 zu Wien 21.). Dies zeigte sich bereits im März 1890 bei der Lohnbewegung unter den Bäckereigehilfen in seiner Rolle als Vorstand-Stellvertreter des Gehilfenausschusses. Poppenwimmers Engagement bei den Bäckergehilfen ist auch deshalb bemerkenswert, weil er 1889 eine Gemischtwarenhandlung in Floridsdorf, Angerer Straße 20, eröffnet hatte, 1896 mit einer Tabaktrafik und einem Zeitungsverschleiß ergänzt. Im August 1890 war er Mitbegründer und langjähriges Vorstandsmitglied des »Arbeiter-Sängerbundes ›Donaufeld‹« in Floridsdorf, im März 1891 Mitbegründer und langjähriger Obmann des »Arbeiter-Fortbildungsvereins für Floridsdorf«, im Jänner 1892 Mitbegründer und Vorstandsmitglied des »Verbandes der Arbeitervereine Nieder-Österreichs«, im März 1893 Vertrauensmann der Lokalorganisation Floridsdorf und Umgebung der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei«, im Mai 1895 Gründungsmitglied des »Floridsdorfer Arbeiter-Radfahrer-Clubs«; seit 1896 war er auch Vertreter von Fahrrädern der »Waffenfabrik Steyr« für Floridsdorf und Umgebung. Er war auch Initiator und im August 1897 Gründungsmitglied der Floridsdorfer Ortsgruppe von »Die Naturfreunde«. Außerdem war Poppenwimmer Eigentümer und Herausgeber der Zeitungen »Der Wähler. Socialdemokratisches Organ für das Viertel unter dem Manhartsberg« (Floridsdorf), 5. November 1896 bis 29. April 1897, 1897 fortgesetzt als »Volksbote (Wähler). Socialdemokratisches Organ für die Interessen des arbeitenden Volkes im Viertel u. d. Manhartsberge« (Floridsdorf), den er bis 22. März 1900 herausgab. Poppenwimmer kandidierte – allerdings immer erfolglos – als Sozialdemokrat einmal für den Stadtwahlkreis Korneuburg (Niederösterreich) 1891 und seit 1896 – zeitweise für die »Vereinigte Fortschrittspartei und Christliche Volkspartei« – mehrmals für den Gemeinderat Floridsdorf. 1897 begann Poppenwimmer den zweijährigen Kurs für Fotografen an der Graphischen Lehranstalt in Wien und erhielt im August 1899 die Gewerbeberechtigung als Fotograf. Seither betrieb er neben seiner Gemischtwarenhandlung auch ein fotografisches Atelier und eine Kunstanstalt in Floridsdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]), Schloßhofer Straße 21, welche er aber im März 1903 aufgab. Aber schon bald eröffnete er neuerlich ein fotografisches Atelier, diesmal in Wien 21., Floridsdorfer Hauptstraße 61, legte aber im April 1907 seine Gewerbeberechtigung als Fotograf zurück. Poppenwimmer reiste nun in die USA, um hier berufliche Möglichkeiten zu erkunden. Währenddessen betrieb seine Ehefrau das Geschäft in Wien weiter. Im März 1908 nach Wien zurückgekehrt, widmete sich Poppenwimmer nun der Kinematografie. Im Juli 1908 übernahm er als Direktor-Stellvertreter die Geschäftsleitung des Kinos »Floridsdorfer Weltbiograph-Theater«, Wien 21., Franz-Joseph-Straße 16 [Hermann-Bahr-Straße]. Er wurde jetzt auch Mitglied des »Reichsverbandes der Kinematographenbesitzer Österreichs«. Als Poppenwimmer von der Geschäftsleitung des Kinos zurücktrat, wurde das »Floridsdorfer Weltbiograph-Theater« im September 1910 – auch aus feuerpolizeilichen Gründen – polizeilich geschlossen. Am 11. November 1911 eröffnete Poppenwimmer nunmehr als Eigentümer und Direktor sein neues »Floridsdorfer Weltbiograph-Theater«, das spätere »Kino Poppenwimmer«, in Wien 21., Bismarckplatz 20 [Hoßplatz 17]. Erst 1914 gab er die im Wesentlichen von seiner Ehefrau geführte Gemischtwarenhandlung auf. Schon lange an Krebs erkrankt, verstarb Franz Poppenwimmer am 4. Juni 1918 an Hautkrebs.
Adressen
- Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.], Mühlschüttel 130 (Geburtsadresse)
- Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.], Floridsdorfer Hauptstraße 14 (1884)
- Floridsdorf, Niederösterreich [zu Wien 21.], Floridsdorfer Hauptstraße 44 (1884 bis 1889)
- Wien 21., Angerer Straße 16 (letzte Wohnadresse)
- Wien 9., Allgemeines Krankenhaus, Alserstraße 4 (Sterbeadresse)
Publikationen
Bücher und Broschüren
- Den Finsterlingen. Wien: Verlag des Volksboten (Franz Poppenwimmer) 1897; anonym erschienen. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 31. August 1897 in Österreich verboten.
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Autor: Reinhard Müller
Version: November 2024
Anarchistische Bibliothek | Archiv | Institut für Anarchismusforschung | Wien
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Karte
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[Anonym]: 571 Poppenwimmer Franz, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 12 (16. Februar 1884), S. 43.