Josef Bardorf (1847–1922)

Persönliche Daten
Namensvarianten
das ist Joseph Bardorf
Geburtsdatum
19. Dezember 1847
Sterbedatum
12. Mai 1922
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, seit 1873 evangelisch (A. B.)

Vater: Johann Friedrich Wilhelm August Bardorf (Waltershausen, Sachsen-Gotha [Thüringen] um 1814 – Wien Mai 1862): Webergeselle, Seidenzeugmacher; evangelisch (A. K.); Heirat in Reindorf (Niederösterreich [zu Wien 15.]) am 22. November 1841 mit:
Mutter: Juliana Bardorf, geborene Illinger (Nappersdorf [zu Nappersdorf-Kammersdorf], Niederösterreich 13. Februar 1821 – ?), Tochter einer Hausfrau und eines Weinhauers: Hausfrau, dann Branntweinverschleißerin; römisch-katholisch
Bruder: Franz Karl Illinger, mit 3. April 1844 legitimierter Bardorf (Reindorf, Niederösterreich [zu Wien 15.] 4. Mai 1841 – ?)
Schwester: Theresia Bardorf (Reindorf, Niederösterreich [zu Wien 15.] 26.Februar 1843 – 1943)
Ehe: in Wien am 27. April 1873 mit Christine Therese Sennersdorfer (Wien 14. Oktober 1853 – ?): Hausfrau
Tochter: Emilie Bardorf (Basel / Bâle / Basilea, Kanton Basel-Stadt, Schweiz 1877 – ?): Wiener Magistratsbedienstete

Biographie

Josef Bardorf arbeitete zunächst fünf Jahre in einer Fabrik in Gumpendorf (Niederösterreich [zu Wien 6.]), dann als Kellner und begann schließlich 1865 eine Lehre zum Woll- und Seidenfärber, nach deren Abschluss er sich kurzzeitig nach Deutschland begab. Nach Wien zurückgekehrt, schloss er sich der sozialistischen Arbeiterbewegung an. Schon früh zeigte er ein selbstbewusstes Auftreten: Am 23. November 1871 fand im Gasthaus »zum Rauchfangkehrer« in Fünfhaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]) eine freie Arbeiterversammlung der Filiale Fünfhaus des »Arbeiter-Bildungsvereins« statt, bei der es vor allem um den im Vormonat erfolgten Ausschluss des Journalisten und Redakteurs Emil Kaler-Reinthal (1850–1897) aus diesem Verein ging. Bardorf betonte, dass man Kaler-Reinthal vor dessen Ausschluss das Recht hätte geben müssen, sich zu verteidigen. Als im Zuge der Rede eines Gleichgesinnten der Behördenvertreter die Versammlung für aufgelöst erklärte, ergriff Bardorf nochmals das Wort und betonte, dass er die Versammlung auf eigenes Risiko fortsetzen wolle. Erst mithilfe herbeigeholter Sicherheitswachleute konnte dann die Versammlung aufgelöst werden. 1873 war Bardorf Mitbegründer der »Gewerkschaft der Seidenzeugmacher und Weber«, deren Vorstand er wurde. Außerdem wurde er 1876 in das fünfgliedrige Zentralkomitee der »Sozialdemokratischen Arbeiterparte Österreichs« gewählt.

Da Josef Bardorf in Wien keine Arbeit fand, zog er in die Schweiz, kehrte aber 1878 nach Wien zurück und wurde Administrator der sozialdemokratischen Zeitung »Der Sozialist« (Wien). Nach deren Einstellung mit 31. Juli 1879 wurde Bardorf Mitglied des Herausgeberkomitees der Zeitung »Der Proletarier« (Wien), welche aber schon nach der ersten Nummer vom 28. August 1879 verboten wurde. Wegen dieser Zeitung wurde Bardorf im Prozess, der am 3. Jänner 1880 vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Wien stattfand, zu 50 Gulden Geldstrafe, eventuell zehn Tage Arrest, und zu drei Tagen Arrest, verschärft durch einen Fasttag, verurteilt. 1879 übernahm er die Herausgabe des Druckwerks »Allgemeiner österreichischer Arbeiter-Kalender für das Jahr 1879«,1 im September 1880 die Herausgabe vom tendenziell radicalen Druckwerk »Allgemeiner österreichischer Arbeiter-Kalender für das Jahr 1880«.2 Vom Oktober 1879 bis Juli 1880 war Bardorf Mitredakteur, Mitherausgeber und Administrator der radicalen Zeitung »Die Zukunft« (Wien) und gab die einzige, am 30. Dezember 1879 erschienene Nummer der Silvesterzeitung »Sylvesterpunsch. Humoristisches Volksblatt« (Wien) heraus. Bardorf, ein Anhänger der so genannten Gemäßigten, gehörte dem am 15. Februar 1880 gegründeten Agitationskomitee der »Sozialdemokratischen Arbeiterparte Österreichs« an und wurde im August 1880 mit der Ausarbeitung eines Organisationsstatuts geheimer Klubs beauftragt. Josef Bardorf gab – wie er zunächst behauptete – aus materiellen Gründen seine Funktionen bei der Zeitung »Die Zukunft«, auf; später meinte er, dass er von den Radicalen gegangen worden sei.

