Mathias Lissa (1846–)

Persönliche Daten
Namensvarianten
tschechische Namensform: Matěj Lissa
Geburtsdatum
1846
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch
Berufe
Biographie

Mathias Lissa absolvierte eine Schneiderlehre und kam um 1872 als Schneidergehilfe nach Salzburg (Salzburg). Hier wurde er bei der konstituierenden Versammlung des »Arbeiter-Bildungsvereins in Salzburg« am 24. Jänner 1875 zum zweiten Schriftführer gewählt. Schon früh schloss sich Lissa der radicalen Arbeiterbewegung an. Als ein Titular-Feldwebel und Rechnungsunteroffizier einen mit 19. Juli 1881 datierten, in Salzburg aufgegebenen Brief mit so genannten hochverräterischen Inhalten erhielt, erstattete das k. k. Militär-Stations-Kommando Salzburg Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Als Autor des Briefes wurde zunächst der Schneidergehilfe und Nähmaschinenagent Johann Paschinger (1851–?) verdächtigt, doch wurde das Verfahren wegen Hochverrats gegen ihn am 25. September 1881 vorläufig eingestellt.

Nach einem anonymen Hinweis stellte das Landesgericht Salzburg am 7. Oktober 1881 fest, dass der Autor des anonymen Schreibens der Verfasser einer aus Zürich / Zurich / Zurigo (Kanton Zürich) abgesandten chiffrierten Korrespondenzkarte an Otto Dis (1841–1917), Vorstand des »Arbeiter-Bildungsvereins in Salzburg«, sein müsse. Dechiffrierung und ein Handschriftenvergleich habe ergeben, dass der Urheber des hochverräterischen Schreiben Mathias Lissa sei. Die nach »Stieber’s Verdruß«1 chiffrierte Karte lautete im Klartext: »Lieber Freund! Lerne diese geheime Schrift, es ist sehr interessant. Dein Freund.«2 Am 9. November 1881 erließ das Landesgericht Salzburg einen Steckbrief gegen Lissa wegen Hochverrats: »Lissa Mathias, […] klein, untersetzt, mit rund. Gesicht, röthlich. Haaren u. roth. Schnurrbarte, ist des Verbrechens des Hochverrathes beschuldigt u. soll sich in die Schweiz geflüchtet haben. Einliefern.«3 Doch am 17. Dezember 1881 tauchte ein mit 15. Dezember 1881 datierter, wieder in Salzburg aufgegebener Brief auf, der die gleichen Schriftzüge wie der Brief vom Juli 1881 hatte. Paschinger hielt sich zu diesem Zeitpunkt nachweislich in München (Bayern), Lissa in Zürich auf. Der Akt wurde daraufhin ad acta gelegt. Die Verfahren gegen Lissa und Paschinger wurden jedoch nie eingestellt.

Mathias Lissa war bereits im Sommer 1881 nach Zürich übersiedelt und ließ sich dann in Bern / Berne / Berna (Kanton Bern) nieder. Hier wurde er Mitglied des anarchistischen »Arbeitervereins ›Freiheit‹«. Am 22. März 1884 wurde Lissa wegen anarchistischer Umtriebe aus der Schweiz ausgewiesen.

Mathias Lissa ging in die USA ins Exil, wo er sich als Schneider in New York City (New York, USA) niederließ und mit 28. Oktober 1892 US-amerikanischer Staatsbürger wurde.

Karte
  • 1

    Vgl. [anonym]: Stieber’s Verdruß. Geheimschrift zur Sicherung des Brief-Verkehrs in und mit Deutschland und andern Ländern, in denen die Reaktion ihr Wesen treibt. Zweite vermehrte Auflage. Riesbach-Zürich: Verlag des »Sozialdemokrat« 1880, 8 S. und ein Faltblatt; zuerst erschienen im Jänner 1880 als Artikelserie in der Zeitung »Der Sozialdemokrat. Internationales Organ der Sozialdemokratie deutscher Zunge« (Zürich). Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde erstmals mit Erkenntnis des Landes- als Strafgericht Prag vom 23. April 1881 in Österreich verboten.

  • 2

    Zitiert nach Eduard Baumgartner (1870–1948): Die Anfänge der Arbeiterbewegung in Salzburg. LVII, in: Salzburger Wacht. Organ für das gesamte werktätige Volk im Lande Salzburg (Salzburg), 35. Jg., Nr. 250 (28. Oktober 1933), S. 11.

  • 3

    Zitiert nach [anonym]: 3996. Lissa Mathias, in: Polizei-Blatt für Steiermark. Herausgegeben von der k. k. Polizeidirektion in Graz (Graz), Nr. 87 (16. November 1881), S. 245.