Ludwig Richard Zimmermann (1838–1879)

Persönliche Daten
Namensvarianten
das ist Ludwig Heinrich Emil Richard Luitpold Zimmermann
Pseudonym: Passauer Bürger
Deckname: Luigi Riccardo
Geburtsdatum
21. November 1838
Sterbedatum
25. Dezember 1879
Religionsbekenntnis
evangelisch, dann konfessionslos
Adressen

Vater: Heinrich Karl Zimmermann: Sekretär des großherzoglichen Bezirks Alsfeld; Heirat mit
Mutter; Carolina Zimmermann, geborene Münch: Hausfrau
Ehe: mit [?]

Biographie

Ludwig Richard Zimmermann kam schon in jungen Jahren nach Österreich. Hier trat er in Wien in die k. k. österreichische Armee ein, wo er 1855 Kadett wurde. Nach eigener Aussage gab Zimmerman damals eine »Illustrirte Cadeten-Zeitung« heraus, für die er zu achtundvierzig Stunden Krummschließen verurteilt wurde.

1859 wurde Ludwig Richard Zimmermann als k. k. österreichischer Leutnant des 14. Infanterie-Regiments zum so genannten Zweiten italienischen Unabhängigkeitskrieg gegen die französisch-piemontesischen Truppen nach Cremona (Königreich Lombardo-Venetien [Italien]) abkommandiert und wurde in der Schlacht von Solferino (Königreich Lombardo-Venetien [Italien]) am 24. Juni 1859 verwundet. Nach der Niederlage der österreichischen Truppen verlor Österreich das Königreich Lombardo-Venetien an das Königreich beider Sardinen. Zimmermann begab sich daraufhin nach Neapel ‹Napoli› (Königreich beider Sizilien [Italien]), wo er in die neapolitanische Armee eintrat. Als die Bevölkerung Neapels sich in einem Plebiszit am 21. Oktober 1860 mit überwältigender Mehrheit für den Anschluss an das Königreich Italien aussprach, stellte sich Zimmermann auf die Seite von Francesco II delle Due Sicilie (1836–1894), König beider Sizilien. Er kehrte zunächst nach Österreich zurück, trat aber 1861 als Leutnant 1. Klasse des Regiments Großherzog von Hessen Nr. 14 aus der österreichischen Armee aus.

Im August 1861 reiste Ludwig Richard Zimmermann von Linz an der Donau (Oberösterreich) nach Rom ‹Roma› (Italien), wo er sich Ende August 1861 vom bourbonischen Komitee in die so genannte irreguläre Armee des Königreichs beider Sizilien rekrutieren ließ, um für Francesco II delle Due Sicilie das Königreich beider Sizilien zurückzuerobern. Mittlerweile zum königlich sizilianischen Hauptmann befördert, diente er bei den so genannten Briganten (»Brigantaggio«). Er wurde den Truppen des im Sora-Gebirge (Königreich Italien [Italien]) operierenden Briganten Luigi Alonzi (1825–1862), genannt »Chiavone«, zugeteilt. Unter dem Namen »Luigi Riccardo« begab sich Zimmermann über Valmontone (Königreich Italien [Italien]), Alatri (Königreich Italien [Italien]) und Scifelli [zu Veroli] (Königreich Italien [Italien]) zu den Truppen auf dem Monte Favone [Pedicino] (Königreich Italien [Italien]). Zimmerman, mittlerweile zum Major befördert, wurde nun Kommandant kleiner Guerillaeinheiten in den Bergen des Rovedo-Tals (Königreich Italien [Italien]) und beim See von Fucino (Königreich Italien [Italien]) im ehemaligen Verwaltungsgebiet Abruzzo ulteriore II des Königreichs beider Sizilien. Da er den Kampf gegen das Königreich Italien für aussichtslos hielt, kehrte Zimmermann Mitte Oktober 1862 endgültig nach Österreich zurück und trat seither nie wieder in militärische Dienste.

Ludwig Richard Zimmermann ließ sich im Oktober 1862 in Wien nieder, wo er sich als Journalist und Schriftsteller versuchte. Im Februar 1864 berichtete er für das Journal »Der Kamerad. Oesterreichische Militär-Zeitung« (Wien) aus Flensburg (Dänischer Gesamtstaat [Schleswig-Holstein]) über den so genannten Zweiten Schleswig-Holsteinischen Krieg, der vom Februar bis Oktober 1864 währte. Noch 1864 erschien der erste Teil von Zimmermanns Erinnerungen als ehemaliger Briganten-Chef. 1866 ging Zimmermann als Kriegskorrespondenz nach Böhmen. Da sein Plan, als Journalist seinen Lebensunterhalt zu verdienen, nicht aufging, wurde er Beamter bei der »k. k. priv. Südbahn-Gesellschaft« in Wien, aus der er aber bereits im August 1867 austrat.

