Franz Kraus (1859–)

Persönliche Daten
Namensvarianten
tschechische Namensform: František Kraus
Geburtsdatum
1859
Berufe

Ehe: mit Adelheid [?]
Kinder: zwei

Biographie

Franz Kraus absolvierte eine Lehre als Schuhmacher und kam nach Wien, wo er als Schuhmachergehilfe arbeitete und sich der radicalen Arbeiterbewegung anschloss. Am 28. Jänner1883 fand in »Johann Riegl’s Gasthaus« in Hetzendorf (Niederösterreich [zu Wien 12.]) ein von Radicalen veranstaltetes Arbeiterkränzchen statt, bei dem auch zwölf geladene Mitglieder des »Arbeiter-Sängerbundes in Wien« auftraten. Am Ende der Veranstaltung deklamierte Franz Kraus das der Zeitung »Freiheit« (New York) entnommene Gedicht »Petroleum und Dynamit«. Danach wurde noch ein Lied gesungen, wobei anschließend die etwa dreißig Anwesenden im Weggehen in revolutionäre Rufe ausbrachen und sich schließlich nach Schönbrunn (Niederösterreich [zu Wien 13.]) begaben. Nahe dem kaiserlichen Schloss wurden sie von der sie bereits verfolgenden Gendarmerie eingeholt und angehalten. Die Vorstände des Gesangvereins, der Drechslergeselle Lorenz Schmidmayer (1856–?) und der Gürtlergeselle Josef Wiedemann (1857–?), wurden verhaftet. Als Rädelsführer der Aktion eruierten die Behörden Franz Kraus und den erst am 19. Februar 1883 verhafteten Webergehilfen Christian Josef Kraus (1849–?), welche dann gemeinsam mit den inhaftierten Vereinsvorständen in das Bezirksgericht Hernals (Niederösterreich [zu Wien 17.]) eingeliefert wurden. Am 12. März 1883 fand vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Wien wegen der Vorfälle vom 28. Jänner 1883 der Prozess gegen Christian Josef Kraus, Franz Kraus, Lorenz Schmidmayer und Josef Wiedemann statt, angeklagt des Vergehens der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung. Franz Kraus wurde wegen Reversion zu drei Monaten strengem Arrest verurteilt. Christian Josef Kraus, Schmidmayer und Wiedemann wurden freigesprochen. Allerdings wurden die in Bayern gebürtigen Josef Wiedemann am 5. April 1883 und Lorenz Schmidmayer am 9. Juni 1883 wegen Teilnahme an der staatsgefährlichen sozialistischen Propaganda aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) ausgewiesen.

In der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober 1883 wurde in mehreren Vororten Wiens und in Wien selbst die illegale Flugschrift »Ein Mahnruf an das Volk!«, gezeichnet »Im Sommer 1883, mehrere anarchistische Gruppen«, verteilt.1 Deshalb wurden in den frühen Morgenstunden in Wien und Umgebung mehrere Hausdurchsuchungen durchgeführt, insbesondere bei Schuhmachergehilfen. Zwölf Personen wurden wegen der bei ihnen gefundenen verbotenen Druckschriften verhaftet, jedoch später wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Zwei von ihnen, die Schuhmachergehilfen Lajos Hlavacsek (1850–?), der seit achtzehn Jahren unbescholten in Wien lebte, und Ferenc Korwasz (1853–?), seit zwölf Jahren in Wien, wurden jedoch am 1. November 1883 aus Niederösterreich in ihre ungarische Heimat abgeschafft. Die ebenfalls verhafteten Franz Kraus und Johann Pischler (1854–?) wurden erst Mitte November 1883 ohne Anklageerhebung freigelassen. Ebenfalls verhaftet wurden der Büchsenmacher Johann Protz (1858–?) und dessen Schwester, die Näherin Marie Protz (1851–?); auch sie wurden nach einigen Tagen ohne Anklageerhebung aus der Untersuchungshaft entlassen, aber am 1. Februar 1884 aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 aus Wien ausgewiesen. Auch Franz Kraus wurde noch am 1. Februar 1884 aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 aus Wien ausgewiesen. Gleichzeitig wurde er unter Überwachung der Polizei-Direktion Wien gestellt: »362 Kraus Franz, Schuhmacher, geb. 1859 und zuständ. Bautsch, Bez. Sternberg, k., I., klein, schwächl., mit längl. Ges., ges. Gesichtsf., blonden Haaren, nied. Stirne, braunen Augen und Augenbrauen, stumpfer Nase, guten Zähnen, Schnurrb., rundem Kinn, spricht deutsch.«2

Franz Kraus begab sich zunächst in seine Heimat Mähren. Am 19. Dezember 1884 wurde er in Freudenthal (Österreichisch-Schlesien [Bruntál, Tschechien]) mit sozialistischen Druckschriften und mit einen mit sechs Patronen geladenen Revolver bewaffnet verhaftet. Vom 26. Mai bis 5. Juni 1885 fand der Prozess gegen zehn Radicale – unter ihnen Franz Kraus – statt. In diesem Prozess ging es vor allem um das am 16. November 1884 verübte Dynamitattentat auf jenes Amzsgebäude in Sternberg (Mähren [Šternberk, Tschechien]), in welchem sich die Bezirkshauptmannschaft, das Bezirksgericht und das Steueramt befanden. Franz Kraus wurde wegen der Verbrechen des Diebstahls, der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung sowie der Verleitung zur öffentlichen Gewalttätigkeit angeklagt. Unter anderem wurde ihm vorgehalten, in Wien mit dem Maler- und Anstreichergehilfen Josef Peukert (1855–1910) verkehrt zu haben. Franz Kraus wurde zu zwei Jahren schwerem Kerker verurteilt. Danach verliert sich die Spur von Franz Kraus.

Karte
  • 1

    Vgl. [anonym]: Ein Mahnruf an das Volk! [Wien]: [ohne Druckerangabe] 1883, Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 22. Oktober 1883 in Österreich verboten.

  • 2

    [Anonym]: 362 Kraus Franz, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 9 (6. Februar 1884), S. 32.