Johann Slezák (1851–1907)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Vater: Jan Slezák; deutsche Namensform: Johann Slezák (Königgrätz, Böhmen [Hradec Králové, Tschechien] 1820 – ?), Sohn einer Häuslerin und eines Häuslers: Inwohner; Heirat mit:
Mutter: Anna Slezák, geborene Klučký (Dobrženitz, Böhmen [Dobřenice, Tschechien] um 1822 – ?), Tochter einer Häuslerin und eines Häuslers: Inwohnerin
Bruder: Franz Slezák (Dobrženitz, Böhmen [Dobřenice, Tschechien] 30. September 1856 – ?): Schneidergehilfe
Ehe: in Schöneberg (Preußen [zu Berlin, Berlin]) am 2. November 1878 mit Ottilie Nessel; in den USA: Otilda Slezak (Neubrück, Preußen [Wartosław, Polen] 12. Juli 1859 – Town of Eastchester, New York, USA 25. Oktober 1942): Hausfrau
Tochter: Johanna Slezák, seit 14. März 1898 verheiratete Schultz; in den USA: Johanna Slezak (Schöneberg, Preußen [zu Berlin, Berlin] 14. Mai 1877 – New York City, New York, USA 25. September 1936): Hausfrau
Tochter: Fannie Slezák, seit 18. August 1898 verheiratete Loester, ab 27. August 1941 verheiratete Reinhardt; in den USA: Fannie Slezak (Wien 4. Februar 1879 – Town of Poughkeepsie, New York, USA 13. August 1946): Hausfrau
Sohn: Max Slezák; in den USA: Max Slezak (Wien 25. August 1882 – New York City, New York, USA 25. September 1948): Kaufmann
Tochter: Bertha Slezák, seit 4. Oktober 1903 verheiratete Gramer; in den USA: Bertha Slezak (Wien 17. Mai 1883 – New York City, New York, USA 17. August 1957): Hausfrau
Tochter: Otylie Slezak, seit 8. November 1904 verheiratete Roberts; genannt Otilda Slezak, Tillie Slezak (New York City, New York, USA 4. Oktober 1886 – New York City, New York, USA 9. Februar 1950): Hausfrau
Sohn: John Slezak (New York City, New York, USA 1. Februar 1891 – Town of Eastchester, New York, USA 18. April 1944): Mechaniker
Tochter: Minnie Slezak, seit 25. Februar 1917 verheiratete Kroetz (New York City, New York, USA 20. Juni 1893 – City of Stamford, Connecticut, USA 30. September 1979): Hausfrau
Tochter: Hattie Slezak (New York City, New York, USA April 1896 – New York City, New York, USA 8. Oktober 1902)
Tochter: Adelina Silvia Slezak, seit 12. September 1921 verheiratete Harms (New York City, New York, USA 10. April 1898 – im Broward County, Florida 22. Mai 1983)
Sohn: William Slezak (New York City, New York, USA 14. April 1900 – New York City, New York, USA 16. März 1902)
Biographie
Johann Slezák absolvierte eine Tischlerlehre und kam 1867 als Tischlergehilfe kurz nach Wien, hielt sich dann aber von 1867 bis 1878 in Dresden (Sachsen), Berlin (Preußen [Berlin]), Königstein (Bayern) und Schöneburg (Preußen [zu Berlin, Berlin]) auf, wo er 1878 Ottilie Nessel (1859–1942) heiratete.
1878 kehrte Johann Slezák nach Wien zurück, wo er 1879 dem »Fortbildungs- und Unterstützungsverein der Tischler« beitrat und im August 1880 in dessen Ausschuss gewählt wurde. Rasch wurde Slezák ein wichtiger Vertreter der radicalen Arbeiterbewegung. Nach der behördlichen Auflösung des »Fortbildungs- und Unterstützungsvereins der Tischler« im September 1880 soll Slezák im November 1880 Obmann eines geheimen Tischler-Clubs gewesen sein.
