Josef Boleslav Pecka (1849–1897)

Persönliche Daten
Namensvarianten
das ist Joseph Pecka
deutsche Namensform: Josef Boleslaw Pecka
Pseudonym: Fabián Brus
Pseudonym: Coelius Dolabella
Pseudonym: Giuseppe Midola
Pseudonym: Mrňavý
Pseudonym: Boleslav P.
Pseudonym: Parius
Pseudonym: Pozorovatel
Pseudonym: J. B. Strahovský
Pseudonym: J. B. S. Strahovský
Pseudonym: J. Boleslav Strahovský
Pseudonym: Strahovský Pecka
Pseudonym: Strahovský-Pecka
Pseudonym: Trnavský
Pseudonym: Iksvoharts Valselob
Geburtsdatum
19. September 1849
Sterbedatum
25. Juli 1897
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, dann konfessionslos

Vater: Johann Pecka; tschechische Namensform: Jan Pecka; Sohn eines Seidenwebers: Seidenzeugmacher; Heirat mit:
Mutter: Barbara Pecka, geborene Friedrich; tschechische Namensform: Barbora Pecková, geborene Friedrichová; uneheliche Tochter einer Taglöhnerin: Hausfrau
erste Ehe: mit Marie Cizek; tschechische Namensform: Marie Čížek; in den USA: Mary Cizek: Hausfrau
Sohn: Franz Pecka; tschechische Namensform: František Pecka; in den USA: Frank Pecka (Prag, Böhmen [Praha, Tschechien] um 1868 – Chicago, Illinois, USA 27. Jänner 1920): Fleischhauer
Tochter: Margarethe Pecka; tschechische Namensform: Margita Pecková; in den USA: Margaret Pecka, verheiratete Schweiger (Prag, Böhmen [Praha, Tschechien] 9. Juli 1874 – Chicago, Illinois, USA 5. November 1962)
Sohn: Martin Pecka (Prag, Böhmen [Praha, Tschechien] 7. November 1876 – Chicago, Illinois, USA 16. Juni 1929): Inhaber einer Bar
Tochter: Karoline Pecka, verheiratete Machacek, verheiratete Hlavacek; tschechische Namensform: Karolina Pecková; in den USA: Caroline Hlavacek (Prag, Böhmen [Praha, Tschechien] 1. Jänner 1882 – Berwyn, Illinois USA 16. Mai 1954): Hausfrau; Heirat in erster Ehe in Chicago (Illinois, USA) am 24. Mai 1900 mit dem Maschinisten Joseph Machacek; d. i. Josef Macháček (?, Böhmen [Tschechien] April 1869 – Chicago, Illinois, USA 9. September 1902); Heirat in zweiter Ehe in Chicago (Illinois, USA) am 10. Juni 1906  mit dem Journalisten, Zeitungsherausgeber, Schriftsteller und Übersetzer Franz Hlaváček (1853–1937), Anarchist
zweite Ehe: in Chicago (Illinois, USA) am 29. November 1890 mit Marie Janak (1859 – Chicago, Illinois, USA 11. Oktober 1901)

