Wilhelm Bernt (1841–)

Persönliche Daten
Namensvarianten
tschechische Namensform: Vilém Bernt
falsche Namensschreibweise: Wilhelm Berndt
Geburtsdatum
1841
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, dann konfessionslos

LebensgefährtinMargaretha Meixner, geborene Abraham (Kollautschen, Böhmen [Koloveč, Tschechien] um 1835 – ?), Tochter einer Hausfrau und eines Schneidermeisters: Hausfrau
Kinder (aus der Ehe seiner Lebensgefährtin): drei

Biographie

Wilhelm Bernt, Sohn einer Hausfrau und eines Maurers, absolvierte eine Tischlerlehre und legte die Meisterprüfung ab. 1867 übersiedelte er nach Wien, wo er sich 1868 der Arbeiterbewegung anschloss. Bernt, nunmehr Ausschussmitglied des Wiener »Fachvereins der Tischler«, wurde am 15. Februar 1880 in das Agitationskomitee der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs« gewählt. Rasch wurde er zu einem wichtigen Vertreter der radicalen Arbeiterbewegung. Am 26. November 1880 wurde Wilhelm Bernt wegen der so genannten Bambus-Affäre – der am 26. September 1880 aufgedeckte Schmuggel der Zeitung »Freiheit« (London) sowie in London (England) gedruckter Flugschriften in Bambusrohren – verhaftet. Der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung durch Verbreitung eines verbotenen Flugblatts beschuldigt, wurde er erst am 17. Februar 1881 mangels Beweise wieder freigelassen.

Im Dezember 1880 gründeten Wilhelm Bernt, der Schneidergehilfe und nunmehrige Kellner Franz Gröbner (1856–?), der Geschäftsdiener Robert Krondorfer (~1853–?), der Handschuhmacher Berthold Spiegel (~1854–?), der Anstreicher Franz Weich (1855–?) und der Anstreichergeselle Jakob Würges (1842–1895) den geheimen Club »Nummer II«, der sich wöchentlich im Gasthaus »zu den drei Bindern« (Rudolf Hammer) in Wien 8., Brunngasse 5 [Josefstädter Straße 101 / Blindengasse 32], traf, wo Franz Gröbner als Kellner arbeitete. Allerdings war Bernt bei der Gründung des Clubs nicht dabei, weil er ja wegen der so genannten Bambus-Affäre in Untersuchungshaft war. Der geheime Club, einer der wenigen, dessen Angehörige namentlich bekannt sind, löste sich im Sommer 1881 aus Misstrauen gegenüber Jakob Würges auf.

Im Oktober 1881 wurde Wilhelm Bernt in das Exekutivkomitee der Radicalen gewählt, aus welchem 1882 wohl auf Initiative des Maler- und Anstreichergehilfen Josef Peukert (1855–1910) die geheime Zentralleitung hervorging. Bernt nahm auch an der Volksversammlung zur Tagesordnung »Die Forderungen der Arbeiter« teil, welche am 24. Oktober 1881 in »Zobel’s Bierhalle« (Franz Zobel) in Fünfhaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]), Gasgasse 4–6 / Zwölfergasse 3–15, stattfand. Auf dieser wurde vor den rund zweitausend Arbeitern von »Arbeiter-Bataillonen« gesprochen und von einem »Sturme, der aus Russland zu uns herüberdringen« werde. Wilhelm Bernt war am 4. Dezember 1881 auch an der so genannten Affäre »zum grünen Thor« beteilig (siehe Eduard Doleschal). Damals versammelten sich rund hundertfünfzig Personen im Gasthaus »zum grünen Thor« (Franz Josef Markert) in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 8.]), Lerchenfelder Straße 17, um das Barbarafest zu feiern. Dabei setzten erstmals Wiener Arbeiterinnen und Arbeiter den gegen ihre Versammlung einschreitenden Behörden – zweifellos spontanen – Widerstand entgegen. Kurz darauf übernahm Bernt vom Tischlergehilfen Adolf Sloup (1850–?) 100 Gulden für die Anschaffung einer geheimen Druckerpresse zum Druck revolutionärer Druckschriften. Das Geld stammte aus den Erträgnissen des Tischler-Michaeli-Festes des »Fortbildungsvereins der Tischler Wiens«, welches am 2. Oktober 1881 in »Zobel’s Bierhalle« stattgefunden hatte. Am 16. Jänner 1882 fand vor dem Landes- als Erkenntnissenat Wien wegen der Volksversammlung vom 24. Oktober 1881 der Prozess gegen den Kunsttischlermeister Wenzel Führer (1853–nach 1922) sowie die Tischlergehilfen Heinrich Hotze (1851–1891) und Johann Kompoß (1842–192?) sowie gegen Wilhelm Bernt statt, welcher des Vergehens der Aufreizung angeklagt wurde. Bernt wurde zu zwei Monaten Arrest, verschärft mit einem Fasttag in jedem Monat, verurteilt.

