Franz Gröbner (1856–)

Persönliche Daten
Namensvarianten
tschechische Namensform: František Gröbner
Geburtsdatum
1856
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch
Berufe
Biographie

Franz Gröbner, Sohn einer Hausfrau und eines Kammmachers, kam 1873 als Schneidergehilfe nach Wien. Da er bis 1875 in seinem erlernten Beruf keine Arbeit finden konnte, wurde er Kellner, seit 1879 im Gasthaus »zu den drei Bindern« (Rudolf Hammer) in Wien 8., Brunngasse 5 [Josefstädter Straße 101 / Blindengasse 32]. Schon früh schloss er sich der radicalen Arbeiterbewegung an. Am 19. September 1880 wurde er wegen Verbreitung der Zeitung »Freiheit« (London) angezeigt, doch wurde das Verfahren eingestellt. Im Dezember 1880 gründete Franz Gröbner gemeinsam mit dem Tischlermeister Wilhelm Bernt (1841–?), dem Weber und nunmehrigen Kellner Robert Krondorfer (1853–?), dem Handschuhmachergehilfen Berthold Spiegel (~1854–?), dem Maler- und Anstreichergehilfen Franz Weich (1855–1925) und dem Anstreichergesellen Jakob Würges (1842–1895) den geheimen Club »Nummer II«, der sich wöchentlich im Gasthaus »zu den drei Bindern« traf und der sich im Juli 1881 aus Misstrauen gegenüber Jakob Würges auflöste. Zu dieser Zeit gehörte Franz Gröbner vermutlich auch der Zentralleitung der »Sozialistischen Arbeiterpartei Österreichs« an. Im ersten großen Wiener Radicalen-Prozess gegen vierzehn Radicale, der vom 10. bis 12. Februar 1881 (eigentlich bis zum Morgen des 13. Februar 1881) vor dem Landes- als Schwurgericht Wien verhandelt wurde, wurde Gröbner als Vertrauensmann nominiert. Am 4. Dezember 1881 war Gröbner auch in die so genannte Affäre »zum grünen Thor« verwickelt. An diesem Tag feierten etwa sechzig Arbeiter mit ihren Familien, zusammen rund 150 Personen, im Gasthaus »zum grünen Thor« (Franz Josef Markert) in Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 8.]), Lerchenfelder Straße 17, das Barbarafest und leisteten der einschreitenden Exekutive Widerstand. Gröbner kam anlässlich des nachfolgenden Tumults wegen Vergehens des Auflaufs in Untersuchungshaft, wurde dann jedoch ohne Anklageerhebung freigelassen. Anlässlich der so genannten Affäre »zum grünen Thor« setzten Wiener Arbeiterinnen und Arbeiter erstmals den gegen ihre Versammlung einschreitenden Behörden – zweifellos spontanen – Widerstand entgegen (siehe Eduard Doleschal).

Am 6. September 1882, ab zwei Uhr morgens, führten über dreißig Polizisten neuerlich Hausdurchsuchungen durch, angeblich wegen der jüngsten radicalen Flugschrift »Manifest der sozialrevolutionären Arbeiter-Partei Oesterreichs an das arbeitende Volk«.1 Diese Aktion fand wohl eher im Zusammenhang mit der so genannten Merstallinger-Affäre statt, also dem Überfall auf den Schuhwarenfabrikanten Josef Merstallinger (~1832–?) zwecks Anschaffung einer geheimen Druckerpresse. Unter den sechsundzwanzig verhafteten Wiener Radicalen befand sich auch Franz Gröbner, bei dem im Zuge einer Hausdurchsuchung unter anderem Abbildungen und Fotos des Revolutionärs Jean-Paul Marat (1743–1793), des Freidenkers und Schriftstellers Ludwig Richard Zimmermann (1838–1879), der Revolutionärin Sofja Lwowna Perowskaja ‹Софья Львовна Перовская› (1853–1881) und des sozialdemokratischen Arbeiterführers Ferdinand Lassalle (1825–1864) beschlagnahmt wurden. Gegen den in Untersuchungshaft befindlichen Gröbner erhob die Wiener Staatsanwaltschaft am 13. Dezember 1882 im Zuge der so genannten Merstallinger-Affäre offiziell Anklage. Vom 8. bis 21. März 1883 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien der Prozess anlässlich der so genannten Merstallinger-Affäre statt, der von der Staatsanwaltschaft als großer Schau- und Hochverratsprozess gegen die neunundzwanzig Wiener Radicalen angelegt wurde. Gröbner wurde des Verbrechens des Hochverrats angeklagt, aber freigesprochen.2

Franz Gröbner wurde aufgrund der Ausnahmsverordnugen vom 30. Jänner 1884 am 11. Februar 1884 aus deren Geltungsbereich ausgewiesen: »482 Gröbner Franz, Kellner, geb. 1856 u. zust. Ronsperg, Bez. Bischofteinitz, I., mittelgroß, stark, mit ovalem Gesicht, bId. H. u. Augenbr., gr. Augen, spitzer Nase, bld. Schnurrb., gewölbte Stirn, deutsch sprechend.«3

Im April 1886 ging Franz Gröbner ins Exil in die USA, wo er sich in New York City (New York, USA) niederließ.

Die Zukunft (Wien) 1882

Karte
  • 1

    Vgl. [anonym]: Manifest der sozialrevolutionären Arbeiter-Partei Oesterreichs an das arbeitende Volk. [London]: [Druck der socialdemocratischen Genossenschafts-Buchdruckerei »Freiheit«] [1882], später abgedruckt in der Zeitung »Freiheit« (London), 4. Jg., Nr. 31 (23. September 1882) unter dem Titel »Manifest der socialrevolutionären Arbeiterpartei Oesterreichs an das arbeitende Volk«. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 9. September 1882 in Österreich verboten.

  • 2

    Vgl. die vom Radicalen Josef Müller (1839–1891) herausgegebene Schrift: Der Hochverraths-Proceß und die Affaire Merstallinger gegen Engel, Pfleger, Berndt, Sommer, Schmidt, Gröbner, Spiegel, Krondorfer, Winter, Masur, Motz, Kompoß, Würges, Wagner, Weich, Spahl, Wetz, Buelacher, Treibenreif, Peukert, Kotidek, Stiaßny, Führer, Gams, Kreps, Schenk, Wordak, Heitzer und Hotze. Verhandelt vor dem k. k. Schwurgericht Wien, vom 8.–21. März 1883. Nach den stenographischen Berichten bearbeitet und wahrheitsgetreu wiedergegeben. Herausgegeben von Josef Müller. VII. Bezirk, Gumpendorferstraße 78. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers 1883, 238 S.

  • 3

    [Anonym]: 482 Gröbner Franz, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 11 (13. Februar 1884), S. 39.