Am 5. Dezember 1880 wurde in den Vororten Wiens das in London (England) gedruckte Flugblatt »Der Reichsrath ist wieder einmal versammelt«1 verstreut. Dies führte noch am selben Abend, aber auch an den folgenden Tagen, zu einer Verhaftungswelle gegen Radicale in Wien und den Vororten. Nach Hausdurchsuchungen wurden wegen Verbreitung verbotener Druckwerke neun Radicale verhaftet, darunter auch Johann Skezák. Die Untersuchung gegen ihn wurde jedoch am 17. Februar 1881 mangels Tatbestands ohne Anklageerhebung eingestellt.
Am 6. September 1882 führten über dreißig Polizisten die zweite große Verhaftungswelle dieses Jahres durch, angeblich wegen der jüngsten radicalen Flugschrift »Manifest der sozialrevolutionären Arbeiter-Partei Oesterreichs an das arbeitende Volk«,2 wobei sechsundzwanzig Wiener Radicale verhaftet wurden, darunter auch Johann Slezák. Tatsächlicher Grund für diese Verhaftungswelle war wohl die so genannte Merstallinger-Affäre, also der von den Tischlergehilfen Josef Engel (~1858–?) und Franz Pfleger (1831–1884) am 4. Juli 1882 verübte Raubüberfall auf den Schuhwarenfabrikanten Josef Merstallinger (~1832–?) zur Geldbeschaffung für die radicale Arbeiterbewegung. Slezák wurde erst am 17. November 1882 ohne Anklageerhebung aus der Untersuchungshaft entlassen.
Am 15. März 1883 erschien die erste Nummer der Untergrundzeitung »Erste Freie Presse Cisleithanien’s« [Inzersdorf (Wien)], die im Auftrag des Schriftsetzers und Redakteurs Eduard Milý (1858–1923) in der Wohnung von Johann Slezák, Wien 10., Goethegasse 18, wo er mit seinem Bruder, dem Schneidergehilfen Franz Slezák (1856–?), wohnte, vom Schriftsetzer Ferdinand Hübner (~1860–1897) hergestellt wurde. Mitte Mai 1883 erschien mit dem Untertitel »Reaction – Revolution« die zweite Nummer der Untergrundzeitung »Erste Freie Presse Cisleithaniens« [Inzersdorf (Wien)], wieder in der Wohnung von Johann Slezák hergestellt, gesetzt von Ferdinand Hübner, gedruckt vom Tischlergehilfen Johann Ehn (1852–1937) und dessen Lebensgefährtin Franziska Faber in Inzersdorf (Niederösterreich [zu Wien 10.]). In der Nacht vom 14. auf den 15. August 1883 wurde erstmals die in Inzersdorf hergestellte Flugschrift »Mahnruf an alle Arbeiter und Männer des Volkes«3 in mehreren Bezirken Wiens ausgestreut. Darin wurde unter anderem die Kronprinzessin Stephanie von Österreich-Ungarn (1864–1945) anlässlich der bevorstehenden Geburt ihrer Tochter, der Erzherzogin Elisabeth Marie von Österreich-Ungarn (1883–1963) – sie wurde unter dem Ehenamen Elisabeth Marie Petznek 1925 Mitglied der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« – in recht deftigen Worten geschmäht. Dieses Flugblatt wurde vom selben Team in der Wohnung von Johann Slezák hergestellt. Dies gilt auch für das am 22. Oktober 1883 in Graz (Steiermark) erstmals aufgetauchte Flugblatt, »Arbeiter! Große Krankheiten […] [/] Dělníci! Vzbůru lide pracujici […]«.4 Es war dies das erste zweisprachige Flugblatt der Radicalen Wiens, wobei der tschechische Text keine Übersetzung des deutschen darstellt, sondern ein eigenständiger ist. Da die alte Druckpresse nicht mehr gut genug war, wurde sie nach diesem Flugblatt von Johann Slezák und dem Schlossergehilfen Johann Rouget (1847–1893) aus der Wohnung von Johann Ehn nach Altmannsdorf (Niederösterreich [zu Wien 12.]), Laxenburger Straße 67 [Altmannsdorfer Straße], gebracht. Schließlich erschien noch am 4. November 1883 die erste und einzige Nummer der tschechischen Untergrundzeitung »Lipanské červánky« (Genf [recte Wien – Inzersdorf (Wien)]; Die Morgenröte von Lipany), nunmehr vom Schlossergehilfen Valentin Horatlik (1857–?) gesetzt und in Inzersdorf in