Josef Kaufmann (1841–)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Vater: Johann Xaver Ludwig Kaufmann (Bludenz, Vorarlberg 25. August 1809 – 1898), Sohn einer Hausfrau und eines Schreiners: Uhrmacher, Mechaniker und Erfinder; Heirat in Bludenz (Vorarlberg) am 6. Februar 1837 mit:
Mutter: Anna Maria Euphemia Kaufmann, geborene Strolz (Brunnenfeld [zu Bludenz], Vorarlberg 10. März 1809 – Bludenz, Vorarlberg 28. März 1868), Tochter einer Hausfrau und eines Seifensieders: Hausfrau
Schwester: Josepha Kaufmann (Bludenz, Vorarlberg 16. November 1837 – ?)
Schwester: Maria Anna Kaufmann, verheiratete Schuler (Bludenz, Vorarlberg 27. Juni 1839 – Rankweil, Vorarlberg 10. Oktober 1890): Hausfrau
Schwester: Petra Paulina Kaufmann (Bludenz, Vorarlberg 28. Juni 1840 – ?)
Schwester: Anna Maria Kaufmann, verheiratete Starizek (Bludenz, Vorarlberg 30. September 1843 – München, Bayern 4. Dezember 1914): Krankenpflegerin
Bruder: : Leistenschneider; Radicaler
Schwester: Alberta Kaufmann (Bludenz, Vorarlberg 27. April 1846 – Bludenz, Vorarlberg 30. September 1855): an Lungenentzündung verstorben
Bruder: Bernard Kaufmann (Bludenz, Vorarlberg 19. August 1848 – Bludenz, Vorarlberg 12. August 1849): an den Fraisen verstorben
Ehe: in Bludenz (Vorarlberg) am 1. Juli 1872 mit Maria Elisabeth Locher (Bludenz, Vorarlberg 24. Oktober 1845 – Bludenz, Vorarlberg 9. Jänner 1919), Tochter einer Hausfrau und eines Schreiners: Hausfrau
Sohn: Rudolf Kaufmann (Bludenz, Vorarlberg 21. Februar 1874 – Bludenz, Vorarlberg 19. Mai 1930): Installateur
Sohn: Ludwig Kaufmann (Bludenz, Vorarlberg 2. Mai 1875 – ?): Taufpate war Josef Kaufmanns Bruder Bruder Albert Ludwig Kaufmann (1844–?)
Sohn: Ernst Kaufmann (Bludenz, Vorarlberg 11. Mai 1879 – Levis [zu Feldkirch], Vorarlberg 5. September 1881): an Lungenentzündung verstorben
Biographie
Der Mechaniker Josef Kaufmann schloss sich Mitte der 1870er-Jahre der sozialistischen Arbeiterbewegung an. Er wurde Obmann des »Arbeiter-Bildungs-Vereins« in Bludenz (Vorarlberg) und nahm als Delegierter von Bludenz am Verbandstag der Arbeiter-Bildungs-Vereine des Bodensee-Gauverbands am 20. Mai 1877 teil. Nachdem in der Nacht vom 8. auf den 9. September 1880 die in Zürich / Zurich / Zurigo (Kanton Zürich) gedruckte sozialdemokratische Flugschrift »An das arbeitende Volk!«1 an verschiedenen Häusern in Bludenz (Vorarlberg) aufgeklebt wurde, wurden am 9. September 1880 in Feldkirch (Vorarlberg) Josef Kaufmann, wohnhaft in Levis [zu Feldkirch] (Vorarlberg), und in Bludenz Josef Kaufmanns Bruder, der Albert Kaufmann (1844–?), Leistenschneider in Nüziders (Vorarlberg), sowie der Schlossergehilfe Julius Schellnigg (1855–?) verhaftet und in das Kreisgericht Feldkirch eingeliefert. Am 14. Dezember 1880 fand vor dem Kreis- als Schwurgericht Feldkirch unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Prozess gegen die drei Inhaftierten statt, angeklagt des Verbrechens der öffentlichen Ruhestörung und des Vergehens der Aufreizung. Wegen Vergehens der Aufreizung wurde Josef Kaufmann nach dreimonatiger Untersuchungshaft zu zehn Wochen strengem Arrest verurteilt. Spätestens nun schloss sich Josef Kaufmann der radicalen Arbeiterbewegung an.
