Johann Ederer

Persönliche Daten
Namensvarianten
nannte sich später: Johann Eder
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch
Berufe
Biographie

Johann Ederer, Sohn einer Hausfrau und eines Wach-Inspektors in Wien, erlernte das Handwerk eines Schuhmachers und begab sich als Schuhmachergeselle zunächst nach Bruck an der Mur (Steiermark). Von dort wegen sozialistischer Umtriebe abgeschafft, zog er nach Kindberg (Steiermark). Hier wurde er Obmann des »Arbeiter-Bildungsvereins in Kindberg« und schloss sich der radicalen Arbeiterbewegung an. Am 14. und 15. August 1881 fand die dritte geheime Delegiertenkonferenz der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs« nahe Mürzzuschlag (Steiermark) statt. Im Anschluss daran wurde in der Nacht vom 27. auf den 28. August 1881 eine geheime Konferenz in Kindberg (Steiermark) abgehalten. Bereits am 28. August 1881 wurden in Kindberg und Aumühl [zu Kindberg] (Steiermark) bei mehreren Arbeitern Hausdurchsuchungen durchgeführt. Im Anschluss daran wurden vier Teilnehmer der Kindberger Konferenz verhaftet: der Schuhmachergehilfe Johann Ederer, der Journalist Emil Kaler-Reinthal (1850–1897), der Sensenwerkarbeiter Franz Massinger (~1842–1883) und der Arbeiter Johann Wurmbrand. Es war dies der Beginn einer großen Verfolgungsaktion der Arbeiterbewegung in der Steiermark. Am 31. August 1881 fand vor dem Bezirksgericht Kindberg der Prozess gegen die vier verhaften Teilnehmer der geheimen Konferenz von Kindberg wegen Übertretung des Vereinsgesetzes statt. Johann Ederer wurde zu vierzehn Tagen, Franz Massinger und Johann Wurmbrand wurden zu je sechs Tagen Arrest verurteilt; Emil Kaler-Reinthal wurde freigesprochen, aber bereits am 8. September 1881 am Bahnhof in Graz (Steiermark) vorübergehend festgenommen. Schon am 16. September 1881 fand vor dem Bezirksgericht Kindberg neuerlich ein Prozess gegen Johann Ederer statt, wieder wegen Übertretung des Vereinsgesetzes, diesmal anlässlich einer Versammlung des »Arbeiter-Bildungsvereins in Kindberg« am 5. Juli 1881. Ederer wurde im Sinne der Anklage neuerlich zu vierzehn Tagen Arrest verurteilt. Er meldete Berufung an, blieb aber in Haft. Er wurde dann in der Berufungsverhandlung vor dem Kreisgericht Leoben (Steiermark) am 22. September 1881 freigesprochen und aus der Haft entlassen, jedoch am 24. September 1881 aus Kindberg abgeschafft. Schon 1882 oder 1883 konnte er wieder nach Kindberg zurückkehren. In dieser Zeit erfolgte seine Abkehr von der radicalen Arbeiterbewegung.

Noch einmal trat Johann Ederer in der radicalen Arbeiterbewegung auf. Dabei ist es ungeklärt, ob er dies als Polizeispitzel tat, oder nur aus persönlicher Rache. Am 16. Juli 1883 wurde in Kindberg bei mehreren Radicalen eine Hausdurchsuchung durchgeführt, angeblich nach einer Denunziation von Ederer, der selbst eine Leibesvisitation über sich ergehen lassen musste. Der neue Obmann des »Arbeiter-Bildungsvereins in Kindberg«, der Sensenwerkarbeiter Adolf Schwarzelmüller (1862–?), sowie mehrere Genossen wurden verhaftet. Die sechs des Hochverrats angeklagten Radicalen wurden allerdings im Prozess, der vom 5. bis 13. Dezember 1883 vor dem Kreis- als Schwurgericht Leoben verhandelt wurde und bei dem Ederer als Kronzeuge auftrat, freigesprochen und nach fünf Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen.

Damit war Johann Ederer innerhalb der radicalen Arbeiterbewegung erledigt. Dazu kam ein zweites Ereignis, in welchem sich Ederer neuerlich als Denunziant aufführte. Am 27. und 28. Mai 1884 fand vor dem Ausnahmsgericht Wien der Prozess gegen den Lackierergehilfen bei der Eisenbahn Johann Ondra (1856–?) und den Brotführer Ferdinand Schaffhauser (1836–190?) statt. Sie wurden des Verbrechens der Mitschuld an der Ermordung des Polizeikonzipisten Franz Hlubek (1854–1883) am 15. Dezember 1883 angeklagt. Johann Ederer fungierte in diesem Prozess als Zeuge, dessen Aussage im Bezirksgericht Kindberg aufgenommen wurde. In dem im Prozess verlesenen Zeugenprotokoll belastete Ederer vor allem Schaffhauser schwer, indem er bezeugte, dass Schaffhauser im Sommer 1883 im »Beránek’schen Gasthaus« (Roman Beránek und Julie Beránek) in Floridsdorf (Niederösterreich [zu Wien 21.]), Hauptstraße 58 [Floridsdorfer Hauptstraße], gesagt haben soll: »Für uns in Floridsdorf wäre besser der Hlubek weg.«1 Ferdinand Schafhauser wurde zu zwei Jahren schwerem Kerker, verschärft durch zwei Fasttage im Monat, verurteilt.

Johann Ederers Rolle beim Prozess, der vom 5. bis 13. Dezember 1883 vor dem Kreis- als Schwurgericht Leoben stattgefunden hatte, hatten auch für ihn Folgen. Am 7. September 1884 trafen der in diesem Hochverratsprozess freigesprochene Adolf Schwarzelmüller und der Sensenwerkarbeiter Lukas Skubel (1848–1906) im Gasthaus von Georg Pollauf in Herzogberg [zu Kindberg] (Steiermark) auf Johann Ederer. Dieser wurde nun vor allem von Adolf Schwarzelmüller als Schurke und Denunziant beschimpft und mit dem Erschlagen bedroht, woraufhin Ederer die Flucht ergriff. Deswegen mussten sich Schwarzelmüller, Pollauf und Skubel am 11. November 1884 vor dem Kreisgericht Leoben wegen Verbrechens der gefährlichen Drohung und der Übertretung gegen die Sicherheit der Person verantworten. Schwarzelmüller wurde im Sinne der Anklage zu dreizehn Monaten schwerem Kerker, verschärft durch einen Fasttag im Monat, verurteilt. Nach Verbüßung seiner Strafe wurde Schwarzelmüller am 4. September 1885 nach Bruck an der Mur (Steiermark) gebracht, inhaftiert und am 10. September 1885 aus dem Kronland Steiermark für immer ausgewiesen. Sein Mitangeklagter Lukas Skubel wurde im Sinne der Anklage zu acht Monaten schwerem Kerker verurteilt, und Georg Pollauf wurde freigesprochen.

Johann Ederer, der sich später meist »Johann Eder« nannte, wandte sich nur kurz den Gemäßigten der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« zu und ließ sich zunächst in Leoben als Schuhmachermeister nieder. Später wurde er Anhänger der »Christlichsozialen Partei«.

Karte
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    Zitiert nach [anonym]: Gerichtssaal. [/] (Proceß Schafhauser.), in: Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung (Wien), [22]. Jg., Nr. 122 (27. Mai 1884), S. 2–4, hier S. 3.