Karl Titz (1836–1894)

Persönliche Daten
Namensvarianten
tschechische Namensform: Karel Titz
Geburtsdatum
21. August 1836
Sterbedatum
6. April 1894
Sterbeort
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch
Berufe

Vater: Leopold Titz: Bleicher; Heirat mit:
Mutter: Maria Titz, geborene Scholz: Hausfrau
Ehe: in Wien am 27. Juli 1873 mit Viktoria Raab (Windhaag bei Perg, Oberösterreich 8. Dezember 1850 – ?): Hausfrau; Radicale
Tochter: Helena Carolina Titz (Meidling, Niederösterreich [zu Wien 12.] 14. April 1874 – ?)
Sohn: Franz Karl Titz (Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.] 3. März 1877 – Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.] 16. Mai 1878)
Sohn: Franz Karl Titz (Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.] 3. März 1877 – Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.] 16. Mai 1878)
Sohn: Alois Viktor Titz (Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.] 7. Dezember 1878 – Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.] 3. Juni 1880)
Tochter: Josefa Titz (Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.] 19. Februar 1880 – ?)
Tochter: Maria Josefa Titz (Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.] 16. August 1881 – ?)
Tochter: Theresia Auguste Titz, seit 6. Juli 1907 verheiratete Graf (Fünfhaus, Niederösterreich [zu Wien 15.] 1. April 1883 – ?)
Sohn: Carl Titz (Sechshaus, Niederösterreich [Wien 15.] 17. Februar 1887 – ?)

Biographie

Der Tischlermeister Karl Titz kam nach Wien, wo er eine Tischlerwerkstätte betrieb und sich der radicalen Arbeiterbewegung anschloss. Er war in eine der letzten Aktionen der Wiener Sozialrevolutionäre involviert

Die Münzverfälschungs-Affäre. Wien 1887

Der Knopfdrechslergehilfe Anton Mličko (1857–1900) lernte zu Weihnachten 1886 den Schlossergehilfen Ferdinand Hilbert (1856–?) kennen. Beide kamen zur Überzeugung, dass ihre wegen Münzverfälschung am 28. Dezember 1886 verurteilten Genossen, die Silberarbeiter Johann Ondriczek (~1854–?), Josef Paul Schwarz (1857–?) und Otto Steidl (~1851–?), es dumm angestellt hätten. Für ihr Vorhaben, selbst Falschmünzen herzustellen, konnte Anton Mličko eine Bekannte, die Hausfrau Viktoria Titz (1850–?), gewinnen. Anton Mličko und Ferdinand Hilbert besorgten die nötigen Formenrahmen, Schmelztiegel und andere Utensilien, während Viktoria Titz ihr Schlafkabinett in ihrer Wohnung in Sechshaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]), Sechshauser Hauptstraße 53 [Sechshauser Straße], sowie einen Gussofen zur Verfügung stellte. Hier wurden nun im Jänner 1887 Silberscheidemünzen aus geringhaltigerem Metall hergestellt, nämlich vier Stück zu zehn Kreuzern und sieben oder acht Stück zu zwanzig Kreuzern. Da Ferdinand Hilbert Ende Jänner 1887 erkrankte, musste die Herstellung des Falschgeldes vorübergehend eingestellt werden. Im Februar 1887 kam der Metallgießer Anton Schreger (1867–1927) ins Spiel, der damals Anton Mličko kennen lernte. Der Polizeispitzel Schreger sei damals – nach späterer – Einschätzung der Polizei wie auch des Gerichts ein Anhänger der so genannten Anarchisten geblieben. Bemerkesnwert: Anton Schreger war vom Polizeirat bei der Polizei-Direktion Wien Bernhard Frankl (1846–1907) als Spitzel eingeschleust worden, auf dass er die Beteiligten zur Münzverfälschung animiere. Anton Mličko und Anton Schreger konnten nun auch den Bronzearbeitergehilfen Ferdinand Emerling (1868–1888) und den später flüchtigen Metalldreher Franz Spiegl (~1870–?) gewinnen. Dazu kam nach seiner Genesung wieder Ferdinand Hilbert. Im Keller von Franz Spiegls Vater, dem Holz- und Kohlenhändler Alois Spiegl, in Wien 5., Siebenbrunnengasse 16, stellten sie – nach eigenen Angaben – sechs Silbergulden her. Diese kamen jedoch nicht in den Verkehr, weil Ferdinand Emerling das Polieren der Münze und die Beifügung der Randbeschriftung erst technisch bewältigen musste. Die hergestellten Münzprodukte wurden im Haus der Viktoria Titz am Dachboden versteckt, teils unter Mist, teils unter den Dachsparren. Bereits zu diesem Zeitpunkt kursierte in gewissen Kreisen der radicalen Arbeiterbewegung die Vermutung, dass Anton Schreger ein Polizeispitzel sei.

