Franz Egger (1859–1935)

Persönliche Daten
Namensvarianten
das ist Franz Stranner, mit 11. April 1859 legitimierter Franz Egger
Geburtsdatum
2. April 1859
Sterbedatum
29. April 1935
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, seit 1. Mai 1899 konfessionslos

Mutter: Agnes Stranner (St. Johann am Pressen [zu Hüttenberg / Getemberg], Kärnten 13. Jänner 1843 – Hüttenberg / Getemberg, Kärnten 10. Februar 1874), Tochter einer Hausfrau und eines Bergschneiders: Bäuerin; Heirat in Hüttenberg / Getemberg (Kärnten) am 23. Oktober 1870 mit:
Vater: Martin Egger; d. i. Martin Lichtegger, mit 14. November 1841 legitimierter Egger (Hüttenberg / Getemberg, Kärnten 7. November 1839 – ?): Bergarbeiter
Ehe: in Müllen [zu Salzburg] (Salzburg) am 26. April 1891 mit Antonia Götschl (Unterdrauburg, Kärnten [Dravograd, Slowenien] 8. April 1868 – ?), Tochter einer Hausfrau und eines Schuhmachermeisters: Hausfrau
Tochter: Paulina Egger (Maxglan [zu Salzburg], Salzburg 28. Mai 1892 – ?)
Sohn: Franz Xaver Egger (Maxglan [zu Salzburg], Salzburg 23. Oktober 1893 – Klagenfurt / Celovec, Kärnten 9. April 1985)
Tochter: Maria Egger (Klagenfurt / Celovec, Kärnten 8. März 1896 – Klagenfurt / Celovec, Kärnten 3. April 1896)
Tochter: Antonia Ursula Egger (Klagenfurt / Celovec, Kärnten 28. März 1897 – Klagenfurt / Celovec, Kärnten 9. April 1980)

Biographie

Franz Egger wurde am 2. April 1859 in St. Johann am Pressen [zu Hüttenberg / Getemberg] (Kärnten) als außereheliches Kind einer ledigen Bäuerin geboren. Egger absolvierte eine Tischlerlehre und arbeitete zunächst in Klagenfurt / Celovec (Kärnten), dann in Villach / Beljak (Kärnten). 1880 stieß er zur radicalen Arbeiterbewegung und war 1885 Mitbegründer und Vorstand der Filiale Feldkirchen in Kärnten (Kärnten) der »Arbeiter-Kranken- und Invalidenkasse«. Als sich der im Hochverratsprozess vom 10. Mai 1886 in Graz (Steiermark) freigesprochene Schuhmachergehilfe Franz Göpfhardt (1857–1942) noch im Mai 1886 in Feldkirchen / Trg (Kärnten) niederließ, fand er in Egger einen engen Vertrauten. Göpfhardt versuchte damals, eine geheime Druckerei für die zum Anarchismus tendierenden Radicalen in Klagenfurt / Celovec zu organisieren. Doch Göpfhardt, weil er bei Josef Peukert (1855–1910) in London (England) ein Paket revolutionärer Flugschriften bestellt hatte, Egger und sieben weitere Radicale wurden am 18. Juli 1886 verhaftet. Vier der Inhaftierten, die der Geheimbündelei und der Verbreitung verbotener Druckwerke beschuldigt wurden, wurden Mitte September 1886 ohne Anklageerhebung freigelassen, während unter anderem Egger und Göpfhardt in Haft blieben. Am 6. und 7. Dezember 1886 fand vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Klagenfurt unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Prozess gegen Franz Göpfhardt, Franz Egger und den in Villach / Beljak (Kärnten) verhafteten Schuhmachergehilfen Johann Kiefer (1847–1903) statt. Es war dies die erste Verhandlung auf Grundlage des so genannten Anarchistengesetzes (Gesetz vom 25. Juni 1886, womit Bestimmungen über die Gerichtsbarkeit in Strafsachen, welchen anarchistische Bestrebungen zu Grunde liegen, erlassen werden) außerhalb Wiens. Göpfhardt wurde des Verbrechens des Hochverrats sowie des Verbrechens und Vergehens der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung angeklagt, Egger und Kiefer wurden der Teilnahme am Verbrechen des Hochverrats beschuldigt. Im Sinne der Anklage wurden Franz Göpfhardt zu zehn Jahren, Franz Egger und Johann Kiefer zu je drei Jahren schwerem Kerker verurteilt, alle Strafen verschärft durch einen Fasttag monatlich.