1881 ging Josef Kaufmann in die Schweiz ins Exil, wo er sich in Zürich / Zurich / Zurigo (Kanton Zürich) der Gruppe um den Schuhmachergesellen und späteren Attentäter Hermann Stellmacher (1853–1884) anschloss. Als enger Vertrauter des Journalisten und Zeitungsherausgebers Johann Most (1846–1906) war er wesentlich am Schmuggel der Zeitung »Freiheit« (London) von der Schweiz nach Österreich beteiligt. Als mit 3. Juni 1882 die letzte in London (England) gedruckte Ausgabe der Zeitung »Freiheit« (London) erschien, wurde ein Komitee zum Druck und Vertrieb der Zeitung in der Schweiz gegründet, dem auch Josef Kaufmann angehörte. Tatsächlich erschien am 8. Juli 1882 die erste in der Schweiz gedruckte Nummer der Zeitung »Freiheit« (London [recte Schaffhausen]) und Josef Kaufmann war Redakteur der in der Schweiz gedruckten Zeitung, 4. Jahrgang, Nummer 23 bis 29 (8. Juli – 26. August 1882). Im August 1883 nahm Josef Kaufmann in St. Gallen / Saint-Gall / San Gallo (Kanton St. Gallen) an der geheimen Konferenz der in der Schweiz lebenden deutschsprachigen Sozialrevolutionäre teil, auf welcher der Beschluss gefasst wurde, mit der Propaganda der Tat in Deutschland und Österreich vorzugehen. Josef Kaufmann soll auch enge Beziehungen zum Tischlergehilfen und späteren Attentäter Michael Kumić (1853–?) unterhalten haben. Josef Kaufmann und der Tischlergeselle John Neve (1844–1896) wohnten damals bei der Witwe des am 8. August 1884 in Wien hingerichteten Hermann Stellmacher, der Kleidermacherin Julie Stellmacher, in Zürich. Dort wurde bei einer Hausdurchsuchung im August 1884 das Flugblatt »Zum Gedächtniß an den tapferen, opfermuthigen, getreuen Genossen Hermann Stellmacher«2 gefunden, und alle drei wurden wegen Verbreitung dieses Flugblatts verhaftet. Kaufmann wurde aber gegen eine von Genossen erlegte Kaution von 5.000 Franken noch im November 1884 wieder auf freien Fuß gesetzt. Um diese Zeit geriet Kaufmann unter den Genossen in ein schiefes Licht, weil ihn der seit 1880 als Spitzel für das Berliner Polizeipräsidium tätige Schreiner und Versicherungsagent Karl Schröder beschuldigte, als Spitzel für die Berliner Polizei zu arbeiten, was aber nie bewiesen wurde. Außerdem wurde er als exponierter Radicaler in einer konfidentiellen Mitteilung aus Kreisen der gemäßigten Sozialdemokraten an die Polizei-Direktion Wien beschuldigt, von Hermann Stellmacher vor dessen Abreise nach Wien ständig besucht worden zu sein und ihm auch das Geld für diese Reise zur Verfügung gestellt zu haben. Johann Most, mittlerweile ein Gegner Josef Kaufmanns, schrieb an seinen Mitkämpfer, den Journalisten Victor Dave (1845–1922): »In Zürich ist ein Mann, namens Kaufmann (auch ein Vertreter P[eukert]s) – mit dem scheint nicht alles in Ordnung zu sein. – Er steht notorisch mit der deutschen Polizei in Korrespondenz, gibt aber vor, nur zum Zwecke der Ueberlistung solche Konnektionen angeknüpft zu haben.«3 Nachdem bei einer Hausdurchsuchung bei Josef Kaufmann im Dezember 1884 Pulver und Bestandteile zur Herstellung explodierender Stoffe gefunden wurden, wurde er verhaftet und am 15. Dezember 1884 auf Beschluss des eidgenössischen Bundesrats in Bern / Berne / Berna (Kanton Bern) aus der Schweiz ausgewiesen.
