Wilhelm Kummer (1857–1933)

Persönliche Daten
Namensvarianten
ungarische Namensform: Vilmos Kummer
angebliches Pseudonym: F. Borini
Geburtsdatum
1857
Sterbedatum
25. März 1933
Sterbeort
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, dann konfessionslos

Ehe: mit Franciska Kubrinics (um 1856 – Budapest, Ungarn 24. September 1942): Hausfrau

Biographie

Der Schriftsetzer Wilhelm Kummer, zuständig nach Zágráb / Agram (Ungarn [Zagreb, Kroatien]), kam nach Wien, wo er sich der radicalen Arbeiterbewegung anschloss. Am 6. September 1882 führten über dreißig Polizisten die zweite große Verhaftungswelle dieses Jahres durch, angeblich wegen der jüngsten radicalen Flugschrift »Manifest der sozialrevolutionären Arbeiter-Partei Oesterreichs an das arbeitende Volk«,1 wobei sechsundzwanzig Wiener Radicale verhaftet wurden, darunter auch Wilhelm Kummer. Tatsächlicher Grund für diese Verhaftungswelle war wohl die so genannte Merstallinger-Affäre, also der von den Tischlergehilfen Josef Engel (~1858–?) und Franz Pfleger (1831–1884) am 4. Juli 1882 verübte Raubüberfall auf den Schuhwarenfabrikanten Josef Merstallinger (~1832–?) zur Geldbeschaffung für die radicale Arbeiterbewegung. Wilhelm Kummer wurde am 22. Dezember 1882 direkt aus der Untersuchungshaft heraus und ohne Anklageerhebung wegen werktätiger Teilnahme an der staatsgefährlichen Propaganda der sozialistischen Arbeiterpartei aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) ausgewiesen und an die ungarische Landesgrenze gebracht.

Wilhelm Kummer begab sich nach Budapest (Ungarn), wo er unter dem Pseudonym »F. Borini« bereits am 3. September 1882 den Artikel »Die erste That«an der Wochenzeitung »Volkswille« (Budapest) veröffentlicht haben soll. Für diesen Artikel wurde der verantwortliche Redakteur Albin Scheffler (~1848–?im Prozess, der am 2. Mai 1883 vor dem Landes- als Schwurgericht Budapest stattfand, wegen Aufforderung zum Ungehorsam gegen behördliche Verordnungen und Beschlüsse zu zwei Monaten Staatsgefängnis verurteilt, zusätzlich wegen Pressevergehens zu 150 Gulden Geldstrafe, eventuell dreißig Tage Arrest, und zum Ersatz der Prozesskosten in der Höhe von 117 Gulden und 36 Kreuzern.

1884 begab sich Wilhelm Kummer trotz der noch gültigen Ausweisung aus der österreichischen Reichshälfte nach Triest (Küstenland [Trieste, Italien]), wo er verhaftet und wieder nach Ungarn abgeschoben wurde. Kummer kehrte nach Budapest zurück, wo er als Stenotypist bei der Zeitung »Pester Lloyd« (Budapest) arbeitete und sich öffentlichen politischen Tätigkeiten enthalten haben soll. Dennoch wurde er am 21. April 1885 in Budapest wegen sozialrevolutionärer Umtriebe verhaftet. Das Verfahren gegen ihn wurde zwar eingestellt, doch Kummer, der weiterhin mit Radicalen im Ausland korrespondierte, wurde unter ständige polizeiliche Überwachung gestellt. Wilhelm Kummer zog sich schließlich von der radicalen Arbeiterbewegung zurück und arbeitete als technischer Mitarbeiter und Korrektor bei der Zeitung »Pester Lloyd« (Budapest).

Karte
  • 1

    Vgl. [anonym]: Manifest der sozialrevolutionären Arbeiter-Partei Oesterreichs an das arbeitende Volk. [London]: [Druck der socialdemocratischen Genossenschafts-Buchdruckerei »Freiheit«] [1882], abgedruckt in der Zeitung »Freiheit« (London) vom 23. September 1882. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 9. Oktober 1882 in Österreich verboten.