Mitte März 1887 machte Anton Schreger der Polizei die Mitteilung, dass es zwei radicale Gruppen gäbe, die sich mit Münzverfälschung beschäftigten. Seit diesem Zeitpunkt hatte die Polizei die Wohnung von Karl Titz in Sechshaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]), Hauptstraße 53 [Sechshauser Hauptstraße], beobachtet, und am 27. Mai 1887 nahm sie ihn auf der Landstraße [Linzer Straße] bei einer Kundin fest, wo er gerade Reparaturarbeiten machte. Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung von Karl Titz und des dazugehörigen Dachbodens fand die Polizei sozialistische und anarchistische Druckschriften, falsches Silbergeld, Bilder von Ferdinand Lassalle (1825–1864) sowie der Sozialrevolutionäre Hermann Stellmacher (1853–1884) und Anton Kammerer (1862–1884). Nun wurde auch seine Ehefrau Viktoria Titz verhaftet, Mutter von vier Kindern zwischen drei Monaten und zwölf Jahren, wobei das jüngste Kind, der am 17. Februar 1887 geborene Carl Titz (1887–?), bei der Verhaftung seiner Eltern schwer krank war. In ihrer Wohnung befanden sich zu diesem Zeitpunkt gerade die Ehefrauen der wegen der so genannten Brandleger-Affäre vom 3. Oktober 1886 flüchtigen Franz Koči (1855–1913), Drechsler- und Wagnergehilfe, und Johann Waněk (1851–?), Seidenwerkzeugmacher. Spät abends wurden weitere fünf Arbeiter in Sechshaus verhaftet, darunter Ferdinand Emerling, Ferdinand Hilbert und Anton Mličko. Karl Titz jedoch wurde bald wieder auf freien Fuß gesetzt.

Am 10. Dezember 1887 fand vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Wien der Prozess wegen Verbrechens der Münzverfälschung für anarchistische Zwecke gegen die fünf am 27. Mai 1887 verhafteten Angeklagten statt: der Gürtler und Bronzearbeiter Ferdinand Emerling, der Schlossergehilfe Ferdinand Hilbert, der Knopfdrechslergehilfe Anton Mličko, die Hausfrau Viktoria Titz sowie der Metallgießer und Polizeispitzel Anton Schreger. Im Prozess trat auch ein mittlerweile ehemaliger Radicaler, der Knopfdrechslergehilfe Josef Temke (1841–?), als Zeuge auf, ohne die Angeklagten jedoch zu belasten. Angeklagt wurden Ferdinand Emerling, Ferdinand Hilbert, Anton Milczko, Viktoria Titz und Anton Schreger wegen des Verbrechens der Münzverfälschung, Schreger zusätzlich des Verbrechens der Verleumdung. Ausgenommen Anton Schreger, der nur zum Schein mitgemacht haben wollte, waren die Angeklagten teilweise geständig, bestritten aber anarchistische Zwecke. Im Prozess wurde ganz offen über die Spitzeltätigkeit von Anton Schreger gesprochen, doch der Antrag auf Vorladung des Polizeirats bei der Polizei-Direktion Wien Bernhard Frankl, der ja Schreger angeworben hatte, wurde vom Gericht abgelehnt. Im Sinne der Anklage wurden Anton Schreger zu fünf Jahren, Anton Mličko und Ferdinand Hilbert zu je vier Jahren, Viktoria Titz zu fünfzehn Monaten und Ferdinand Emerling zu einem Jahr schwerem Kerker und zur nachherigen Stellung unter Polizeiaufsicht verurteilt. Dieser Prozess gegen die Münzfälscherbande war der letzte große so genannte Anarchisten-Prozess für längere Zeit. Der flüchtige Franz Spiegl und der Schlossergehilfe Johann Ammerer (~1862–?) wurden erst später vor Gericht gestellt.