Josef Bardorf begab sich nun zum Journalisten Karl Kautsky (1854–1938) nach Zürich / Zurich / Zurigo (Kanton Zürich). Hier war er gemeinsam mit Karl Kautsky, dem Lackierergehilfen Johann Ondra (1856–?) und dem Schriftsetzergehilfen Johann Schwarzinger (1846–1928) Gründungsmitglied der am 12. Dezember 1880 gegründeten tschechischen Sektion des »Österreichischen Arbeiterbunds«.

Im Juni 1882 kehrte Josef Bardorf nach Wien zurück. Nunmehr ein führender Vertreter der Gemäßigten, nahm er an der geheimen Vertrauensmännerkonferenz der Wiener Radicalen und Gemäßigten teil, die am 2. Juli 1882 in Wien stattfand, und trat massiv für das allgemeine Wahlrecht ein. Damit war seine endgültige Abwendung von der radicalen Arbeiterbewegung vollzogen.

Am 7. Juli 1882 wurde Josef Bardorf in der konstituierenden Sitzung des »Politischen Vereins ›Wahrheit‹«, seither wichtigste Organisation der Gemäßigten, zum Obmann-Stellvertreter gewählt und war 1885 bis 1886 ObmannAuch auf dem Allgemeinen österreichischen Arbeitertag (Parteitag) der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs«, der am 15. und 16. Oktober 1882 in Brünn (Mähren [Brno, Tschechien]) stattfand, spielte Josef Bardorf noch eine wichtige Rolle für die Gemäßigten. Hier beantragte er, das von Karl Kautsky verfasste Programm auf gesetzlichem Weg zur Durchführung zu bringen. Josef Bardorf nahm auch an der vom Gewerbeausschuss des Österreichischen Reichsrats organisierten Enquete »Über die Arbeitergesetzgebung« teil, welche vom 30. April bis 8. Mai 1883 in Wien stattfand. Er war dann seit Jänner 1884 verantwortlicher Redakteur sowie ab März 1884 auch Verleger und Herausgeber der sozialdemokratischen Zeitung »Wahrheit« (Wien). Diese Funktionen gab er dann auf, als er 1885 Sekretär des neugegründeten »Vereins für Arbeitervermittlung« in Wien wurde.

1889 zog sich Josef Bardorf weitgehend von allen politischen Aktivitäten in der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« zurück und kandidierte bei den Gemeinderatswahlen 1895 sogar für die Freisinnigen (Liberale). Als der »Verein für Arbeitervermittlung« 1898 in das neugegründete Städtische Arbeitsvermittlungsamt eingegliedert wurde, arbeitete er dort als externe Hilfskraft und Vorstand-Stellvertreter bis zu seiner Pensionierung im Februar 1918. Josef Bardorf, der seit 1909 in Brunn am Gebirge (Niederösterreich) lebte, schloss sich hier wieder der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« an.

Adressen

  • Reindorf, Niederösterreich [zu Wien 15.], Reindorf 21 und 22 (Geburtsadresse)
  • Untermeidling, Niederösterreich [zu Wien 12.], Krichbaumgasse 26 (1873)
  • Wien 5., Wehrgasse 2 (1878)
  • Wien 12., Schönbrunner Allee 28, Halbstock, Tür 2 (1908 bis 1909)
  • Brunn am Gebirge, Niederösterreich, Ratzkagasse 2 (Sterbeadresse)

Herausgeber

  1. Oesterreichischer Arbeiter-Kalender für das Jahr 1879. Herausgegeben von Josef Bardorf. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers [1878], 88 S.
  2. Allgemeiner österreichischer Arbeiter-Kalender für das Jahr 1880. Herausgegeben von Josef Bardorf. Wien: Selbstverlag von Josef Bardorf [1879], 88 S.
  3. Arbeiter-Kalender für das Jahr 1883. Herausgegeben von Josef Bardorf. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers 1882, 83 S.
Karte
  • 1

    Vgl. Oesterreichischer Arbeiter-Kalender für das Jahr 1879. Herausgegeben von Josef Bardorf. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers [1878], 88 S.

  • 2

    Vgl. Allgemeiner österreichischer Arbeiter-Kalender für das Jahr 1880. Herausgegeben von Josef Bardorf. Wien: Selbstverlag von Josef Bardorf [1879], 88 S.