Franz Koči (1855–1913)

Persönliche Daten
Namensvarianten
das ist Franz Kotschy
tschechische Namensform: František Kočí
in den USA auch: Frank Koci
Geburtsdatum
28. August 1855
Sterbedatum
9. September 1913
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch

Vater: Franz Koči, Sohn einer Hausfrau und eines Wagnermeisters: Heirat mit:
Mutter: Marie Koči, geborene Wipiblo: Hausfrau
Ehe: in Sechshaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]) am 29. August 1881 mit Anna Fiferna (Königstädtel, Böhmen [Městec Králové, Tschechien] 22. August 1849 – ?), Tochter einer Hausfrau und eines Webers: Handarbeiterin
Sohn: Rudolf Koči; in den USA: Rudolph Koci (Sechshaus, Niederösterreich [zu Wien 15.] 15. Juli 1882 – New York City, New York, USA 15. Juli 1917): Kraftwagenfahrer

Biographie

Franz Koči absolvierte eine Holzdrechslerlehre und kam nach Wien, wo er als Wagnergehilfe arbeitete und sich dem sozialrevolutionären Flügel der radicalen Arbeiterbewegung anschloss.

Die Brandleger-Affäre. Oktober 1886

Am 20. September 1886 traf sich in Obermeidling (Niederösterreich [zu Wien 12.]) nahe der Maria-Theresien-Brücke [Augartenbrücke], Wien 2. und 9., eine Gruppe Wiener Sozialrevolutionäre erstmals zu einer geheimen Zusammenkunft: der Drechslergehilfe Heinrich Höfermayer (1862–?), der Stuckateurgehilfe Leopold Kaspari (1861–1891), Franz Koči, der Spenglergehilfe Friedrich Kratochvil (~1850–1891), der Schuhmachermeister Karl Schwehla (1851–1897), der Seidenzeugmacher Johann Waněk (1851–?) und der Webergehilfe Johann Wawrunek (1849–?). Franz Koči und Friedrich Kratochvil entwickelten einen Plan, in Wien und Umgebung mehrere Holzlagerplätze in Brand zu stecken. In den nächsten Wochen fanden mehrere Treffen bei der Maria-Theresien-Brücke sowie beim Wasserreservoir auf der Schmelz statt, und sie fertigten vierzehn Brandflaschen an. Am 27. September 1886 wurden die vier Gruppen für die Brandanschläge eingeteilt. Zunächst dachte man an einen Wochentag, doch Franz Koči und Friedrich Kratochvil setzten einen Sonntag als Attentatstermin durch, damit man mehr Aufsehen errege. So bestimmte man Sonntag den 3. Oktober 1886 als Attentatstag.

Am 3. Oktober 1886, spät nachts, scheiterte die so genannte Brandleger-Affäre. In der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 1886 sollten gleichzeitig Brandanschläge in Rudolfsheim (Niederösterreich [zu Wien 14.]), Hietzing (Niederösterreich [zu Wien 13.]) und Penzing (Niederösterreich [zu Wien 14.]) ausgeführt werden. Dazu wurden vier Gruppen gebildet, und zwar aus dem Kreis der zwölf Verschwörer: der Bronzearbeitergehilfe Stefan Buelacher (1858–1908), der Spenglergehilfe Josef Buzek (1851–1921), Heinrich Höfermayer, Leopold Kaspari, Franz Koči, der Maschinenwärter Gustav Kopetzky (1850–1928), Friedrich Kratochvil, der Korbflechter Stefan Müller (~1858–?), welcher sich allerdings später als unschuldig herausstellte, Karl Schwehla, der Drechslergehilfe Josef Stieber (~1860–?), Johann Waněk und Johann Wawrunek.

