Anton Schreger (1867–1927)

Persönliche Daten
Namensvarianten
Deckname: Wagner
falsche Namensschreibweise: Anton Schräger
falsche Namensform: Anton Scherger
falsche Namensform: Anton Schreyer
falsche Namensform: Anton Schröger
falsche Namensform: Anton Schwäger
Geburtsdatum
3. August 1867
Sterbedatum
Oktober 1927
Sterbeort
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch

Vater: Georg Schreger, Sohn einer Hausfrau und eines Maurers: Inwohner; Heirat mit:
Mutter: Theresia Schreger, geborene Liebenberger, Tochter einer Hausfrau und eines Bandträgers: Hausfrau
Ehe: in Krems an der Donau (Niederösterreich) am 16. April 1893 mit Karoline Niedl (Krems an der Donau, Niederösterreich 16. Jänner 1867 – Wien 14. März 1933), Tochter einer Hausfrau und eines Greißlers: Hausfrau
Sohn: Anton Schreger (Krems an der Donau, Niederösterreich 1. August 1893 – Wien 26. November 1972)
Sohn: Anton Schreger (Krems an der Donau, Niederösterreich 8. Mai 1897 – Wien 7. Juli 1970)

Biographie

Anton Schreger, nach Bergau [zu Göllersdorf] (Niederösterreich) zuständig, kam nach Wien, wo er als Metallgießer arbeitete und sich der radicalen Arbeiterbewegung anschloss.

Anton Schreger begab sich im Februar 1884 nach Budapest (Ungarn), wo er trotz seines jugendlichen Alters kurzzeitig Redakteur der Zeitung »Radikal« (Budapest) wurde. Im April begab er sich nach Budafok / Promontor [Budafok, zu Budapest] (Ungarn), dann über Székesfehérvár / Stuhlweißenburg [Székesfehérvár] (Ungarn) nach Graz (Steiermark), um dort die Zeitung zu verteilen. Am 17. Mai 1884 reiste er angeblich nach Zürich / Zurich / Zurigo (Kanton Zürich, Schweiz). Bereits im Juni 1884 ließ sich Anton Schreger in Ebersberg (Bayern) nieder, wo er als Metallgießer Arbeit fand. Doch schon am 16. September 1884 wurde er wegen revolutionärer Umtriebe aus Bayern ausgewiesen: »8472. (Socialrevolutionär.) Schröger Anton, Metallgießer von Bergau,, k. k. Bez.-Hptmsch, Oberhollabrunn in Niederösterreich (geb. 3. August 1868, ziemlich klein, schmächtig, blonde Haare und Schnurrbartanflug, blaue Augen, auf der rechten Seite der Nase einige Blatternarben), ist durch Entschließung des k. b. Staatsministeriums des Innern vom 16. Ifd. Mts. auf Grund Art. 50 Abs. II des Gesezes über Heimath, Verehelichung und Aufenthalt vom 16. April 1868 und 23. Febr. 1872 aus Rücksicht auf die öffentliche Wohlfahrt aus Bayern verwiesen worden. – 56, 496. Nürnberg, den 19. September 1884. Stadtmagistrat.«1

Anton Schreger begab sich sofort nach Wien, von wo er aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 am 5. Oktober 1884 ausgewiesen wurde: »4251 Schröger, richtig Schreger Anton, Metallgießer, 1867 zu Bergau, Bez. Oberhollabrunn in N.-Oeft. geb., dahin zust., k., I., mittelgr., stark, mit oval., gesundfärbig. Ges., bld. H., dunkelbld. Augenbr., gr. Aug., hoher Stirne, guten Zähnen, Schnurrbartanflug, oval. Kinn, deutsch sprechend, mit Ausnahme seiner Heimatsgemeinde Bergau (mit Erk. v. 5. Oktob. 1884). Er wurde auch am 16. September d. J. aus dem Königreiche Baiern ausgewiesen. Pol.-Dion. Wien 10/11. 84.«2 Nun ging er nach Prag (Böhmen [Praha, Tschechien]), von wo er im November 1884 für beständig abgeschafft wurde: »4773 Schröger (Schreger) Anton, Metallgießer, gew. Redakteur des Pester anarchistischen Blattes ›Radical‹, nach Bergau, Bez. Oberhollabrunn in N.-Oest. zust., 17 J., k., – Bl. Nr. 75, Art. 4251 v. J. 1884 – wurde auch aus Prag u. dessen Pol.-Rayon für beständig abgeschafft. Sein Vorfommen u. Treiben ist auf das eindringlichste zu überwachen. Pol.-Dion. Prag 7/12. 84.«3

