Franz Schustaczek (1850–1908)

Persönliche Daten
Namensvarianten
das ist Franz Seraphin Schustáczek
falsche Schreibweise: Franz Schustazek
Geburtsdatum
23. Juli 1850
Sterbedatum
20. Mai 1908
Sterbeort
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, dann konfessionslos
Berufe

Weber, Brotausführer, Redakteur, Zeitungsherausgeber, Gewerkschaftsfunktionär

Vater: Franz Schustáczek; tschechische Namensform: František Schustáczek (Retschitz, Mähren [Řečice (okres Pelhřimov), Tschechien] um 1821 – ?), Sohn einer Bäuerin und eines Bauern: Webermeister; Heirat in Penzing (Niederösterreich [zu Wien 14.]) am 14. Oktober 1849 mit:
Mutter: Clara Schustáczek, geborene Stadler (Braunhirschen, Niederösterreich [zu Wien 15.] 22. April 1827 – Penzing, Niederösterreich [zu Wien 14.] 16. Juli 1885), Tochter eines Webermeisters: Hausfrau
Bruder: Joseph Schustáczek (Penzing, Niederösterreich [zu Wien 14.] 21. September 1851 – ?): Gürtler
Bruder: Carl Schustáczek (Penzing, Niederösterreich [zu Wien 14.] 14. Juni 1853 – ?)
Bruder: Ludwig Schustáczek (Penzing, Niederösterreich [zu Wien 14.] 28. Dezember 1854 – ?)
Schwester: Maria Schustáczek (Penzing, Niederösterreich [zu Wien 14.] 22. August 1856 – ?)
Ehe: keine
Kinder: keine

Biographie

Der Webergehilfe Franz Schustaczek, Sohn einer Hausfrau und eines Webermeisters, war seit 1871 in der Arbeiterbewegung in Wien tätig, wo er zu einer wichtigen Persönlichkeit der radicalen Arbeiterbewegung wurde. Im August 1881 wurde er zum Obmann-Stellvertreter des 1879 in Wien gegründeten »Gehilfenverbandes der Stuhlarbeiter und Stuhlarbeiterinnen« gewählt. 1882 soll er dem Agitations-Comité der Wiener Radicalen angehört haben und im Juni 1882 wurde Schustaczek in das Herausgeberkomitee der Zeitung »Die Zukunft« (Wien) gewählt, dem er bis März 1883 angehörte, und fungierte außerdem vom Mai 1882 bis März 1883 als deren Administrator und im Juni, Juli, September und Oktober 1882 als verantwortlicher Redakteur. Vom August 1882 bis April 1883 verwaltete er auch den Inhaftiertenfonds der Wiener Radicalen. Wegen illegaler Verbreitung der behördlich verbotenen Zeitung »Die Zukunft« vom 1. September 1882 wurde Schustaczek im November 1882 zu einer Geldstrafe von 50 Gulden, eventuell zehn Tage Arrest, verurteilt. In seiner Funktion als Administrator der Zeitung »Die Zukunft« gab Schustaczek Ende 1882 auch den »Oesterreichischen Arbeiter-Kalender für das Jahr 1883«1 heraus, was ihm im Februar 1883 eine Anklage wegen Übertretung der §§ 300, 302 und 305 Strafgesetz und eine Verurteilung zu zehn Tagen Arrest einbrachte. Schustaczek, der 1883 offensichtlich der Parteileitung angehörte, nahm im Frühjahr 1883 auch an den Verhandlungen mit den Klerikalfeudalen um den katholischen Sozialreformer Karl Freiherr von Vogelsang (1818–1890) teil und war im April 1883 nominierter Vertreter des Fachvereins der Stuhlarbeiter bei der Enquête über die Frage der Arbeitsordnung. Schustaczek war 1882 bis 1883 einer der wichtigsten Redner der Wiener Radicalen und fungierte als Redner bei der Volksversammlung vom 25. März 1882 in »Zobel’s Bierhalle« (Franz Zobel) in Fünfhaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]), Gasgasse 4–6 / Zwölfergasse 3–15, wo er als Radicaler erstmals öffentlich gegen das Wahlrecht Stellung bezog. Im Februar 1883 gab Schustaczek auch die einzige Nummer der Faschingszeitung »Dinamit-Bombe« (Wien) heraus, die aber sofort beschlagnahmt wurde.

