Josef Müller (1839–1891)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
1839
Sterbedatum
10. Juli 1891
Sterbeort
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, dann konfessionslos
Berufe
Adressen
  • Wohnadresse von Josef Müller 1883

    , Wien (1)
  • Bürgerversorgungshaus, Wien 9., Währinger Straße 45 (Sterbeadresse)

    , Wien
Biographie

Der Blumenmacher Josef Müller war bereits früh Anhänger der sozialistischen Arbeiterbewegung. 1867 war er Mitbegründer und seit Anfang 1880 Ausschussmitglied des Wiener »Arbeiter-Bildungsvereins«. Damals war er bereits Anhänger der radicalen Arbeiterbewegung.1881 soll er nach einer Ausschusssitzung gesagt haben, eine Revolution könnte durch einen Generalstreik, verbunden mit der Verweigerung der Mietzinszahlung, eingeleitet werden. Im Juli 1882 wurde Müller in das Herausgeberkomitee der Zeitung »Die Zukunft« (Wien) gewählt, dem er bis September 1882 angehörte. Im Zuge der der so genannten Merstallinger-Affäre, also dem Überfall auf den Schuhwarenfabrikanten Josef Merstallinger (~1832–?) zwecks Anschaffung einer geheimen Druckerpresse, war Müller im Hochverratsprozess, der vom 8. bis 21. März 1883 vor dem Landes- als Schwurgericht Wien abgehalten wurde, als Vertrauensmann der angeklagten Radicalen anwesend. Bereits im April 1883 gab er die teils zusammengefasst wiedergegebenen Verhandlungsprotokolle im Selbstverlag heraus, was als erste Buchpublikation eines österreichischen Radicalen zu betrachten ist.1 Obwohl diese Publikation mit der damaligen Gesetzeslage in Einklang stand, fand bei ihm am 21. Mai 1883 in seiner Abwesenheit eine Hausdurchsuchung statt, bei welcher die Polizei fünfundsiebzig Exemplare des Buches beschlagnahmte. Eine Woche später wurden weitere zweiundvierzig Stück konfisziert. Müller wurde wegen Verletzung des Pressegesetzes angeklagt, sollte von Karl Lueger (1844–1910) verteidigt werden, doch wurde die für den 12. Juni 1883 angesetzte Verhandlung vertagt.

Nach Verhängung der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 über die Gerichtsbezirke Wien und Korneuburg (Niederösterreich) nahm Josef Müller am 2. Juni 1884 am Pfingstausflug des Wiener »Arbeiter-Sänger-Bundes« nach Leoben (Steiermark) teil, wo er den Genossinnen und Genossen mehrere Exemplare des Buchs von 1883 zur Verbreitung in Bruck an der Mur (Steiermark), Leoben (Steiermark) und Graz (Steiermark) überließ.

Im großen Hochverratsprozess, der vom 26. bis 29. November 1884 vor dem Ausnahmsgericht Wien stattfand, wurden zwanzig Anarchistinnen und Anarchisten des Betreibens der geheimen Druckerei von Wien beziehungsweise Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]) angeklagt, in welcher unter anderem die Untergrundzeitung »Die Zukunft« [Wien / Neulerchenfeld (Wien)] gedruckt worden war. Josef Müller, der nur als Zeuge verhört wurde, bestritt die Behauptung des angeklagten Bandmachergehilfen Ignaz Linsenmayer (1839–?), 60 Gulden für den Druck illegaler Flugschriften zur Verfügung gestellt zu haben.

Josef Müller schloss sich später Victor Adler (1852–1918) an und nahm im Oktober 1888 gemeinsam mit anderen ehemaligen Radicalen an der Besprechung programmatischer Fragen teil, wobei er dem alten Brünner Programm von 1882 den Zusatz beifügen wollte, dass »das Ziel der Partei mit allen zweckdienlichen Mitteln anzustreben sei«. Josef Müller verstarb am 10. Juli 1891 im Bürgerversorgungshaus, Wien 9., Währinger Straße 45.

Adressen

  • Wien 6., Gumpendorfer Straße 78 (1883)
  • Bürgerversorgungshaus, Wien 9., Währinger Straße 45 (Sterbeadresse)

Herausgeber

  1. Der Hochverraths-Proceß und die Affaire Merstallinger gegen Engel, Pfleger, Berndt, Sommer, Schmidt, Gröbner, Spiegel, Krondorfer, Winter, Masur, Motz, Kompoß, Würges, Wagner, Weich, Spahl, Wetz, Buelacher, Treibenreif, Peukert, Kotidek, Stiaßny, Führer, Gams, Kreps, Schenk, Wordak, Heitzer und Hotze. Verhandelt vor dem k.k. Schwurgericht Wien, vom 8.-21. März 1883. Nach den stenographischen Berichten bearbeitet und wahrheitsgetreu wiedergegeben. Herausgegeben von Josef Müller. VII. Bezirk, Gumpendorferstraße 78. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers 1883, 238 S.

Todesanzeigen

  • Arbeiter-Zeitung (Wien), 3. Jg., Nr. 29 (17. Juli 1891), S. 2.
Karte
  • 1

    Vgl. Der Hochverraths-Proceß und die Affaire Merstallinger gegen [Josef] Engel, [Franz] Pfleger, [Wilhelm] Berndt, [Ludwig] Sommer, [Ernst] Schmidt, [Franz] Gröbner, [Berthold] Spiegel, [Robert] Krondorfer, [Josef] Winter, [Karl] Masur, [Franz] Motz, [Johann] Kompoß, [Jacob] Würges, [Theodor] Wagner, [Franz] Weich, [Andreas] Spahl, [Johann] Wetz, [Stefan] Buelacher, [Alois] Treibenreif, [Josef] Peukert, [August] Kotidek, [Josef] Stiaßny, [Wenzel] Führer, [Franz] Gams, [Josef] Kreps, [Anton] Schenk, [Anton] Wordak, [Anna] Heitzer und [Jacobine] Hotze. Verhandelt vor dem k.k. Schwurgericht Wien, vom 8.-21. März 1883. Nach den stenographischen Berichten bearbeitet und wahrheitsgetreu wiedergegeben. Herausgegeben von Josef Müller. VII. Bezirk, Gumpendorferstraße 78. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers 1883, 238 S.