Die Münzverfälschungs-Affäre. Wien 1887

Im März 1885 erhielt Anton Schreger auf sein Ansuchen hin die probeweise Erlaubnis zur Rückkehr nach Wien und wurde hier vom Polizeirat bei der Polizei-Direktion Wien Bernhard Frankl (1846–1907) als Polizeispitzel angeworben. Anton Schreger wurde unter dem falschen Namen »Wagner« Mitglied des »Arbeiter-Bildungsvereins«. Im Februar 1887 schloss sich Anton Schreger der sozialrevolutionären Münzfälscherbande um den Knopfdrechslergehilfen Anton Mliczko (1857–?), Mitglied und ehemaliger Revisor des »Arbeiter-Bildungsvereins«, an. Der Polizeispitzel Schreger sei damals – nach späterer – Einschätzung der Polizei wie auch des Gerichts ein Anhänger der so genannten Anarchisten geblieben. Anton Mliczko und Anton Schreger konnten nun auch den Bronzearbeiter Ferdinand Emerling (1868–?) und den später flüchtigen Kohlenhändlersohn und Metalldreher Franz Spiegel (1870–?) gewinnen. Dazu kam nach seiner Genesung wieder Ferdinand Hilbert. Im Keller von Franz Spiegels Vater in der Siebenbrunnengasse (Wien 5.) stellten sie – nach eigenen Angaben – sechs Silbergulden her. Diese kamen jedoch nicht in den Verkehr, weil Ferdinand Emerling das Polieren der Münze und die Beifügung der Randbeschriftung erst technisch bewältigen musste. Die hergestellten Münzprodukte wurden im Haus der Viktoria Titz am Dachboden versteckt, teils unter Mist, teils unter den Dachsparren. Bereits zu diesem Zeitpunkt kursierte in gewissen Kreisen der radicalen Arbeiterbewegung die Vermutung, dass Anton Schreger ein Polizeispitzel sei. Mitte März 1887 machte Anton Schreger der Polizei die Mitteilung, dass es zwei radicale Gruppen gäbe, die sich mit Münzverfälschung beschäftigten.

Am Abend des 27. Mai 1887 wurde in Wien eine Falschmünzerbande aufgedeckt. Bernhard Frankl erhielt für die Aufdeckung dieser Falschmünzerbande im Juli 1887 den Preußischen Königlichen Kronenorden dritter Klasse und den spanischen Real y Distinguida Orden Española de Carlos III., obwohl durch den von ihm angeworbenen Polizeispitzel mehrere Menschen wochenlang unschuldig in Untersuchungshaft saßen und eine Ehefrau eines unschuldig Inhaftierten aus Scham zum Suizidversuch getrieben und schließlich in ein so genanntes Irrenhaus gebracht wurde.