Franz Egger, wegen guter Führung am 17. Jänner 1889 vorzeitig entlassen, übersiedelte nach Mülln [zu Salzburg] (Salzburg). Hier wurde er 1890 Obmann des Salzburger »Holzarbeiter-Fachvereins«, verlor daraufhin seine Arbeit und errichtete dann eine Wäscherei in Maxglan [zu Salzburg] (Salzburg). Er gründete den sozialdemokratischen »Politischen Verein Zukunft‹« und war Delegierter auf dem Dritten Parteitag der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei«, der vom 5. bis 9. Juni 1892 in Wien stattfand. Seit Juli 1892 gab er die Zeitung »Sozialdemokratische Blätter für das Landvolk« (Salzburg) heraus, die seit Jänner 1893 als »Allgemeine Zeitung« (Salzburg – Maxglan; ab 1. Jg., Nr. 2: Maxglan bei Salzburg) fortgesetzt wurden.1 Unter dem neuen Namen erschien die Zeitung vom 2. Jahrgang, Nummer 1 (Januar 1893), bis zum 3. Jahrgang, Nummer 3 (Februar 1894). Herausgeber und verantwortlicher Redakteur war Franz Egger. Ursprünglich eine Monatszeitschrift, erschien sie seit 2. Jahrgang, Nummer 6 (Mitte Mai 1893), vierzehntägig. Noch am 2. Februar 1893 verklagte der Sozialdemokrat Franz Egger einen Redakteur der »Salzburger Chronik für Stadt und Land« (Salzburg) wegen einer verweigerten Berichtigung in dieser Zeitung, doch wurde dieser von der Übertretung des Pressegesetzes freigesprochen. Doch seit Juni 1893 schwenkte die »Allgemeine Zeitung« auf die Linie der Unabhängigen Socialisten ein.2 In diese Richtung weist auch der Abdruck von Texten bekannter Anarchisten: Pjotr Alexejewitsch Kropotkin ‹Пётр Алексеевич Кропоткин› (1842–1921) und John Henry Mackay (1864–1933) – übrigens zwei der wenigen Texte der Zeitung, die nicht von Franz Egger stammten. Hier gewann er auch den Landwirtschaftslehrer Anton Losert (1861–?) zunächst als engen Mitkämpfer. Doch seit August 1893 gab Losert seine eigene Zeitung heraus: »A. Losert’s Blätter für Sozialreform« (Salzburg, ab Nummer 26: Aigen bei Salzburg). Am 27. Februar 1894 wurde Franz Egger als Herausgeber und verantwortlicher Redakteur wegen zweier Zeitungsartikel des Vergehens der Aufreizung zum Hass gegen Besitzende und der Ruhestörung vom Landes- als Schwurgericht Salzburg im Sinne der Anklage zu zwei Monaten strengem Arrest verurteilt. Der Antrag des Staatsanwalts auf Abschaffung wurde zurückgewiesen, und Egger ersuchte wegen seiner Familie um Strafaufschub.