Franz Schustaczek wurde aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 am 21. Februar 1884 aus Wien ausgewiesen und in Penzing (Niederösterreich) [Wien 14.]) konfiniert, wo er nunmehr als Brotausführer arbeitete. Da er für seine schwerkranke Mutter zu sorgen hatte, wurde aufgrund seines Ansuchens vom 29. Februar 1884 die Konfinierung noch im Frühjahr 1884 aufgehoben. Dadurch geriet er bei einigen Radicalen in den Verdacht, ein Polizeispitzel zu sein. Um sich gleichsam zu rehabilitieren, nahm er nach einigem Widerstreben am 5. August 1885 am Überfall auf die Kurzwarenhändlerin und Hausbesitzerin Franziska Tyll (~1804–1892) in Meidling (Niederösterreich [zu Wien 12.]), Schönbrunner Hauptstraße 150 [Schönbrunner Straße], teil, bei welchem er als Polizeikommissär uniformiert gemeinsam mit fünf Genossen versuchte, durch eine wegen Falschgelds vorgetäuschte Geldrevision Geld zur Unterstützung der Familien von Inhaftierten und Ausgewiesenen zu beschaffen. Seine Teilnahme an einem geplanten Überfall auf einen Wucherer, der chloroformiert und beraubt werden sollte, verweigerte Schustaczek jedoch wegen seiner prinzipiellen Ablehnung von Gewalt.

Nach dem gescheiterten Versuch der Radicalen, eine Mehrheit für die Auflösung des Wiener »Arbeiter-Bildungsvereins« zu erhalten, reiste Franz Schustaczek im August 1886 in die Schweiz, wo er auf dem Weg dahin in Linz an der Donau (Oberösterreich), Salzburg (Salzburg) und wohl auch anderen Orten versuchte, die abgerissenen Verbindungen der verschiedenen Gruppen und Vereine wiederherzustellen. Er wollte dann von St. Gallen / Saint-Gall / San Gallo (Kanton St. Gallen) aus, den Vertrieb revolutionärer Druckschriften nach Österreich reorganisieren. Anlässlich des am 3. Oktober 1883 gescheiterten Brandanschlags auf Holzlagerstätten in Penzing wurde Schustaczek in St. Gallen auf österreichisches Ersuchen hin von der Schweizer Polizei verhaftet und an Österreich ausgeliefert.

In dem am 21. März 1887 beginnenden Prozess vor dem Ausnahmsgerichtshof Wien in Wien wurde Franz Schustaczek wegen der so genannten Brandleger-Affäre und dem Tyll-Überfall am 28. März 1887 wegen teils vollbrachten, teils versuchten Betrugs zu sechs Jahren schwerem Kerker, verschärft durch einen Fasttag im Monat, verurteilt.

Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Stein [zu Krems an der Donau] (Niederösterreich) im Winter 1892 schloss sich Franz Schustaczek der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« an. Er wurde Kassier beim Wiener »Arbeiter-Bildungsverein«, 14. und 15. Bezirk, und gehörte 1893 bis 1900 als Schriftführer dem Sekretariat des Zentralausschusses der 1890 gegründeten »Gewerkschaft der Textilarbeiter Niederösterreichs« mit Sitz in Wien an.

Adressen

  • Penzing 130, Niederösterreich [zu Wien 14.] (Geburtsadresse)
  • Wien 15., Sperrgasse 5, 2. Stiege, 2. Stock, Tür 21 (1893)
  • Wien 15., Reichsapfelgasse 15, 1. Stiege, 2. Stock, Tür 13 (1898)
  • Wien 14., Kendlergasse 25A (Sterbeadresse)

Herausgeber

  1. Oesterreichischer Arbeiter-Kalender für das Jahr 1883. Herausgegeben von Franz Schustaczek. Nach der Beschlagnahme zweite Auflage. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers [1882], 83 S.

 

Karte
  • 1

    Vgl. Oesterreichischer Arbeiter-Kalender für das Jahr 1883. Herausgegeben von Franz Schustaczek. Nach der Beschlagnahme zweite Auflage. Wien: Im Selbstverlage des Herausgebers [1882], 83 S.