Anton Schreger teilte nun dem Polizeirat Bernhard Frankl die Namen einer angeblich weiteren Münzfälscherbande mit, weshalb in den nächsten Tagen weitere fünf Personen festgenommen werden, darunter auch jene, die von Anton Schreger wissentlich fälschlicherweise der Münzverfälschung beschuldigt wurden: der Kartenmaler Karl Czastka, der Meerschaumbildhauer Ludwig Nedomansky, Schriftführer des »Arbeiter-Bildungsvereins«, und der Tischlergehilfe Adolf Preßl, später Herausgeber der »Tischler-Zeitung« (Wien). Als Beweis für deren Münzverfälschung übergab Anton Schreger bei seiner Denunziation Polizeirat Bernhard Frankl eine gefälschte Zwanzigkreuzer-Münze, die er allerdings von Anton Mliczko erhalten hatte. Erst nach Wochen, im Juli 1887, stellte sich aufgrund des beim Verhör gemachten Geständnisses von Anton Schreger deren Unschuld heraus. Ludwig Nedomansky wurde erst nach sieben Wochen aus der Untersuchungshaft entlassen, Karl Czastka nach neununddreißig Tagen. Dessen Ehefrau Karoline Czastka (1839–?) erkrankte während der Untersuchungshaft ihres Ehemannes schwer und verübte, wenige Tage nach dessen Freilassung, am 10. Juli 1887 in ihrer Wohnung in Wien 7., Burggasse 110, aus Kränkung über die lange Zeit, die ihr Ehemann im Gefängnis verbringen musste, einen Suizidversuch: Sie fügte sich mit einem Messer eine schwere Wunde am Hals zu, wurde in das Allgemeine Krankenhaus und später wegen Verfolgungswahn in ein sogenanntes Irrenhaus eingeliefert.
Am 10. Dezember 1887 fand vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Wien der Prozess wegen Verbrechens der Münzverfälschung für anarchistische Zwecke gegen die fünf am 27. Mai 1887 verhafteten Angeklagten statt: der Gürtler und Bronzearbeiter Ferdinand Emerling (1868–?), der Schlossergehilfe Ferdinand Hilbert (1856–?), der Knopfdrechslergehilfe Anton Mliczko (1857–?), die Hausfrau Viktoria Titz (1850–?) sowie der Metallgießer und Polizeispitzel Anton Schreger (1867–1927). Im Prozess trat auch ein mittlerweile ehemaliger Radicaler, der Knopfdrechslergehilfe Josef Temke (1841–?), als Zeuge auf, ohne die Angeklagten jedoch zu belasten. Angeklagt wurden Ferdinand Emerling, Ferdinand Hilbert, Anton Milczko, Viktoria Titz und Anton Schreger des Verbrechens der Münzverfälschung, Schreger zusätzlich des Verbrechens der Verleumdung. Ausgenommen Anton Schreger, der nur zum Schein mitgemacht haben will, waren die Angeklagten teilweise geständig, bestritten aber anarchistische Zwecke. Im Prozess wurde ganz offen über die Spitzeltätigkeit von Anton Schreger gesprochen, doch der Antrag auf Vorladung des Polizeirats Bernhard Frankl wurde vom Gericht abgelehnt. Im Sinne der Anklage wurden Anton Schreger zu fünf Jahren, Anton Mliczko und Ferdinand Hilbert zu je vier Jahren, Viktoria Titz zu fünfzehn Monaten und Ferdinand Emerling zu einem Jahr schwerem Kerker und zur nachherigen Stellung unter Polizeiaufsicht verurteilt. Der flüchtige Metalldreher Franz Spiegel (1870–?) wurde erst am 23. Februar 1888 und der Schlossergehilfe Johann Ammerer (1862–?) am 10. Oktober 1888 vor Gericht gestellt werden. Dieser Prozess gegen die Münzfälscherbande war der letzte große so genannte Anarchisten-Prozess für längere Zeit.

Anton Schreger ließ sich nach seiner Freilassung in Krems an der Donau (Niederösterreich) nieder, schloss sich der Sozialdemokratie an und wurde Hilfsbeater, später Leiter der Bezirks-Krankenkasse Krems.

  • Göllersdorf, Niederösterreich, Göllersdorf 17 (Geburtsadresse)
  • Krems an der Donau, Niederösterreich, Gartengasse 7 (belegt für 1893)
  • Krems an der Donau, Niederösterreich, Untere Landstraße 51 (belegt für 1897)
Karte
  • 1

    [Anonym]: 8472. (Socialrevolutionär.) Schröger Anton, in: Bayer. Central-Polizei-Blatt (München), Nr. 69 (24. September 1884), S. 319.

  • 2

    [Anonym]: 4251 Schröger, richtig Schreger Anton, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 75 (15. November 1884), S. 299.

  • 3

    [Anonym]: 4773 Schröger (Schreger) Anton, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 83 (19. Dezember 1884), S. 332. Vgl. auch [anonym]: »4891 Schröger, richtig Schreger Anton, Metallgießer, mit einer legalen, von der k. k. Bez.-Hptschaft. Ober-Hollabrunn ausgefertigten Reisebewilligung versehen, – Bl. Nr. 75, Art. 4251 u. Bl. Nr. 83, Art. 4773 v. J. 1884 – wurde laut Zuschrift dieser Bez.-Behörde v. 12. Dezember l. J., Zahl 86, von der k. k. Pol.-Dion. Prag aus dem dortigen Pol.-Rayon für beständig abgeschafft und mit Zwangspaß an die genannte politische Behörde instradirt. Pol.-Dion. Wien 17/12. 84.«, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 85 (31. Dezember 1884), S. 340.