Linke-Affäre

Daten
Zeitraum
März 1886
Beschreibung

Zeit: März 1886
Ort: Penzing, Niederösterreich [zu Wien 14.]), Pfarrgasse 17 [Einwanggasse]
Beteiligte: Bronzearbeitergehilfe Stefan Buelacher (1858–1908), Drechslergehilfe Heinrich Höfermayer (1862–?), Stuckateurgehilfe Leopold Kaspari (1861–1891), Webergehilfe Johann Wawrunek (1849–?)
vorgesehenes Opfer: Versetzer und Hauseigentümer Ferdinand Linke (1831–1898)

Das Ereignis

Im März 1886 versuchte eine Gruppe von Sozialrevolutionären zwecks Geldbeschaffung einen Überfall vorzunehmen. Zunächst dachte man an, einen Versetzer in Neubau (Wien 7.) zu überfallen. Dann schlug der Bronzearbeitergehilfe Stefan Buelacher (1858–1908) vor, den Versetzer und Hauseigentümer Ferdinand Linke (1831–1898) in Penzing (Niederösterreich [zu Wien 14.]), Pfarrgasse 17 [Einwanggasse], entweder durch Bedrohung mit Dolchen oder durch Chloroformierung seines Bargelds und seiner Wertpapiere zu berauben. Stefan Buelacher stellte zu diesem Zweck nach dem Buch »Die Wunder der Physik und Chemie« von Ferdinand Siegmund (1829–1902)1 Chloroform her. Die beteiligten Genossen, der Drechslergehilfe Heinrich Höfermayer (1862–?), der Stuckateurgehilfe Leopold Kaspari (1861–1891) und der Webergehilfe Johann Wawrunek (1849–?), glaubten nämlich, dass er dies als Beteiligter der so genannten Merstallinger-Affäre vom 4. Juli 1882 könne. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, in das Haus von Ferdinand Linke zu gelangen, gaben die Sozialrevolutionäre ihren Plan auf. Der Hinweis auf Ferdinand Linke soll vom Schuhmachermeister Karl Schwehla (1851–1897) gekommen sein, der wiederholt für und bei Linke gearbeitet hatte.

Polizeiliche und gerichtliche Verfolgung

Es dauerte lange, bis die Polizei den Tätern der so genannten Link-Affäre auf die Spur kam. Im Zuge der so genannten Brandleger-Affäre vom 3. und 4. Oktober 1886 holte die Polizei nach wochenlangen Beobachtungen zum großen Schlag gegen die Wiener Sozialrevolutionäre aus. Noch in der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 1886 konnten acht Sozialrevolutionäre verhaftet werden, und innerhalb der nächsten Woche folgten weitere sieben. Im Zusammenhang mit der so genannten Linke-Affäre wurden Stefan Buelacher, Heinrich Höfermayer, Leopold Kaspari und Johann Wawrunek verhaftet.

Vom 21. bis 28. März 1887 fand vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Wien der große so genannte Anarchisten-Prozess gegen siebzehn Sozialrevolutionäre statt. Verhandelt wurden die so genannte Reich-Affäre vom 18. Juni 1885, die so genannte Tyll-Affäre vom 3. August 1885, die so genannte Dynamit-Affäre vom 14. März 1886, die so genannte Linke-Affäre vom März 1886, die so genannte Trostler-Affäre vom April 1886 und die so genannte Brandleger-Affäre vom 3. und 4. Oktober 1886.

Leopold Kaspari wurde des Verbrechens der Mitschuld an der Brandlegung, der Verbrechen nach den §§ 5 und 6 des Gesetzes vom 27. Mai 1886, betreffend Anordnungen gegen den gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen und die gemeingefährliche Gebarung mit denselben, und des Verbrechens des versuchten Diebstahls angeklagt und im Sinne der Anklage zu sechzehn Jahren schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt. Heinrich Höfermayer wurde des Verbrechens der Brandlegung, des Verbrechens der Mitschuld an der Brandlegung und des Verbrechens des teils vollbrachten, teils versuchten Betrugs angeklagt und im Sinne der Anklage zu fünfzehn Jahren schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt. Stefan Buelacher wurde des Verbrechens der Mitschuld an der Brandlegung und des Verbrechens der versuchten Verleitung zum Raub angeklagt und im Sinne der Anklage zu zwölf Jahren schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt. Johann Wawrunek wurde Verbrechens der Mitschuld an der Brandlegung, der Verbrechen nach den §§ 5 und 6 des Gesetzes vom 27. Mai 1886, betreffend Anordnungen gegen den gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen und die gemeingefährliche Gebarung mit denselben, und des Verbrechens des teils vollbrachten, teils versuchten Betrugs angeklagt und im Sinne der Anklage zu fünzehn Jahren schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt.

Leopold Kaspari verstarb im Gefängnis Stein [zu Krems an der Donau] (Niederösterreich).

Karte
  • 1

    Vgl. Ferdinand Siegmund (1829–1902): Die Wunder der Physik und Chemie. Für Leser aller Stände gemeinfaßlich bearbeitet von Ferdinand Siegmund. Mit 100 Illustrationen« (Wien – Pest [Budapest] – Leipzig: A. Hartleben’s Verlag 1880, VIII, 960 S.