Kurz nach seiner Freilassung wurde Franz Egger neuerlich verhaftet, weil er dem Buchbinder Simon Wucherer (1870–1944) in Untertweng [zu Radenthein] (Kärnten) achtundneunzig Exemplare der in Österreich verbotenen Schrift »An die jungen Leute« (Berlin 1893) von Pjotr Alexejewitsch Kropotkin übersandt hatte.3 Egger wurde am 24. April 1894 in Ketten gelegt nach Klagenfurt / Celovec gebracht, wo bereits der im März 1894 verhaftete Simon Wucherer einsaß. Am 19. und 20. Juni 1894 fand der Prozess gegen beide vor dem Landes- als Schwurgericht Klagenfurt statt. Egger und Wucherer wurden des Vergehens der Aufreizung zu Feindseligkeiten gegen Nationalitäten, Religionsgemeinschaften und Körperschaften sowie der öffentlichen Herabwürdigung der Ehe, der Familie usw. sowie des Vergehens gegen das Pressegesetz angeklagt. Egger, der sich vor Gericht als »theoretischer Anarchist« bekannte, wurde mit sieben gegen fünf Stimmen freigesprochen, Wucherer, der sich ebenfalls als »theoretischer Anarchist« bezeichnete, wegen Vergehens der Störung der öffentlichen Ruhe und nach dem Pressegesetz zu drei Monaten strengem Arrest und 50 Gulden Geldstrafe verurteilt. Dazu kam für Wucherer noch die vom Bezirksgericht Klagenfurt am 28. Mai 1894 verhängte Strafe von sechs Wochen strengem Arrest wegen Ehrenbeleidigung, begangen durch angeblich ehrenrührige und unwahre Äußerungen über das Landesgericht Klagenfurt in Briefen an seine Mutter. Damit fand das kurze Aufblühen der Unabhängigen Socialisten in Salzburg sein Ende, auch wenn Eggers Zeitung für fast ein Jahr neben der Zeitung »Die Zukunft« (Wien) das wichtigste deutschsprachige Organ der Unabhängigen Socialisten in Österreich war.

Franz Egger, mittlerweile Tischlermeister, übersiedelte nun nach Klagenfurt / Celovec, wo er Obmann des »Allgemeinen Arbeitervereins« wurde, dessen Schriftführer ebenfalls ein ehemaliger Radicaler war, der Maschinenschlosser und nunmehrige Sekretär der »Allgemeinen Arbeiter-Kranken-Unterstützungskasse« Ferdinand Perlornigg (1854–1901). Im Juli 1895 wurde er auch Kontrollor beim »Ersten kärntnerischen allgemeinen Consum-Verein, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung«. Am 20. Februar 1897 musste er sich zusammen mit sieben Mittangeklagten wegen fahrlässiger Krida beim Konkurs dieser Genossenschaft vor dem Landesgericht Klagenfurt verantworten und wurde zu vierzehn Tagen Arrest verurteilt. Außerdem leitete Egger seit 1895 die Arbeitsvermittlung der »Gewerkschaft der Holzarbeiter Kärntens«. Egger, nunmehr Mitglied der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei«, zog sich aber um 1900 aus der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung zurück. Er wurde nun Mitglied des »Deutschvölkischen Arbeiterverbandes ›Trutzhammer‹« und übernahm mit 1. Juni 1902 dessen Arbeitsvermittlung. Am 3. Juni 1903 verklagte er als Privatkläger vergeblich einen Redakteur der sozialdemokratischen Zeitung »Der Volkswille« (Klagenfurt) vor dem Landesgericht Klagenfurt wegen Vergehens gegen die Sicherheit der Ehre. Und am 4. September 1903 verklagte er beim Bezirksgericht Völkermarkt / Velikovec (Kärnten) wegen Ehrenbeleidigung den lokalen Führer der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei«, der zu fünf Tagen Arrest verurteilt wurde. Im Juli 1908 wurde Egger in den Arbeitsausschuss für Klagenfurt des »Deutschvölkischen Arbeiterverbandes ›Trutzhammer‹« gewählt. Daneben war er noch bei der »Genossenschaft der Holzarbeiter in Klagenfurt« aktiv und initiierte 1911 und erneut 1921 als langjähriger Obmann einen kostenlosen Meisterkurs für Kalkulationslehre und Skizzenzeichnung. Bis zu dessen Auflösung im April 1914 vertrat er – zuletzt als Obmann-Stellvertreter – auch das Holzgewebe im Klagenfurter »Allgemeinen Gewerbeverband«. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Egger Mitglied der »Großdeutschen Volkspartei«, wurde im Mai 1924 in deren Ausschuss für Klagenfurt / Celovec und im Mai 1925 in den Landesausschuss für Kärnten gewählt und kandidierte für diese Partei 1931. Außerdem gehörte Franz Egger bis zu seinem Tod der »Gewerbe- und Handelsbank in Klagenfurt« an.

