Johann Ammerer (1862–)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
Ungefähr 1862
Geburtsort
Biographie

Der in Wien geborenen und aufgewachsene Johann Ammerer, zuständig nach Piesting (Niederösterreich), arbeitete als Maschinenschlosser in Wien, wo er in den Umkreis der radicalen Arbeiterbewegung geriet. Er wurde 1887 in Wien wegen Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit zu acht Monaten schwerem Kerker verurteilt. Nach Verbüßung der Haftstrafe wurde er für zehn Jahre aus Wien ausgewiesen und per Schub in seine Heimatgemeinde Piesting abgeschafft.

Die Münzverfälschungs-Affäre. Wien 1887

Der Knopfdrechslergehilfe Anton Mličko (1857–1900) lernte zu Weihnachten 1886 den Schlossergehilfen Ferdinand Hilbert (1856–?) kennen. Beide kamen zur Überzeugung, dass ihre wegen Münzverfälschung am 28. Dezember 1886 verurteilten Genossen, die Silberarbeiter Johann Ondriczek (~1854–?), Josef Paul Schwarz (1857–?) und Otto Steidl (~1851–?), es dumm angestellt hätten. Für ihr Vorhaben, selbst Falschmünzen herzustellen, konnte Anton Mličko eine Bekannte, die Hausfrau Viktoria Titz (1850–?), gewinnen. Anton Mličko und Ferdinand Hilbert besorgten die nötigen Formenrahmen, Schmelztiegel und andere Utensilien, während Viktoria Titz ihr Schlafkabinett in ihrer Wohnung in Sechshaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]), Sechshauser Hauptstraße 53 [Sechshauser Straße], sowie einen Gussofen zur Verfügung stellte. Hier wurden nun im Jänner 1887 Silberscheidemünzen aus geringhaltigerem Metall hergestellt, nämlich vier Stück zu zehn Kreuzern und sieben oder acht Stück zu zwanzig Kreuzern. Da Ferdinand Hilbert Ende Jänner 1887 erkrankte, musste die Herstellung des Falschgeldes vorübergehend eingestellt werden. Im Februar 1887 kam der Metallgießer Anton Schreger (1867–1927) ins Spiel, der damals Anton Mličko kennen lernte. Der Polizeispitzel Schreger sei damals – nach späterer – Einschätzung der Polizei wie auch des Gerichts ein Anhänger der so genannten Anarchisten geblieben. Bemerkesnwert: Anton Schreger war vom Polizeirat bei der Polizei-Direktion Wien Bernhard Frankl (1846–1907) als Spitzel eingeschleust worden, auf dass er die Beteiligten zur Münzverfälschung animiere. Anton Mličko und Anton Schreger konnten nun auch den Bronzearbeitergehilfen Ferdinand Emerling (1868–1888) und und den Metalldreher Franz Spiegl (~1870–?) gewinnen. Dazu kam nach seiner Genesung wieder Ferdinand Hilbert. Im Keller von Franz Spiegls Vater, dem Holz- und Kohlenhändler Alois Spiegl, in Wien 5., Siebenbrunnengasse 16, stellten sie – nach eigenen Angaben – sechs Silbergulden her. Diese kamen jedoch nicht in den Verkehr, weil Ferdinand Emerling das Polieren der Münze und die Beifügung der Randbeschriftung erst technisch bewältigen musste. Die hergestellten Münzprodukte wurden im Haus der Viktoria Titz am Dachboden versteckt, teils unter Mist, teils unter den Dachsparren. Bereits zu diesem Zeitpunkt kursierte in gewissen Kreisen der radicalen Arbeiterbewegung die Vermutung, dass Anton Schreger ein Polizeispitzel sei.

Mitte März 1887 machte Anton Schreger der Polizei die Mitteilung, dass es zwei radicale Gruppen gäbe, die sich mit Münzverfälschung beschäftigten. Seit diesem Zeitpunkt hatte die Polizei die Wohnung des Tischlermeister Karl Titz (1836–1894) in Sechshaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]), Hauptstraße 53 [Sechshauser Hauptstraße], beobachtet, und am 27. Mai 1887 nahm sie ihn auf der Landstraße [Linzer Straße] bei einer Kundin fest, wo er gerade Reparaturarbeiten machte. Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung von Karl Titz und des dazugehörigen Dachbodens fand die Polizei sozialistische und anarchistische Druckschriften, falsches Silbergeld, Bilder von Ferdinand Lassalle (1825–1864) sowie der Sozialrevolutionäre Hermann Stellmacher (1853–1884) und Anton Kammerer (1862–1884). Nun wurde auch seine Ehefrau Viktoria Titz verhaftet, Mutter von vier Kindern zwischen drei Monaten und zwölf Jahren, wobei das jüngste Kind, der am 17. Februar 1887 geborene Carl Titz (1887–?), bei der Verhaftung seiner Eltern schwer krank war. In ihrer Wohnung befanden sich zu diesem Zeitpunkt gerade die Ehefrauen der wegen der so genannten Brandleger-Affäre vom 3. Oktober 1886 flüchtigen Franz Koči (1855–1913), Drechsler- und Wagnergehilfe, und Johann Waněk (1851–?), Seidenwerkzeugmacher. Spät abends wurden weitere fünf Arbeiter in Sechshaus verhaftet, darunter Ferdinand Emerling, Ferdinand Hilbert und Anton Mličko.