Biographie

Josef Boleslav Pecka, nach Ratais an der Sasua (Böhmen [Rataje nad Sázavou, Tschechien]) zuständig, sprach Deutsch, Tschechisch und etwas Französisch. Er gehörte zu den wichtigsten Persönlichkeiten der tschechoslawischen radicalen Arbeiterbewegung. Eine 1862 begonnene Ausbildung zum Bildhauer musste Pecka aus finanziellen Gründen abbrechen und arbeitete dann als Eisendreher und Metallgießer in verschiedenen Fabriken in Prag (Böhmen [Praha, Tschechien]). Schon früh schloss er sich der tschechoslawischen Arbeiterbewegung an. Er arbeitete vom November 1869 bis Mai 1871 an der Zeitung »Dělník. Politicko-sociální časopis věnovaný zájmům veškerého dělnictva českoslovanského« (Praha; Der Arbeiter. Eine politische und soziale Zeitschrift, die sich den Interessen aller tschechoslowakischen Arbeiter widmet) mit und publizierte 1870 und 1873 unter dem Pseudonym »Boleslav Strahovský« Gedichte im Almanach »›Ruch‹. Básně české omladiny« (Praha; »Erregung«. Gedichte der tschechischen Jugend). Schon in den 1870er-Jahren trat er für eine föderalistische Organisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei ein und bekämpfte nationalistische Tendenzen in der Arbeiterbewegung. Ende 1873 bildete er gemeinsam mit dem Schneidergehilfen Ladislaus Zápotocký (1852–1916) in Prag ein Kongresskomitee zur Vorbereitung des Vereinigungsparteitags der österreichischen Sozialdemokratie. Pecka vertrat dann auch die tschechoslawische Arbeiterpartei auf dem ersten allgemeinen österreichischen Delegiertentag (Parteitag) in Lajta-Szent-Miklós / Neudörfl (Ungarn [Neudörfl an der Leitha, Burgenland]) am 5. und 6. April 1874, auf welchem die »Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs« gegründet wurde. Übrigens wurde er gleich am ersten Tag zu einem der drei Präsidenten des Delegiertentags gewählt. Im Oktober 1874 gründeten Josef Boleslav Pecka und Ladislaus Zápotocký die Zeitung »Budoucnost« (Praha; Die Zukunft), als deren Redakteur er bis August 1881 fungierte. Als Beiträger dieser Zeitung benutzte er wieder das Pseudonym »Strahovský«. Boleslav Peckas Funktion als Redakteur hatte auch zur Folge, dass er seither der tschechoslawischen Parteileitung der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs« angehörte. Er war auch Mitglied jenes Komitees, welches den zweiten allgemeinen österreichischen Delegiertentag (Parteitag) vorbereitete, der am 16. Mai 1875 in Marchegg (Niederösterreich) abgehalten wurde. Wie bei anderen Mitgliedern dieses Komitees fand auch bei Pecka eine Hausdurchsuchung statt, welche aber ergebnislos verlief. Pecka war auch Delegierter des allgemeinen österreichischen Delegiertentags (Parteitag), welcher am 1. Juli 1877 in Atzgersdorf (Niederösterreich [zu Wien 23.]) stattfand, und auf dem die Verlegung der Zentralleitung der Partei von Wien nach Reichenberg (Böhmen [Liberec, Tschechien]) und des Kontrollkomitees nach Graz (Steiermark) beschlossen wurde. Pecka führte damals auch Verhandlungen, die Zeitung »Budoucnost« (Praha) nach Wien zu verlegen, doch blieb es bei der Beibehaltung des bisherigen Verlagsorts. Ab Jänner 1878 gab er bis 1879 die Monatsschrift »Organizace« (Praha; Die Organisation) der Prager Sozialisten heraus. Schließlich war Josef Boleslav Pecka eine der treibenden Kräfte für den am 7. April 1878 in Breunau (Böhmen [Břevnov, zu Praha, Tschechien]) abgehaltenen Gründungskongress der »Sociálně-demokratická strana českoslovanská v Rakousku« (Tschechoslawische sozial-demokratische Arbeiterpartei in Österreich) mit Sitz in Wien. Am 15. Juni 1878 fand bei Pecka eine Hausdurchsuchung statt, und es wurde eine gerichtliche Untersuchung wegen Verbreitung verbotener Druckwerke eingeleitet. Am 18. August 1878 nahm er an der geheimen Konferenz in einem Wald bei Langenbruck (Böhmen [Dlouhý Most, Tschechien]) nahe Reichenberg (Böhmen [Liberec, Tschechien]) teil, und noch am selben Tag wurde bei ihm eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Schließlich wurde er nach einer neuerlichen Hausdurchsuchung am 27. September 1879 in das Landesgericht Prag eingeliefert. Wegen seiner Teilnahme am Gründungskongress vom 7. April 1878 wurde der nunmehrige Metallgießer und Redakteur Josef Boleslav Pecka – zusammen mit vierzehn anderen Sozialisten – in einem großen Sozialisten-Prozess, der am 24. und 25. Jänner 1879 vor dem Landes- als Strafgericht Prag in geheimer Verhandlung stattfand, des Verbrechens der Geheimbündelei angeklagt und wegen Vergehens gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung zu vier Monaten Arrest verurteilt. Nach seiner Freilassung war Pecka wieder als sozialistischer Journalist und Aktivist tätig. Er war auch Delegierter auf der geheimen Delegiertenkonferenz der »Sociálně-demokratická strana českoslovanská v Rakousku«, die am 19. August 1880 in Prag stattfand. Auf dieser wurde beschlossen, den umstrittenen Passus des alten, 1878 in Brünn (Mähren [Brno, Tschechien]) beschlossenen Parteiprogramms über die Wege zur Erreichung der Parteiziele von »mit gesetzlichen Mitteln« in »mit allen möglichen Mitteln« zu ändern. Ebenfalls beschlossen wurde, die Zentralleitung der Partei sowie ihr Zentralorgan »Děnické listy« (Praha; Arbeiterblätter) nach Wien zu verlegen und zwecks Hebung und besserer Organisation der »Sociálně-demokratická strana českoslovanská v Rakousku« einzelne Sektionen als geheime Gruppen zu führen.

Josef Boleslav Pecka, der nunmehr der radicalen Arbeiterbewegung angehörte, übersiedelte im Februar 1881 nach Wien, wo er bis August 1881 die Redaktion der gleichzeitig nach Wien verlegten Zeitung »Děnické listy« (Vídeň [Wien]; Arbeiterblätter) übernahm. Im August 1881 wurde er in deren Herausgeberkomitee gewählt, welchem er bis Februar 1882 und erneut vom April 1883 bis zum Jänner 1884 angehörte. Pecka wurde in Wien verhaftet und am 31. Oktober 1881 in das Landesgericht Prag eingeliefert. Vom 23. Jänner bis 4. Februar 1882 fand vor dem Landes- als Strafgericht Prag in geheimer Verhandlung der erste große Prozess gegen die im Oktober und Dezember 1881 verhafteten einunddreißig tschechoslawischen Radicalen statt, von denen sich zwanzig bis zum Prozessbeginn in Haft befanden. Der nunmehrige Journalist und Redakteur Josef Boleslav Pecka wurde des Verbrechens der Majestätsbeleidigung sowie der Vergehen gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung und der Geheimbündelei angeklagt. Er wurde wegen Verbrechens der Majestätsbeleidigung und Vergehens der Mitgliedschaft in einer geheimen Gesellschaft zu vierzehn Monaten schwerem Kerker, verschärft durch einen Fasttag im Vierteljahr, verurteilt. Sofort nach seiner Haftentlassung aus dem Strafhaus St. Wenzel [Svatováclavská trestnice] in Prag wurde er am 9. September 1883 aus Prag und dessen Polizei-Rayon für beständig abgeschafft.