der Wohnung von Johann Ehn gedruckt. Dazu wurde bereits eine von Valentin Horatlík und Johann Slezák neu hergestellte Druckerpresse benutzt. Der Zeitungstitel ist eine Anspielung auf die »Bitva u Lipan« (Schlacht bei Lipan) nahe dem Dorf Lipan (Böhmen [Lipany, zu Vitice, Tschechien]), wo sich am 30. Mai 1434 radikale Hussiten (Taboriten) und eine Koalition von Utraquisten und Katholiken gegenüberstanden. Diese Schlacht endete mit einem fürchterlichem Gemetzel. Die Schlachte endete mit der grausamen Ermordung und Verbrennung eines Großteils der Taboriten. Schließlich wurde Johann Slezák der Boden in Wien zu heiß und er verließ am 5. November 1883 Wien. Tatsächlich wurde die geheime Druckerei am 18. November 1883 von der Polizei entdeckt. Im Jänner 1884 schrieb das Landesgericht Wien Slezák wegen der Verbrechen des Hochverrats, der Störung der öffentlichen Ruhe, der Majestätsbeleidigung, der Beleidigung der Mitglieder das kaiserlichen Hauses und der versuchten Verleitung zum Mord zur Fahndung aus.
Johann Slezák ging noch im November 1883 in die USA ins Exil. Hier ließ er sich mit seiner Familie in New York City (New York, USA) nieder. Er wurde auch Mitglied des im Dezember 1886 vor allem von österreichischen Sozialrevolutionären, Anarchistinnen und Anarchisten in New York City gegründeten »Radikalen Arbeiterbunds«, der Not leidende Genossinnen und Genossen in Österreich-Ungarn unterstützte, die verbotene Druckschriftenpropaganda in und den Schmuggel der Flugschriften nach Österreich förderte und der – nach Meinung der österreichischen Polizei – der Vorbereitung von Aktionen im Rahmen der Propaganda der Tat diente. Johann Slezák, seit 12. Juni 1890 US-amerikanischer Staatsbürger, arbeitete hier als Tischler.
Adressen
- Dobrženitz, Böhmen [Dobřenice, Tschechien], Dobrženitz 9 (Geburtsadresse)
- Wien 10., Goethegasse 18 (1883)
Mitarbeiter*innen an Periodika
- Die Zukunft (Wien) 1881 bis 1882
- Erste Freie Presse Cisleithanien's [Inzersdorf (Wien)] 1883
- Lipanské červánky (Genf [recte Wien – Inzersdorf (Wien)]; Die Morgenröte von Lipany) 1883
Kategorien
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Autor: Reinhard Müller
Version: Juni 2024
Anarchistische Bibliothek | Archiv | Institut für Anarchismusforschung | Wien
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Karte
- 1
Vgl. [anonym]: Der Reichsrath ist wieder einmal versammelt. [London]: [Druck der socialdemocratischen Genossenschafts-Buchdruckerei »Freiheit«] [1880], Flugblatt, später abgedruckt in der Zeitung »Freiheit« (London) vom 12. Februar 1881. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 13. Dezember 1880 in Österreich verboten.
- 2
Vgl. [anonym]: Manifest der sozialrevolutionären Arbeiter-Partei Oesterreichs an das arbeitende Volk. [London]: [Druck der socialdemocratischen Genossenschafts-Buchdruckerei »Freiheit«] [1882], später abgedruckt in der Zeitung »Freiheit« (London), 4. Jg., Nr. 31 (23. September 1882) unter dem Titel »Manifest der socialrevolutionären Arbeiterpartei Oesterreichs an das arbeitende Volk«. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 9. September 1882 in Österreich verboten.
- 3
Vgl. [anonym]: Mahnruf an alle Arbeiter und Männer des Volkes. [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn und Franziska Faber] [1883], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 16. August 1883 in Österreich verboten.
- 4
Vgl. [anonym]: Arbeiter! Große Krankheiten […] [/] Dělníci! Vzbůru lide pracujici […]. [Inzersdorf (Wien)]: [Johann Ehn und Franziska Faber] [1883], Flugblatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Graz vom 2. November 1883 in Österreich verboten.