Die erste Gruppe sollte in Hetzendorf (Niederösterreich [zu Wien 12.]) und Untermeidling (Niederösterreich [zu Wien 12.]) agieren. Franz Koči, Friedrich Kratochvíl und Johann Waněk zogen mit zwei Brandflaschen versehen bereits gegen 15 Uhr los und deponierten zwischen 20 und 21 Uhr eine Flasche auf dem Holzplatz des Holzhändlers Simon Hraschko in Hetzendorf. Friedrich Kratochvíl fürchtete, dass die Flasche nicht explodieren könnte, verschüttete daher deren Inhalt, nämlich Terpentinöl, auf die dort lagernden Eichenschwellen und tränkte auch noch mitgebrachte Fetzen in Terpentinöl. Das Feuer begann nur langsam zu brennen, und ein Passant, der Diurnist (Verwaltungsbeamter) der Staatsbahn Josef Martinek, entdeckte außerdem die brennende Umhüllung der Flasche und konnte den Brand durch Treten mit den Füßen und Schlagen mit seinem Stock im Keim ersticken. Es war dies der einzige Brandanschlag dieser Serie, bei dem auch tatsächlich – zumindest kurzzeitig – ein Feuer ausbrach. Anschließend begab sich die Gruppe zu einem Holzlagerplatz bei der Meidlinger Remise, wo sie aber an ihrem Vorhaben durch das Erscheinen eines Sicherheitswachmanns gehindert wurde. Als ein weiterer Brandlegungversuch vereitelt wurde, weil neuerlich ein Wachmann auftauchte, glaubten die Attentäter an Verrat. Auf ihrem Rückzug warfen sie die zweite, mit Zündstoff gefüllte und bereits adjustierte Flasche auf den Holzlagerplatz des Tischlermeisters Wenzel Grohmann in Untermeidling (Niederösterreich [zu Wien 12.]), Miesbachgasse 60 [Vivenotgasse], doch auch diese war falsch adjustiert, explodierte nicht und wurde am 4. Oktober 1886 von den Behörden sichergestellt.

Verfolgung durch die Behörden. Oktober 1886

Die Behörden gingen mit ihren Kenntnissen über diese so genannte Brandleger-Affäre erst am 9. Oktober 1886 an die Öffentlichkeit, und in den Zeitungen wurde nun ausführlich von einem so genannten Anarchisten-Komplott berichtet. Schon länger hatte die Polizei eine Gruppe von etwa zwanzig Arbeitern, die sich jeden Sonntag im »Mader’schen Gasthaus« (Karl Mader) in Penzing (Niederösterreich [zu Wien 14.]), Poststraße 59 [Linzer Straße], traf, beobachtet. Nun holte die Polizei nach wochenlangen Beobachtungen zum großen Schlag gegen die Wiener Sozialrevolutionäre aus. Noch in der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 1886 konnten acht Sozialrevolutionäre verhaftet werden, und innerhalb der nächsten Woche folgten weitere sieben. Im Zusammenhang mit der so genannten Brandleger-Affäre wurden Stefan Buelacher, Josef Buzek, Heinrich Höfermayer, Leopold Kaspari, Gustav Kopetzky, Friedrich Kratochvil, Stefan Müller, Karl Schwehla, Josef Stieber und Johann Wawrunek verhaftet. Lediglich Franz Koči und Johann Waněk gelang die Flucht in die USA. Bereits am 9. Oktober 1886 wurde Franz Koči von der Polizei-Direktion Wien steckbrieflich gesucht: »3665 Czermak Franz [....] 3666 Kotschi, oder Koči Franz, Drechslergeh., Kamenitz in Mähren geb. u. zust., seit 4. d. M. flüchtig, mittelgr., untersetzt, mit bld. H., solchem Schnurr- u. Kinnb., mehr von röthl. Farbe, breitschulterig, mit magerem, blassem Ges., eingefallenen Augen, zuletzt bekl. mit lichtbr. Lodenrock u. weichem Hut, u. 3667 Waňek Johann [...] sind weg. Verbr. des Betruges u. der Brandlegung zu verhaften. Pol.-Dion. Wien 9/10. 86.«1 Die österreichischen Behörden verzichteten später auf einen Auslieferungsantrag, weil das Auslieferungsverfahren über 10.000 Gulden (rund 500 Dollar) gekostet hätte.

Franz Koči in den USA

Franz Koči flüchtete noch am 4. Oktober 1886 in die USA, wo er sich in New York City (New York, USA) niederließ und am 6. Juli 1903 US-amerikanischer Staatsbürger wurde. Franz Koči, dessen Familie ihm 1887 folgte, arbeitete zunächst als Rohrerzeuger, dann als Holzdrechsler.

  • Kamenitz, Mähren [Kamenice (okres Jihlava), Tschechien], Kamenitz 16 (Geburtsadresse)
  • Sechshaus, Niederösterreich [zu Wien 15.], Sechshauser Hauptstraße 69 [Sechshauser Straße] (belegt für 1881 bis 1882)
Karte
  • 1

    [Anonym]: 3666 Kotschi, oder Koči Franz, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 59 (11. Oktober 1886), S. 235.