Franz Motz (1850–1921)

Persönliche Daten
Namensvarianten
das ist Franz Moč
tschechische Namensform: František Moč
Geburtsdatum
22. Juni 1850
Sterbedatum
1921
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, dann konfessionslos, dann wieder römisch-katholisch

Vater: Johann Moč; tschechische Namensform: Jan Moč: Schuhmachermeister; Heirat mit:
Mutter: Josefa Moč, geborene Táborský: Hausfrau
Ehe: standesamtlich in Wien am 25. Mai 1883 und kirchlich in St. Pölten am 23. Juni 1884 mit Johanna Schmid (Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.] 15. April 1857 – St. Pölten, Niederösterreich 22. August 1894), Tochter einer Hausfrau und eines Sattlermeisters: Hausfrau
Tochter: Johanna Anna Schmid, mit 26. Juni 1884 legitimierte Moč (St. Pölten, Niederösterreich 24. Jänner 1884 – St. Pölten, Niederösterreich 16. Juni 1885): als Kleinkind an Lungenentzündung verstorben
Sohn: Johann Nepomuk Moč; später: Johann Motz (St. Pölten, Niederösterreich 25. April 1885 – Wien 8. Jänner 1970): Maschinenschlosser
Sohn: Emmerich Moč; später: Emmerich Motz (St. Pölten, Niederösterreich 6. Juli 1886 – ?)
Sohn: Carl Josef Moč (St. Pölten, Niederösterreich 30. August 1887 – St. Pölten, Niederösterreich 17. Oktober 1887)
Sohn: Joseph Ernst Moč; später: Josef Motz (St. Pölten, Niederösterreich 20. Dezember 1888 – ?): Elektrotechniker, Inhaber eines Geschäfts für elektrotechnische Geräte
Tochter: Johanna Anna Moč (St. Pölten, Niederösterreich 4. Februar 1891 – St. Pölten, Niederösterreich 15. April 1891)

Biographie

Franz Motz, der Deutsch, Ungarisch, Rumänisch und etwas Tschechisch sprach, kam 1878 nach Wien, wo er im Februar 1880 in den Ausschuss des Wiener »Arbeiter-Bildungsvereins« und im August 1880 in das Herausgeberkomitee der Zeitung »Die Zukunft« (Wien) gewählt wurde, dem er bis Jänner 1884 angehörte. Außerdem war Motz vom März bis November 1881 deren Redakteur, und im Juli 1880 zeichnete er als verantwortlicher Revisor der Kassenausweise der Zeitung. Rasch wurde er eine wichtige Persönlichkeit der radicalen Arbeiterbewegung. Als im August 1880 jemand die verbotene Flugschrift »Unserer freudigen Stimmung«1 in der Redaktion der Zeitung »Die Zukunft« hinterließ, fand eine Hausdurchsuchung statt. Franz Motz wurde am 22. August 1880 verhaftet und im Hochverratsprozess, der vor dem Landes- als Schwurgericht Wien vom 10. bis 12. Februar 1881 stattfand, des Verbrechens der Majestätsbeleidigung und des Vergehens der Aufwiegelung durch Verbreitung einer Flugschrift angeklagt, aber freigesprochen. Im April 1881 wurde Motz Redakteur der von Radicalen dominierten Gewerkschaftszeitung »Sozialpolitische Fachzeitung der Metallarbeiter Oesterreichs« (Wien) und blieb in dieser Funktion bis April 1882 tätig. Allerdings zog er sich im November 1881 aus dem Herausgeberkomitee der Zeitung »Die Zukunft« zurück, nachdem er bereits wegen Übertretung des Pressegesetzes bestraft worden war. Dieser Rückzug erfolgte wohl aus taktischen Gründen. Er wollte die geheime Organisation der Radicalen umstrukturieren und durch eine eventuelle Verhaftung seiner Person das Weitererscheinen der Zeitung nicht gefährden. Motz gehörte dem im Oktober 1881 neu formierten Exekutivkomitee der Radicalen an.