1867 übersiedelte Ludwig Richard Zimmermann nach Graz (Steiermark). Hier vollendete er seine Erinnerungen als Briganten-Chef. Vom Herbst 1867 bis Oktober 1868 arbeitete er als Feuilletonist bei der Zeitung »Tagespost« (Graz) mit. Schließlich gab er seit 1. Oktober 1868 bis 1871 die von ihm gegründete radikal antiklerikale Zeitung »Freiheit. Zeitschrift für ernsten Fortschritt und heitere Unterhaltung« (Graz), heraus, die seit 1870 den Untertitel »Unversöhnlicher Kampf der Gewalt, dem Betrug und der Dummheit – Unvergängliche Treu’ der Freiheit, Ehr’ und Vernunft« führte. Angeblich wurde er in seiner Funktion als Herausgeber und verantwortlicher Redakteur dieser Zeitschrift rund fünfzigmal – meist wegen Ehrenbeleidigung oder Verstoß gegen das Pressegesetz – verklagt. Am 10. August 1869 wurde Zimmermann vor dem Landes- als Schwurgericht Graz wegen Vergehens der Aufwiegelung, begangen durch einen Artikel in seiner Zeitung, angeklagt, aber von den Geschworenen einstimmig freigesprochen. Schon am 6. September 1869 musste er sich wieder, diesmal vor dem Oberlandes- als Schwurgericht Graz, wegen Verbrechens der Beleidigung von Mitgliedern des kaiserlichen Hauses in einem Artikel seiner Zeitung verantworten, und wieder wurde er einstimmig freigesprochen. Als Delegierter der Freidenker Österreichs reiste Zimmermann, nachdem ihm die Amnestie als ehemaliger Briganten-Kommandant bestätigt worden war, nach Neapel ‹Napoli› (Königreich Italien [Italien]) zum internationalen Freidenker-Kongress, der vom 9. bis 11. Dezember 1869 stattfand. Auf der Reise zum Kongress traf er auch seinen alten Freund, den Arzt und Schriftsteller Friedrich Krasser (1818–1893). Zimmermann, der sich mehrmals vergeblich um die österreichische Staatsbürgerschaft bemüht hatte, wurde am 24. Jänner 1871 aus Graz ausgewiesen. Er habe »während seines mehr als dreijährigen Aufenthaltes in Graz eine solche politische Haltung und Gesinnung bekundet, daß die fernere Duldung seines Aufenthaltes hierlands aus Rücksichten der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht mehr zulässig erscheint.«1  Zimmerman hatte innerhalb von achtundvierzig Stunden die Steiermark und innerhalb weiterer achtundvierzig Stunden Österreich zu verlassen. Am 27. Jänner 1871 verließ Ludwig Richard Zimmermann Graz und begab sich zunächst nach Wien, wo er aber, da er krank das Bett hüten musste, nicht sofort abgeschafft werden konnte.

Bereits an Gelenksrheumatismus krank, begab sich Ludwig Richard Zimmermann im Februar 1871 zunächst nach Sopron / Ödenburg [Sopron] (Ungarn). Hier setzte er ab 1. Mai 1871 seine Zeitung »Freiheit« (Ödenburg) fort, von der acht Nummern erschienen. Er machte sich am 24. Mai, 1. und 8. Juni 1871 in der »Freiheit« auch für die im Mai 1871 eben niedergemetzelte Pariser Commune stark. Da er seine Zeitung nach der am 24. Juni 1871 erschienenen Nummer nicht mehr weiterführen konnte, gab er an deren Stelle eine einfach »Broschüre« genannte Schriftenreihe heraus. Die ersten drei Bände erschienen im Juli und August 1871 noch in Sopron / Ödenburg.

