Friedrich Krasser (1818–1893)

Persönliche Daten
Namensvarianten
das ist Johann Friedrich Krasser
ungarische Namensform: Frigyes Krasser
rumänische Namensform: Frederic Krasser
Pseudonym: Hermann Krasser
Spitzname: Reformator
Geburtsdatum
25. April 1818
Sterbedatum
9. Februar 1893
Religionsbekenntnis
evangelisch
Adressen

Vater: David Krasser (Mühlbach / Szászsebes, Großfürstentum Siebenbürgen [Sebeş, Rumänien] 1788 – ?): Weißbäckermeister, später Bauer
Mutter: Elisabeth Krasser, geborene Breitestein (Broos / Szászváros, Großfürstentum Siebenbürgen [Orăștie, Rumänien] 1792 – ?): Hausfrau, Bäuerin
Bruder: David Krasser (Mühlbach / Szászsebes, Großfürstentum Siebenbürgen [Sebeş, Rumänien] 11. Juni 1821 – Nagyapold / Großpold, Ungarn [Apoldu de Sus, Rumänien] 17. September 1898): Lehrer, evangelischer Pfarrer, Historiker, Publizist
1. Ehe: in Nagyszeben / Hermannstadt (Ungarn [Sibiu, Rumänien]) 1851 mit Friederike Chrestels; auch: Friederike Krestel (1830 – Nagyszeben / Hermannstadt, Ungarn [Sibiu, Rumänien] 1871)
Kinder: mehrere
2. Ehe: in Nagyszeben / Hermannstadt (Ungarn [Sibiu, Rumänien]) 1875 mit [?]

Biographie

Friedrich Krasser stammte aus einer Durlacher Familie, also von jenen Auswanderern, die um 1770 wegen sozialer Not aus der Markgrafschaft Baden-Durlach [zu Baden-Württemberg] nach Siebenbürgen zogen. Krasser wuchs in dem unter österreichischer Herrschaft stehenden Großbürgertum Siebenbürgen auf und absolvierte die Volksschule und die ersten zwei Klassen des Gymnasiums in Mühlbach / Szászsebes (Großfürstentum Siebenbürgen [Sebeş, Rumänien]). Danach schloss er das Gymnasium in Hermannstadt / Nagyszeben (Großfürstentum Siebenbürgen [Sibiu, Rumänien]) mit der Reifeprüfung ab.

1838 begann Friedrich Krasser ein Studium der Medizin an der Universität Wien, welches er 1844 mit seiner Dissertation »De coxalia« (Über Hüftgelenkschmerzen) als Doktor der Medizin abschloss. 1845 begab er sich für fünf Monate nach Paris (Frankreich), wo er die Freiheitsbestrebungen der Arbeiterschaft kennenlernte. Nach Wien zurückgekehrt, setzte er sein Studium an der Universität fort, welches er 1846 als Doktor der Chirurgie abschloss. Die Wiener Zeit prägte seine ihn später auszeichnende sozialistische und antiklerikale Haltung. Nach eigenen Angaben war es ein Besuch als angehender Arzt bei einer in einem Kellerloch lebenden Wiener Arbeiterfamilie, der ihn zum Sozialismus brachte. Dies veranlasste ihn, noch in Wien ein sozialistisches Programm auf moralisch-ethischer Grundlage auszuarbeiten. Und in Wien wurde auch seine religionskritische Haltung grundgelegt, was ihm unter seinen Kommilitonen den Spitznamen »Reformator« einbrachte.

1846 kehrte Friedrich Krasser nach Mühlbach / Szászsebes zurück, wo er als zweiter Stadtarzt arbeitete. Bei Ausbruch der Kämpfe der Ungarn 1848 zur Eingliederung des Großfürstentums Siebenbürgen in das Königreich Ungarn begab er sich vorübergehend in das Fürstentum Walachei [zu Rumänien].