Im Dezember 1884 begab sich Josef Kaufmann nach Paris (Frankreich), von wo aus er den Schmuggel der Zeitung »Freiheit« (New York) in die Schweiz und nach Österreich-Ungarn organisieren wollte. Er wurde jedoch bereits Ende Februar 1885 aus Frankreich ausgewiesen.
Nach Österreich wollte Josef Kaufmann nicht zurück, weil dort gegen ihn ein Strafverfahren wegen Hochverrats und wiederholter Bedrohung und Verletzung der körperlichen Sicherheit anhängig war. Er wurde deshalb vom Kreisgericht Feldkirch seit dem 27. Mai 1885 steckbrieflich gesucht: »Kaufmann Josef, Mechaniker, aus Bludenz, gr., untersetzt, mit oval., blassem Ges., gr. Aug., langer Nase, rund. Kinn, br. H., ist als des Verbr. des Hochverrathes §. 58 lit. c St.-G. u. des Vergeh. nach §. 305 St.-G.-B. dring. verd., anh. einzulief. Kreis-Ger. Feldkirch 27/5. 85.«4 Deshalb ging Kaufmann nach London (England) ins Exil. Da er völlig mittellos war, mussten ihm die Genossen in Paris das nötige Geld für die Reise zur Verfügung stellen. In London nahm er auf Vermittlung des Maler- und Anstreichergehilfen und nunmehrigen Journalisten und Zeitungsherausgebers Josef Peukert (1855–1910) 1886 den aus den USA geflüchteten Eisendreher und Maschinisten Rudolf Schnaubelt (1859–1927/1928) vorübergehend auf.
Adressen
- Bludenz, Vorarlberg, Stadt 44 (Geburtsadresse)
- Brunnenfeld [zu Bludenz], Vorarlberg, Brunnenfeld 1 (1872)
- Brunnenfeld [zu Bludenz], Vorarlberg, Brunnenfeld 137 (1875)
Mitarbeiter*innen an Periodika
- Freiheit (London [recte Schaffhausen]) 1882
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Autor: Reinhard Müller
Version: November 2024
Anarchistische Bibliothek | Archiv | Institut für Anarchismusforschung | Wien
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Karte
- 1
Vgl. [anonym]: An das arbeitende Volk! Zürich-Hottingen: Schweizerische Vereinsbuchdruckerei [1880], [2] Bl. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Kreis- als Pressegerichts Feldkirch vom 18. September 1880 in Österreich verboten.
- 2
Vgl. [anonym]: Zum Gedächtniß an den tapferen, opfermuthigen, getreuen Genossen Hermann Stellmacher. Die Gruppe New York der Internationalen Arbeiter-Association an die Proletarier aller Länder. New York: Die Gruppe New York der Internationalen Arbeiter-Association [1884], 1 Blatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 4. September 1884 in Österreich verboten.
- 3
Johann Most: Brief an Victor Dave. London, am 6. September 1884, zitiert nach Max Nettlau (1865–1944): Anarchisten und Sozialrevolutionäre. Die historische Entwicklung des Anarchismus in den Jahren 1880–1886. Berlin: Asy-Verlag, G. m. b. H. 1931 (= Max Nettlau: Geschichte der Anarchie. 3.), S. 316.
- 4
[Anonym]: 1841 Kaufmann Josef, in Central-Polizei-Blatt (Wien), Nr. 31 (6. Juni 1885), S. 119.