Im Herbst 1871 übersiedelte Ludwig Richard Zimmermann nach Passau (Bayern). Hier veröffentlichte er vom Dezember 1871 bis März 1872 sechs weitere Bände seiner Schriftenreihe. Im März 1872 erwarb er das Bürgerrecht der Stadt Passau, womit er bayerischer Staatsbürger wurde. 1873 erschienen noch sechs Nummern der Zeitung »Freiheit« (Wien), wobei J. E. Katz als Herausgeber und Franz Stára (~1822–1890) als verantwortlicher Redakteur fungierten. Zimmermann selbst war jetzt nur mehr ein von Passau aus agierender Hauptmitarbeiter, distanzierte sich aber dann von dieser Zeitung. Nach mehreren Beschlagnahmungen wurde auch dieses Organ mit der Nummer vom 18. April 1873 eingestellt. Bereits 1872 wurde Zimmermann bettlägerig und musste krankheitsbedingt seine literarische Tätigkeit 1874 endgültig aufgeben. Er starb nach mehrjährigem Leiden, von seiner Ehefrau umsorgt, völlig verarmt im Seebad Seeon [zu Seeon-Seebruck] (Bayern) am 25. Dezember 1879.

Ludwig Richard Zimmermann wurde in der radicalen Arbeiterbewegung nicht nur wegen seines radikalen Antiklerikalismus geschätzt. Er hatte sich spätestens seit 1868 zum Sozialismus bekannt, ohne diesen näher zu spezifizieren. Allerdings bekundete er mehrfach seine Sympathien für die österreichische und die deutsche Sozialdemokratie. Wenngleich er nie Anarchist war, so wurde Zimmermann in anarchistischen Bewegungen wiederholt – zumindest als Sympathisant – gewürdigt.

