Anna Heitzer (1850–1913)

Persönliche Daten
Namensvarianten
geborene Anna Soßlieber
verheiratete Anna Haitzer
nannte sich: Anna Heitzer
Deckname: Greti Mayer
Geburtsdatum
19. Juli 1850
Sterbedatum
7. Februar 1913
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch

Vater: Jakob Soßlieber (Wiesmath, Niederösterreich 14. August 1808 – ?), Sohn einer Hausfrau und eines Schneidermeisters: Krämer; Heirat in Kirchschlag in der Buckligen Welt (Niederösterreich) am 30. Mai 1843 mit:
Mutter: Eva Soßlieber, geborene Hafenscher (Kirchschlag in der Buckligen Welt, Niederösterreich 12. Juni 1809 – ?), uneheliche Tochter einer Inwohnerin: Hausfrau
Ehe: in Gumpendorf (Niederösterreich [Wien 6.]) am 21. November 1871 mit Martin Haitzer (Kronberg [zu Ulrichskirchen-Schleinbach], Niederösterreich 30. März 1830 – Gumpendorf, Niederösterreich [zu Wien 6.] 7. März 1873), Sohn einer Kleinhäuslerin und eines Kleinhäuslers: Postbriefträger
Lebensgefährte: Anton Schenk (Kamenz, Österreichisch-Schlesien [Kamenec, zu Holasovice, Tschechien] 8. September 1842 – Wolkersdorf im Weinviertel, Niederösterreich 2. März 1927): Sattlergehilfe; Radicaler, Anarchist
Sohn: Anton Haitzer, mit 2. Juni 1913 legitimierter Schenk (Wolkersdorf im Weinviertel, Niederösterreich 19. April 1891 – Wolkersdorf im Weinviertel, Niederösterreich 6. Februar 1934): Sattler- und Tapezierermeister

Biographie

Anna Heitzer kam 1871 nach Gumpendorf (Niederösterreich [zu Wien 6.]), wo sie den Briefträger Martin Haitzer (1830–1873) heiratete, der aber nach kaum eineinhalb Jahren an Tuberkulose verstarb. Um 1880 stieß sie durch ihren Lebensgefährten, den Sattlergehilfen Anton Schenk (1842–1927), zur radicalen Arbeiterbewegung. Mit diesem betrieb sie ab 1881 die Herstellung von Tintenspezialitäten, seit Juni 1883 bis 1891 unter der Bezeichnung »Anton Schenk (Anna Heitzer)«, in Wien 2., Castellezgasse 24. Dieses Unternehmen, in das Anton Schenk hundert Gulden investierte, sollte nach – nicht bewiesener – Meinung des Staatsanwalts dem unauffälligen Studium der Erzeugung von Sprengstoffen sowie der Anschaffung der dazu nötigen Utensilien dienen. Außerdem sei der Reingewinn zur Verwendung für Agitationszwecke bestimmt gewesen.

Unmittelbar verwickelt war Anna Heitzer in die so genannte Merstallinger-Affäre, den von den Tischlergehilfen Josef Engel (~1858–?) und Franz Pfleger (1831–1884) am 4. Juli 1882 verübten Raubüberfall auf den Schuhwarenfabrikanten Josef Merstallinger (1832–?) zur Geldbeschaffung für die radicale Arbeiterbewegung. Anna Heitzer soll 100 Gulden sowie Preziosen, die sie angeblich von Josef Engel erhalten hatte, bei sich verwahrt haben, vom Geld aber am 6. Juli 1882 an die Dienstmagd und nunmehrige Hausfrau Jakobine Hotze (1850–1931) 92 Gulden überbracht haben. Außerdem soll Anna Heitzer von Josef Engel einen Ring im Wert von 28 Gulden und 40 Kreuzern als Geschenk angenommen haben. Im Zuge der großen, im Zusammenhang mit der so genannten Mersatllinger-Affäre vom 23. bis 25. August 1882 durchgeführten Verhaftungswelle wurde auch Anna Heitzer verhaftet. Am 13. Dezember 1882 wurde im Zuge der so genannten Merstallinger-Affäre gegen neunundzwanzig Personen, darunter Anna Heitzer, offiziell Anklage erhoben. Vom 8. bis 21. März 1883 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien der Prozess anlässlich der so genannten Merstallinger-Affäre statt, der von der Staatsanwaltschaft als großer Schau- und Hochverratsprozess gegen die Wiener Radicalen angelegt wurde. Anna Heitzer, die während des Prozesses schwanger war, wurde des Verbrechens der Teilnahme am Raub angeklagt, wurde aber wie die meisten anderen Angeklagten freigesprochen und aus der Haft entlassen.1

Zunächst betrieben Anton Schenk und Anna Heitzer ihre Tintenerzeugung weiter, dürften sich aber bald von der Arbeiterbewegung zurückgezogen haben.

Um 1891 übersiedelte Anna Heitzer mit ihrem Lebensgefährten nach Wolkersdorf im Weinviertel (Niederösterreich), wo Anton Schenk als Sattlermeister arbeitete.

Adressen

  • Wiesmath, Niederösterreich, Wiesmath 24 (Geburtsadresse)
  • Gumpendorf, Niederösterreich [zu Wien 6.], Aegidigasse 16 (1871)
  • Wien 2., Castellezgasse 24 (1881–1891)
  • Wolkersdorf im Weinviertel, Niederösterreich, Wiener Straße 278 (Sterbeadresse)
Karte
  • 1

    Vgl. die vom Radicalen Josef Müller (1839–1891) herausgegebene Schrift: Der Hochverraths-Proceß und die Affaire Merstallinger gegen Engel, Pfleger, Berndt, Sommer, Schmidt, Gröbner, Spiegel, Krondorfer, Winter, Masur, Motz, Kompoß, Würges, Wagner, Weich, Spahl, Wetz, Buelacher, Treibenreif, Peukert, Kotidek, Stiaßny, Führer, Gams, Kreps, Schenk, Wordak, Heitzer und Hotze. Verhandelt vor dem k. k. Schwurgericht Wien, vom 8.–21. März 1883. Nach den stenographischen Berichten bearbeitet und wahrheitsgetreu wiedergegeben. Herausgegeben von Josef Müller. VII. Bezirk, Gumpendorferstraße 78. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers 1883, 238 S.