Am 6. September 1882, ab zwei Uhr morgens, führten über dreißig Polizisten in Wien und seinen Vororten Hausdurchsuchungen durch, angeblich wegen der jüngsten radicalen Flugschrift »Manifest der sozialrevolutionären Arbeiter-Partei Oesterreichs an das arbeitende Volk«.2 Diese Aktion fand wohl eher im Zusammenhang mit der so genannten Merstallinger-Affäre statt, also dem Überfall auf den Schuhwarenfabrikanten Josef Merstallinger (~1832–?) zwecks Anschaffung einer geheimen Druckerpresse. Unter den sechsundzwanzig verhafteten Wiener Radicalen befand sich auch Franz Most, der aber Mitte Oktober wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Allerdings erhob die Wiener Staatsanwaltschaft am 13. Dezember 1882 im Zuge der so genannten Merstallinger-Affäre offiziell Anklage, auch gegen Motz. Vom 8. bis 21. März 1883 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien der Prozess anlässlich der so genannten Merstallinger-Affäre statt, der von der Staatsanwaltschaft als großer Schau- und Hochverratsprozess gegen die neunundzwanzig Wiener Radicalen angelegt wurde. Franz Motz wurde des Verbrechens des Hochverrats angeklagt, aber freigesprochen; der Staatsanwalt hatte bereits am 16. März 1883 seine Anklage gegen Motz zurückgezogen, da dieser seit 1881 nicht mehr der Arbeiterbewegung angehöre.3

Franz Motz blieb weiterhin eine wichtige Persönlichkeit der Radicalen und nahm im Mai 1883 auch an den Verhandlungen mit den »Klerikal-Feudalen« teil, wobei sein Kontaktmann zur Gruppe um den katholischen Sozialreformer Karl von Vogelsang (1818–1890) der Feinmechaniker Ernest Schneider (1850–1913), ein Christlichsozialer, war. Auch wenn die Verhandlungen dann abgebrochen wurden, erklärte sich Motz bereit, für Ernest Schneider statistisches Material zur Lage der Arbeiterinnen und Arbeiter zu sammeln, wofür ihm über Schneider auch die dazu nötigen Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Dafür bereiste Motz im Juli 1883 die Umgebung Wiens, um statistische Daten über die Arbeits- und Lohnverhältnisse in den niederösterreichischen Fabriken für die Studie zu erheben. Am 5. Juli 1883 wurde er in Berndorf (Niederösterreich) festgenommen und über Veranlassung des Bürgermeisters in das Bezirksgericht Pottenstein (Niederösterreich) eingeliefert, wo er aber nach zwei Verhören am 6. Juli 1883 freigelassen wurde. Auf Verfügung des Bürgermeisters von Pottenstein wurde Motz jedoch vom 6. bis 11. Juli 1883 ohne Anklageerhebung inhaftiert.4

