Julie Stellmacher

Persönliche Daten
Namensvarianten
geborene Julie Herren

Ehe: in Vevey / Vivis (Kanton Waadt, Schweiz) 1878 mit Hermann Stellmacher (Grottkau, Preußen [Grodków, Polen] 23. Mai 1853 – Wien 8. August 1884, gehängt): Schuhmachergeselle; Attentäter; Sozialrevolutionär, Anarchist
Sohn: Charles Stellmacher (Vevey / Vivis, Kanton Zürich, Schweiz 1880 – ?)
Sohn: Hermann Stellmacher (Fluntern [zu Zürich / Zurich / Zurigo] Kanton Zürich, Schweiz 1882 – ?)

Biographie

Die Kleidermacherin Julie Stellmacher war seit 1878 mit dem Schuhmachergesellen Hermann Stellmacher (1853–1884) verheiratet. Sie übersetze ihrem Ehemann, der kein Französisch sprach, immer wieder Artikel aus französischen Zeitungen, unter anderem aus der seit 1882 erscheinenden sozialistischen Zeitung »La Bataille« (Paris; Der Kampf) und der 1883 veröffentlichten anarchistischen »Le Drapeau noir« (Lyon; Die Schwarze Fahne). Anderseits soll Hermann Stellmacher nach Aussagen von Nachbarn mit seiner Ehefrau Julie in Unfrieden gelebt und sie auch tätlich misshandelt haben. Im Widerspruch dazu steht sein liebevoller Brief, den er vor seiner Hinrichtung an seine Ehefrau schrieb.1

Ende 1881 übersiedelte Julie Stellmacher mit ihrem Ehemann nach Fluntern [zu Zürich / Zurchi / Zurigo] (Kanton Zürich), wo sie als Modistin arbeitete und sich ihr Ehemann als Schuhmacher selbstständig machte. Julie Stellmacher unterhielt enge Kontakte zu den Radicalen, Sozialrevolutionären und Anarchisten in Zürich. 

Auch nach der Hinrichtung ihres Ehemannes als Attentäter blieb sie der sozialrevolutionären Bewegung verbunden. Sie wurde im August 1884 gemeinsam mit zwei bei ihr damals wohnenden und später aus der Schweiz ausgewiesenen Anarchisten, dem Mechaniker und Redakteur Josef Kaufmann (1841–?) und dem Tischlergehilfen John Neve (1844–1896), verhaftet, weil sie in Zürich das Flugblatt »Zum Gedächtniß an den tapferen, opfermuthigen, getreuen Genossen Hermann Stellmacher«2 verteilt hatten.

Am 9. Februar 1885 wurde im Sprechzimmer der Gefangenenanstalt des Landesgerichts Wien der Nachlass von Hermann Stellmacher versteigert. Dabei ersteigerte sein Verteidiger, der Hof- und Gerichtsadvokat Sigismund Wolf-Eppinger (1850–1912), dem Wunsch seiner Klientin gemäß um vier Gulden eine Kappe, einen Rock und eine Uhr für Julie Stellmacher. Der Gesamterlös der Versteigerung von neun Gulden wurde zur Deckung der Hinrichtungs- und Begräbniskosten verwendet, ein etwaiger Überschuss sollte an die Witwe des am 10. Jänner 1884 ermordeten Wechselstubenbesitzers Heinrich Eisert sen. (~1838–1884), Bertha Eisert sen. (~1851–?), gehen.

Adressen

  • Fluntern [zu Zürich / Zurchi / Zurigo] (Kanton Zürich), Schweiz, Zürichbergstraße 12 (1883–1885)
Karte
  • 1

    Vgl. Hermann Stellmacher: Stellmacher an seine Frau, in: Neues Wiener Tagblatt. Demokratisches Organ (Wien), 18. Jg., Nr. 218 (8. August 1884), S. 5. Brief an seine Ehefrau Julie Stellmacher. Wien, am 24. Juni 1884. Wiederabdruck in: Der Radikale (Reichenberg), 2. Jg., Nr. 24 (21. August 1884).

  • 2

    Vgl. [anonym]: Zum Gedächtniß an den tapferen, opfermuthigen, getreuen Genossen Hermann Stellmacher. Die Gruppe New York der Internationalen Arbeiter-Association an die Proletarier aller Länder. New York: Die Gruppe New York der Internationalen Arbeiter-Association [1884], 1 Blatt. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 4. September 1884 in Österreich verboten.