Im September 1883 kehrte Josef Boleslav Pecka nach Wien zurück. Er wurde wieder in das Herausgeberkomitee der Zeitung Zeitung »Děnické listy« (Vídeň) gewählt. Im gemeinsamen Redaktionslokal stand Pecka auch mit den Herausgebern der Zeitung »Die Zukunft« (Wien) in enger Verbindung. Er wurde aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 als einer der ersten aus Wien ausgewiesen.

Wie auch die anderen Herausgeber der nunmehr eingestellten Zeitung »Děnické listy« (Vídeň) übersiedelte Josef Boleslav Pecka nach Brünn (Mähren [Brno, Tschechien]). Die vom 12. Dezember 1883 bis 23. Jänner 1884 erschienene Zeitung »Práce« (Brno; Die Arbeit) sollte als neues Zentralorgan der tschechoslawischen Radicalen wiederbelebt werden, doch konnte Pecka als Administrator der geplanten Zeitung in Brünn keinen Drucker finden und sein Mitbeteiligter, der Bergmann und Redakteur Franz Choura (1852–1921), wurde in Untersuchungshaft genommen.

Josef Boleslav Pecka übersiedelte noch im Februar 1884 nach Budapest (Ungarn), wo er gemeinsam mit dem Bergmann, Journalisten und Schriftsteller Franz Hlaváček (1853–1937) die Herausgabe einer radicalen tschechischen Arbeiterzeitung versuchen wollte. Beide wurden aber gleich nach ihrer Ankunft aus der ungarischen Hauptstadt ausgewiesen und auf ihrem Rückweg in Pozsony / Preßburg (Ungarn [Bratislava, Slowakei]) verhaftet.

Noch im Februar 1884 begaben sich Josef Boleslav Pecka und Franz Hlaváček nach Proßnitz (Mähren [Prostějov, Tschechien]), wo seit dem 27. März 1884 die radicale Zeitung »Duch času« (Prostějov; Der Zeitgeist) erschien, mit Franz Hlaváček als Redakteur und Josef Boleslav Pecka bis Juni 1885 als Herausgeber.

Im Juni 1885 ging Josef Boleslav Pecka ins Exil in die USA, nachdem er für sich und seine Mutter von der Genossin Josefa Páleník, eine Fachlehrerin in Brünn, eine Schiffskarte übermittelt bekam. Pecka ließ sich in Chicago (Illinois, USA) nieder, wo er vom Mai 1886 bis Juli 1887 die tschechische anarchistische Zeitung »Práce« (Chicago; Die Arbeit) redigierte und 1886 für die anarchistische Zeitung »Budoucnost« (Chicago; Die Zukunft) schrieb. 1893 bis 1894 arbeitete er auch an der Zeitung »Právo lidu« (Chicago; Das Recht des Volkes) mit. Insbesonders durch seine Ablehnung von Gewalt geriet er seit 1886 immer stärker in Konflikt mit gewissen anarchistischen Kreisen in den USA. Josef Boleslav Pecka, der zuletzt in elenden finanziellen Verhältnissen lebte, starb am 25. Juli 1897 an Tuberkulose.

Adressen

  • Prag, Böhmen [Praha, Tschechien], Hradschin 111 [Hradčany] (Geburtsadresse)
  • Chicago, Illinois, USA, 719 Milwaukee Ave (Sterbeadresse)

Bücher und Broschüren

  1. Sebrané Básně. [/] Jos. Bol. Pecky. V Chicago [Chicago: nákladem »Dělnického Amerického Sokola« 1899, 92 S. Tschechisch: Gesammelte Gedichte. [/] Jos. Bol. Pecky.
  2. Písně proletáře. [/] Josef Boleslav Pecka (Výbor uspořádal a doslovem opatřil František Rut Tichý.) Praha: Mladá fronta 1951 (= Květy české poesie. 16.), 70 S. Herausgeber: František Rut Tichý (1886–1968). Tschechisch: Lieder des Proletariers. [/] Josef Boleslav Pecka (Die Auswahl wurde wortgetreu wiedergegeben und betreut von František Rut Tichý.).

Herausgeber

  1. Zpěvník českých dělnických písní, vydané J. B. Peckou. V Chicagu [Chicago]: [o. V.] [1887], 47 S. Tschechisch: Liederbuch der tschechischen Arbeiterlieder, herausgegeben von J. B. Pecka.
Karte