Am 11. Februar 1884 wurde Franz Motz auf Grund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 aus Wien ausgewiesen. Er ging nach St. Pölten (Niederösterreich), wo er sich als Mechaniker etablierte. Hier heiratete er seine bereits in Wien am 25. Mai 1883 standesamtlich geehelichte Johanna Schmid kirchlich nach römisch-katholischem Ritus, wobei der katholische Sozialreformer und christlichsoziale Politiker Franz Graf Kuefstein (1841–1918) und Ernest Schneider Trauzeugen waren. Ernest Schneider war auch Taufpate der ersten drei in St. Pölten geboren Kinder des Ehepaares Motz. Franz Motz stand also noch immer mit Personen aus dem Kreis um Karl von Vogelsang in enger Verbindung. Dies zeigte sich auch bei der am 17. April 1885 durchgeführten Hausdurchsuchung bei Motz, wo bei ihm Briefe von Franz Graf Kuefstein und vom katholischen Sozialreformer und christlichsozialen Politiker Josef Scheicher (1842–1924) gefunden wurden. Angeblich sei Franz Motz daraufhin 1885 oder 1886 in die USA ins Exil gegangen, wo er in New York City (New York, USA) Mitglied des im Dezember 1886 vor allem von österreichischen Sozialrevolutionären, Anarchistinnen und Anarchisten gegründeten »Radikalen Arbeiterbundes« geworden sei, welcher Not leidende Genossinnen und Genossen in Österreich unterstütze sowie die verbotene Druckschriftenpropaganda in und den Schmuggel der Flugschriften nach Österreich förderte. Tatsächlich verblieb Franz Motz in St. Pölten, wo er zunächst ein Unternehmen als Mechaniker betrieb. Im Sommer 1894 erhielt er in Konkurrenz mit mehreren Wiener Firmen den Auftrag, die Feuertelefonleitung für die niederösterreichischen Orte Loosdorf, Inning [zu Hürm], Hürm, Höfing [zu Kematen an der Ybbs] und Kilb zu installieren. Franz Motz, der nunmehr mit der »Deutschen Nationalpartei« sympathisierte, errichtete dann in St. Pölten, Marktgasse 3, später in der Kremsergasse 16, ein bald angesehenes Etablissement für elektrische Licht- und Kraftanlagen, Telefon, Blitzableiter, Luster und Lampen, in welchem er auch elektrotechnische Erfindungen entwickelte. Franz Motz leitete dieses Unternehmen bis zu seinem Tod.

Adressen

  • Wien 6., Gumpendorfer Straße 78 (1882)
  • St. Pölten, Niederösterreich, Lederergasse 5 (1885)
  • St. Pölten, Niederösterreich, Rathausgasse 1 (1886 bis 1888)
  • St. Pölten, Niederösterreich, Rathausgasse 14 (1891)
  • St. Pölten, Niederösterreich, Marktgasse 3 (1894)
Karte
  • 1

    Vgl. [anonym]: Unserer freudigen Stimmung. London: J. NEVE, 22, Percy Street, Tottenham Court Road, London, W. [1880], 1 Bl. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 23. August 1880 in Österreich verboten.

  • 2

    Vgl. [anonym]: Manifest der sozialrevolutionären Arbeiter-Partei Oesterreichs an das arbeitende Volk. [London]: [Druck der socialdemocratischen Genossenschafts-Buchdruckerei »Freiheit«] [1882], später abgedruckt in der Zeitung »Freiheit« (London), 4. Jg., Nr. 31 (23. September 1882) unter dem Titel »Manifest der socialrevolutionären Arbeiterpartei Oesterreichs an das arbeitende Volk«. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 9. September 1882 in Österreich verboten.

  • 3

    Vgl. die vom Radicalen Josef Müller (1839–1891) herausgegebene Schrift: Der Hochverraths-Proceß und die Affaire Merstallinger gegen Engel, Pfleger, Berndt, Sommer, Schmidt, Gröbner, Spiegel, Krondorfer, Winter, Masur, Motz, Kompoß, Würges, Wagner, Weich, Spahl, Wetz, Buelacher, Treibenreif, Peukert, Kotidek, Stiaßny, Führer, Gams, Kreps, Schenk, Wordak, Heitzer und Hotze. Verhandelt vor dem k. k. Schwurgericht Wien, vom 8.–21. März 1883. Nach den stenographischen Berichten bearbeitet und wahrheitsgetreu wiedergegeben. Herausgegeben von Josef Müller. VII. Bezirk, Gumpendorferstraße 78. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers 1883, 238 S.

  • 4

    Vgl. [Karl von Vogelsang / Ernest Schneider]: Die materielle Lage des Arbeiterstandes in Oesterreich. I. Abtheilung. Textil- und Bekleidungs-Industrie. Wien: Verlag von Heinrich Kirsch 1883, 69 S; [Karl von Vogelsang / Ernest Schneider]: Die materielle Lage des Arbeiterstandes in Oesterreich. II. Wien: Verlag von Heinrich Kirsch 1884, 96 S.; [Karl von Vogelsang / Ernest Schneider]: Die materielle Lage des Arbeiterstandes in Oesterreich. III. Wien: Verlag von Heinrich Kirsch 1884, 102 S.