Christian Josef Kraus (1849–)

Persönliche Daten
Namensvarianten
das ist Christian Joseph Haberland, mit 5. November 1849 legitimierter Christian Joseph Kraus
tschechische Namensform: Kristián Josef Kraus
falsche Namensform: Johann Christian Kraus
Geburtsdatum
25. Februar 1849
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch
Berufe

Mutter: Viktoria Haberland, Tochter einer Hausfrau und eines Webmeisters; Heirat in Hof (Mähren [Dvorce (okres Bruntál), Tschechien) am 5. November 1849 mit:
Vater: Wolfgang Kraus: Webermeister
Ehe: keine
Kinder: drei mit seiner Lebensgefährtin

Biographie

Christian Josef Kraus, seit 1872 als Webergehilfe arbeitend, kam nach Wien, wo er 1880 Obmann des »Arbeiter-Vereins ›Fortschritt‹« wurde. Er wurde Mitte Oktober 1880 aufgrund einer Denunziation verhaftet und am 3. November 1880 vom Landes- als Erkenntnisgericht Wien in geheimer Verhandlung wegen Verbrechens der Majestätsbeleidigung zu einem Jahr schwerem Kerker verurteilt. 1882 wurde Christian Josef Kraus Obmann des »Arbeiter-Bildungsvereins« in Wien. Am 28. Jänner1883 fand in »Johann Riegl’s Gasthaus« in Hetzendorf (Niederösterreich [zu Wien 12.]) ein von Radicalen veranstaltetes Arbeiterkränzchen statt, bei dem auch zwölf geladene Mitglieder des »Arbeiter-Sängerbundes in Wien« auftraten. Am Ende der Veranstaltung deklamierte der Schuhmachergehilfe Franz Kraus (1859–?) das der Zeitung »Freiheit« (New York) entnommene Gedicht »Petroleum und Dynamit«. Danach wurde noch ein Lied gesungen, wobei anschließend die etwa dreißig Anwesenden im Weggehen in revolutionäre Rufe ausbrachen und sich schließlich nach Schönbrunn (Niederösterreich [zu Wien 13.]) begaben. Im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung wurde Christian Josef Kraus am 19. Februar 1883 verhaftet und in das Bezirksgericht Hernals (Niederösterreich [zu Wien 17.]) eingeliefert. Am 12. März 1883 fand vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Wien wegen der Vorfälle vom 28. Jänner 1883 der Prozess gegen vier Radicale statt, darunter Christian Josef Kraus. Er wurde des Vergehens der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung angeklagt, allerdings, weil ihm das Ausrufen revolutionärer Parolen nicht nachgewiesen werden konnte, freigesprochen und aus der Untersuchungshaft entlassen. Christian Josef Kraus, seit Herbst 1883 Obmann-Stellvertreter des »Fachvereins der Manufakturarbeiter«, wurde am 12. Februar 1884 wegen Gefährlichkeit für die öffentliche Ordnung aus Wien ausgewiesen. Seine Lebensgefährtin musste er mit drei kleinen Kindern zurücklassen.

Christian Josef Kraus ließ sich in Bärn (Mähren [Moravský Beroun, Tschechien]) nieder, wo er zunächst keine Arbeit finden konnte, schließlich als Webergehilfe in einer Baumwollspinnerei arbeitete. Er wohnte bei der Hausfrau Marie Knapp, mit der er auch eine Beziehung unterhielt, bis sie sich von ihm trennte, weil er zu wenig verdient habe. Christian Josef Kraus schloss sich in Bärn der sozialrevolutionären Richtung der radicalen Arbeiterbewegung an. Seit 1. Jänner 1885 wurde Kraus steckbrieflich gesucht: »137 Kraus Josef Christian, im J. 1849 geb., nach Hof, Bez. Sternberg zust., mittelgr., stark, mit oval. Ges., röthl. H., breiter Stirne, br. Aug.. u. Augenbr., kl., aufstehender Nase, kl. Munde, röthl. Schnurr- u. solchem dichten, langen Backenb., oval. Kinn, deutsch u. mit kreischender Stimme sprechend, bekl. mit schwz., langem, abgetragenem Ueberzieher, schw. Plüschmütze, Halbstiefeln u. Stiefelhose u. 1 gr., breite Reisetasche aus Plüsch bei sich tragend, ist als des Verbr. der öffentl. Gewaltthätigkeit durch gefährl. Drohung dring[.] verd. u. flüchtig, anh. einzulief. Kreis-Ger. Olmütz 1/1.85.«1 Es dauerte nicht lange, und Kraus wurde verhaftet.  Im großen Prozess gegen zehn Radicale, der vom 26. Mai bis 5. Juni 1885 vor dem Kreis- als Erkenntnisgericht Olmütz (Mähren [Olomouc, Tschechien]) verhandelt wurde, ging es vor allem um das am 16. November 1884 verübte Dynamitattentat auf jenes Gebäude in Sternberg (Mähren [Šternberk, Tschechien]), in welchem sich die Bezirkshauptmannschaft, das Bezirksgericht und das Steueramt befanden. Christian Josef Kraus wurde im Zusammenhang damit des Verbrechens der Verleitung zur öffentlichen Gewalttätigkeit und des Vergehens gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung angeklagt. Christian Josef Kraus soll einen mit 10. Dezember 1884 datierten Drohbrief an den Postenkommandanten in Bärn und am 13. Dezember 1884 einen Drohbrief an das Bezirksgericht in Sternberg sowie am 25. Dezember 1884 je einen Drohbrief, darin eingelegt Dynamit und eine Zündschnur, an den Polizeikommissär in Bärn, an den Bürgermeister von Bärn und an einen Baumwollwarenerzeuger in Bärn geschickt haben. Außerdem wurde ihm vorgehalten, dass er mit dem Maler- und Anstreichergehilfen Josef Peukert (1855–1910) korrespondiert und in Wien verkehrt habe, weshalb er dann auch 1884 aus Wien abgeschafft worden sei. Christian Josef Kraus, durch das Gutachten des Schriftsachverständigen belastet, wurde wegen Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit zu fünfzehn Monaten schwerem Kerker verurteilt. Die vom Staatsanwalt eingebrachte Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichts- als Kassationshof am 6. Jänner 1886 abgewiesen.

Adressen

  • Hof, Mähren [Dvorce (okres Bruntál), Tschechien], Hof 90 (Geburtsadresse)

Karte
  • 1

    [Anonym]: 137 Kraus Josef Christian, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 3 (13. Jänner 1885), S. 9.