Adressen

  • St. Johann am Pressen [zu Hüttenberg / Getemberg], Kärnten, Großkoll 58 (Geburtsadresse)

  • Mülln [zu Salzburg], Salzburg, Bärengässchen 3 (1891–1911)

  • Neu-Maxglan [zu Salzburg], Salzburg, Hauptstraße 81 [Maxglaner Hauptstraße] (1893)

  • Klagenfurt / Celovec, Kärnten, Glangasse 6 (1895–1904)

  • Klagenfurt / Celovec, Kärnten, St. Veiter Straße 8 (1905)

  • Sozialdemokratische Blätter für das Landvolk (Salzburg) 1892

  • Allgemeine Zeitung (Salzburg – Maxglan / Maxglan bei Salzburg) 1893 bis 1894

Karte
  • 1

    Im Anschluss an Max Nettlau (1865–1944): Anarchisten und Syndikalisten. Teil 1. Der französische Syndikalismus bis 1909 – Der Anarchismus in Deutschland und Russland bis 1914 – Die kleineren Bewegungen in Europa und Asien. Vaduz: Topos Verlag 1984 (= Max Nettlau: Geschichte der Anarchie. Herausgegeben in Zusammenarbeit mit dem Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis, Amsterdam. V.), S. 282, wird vielfach Anton Losert (1861–?) als Herausgeber genannt. Dies ist zumindest für den Jahrgang 1893 falsch. Die drei Nummern aus dem Jahr 1894 standen dem Autor allerdings nicht zur Verfügung, doch scheint eine führende Beteiligung Loserts gegen Ende der Zeitschrift unwahrscheinlich, weil gerade wegen der letzten Nummern seiner Zeitschrift lediglich Egger behördlich verfolgt wurde. Allerdings veröffentlichte Egger einen positiven Artikel über Losert; vgl. [Franz Egger]: Prey und Anti-Prey, in: Allgemeine Zeitung (Maxglan bei Salzburg), 2. Jg., Nr. 2/3 (März 1893), S. 2–3 (mit Briefen von Anton Losert). Auch auf die Auseinandersetzung zwischen Losert und Victor Adler (1852–1918) wurde eingegangen; vgl. [Franz Egger]: Feigheit? Oder Wie sollen wir kämpfen?, in: ebenda, 2. Jg., Nr. 10 (Mitte Juli 1893), S. 1.

  • 2

    Im Juni 1893 wiesen die Unabhängigen Socialisten erstmals auf die »Allgemeine Zeitung« hin, »welche sich ebenfalls für unsere Prinzipien erklärte«; [anonym]: Wie empfehlen allen unseren Genossen […], in: Die Zukunft (Wien), 1. Jg., Nr. 21 (24. Juni 1893), S. 4. Im Oktober 1893 erfolgte die Gegenempfehlung: »Wir empfehlen allen Genossen ›Volné listy‹, Redaktion und Administration Wien, X., Schröttergasse 27 und die ›Zukunft‹, Redaktion, Administration und Expedition Wien, V., Kohlgasse Nr 1, 3. Stock«; [anonym]: Wir empfehlen […], in: Allgemeine Zeitung (Maxglan bei Salzburg), 2. Jg., Nr. 15 (Anfang Oktober 1893), S. 4.

  • 3

    Vgl. [Pjotr Alexejewitsch Kropotkin ‹Пётр Алексеевич Кропоткин› (1842–1921)]: An die jungen Leute. Berlin: Herausgegeben von Albert Brock, gedruckt von W. Werner [1893] (= Anarchistische Bibliothek. 2.), 15 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Kreis- als Pressgericht St. Pölten vom 1. Dezember 1893 in Österreich verboten.