Als sich Heinrich Hotze im Mai 1882 in einer Sitzung eines geheimen Clubs für die Beschaffung von Geld für Agitationszwecke um jeden Preis aussprach, selbst mittels Anwendung von Gewalt, begannen die Vorbereitungen für die so genannte Merstallinger-Affäre, also den Überfall auf den Schuhwarenfabrikanten Josef Merstallinger (~1832–?) zwecks Anschaffung einer geheimen Druckerpresse. Auch Wilhelm Bernt wurde für die Beteiligung am Überfall angeworben, doch lehnte er ab. Am 4. Juli 1882 überfielen dann die Tischlergehilfen Josef Engel (~1858–?) und Franz Pfleger (1831–1884) den Schuhwarenfabrikanten Josef Merstallinger in Wien 7., Zieglergasse 8. Nach dem Attentat soll gemäß den gerichtlichen Feststellungen Wilhelm Bernt in Rudolfsheim (Niederösterreich [zu Wien 14.]) im Auftrag von Heinrich Hotze vom Miederfabrikanten Franz Gams (1851–?) ein Paket mit 70 Gulden Silbergeld angenommen und vier Gulden für sich behalten haben. Außerdem soll er einen Teil der Preziosen bei sich im Kellerlokal, einen anderen Teil dem Goldarbeitergehilfen Wenzel Sappé (~1856–?) verkauft haben. Am 25. Juli 1882 fand bei Bernt im Zusammenhang mit der so genannten Merstallinger-Affäre eine Hausdurchsuchung statt, aber verhaftet wurde er erst am 24. August 1882 und am 27. August 1882 wieder freigelassen. Am 13. Dezember 1882 erhob die Wiener Staatsanwaltschaft wegen der so genannten Merstallinger-Affäre offiziell Anklage gegen neunundzwanzig Personen, darunter auch gegen Wilhelm Bernt. Vom 8. bis 21. März 1883 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien der Prozess anlässlich der so genannten Merstallinger-Affäre statt, der von der Staatsanwaltschaft als großer Schau- und Hochverratsprozess gegen die Wiener Radicalen angelegt wurde. Wilhelm Bernt wurde der Verbrechen des Hochverrats und der Teilnahme am Raub angeklagt. Er wurde zwar vom Verbrechen des Hochverrats freigesprochen, aber wegen Teilnahme am Raub zu zwei Jahren schwerem Kerker, verschärft durch einen Fasttag monatlich, verurteilt.1 Bernt war mittlerweile in Verruf geraten, weil er während der polizeilichen Einvernahmen umfangreiche und teils die Mitangeklagten belastende Aussagen getätigt hatte, die er allerdings im Prozess teilweise widerrief. Man hatte ihm bei den Einvernahmen gedroht, seine Lebensgefährtin Margaretha Meixner (~1835–?) zu verhaften und ihre drei Kinder in ein Waisenhaus zu stecken.

Nach seiner Haftentlassung zog sich Wilhelm Bernt aus der Arbeiterbewegung zurück. Er wohnte zwar nach wie vor in Rudolfsheim (Niederösterreich [zu Wien 15.]), wo er bereits 1883 in Wien 7., Neubaugasse 44, eine Kistentischlerei eröffnet hatte, die er bis etwa 1889 betrieb.

Adressen

  • Wien 6., Wallgasse 32 (1874)
  • Rudolfsheim, Niederösterreich [zu Wien 15.], Goldschlagstraße 40 (Wohnung; 1875–1889)
  • Wien 7., Neubaugasse 44 (Geschäft; 1883–1889)
Karte
  • 1

    Vgl. die vom Radicalen Josef Müller (1839–1891) herausgegebene Schrift: Der Hochverraths-Proceß und die Affaire Merstallinger gegen Engel, Pfleger, Berndt, Sommer, Schmidt, Gröbner, Spiegel, Krondorfer, Winter, Masur, Motz, Kompoß, Würges, Wagner, Weich, Spahl, Wetz, Buelacher, Treibenreif, Peukert, Kotidek, Stiaßny, Führer, Gams, Kreps, Schenk, Wordak, Heitzer und Hotze. Verhandelt vor dem k. k. Schwurgericht Wien, vom 8.–21. März 1883. Nach den stenographischen Berichten bearbeitet und wahrheitsgetreu wiedergegeben. Herausgegeben von Josef Müller. VII. Bezirk, Gumpendorferstraße 78. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers 1883, 238 S.