1850 übersiedelte Friedrich Krasser nach Nagyszeben / Hermannstadt (nunmehr Ungarn [Sibiu, Rumänien]), wo er sich als praktischer Arzt niederließ. Im Dezember 1858 wurde er in die größere Gemeindevertretung der evangelischen Kirche in Hermannstadt gewählt. Als Krasser bei der 1869 in Nagyszeben / Hermannstadt gegründeten Filiale der »Allgemeinen Arbeiterkrankenkasse« als deren erster Arzt tätig wurde, kam er direkt mit der sozialdemokratischen Bewegung in Berührung. Im selben Jahr propagierte er auch seine antiklerikalen Gedanken auf dem internationalen Freidenkerkongress, dem »Freidenker-Concil«, in Neapel ‹Napoli› (Italien), 9. bis 11. Dezember 1869. Auf der Hinreise zum Kongress traf er auch seinen alten Freund, den ehemaligen Offizier und nunmehrigen Journalisten und Schriftsteller Ludwig Richard Zimmermann (1838–1879). Daneben war Krasser nun auch verstärkt als Schriftsteller tätig und veröffentlichte vor allem seit 1867 in verschiedenen Siebenbürgischen Zeitungen und Zeitschriften. Gerade seine Gedichte wurden in unzähligen Organen der anarchistischen Bewegungen in Europa und in den USA wiederabgedruckt. Seine Dichtungen wurden in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie fast alle verboten, und sein Gedicht »Tabula rasa« brachte ihm sogar einen Presseprozess ein. Aufsehen erregte Krasser auch durch seine als utopisch wahrgenommenen Ideen. Da er im Juli 1869 erklärte, dass man in hundert Jahren zum Mond fliegen werde, durfte der Sohn seiner Tochter Valerie Emma Oberth, geborene Krasser (1872–?), der Raumfahrtpionier Hermann Oberth (1894–1989), als Gast am John F. Kennedy Space Center auf Merritt Island (Florida, USA) am 16. Juli 1869 den Start jener Rakete in Cape Canaveral (Florida, USA) miterleben, die Apollo 11 in den Weltraum brachte; Höhepunkt dieser bemannten Raumfahrtmission war am 20. Juli 1969 die erste Landung von Menschen auf dem Mond.

Adressen

  • Nagyszeben / Hermannstadt, Ungarn [Sibiu, Rumänien], Strada Avram Jancu 1–3 (seit 1857 Wohnadresse, Sterbeadresse)

Bücher und Broschüren (bis 1893)