Noch im März 1887 verließ Franz Spiegl fluchtartig Wien, weshalb er vom landesgericht Wien steckbrieflich gesucht wurde. Deshalb gehörte er auch nicht zu den wegen Verbrechens der Münzverfälschung für anarchistische Zwecke Angeklagten, die sich am 10. Dezember 1887 vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Wien zu verantworten hatten: der Gürtler und Bronzearbeiter Ferdinand Emerling, der Schlossergehilfe Ferdinand Hilbert, der Knopfdrechslergehilfe Anton Mličko, die Hausfrau Viktoria Titz sowie der Metallgießer und Polizeispitzel Anton Schreger. Im Prozess trat auch ein mittlerweile ehemaliger Radicaler, der Knopfdrechslergehilfe Josef Temke (1841–?), als Zeuge auf, ohne die Angeklagten jedoch zu belasten. Angeklagt wurden Ferdinand Emerling, Ferdinand Hilbert, Anton Milczko, Viktoria Titz und Anton Schreger wegen des Verbrechens der Münzverfälschung, Schreger zusätzlich des Verbrechens der Verleumdung. Ausgenommen Anton Schreger, der nur zum Schein mitgemacht haben wollte, waren die Angeklagten teilweise geständig, bestritten aber anarchistische Zwecke. Im Prozess wurde ganz offen über die Spitzeltätigkeit von Anton Schreger gesprochen, doch der Antrag auf Vorladung des Polizeirats bei der Polizei-Direktion Wien Bernhard Frankl, der ja Schreger angeworben hatte, wurde vom Gericht abgelehnt. Im Sinne der Anklage wurden Anton Schreger zu fünf Jahren, Anton Mličko und Ferdinand Hilbert zu je vier Jahren, Viktoria Titz zu fünfzehn Monaten und Ferdinand Emerling zu einem Jahr schwerem Kerker und zur nachherigen Stellung unter Polizeiaufsicht verurteilt. Dieser Prozess gegen die Münzfälscherbande war der letzte große so genannte Anarchisten-Prozess für längere Zeit. Neben dem noch immer flüchtigen Franz Spiegl wurde auch Johann Ammerer erst später vor Gericht gestellt.

Am 19. Juli 1888 meldete sich Johann Ammerer, der wegen eines bei seinem Arbeitgeber in Piesting gestohlenen Paares Stiefel und wegen unerlaubter Rückkehr ins Ausweisgebiet seit dem 13. Juli 1888 vom Kreisgericht Wiener Neustadt (Niederösterreich) steckbrieflich gesucht wurde, beim Polizeikommissariat in Sechshaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]) selbst. Johann Ammerer gab bei der Voruntersuchung durch das Bezirksgericht Sechshaus an, im Herbst des vorigen Jahres von seinem Arbeitskollegen, dem am 10. Dezember 1887 wegen Falschmünzerei verurteilten Schlossergehilfen Ferdinand Hilbert (1856–?), fünfzehn Stück falsche Silbermünzen und etwa zehn falsche Zwanzig-Kreuzermünzen erhalten und diese trotz seines Wissens um deren Falschheit in Umlauf gesetzt zu haben. Ammerer wurde nun ins Landesgericht Wien überstellt, wo er allerdings sein Geständnis wiederrief. Am 10. Oktober 1888 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien der Prozess wegen der so genannten Münzverfälschungs-Affäre gegen Johann Ammerer statt. Auch während der Gerichtsverhandlung widerrief er sein einst getätigtes Geständnis. Johann Ammerer wurde im Sinne der Anklage zu drei Jahren schwerem Kerker verurteilt, weil die Geschworenen nur sein ursprüngliches Geständnis sowie einige vom Staatsanwalt beigebrachte Belege berücksichtigten.

Die weitere Karriere als Berufsverbrecher

Johann Ammerer setzte seine Karriere als Berufverbrecher nach seiner Haftentlassung fort. Bis 1893 brachte er es auf zweiundzwanzig Vorstrafen und wurde im Dezember 1902 vom Kreisgericht Wiener Neustadt (Niederösterreich) zu achtzehn Monaten schwerem Kerker verurteilt. Am 30. Juni 1903 brach er zusammen mit zwei Mithäftlingen aus der Zwangsanstalt in Korneuburg (Niederösterreich) aus. Die Ausbrecher rissen ein Gitterfenster aus der Mauer und seilten sich unter Mitnahme von Kleidungsstücken ab. Ammerer durchstreifte die Obersteiermark, wobei er in eine Almütte nahe Irdning [Irdning-Donnersbachtal] (Steiermark) einbrach, und wurde am 12. Juli 1903 Neumarkt in der Steiermark (Steiermark) verhaftet. Am 10. August 1903 wurde er deswegen vom Kreisgericht Leoben (Steiermark) zu weiteren zwei Jahren schwerem Kerker verurteilt und der Zwangsanstallt Korneuburg übergeben.

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