Ein übles Nachspiel

Karl Titz war im Zuge der so genannten Münzverfälschungs-Affäre nur vorübergehend festgenommen worden. Doch die Behörden beobachteten ihn weiterhin als eine verdächtigen Radicalen. Während Viktoria Titz ihre Kerkerstrafe verbüßte, lebten ihr Ehemann Karl Titz mit seiner Tochter Helene Titz allein in der Wohnung in Gaudenzdorf (Niederösterreich [zu Wien 12.]), Lainzer Straße 18. Die damals sechzehnjährige Helene Titz brachte am 2. Jänner 1890 ein Kind zur Welt, welches aber nach wenigen Tagen spurlos verschwand. Am 23. Jänner 1890 wurden Karl Titz wegen Verbrechens gegen die Sittlichkeit und unter dem dringenden Verdacht des Kindsmordes sowie Helene Titz unter dem Verdacht der Mitschuld daran verhaftet und in das Landesgericht Wien eingeliefert. Man hatte nämlich am 15. Jänner 1890 im Garten einer Hutfabrik in Untermeidling (Niederösterreich [zu Wien 12.]) die Leiche eine neugeborenen Knaben gefunden, von dem man annahm, dass es sich dabei um das am 2. Jänner 1890 von Helene Titz geborene Kind handle. Der Verdacht löste sich schließlich als Vorurteil auf. Helene Titz und ihr Vater wurden freigelassen, und Karl Titz konnte seine Tischlerwerkstätte in Wien weiterbetreiben. Karl Titz starb am 6. April 1894 im Wiener Allgemeinen Krankenhaus an einer Magenentartung.

  • Wien 6., Meravigliagasse 4 (belegt für 1873)
  • Meidling, Niederösterreich [zu Wien 12.], Pfarrgasse 28 [Albrechtsbergergasse] (belegt für 1874)
  • Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.], Adamgasse 13 [Kollmayergasse] (belegt für 1877)
  • Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.], Lainzer Straße 18 (belegt für 1878 bis 1880)
  • Gaudenzdorf, Niederösterreich [zu Wien 12.], Bäckergasse 5 [Korbergasse] (belegt für 1880 bis 1881)
  • Fünfhaus, Niederösterreich [zu Wien 15.], Fünfhauser Hauptstraße 20 [Mariahilfer Straße] (belegt für 1883 bis 1885)
  • Sechshaus, Niederösterreich [Wien 15.], Sechshauser Hauptstraße 53 [Sechshauser Straße] (belegt für 1887)
  • Wien 4., Karolinenplatz 1 [St.-Elisabeth-Platz] (belegt für 1887 bis 1891)
  • Wien 4., Goldeggasse 27 (belegt für 1891 bis 1893)
  • Wien 4., Schleifmühlgasse 12 (belegt für 1893 bis 1894)
  • Wien 4., Gießaufgasse 20 (belegt für 1894 bis 1894)
  • Wien 9., Allgemeines Krankenhaus, Alser Straße 4 (Sterbeadresse)
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