Bücher und Broschüren

  1. Erinnerungen eines ehemaligen Briganten-Chefs. Von L. R. Zimmermann, Major a. D. Erster Theil. Wien: Im Selbstverlage des Verfassers 1864, 176 S. Der zweite Teil erschien erst im Rahmen der Neuauflage von 1869.
    b) Erinnerungen eines ehemaligen Briganten-Chefs. Von Ludwig Richard Zimmermann, Major a. D. Berlin: Hausfreund-Expedition (E. Graetz.) [1869], 2 Bände:
    1. Erinnerungen eines ehemaligen Briganten-Chefs. Von Ludwig Richard Zimmermann, Major a. D. Erster Theil. Berlin: Hausfreund-Expedition (E. Graetz.) [1869], XIV, 276 S.
    2. Erinnerungen eines ehemaligen Briganten-Chefs. Von Ludwig Richard Zimmermann, Major a. D. Zweiter Theil. Berlin: Hausfreund-Expedition (E. Graetz.) [1868], 216 S.
  2. Lose Skizzen aus dem österreichischen Soldatenleben von Ludwig Richard Zimmermann. Graz: Verlag von Josef Pock 1869, 137 S.
    b) Lose Skizzen aus dem österreichischen Soldatenleben von Ludwig Richard Zimmermann. Zweite umgeänderte und illustrirte Auflage. Graz: Druck und Verlag von Leykam-Josefsthal 1879, 146 S.
    c) Lose Skizzen aus dem österreichischen Soldatenleben von Ludwig Richard Zimmermann. Dritte illustrirte Auflage. Graz: Druck und Verlag von Leykam-Josefsthal 1882, 146 S.
  3. Pfaffenpeitsche. Sammlung vom October 1868 bis Juni 1869 in der Zeitschrift »Freiheit« erschienenen anti-clerikalen Aufsätze von Ludwig Richard Zimmermann. Graz: Verlag der Zeitschrift »Freiheit« 1870, 2 Bände:
    1. Pfaffenpeitsche. Sammlung vom October 1868 bis Juni 1869 in der Zeitschrift »Freiheit« erschienenen anti-clerikalen Aufsätze von Ludwig Richard Zimmermann. Graz: Verlag der Zeitschrift »Freiheit« 1870, 283 S.
    b) Pfaffenpeitsche. Sammlung anti-clerikaler Aufsätze aus der Zeitschrift »Freiheit« von Ludwig Richard Zimmermann. I. Band. Zweite Auflage. Graz: Verlag der Zeitschrift »Freiheit« 1870, 258 S.
    c) Pfaffenpeitsche. Sammlung anticlericaler Aufsätze von Ludwig Richard Zimmermann. (Aus der Zeitschrift »Freiheit« October 1868 bis Juni 1869.) I. Band. Dritte Auflage. Passau: Verlag des Verfassers 1872, 258 S.
    2. Pfaffenpeitsche. Sammlung vom October 1868 bis Juni 1869 in der Zeitschrift »Freiheit« erschienenen anti-clerikalen Aufsätze von Ludwig Richard Zimmermann. Zweiter Band. Graz: Verlag der Zeitschrift »Freiheit« 1870, 244 S.
    b) Pfaffenpeitsche. Sammlung anti-clerikaler Aufsätze aus der Zeitschrift »Freiheit« von Ludwig Richard Zimmermann. II. Band. Zweite Auflage. Graz: Verlag der Zeitschrift »Freiheit« 1870, 244 S.
    c) Pfaffenpeitsche. Sammlung anticlericaler Aufsätze von Ludwig Richard Zimmermann. (Aus der Zeitschrift »Freiheit« October 1868 bis Juni 1869.) II. Band. Dritte Auflage. Passau: Verlag des Verfassers 1872, 244 S.
  4. Broschüre. Oedenburg (seit Band 4: Passau): Verlag des Verfassers (Band 9: Verlag von L. R. Zimmermann) Juli 1871–März 1872, 9 Bände:
    1. Drei Viertel auf Zwölf. Zeitglossen von Ludwig Richard Zimmermann. Oedenburg: Verlag des Verfassers Juli 1871 [= Broschüre. 1.], 32 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landesgerichts in Strafsachen als Pressgericht vom 4. August 1871 in Österreich verboten.
    b) Drei Viertel auf Zwölf. Zeitglossen von Ludwig Richard Zimmermann. Zweite Auflage. Oedenburg: Verlag des Verfassers Juli 1871 [= Broschüre. 1.], 32 S.
    2. Aus meinem »Katechismus«. Herzensstudien von Ludwig Richard Zimmermann. Oedenburg: Verlag des Verfassers August 1871 [= Broschüre. 2.], 32 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landesgerichts in Strafsachen als Pressgericht vom 1. September 1871 in Österreich verboten.
    3, Nachtschatten. Zeitstudien von Ludwig Richard Zimmermann. Oedenburg: Verlag des Verfassers August 1871 (= Broschüre. 3.), 32 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landesgerichts in Strafsachen als Pressgericht vom 22. November 1871 in Österreich verboten.
    4. Wanderung in Oesterreich. Von Ludwig Richard Zimmermann. Passau: Verlag des Verfassers December 1871 (= Broschüre. 4.), 32 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landesgerichts in Strafsachen als Pressgericht vom 11. Jänner 1872 in Österreich verboten.
    5. Peitschenhiebe auf hochwürdige und sonstige würdige Felle. Von Ludwig Richard Zimmermann. Passau: Verlag des Verfassers December 1871 (= Broschüre. 5.), 32 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landesgerichts in Strafsachen als Pressgericht vom 20. Februar 1872 in Österreich verboten.
    6. Steckbriefe hinter Spitzeln und Jesuiten. Von Ludwig Richard Zimmermann. Passau: Verlag des Verfassers Januar 1872 () Broschüre. 6.), 32 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landesgerichts in Strafsachen als Pressgericht vom 20. Februar 1872 in Österreich verboten.
    7. Fastenpredigten für Menschen und Ultramontane. Von Ludwig Richard Zimmermann. Passau: Verlag des Verfassers Februar 1872 (= Broschüre. 7.), 32 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landesgerichts in Strafsachen als Pressgericht vom 13. März 1872 in Österreich verboten.
    8. Wildes und Mildes. Von Ludwig Richard Zimmermann. Passau: Verlag des Verfassers Februar 1872 (= Broschüre. 8.), 32 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landesgerichts in Strafsachen als Pressgericht vom 13. März 1872 in Österreich verboten.
    9. Märzveilchen, gepflückt für k. k. Nasen von einem Passauer Bürger. Passau: Verlag von L. R. Zimmermann März 1872, 31 S. Erschien unter dem Pseudonym »Passauer Bürger«. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landesgerichts in Strafsachen als Pressgericht vom 11. April 1872 in Österreich verboten.

Zeitungen und Zeitschriften

  1. Freiheit. Zeitschrift für ernsten Fortschritt und heitere Unterhaltung. Herausgegeben von Ludwig Richard Zimmermann (seit 1870: Unversöhnlicher Kampf der Gewalt, dem Betrug und der Dummheit – Unvergängliche Treu’ der Freiheit, Ehr’ und Vernunft. Herausgeber von Ludwig Richard Zimmermann) (Graz, seit 1. Mai 1870: Ödenburg), 1. Oktober 1868 – 24. Juni 1871; 1. Jg. (1868), 2. Jg. (1869), 3. Jg. (1870), 4. Jg. (1871), 3 Nummern; [4]. Jg. (1871), 8 Nummern.

Todesmeldungen

Karte
  • 1

    Ausweisungsdekret vom 24. Jänner 1871, zitiert nach [anonym]: [Ausweisungs-Ordre.], in: Neue Freie Presse [/] Abendblatt (Wien), [16]. Jg., Nr. 2305 (26. Jänner 1871), S. 2.