  1. Dissertatio inauguralis medico-chirurgica de coxalgia, quam consensu et auctoritate […] publicae disquisitioni submittit Fridericus Krasser. Vindobonae [Wien]: Typis Caroli Ueberreuter 1844, VIII, 41 S. Erschien unter dem Autorennamen »Fridericus Krasser«. Medizinische Dissertation an der Universität Wien 1844. Lateinisch: Medizinisch-chirurgische Inauguraldissertation über Hüftgelenkschmerzen, welche mit Zustimmung und Ermächtigung […] zur öffentlichen Untersuchung von Friedrich Krasser unterbreitet wird.
  2. Offnes Visir! Zeitgedichte von Friedrich Krasser, Dr. med. in Hermannstadt (Siebenbürgen). Hamburg: Otto Meißner 1869, 108 S.
  3. Der Freidenker-Congress in Neapel. Von Friedrich Krasser, Dr. der Medizin. Separatdruck aus den »Siebenb. Blättern«. Hermannstadt: S. Filtsch’s Buchdruckerei (W. Krafft) 1870, 11 S. Sonderdruck aus: Siebenbürgische Blätter (Hermannstadt), 1870.
  4. Ein Anti-Sillabus. [Braunschweig]: [Druck und Verlag W. Bracke jr.] [1870], 6 S. Anonym erschienen. Zuerst anonym in: Siebenbürgische Blätter (Hermannstadt), 1869. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landesgerichts in Strafsachen als Pressgericht Wien vom 12. April 1870 in Österreich verboten.
    b) Anti-Sillabus. Von Dr. Hermann Krasser in Hermannstadt in Siebenbürgen. Braunschweig: Druck und Verlag W. Bracke jr. [1870], 6 S. Erschien unter dem Autorennamen »Hermann Krasser«.
    c) Anti-Syllabus. (Aus dem in Leipzig erscheinenden »Volksstaat«.) Leipzig: F. Thiele, 
    Genossenschaftsbuchdruckerei [1873], 4 S.
    d) Anti-Sillabus. Von Hermann Krasser. Braunschweig: Druck und Verlag von W. Bracke jr. [1878], [4] S. Erschien unter dem Autorennamen »Hermann Krasser«.
    e) Anti-Syllabus. Von Hermann Krasser. Wriezen: Druck von W. Hintze [1878], 8 S. Erschien unter dem Autorennamen »Hermann Krasser«.
    f) Anti-Syllabus. Von Dr. Friedrich Krasser. Milwaukee, Wis.: Carl Dörflinger Book and Publication Co. [1878], 4 S.
    g) Anti-Syllabus von Hermann Krasser. Zürich – Hottingen – Zeltweg: Verlag der Volksbuchhandlung [um 1879], 7 S. Erschien unter dem Autorennamen »Hermann Krasser«.
    h) Anti-Syllabus. Von Dr. Hermann Krasser. Preis per Exemplar 5 Centimes. Zürich: Buchhandlung des Schweiz. Grütlivereins [um 1885], 8 S. Erschien unter dem Autorennamen »Hermann Krasser«.
    i) Anti-Syllabus. Von Friedrich Krasser. Hottingen – Zürich: Verlag der Volksbuchhandlung [um 1890], 7 S.
    Hingewiesen sei noch auf eine spätere Veröffentlichung in einem anarchistischen Verlag:
    Anti-Syllabus von Hermann Krasser. Zürich: Verlag »Die Freie Generation«, Rainer Trindler [1913], 8 S. Erschien unter dem Autorennamen »Hermann Krasser«.
    A) Szózat a népbolondítókhoz és a néphez. (Anti-Syllabus.) Közli K… B…g. [/] Krasser Frigyes. Budapest: Munkás-Heti-Krónika Kny. 1878, 7 S. Erschien unter dem Autorennamen »Frigyes Krasser«. Übersetzer: K… B…g, d. i. Béla Kreith (1851–1916). Ungarisch: Die Stimme des Volkes und der Menschen. Anti-Syllabus. Mitgeteilt von K… B… g.
    b) Szózat a népbolondítókhoz és a néphez. (Anti-Syllabus.) Közli K… B…g. [/] Krasser Frigyes. Budapest: Népszava könyvkereskedése 1891, 8 S.
    c) Szózat a népbolondítókhoz és a néphez. (Antisyllabus.) Magyarra fordította: K… B… G. 2. kiadás. Budapest: Népszava könyvkereskedése 1903, 8 S.
    B) Anti-syllabus and Tom Strang killed. Two thrilling facts for wage-slaves. – Anti-syllabus, adapted from Dr. Herman Krasser by Lily Curry. – [John Brophy]: Tom Strang killed. (Reprinted from John Swinton’s paper.) New York: Julius Bordollo and company 1886 (= Labor library. 1.), 12 S. Erschien unter dem Autorennamen »Herman Krasser«. Koautor: John Brophy; Übersetzerin: Lily Curry. Englisch: Anti-Syllabus und Tom Strang ermordet. Zwei spannende Fakten für Lohnsklaven. – Anti-Syllabus adaptiert von Dr. Herman Krasser durch Lily Curry. –Tom Strang ermordet. (Abgedruckt aus den John Swinton-Papieren.).
    C) Anti-Syllabus od dra. Heřmana Krassera. Přeložil E. Y. Příloha »Volných Listů«. New York: [Volné Listy] 1890 (= Mezinárodní knihovna. 2.), 7 S. Erschien unter dem Autorennamen »Heřman Krasser«. Übersetzer: E. Y., d. i. Eduard Milý (1858–1923). Original: Anti-Sillabus. Von Dr. Hermann Krasser in Hermannstadt in Siebenbürgen. Braunschweig [1870]; zuerst anonym in: Siebenbürgische Blätter (Hermannstadt [Sibiu]), 1869. Tschechisch: Anti-Syllabus von Dr. Hermann Krasser. Übersetzt von E. Y. Beilage zu »Freie Blätter«.
    b) Johann Most (1846–1906) / Friedrich Krasser (1818–1893): Náboženský mor. Napsal Jan Most. – Anti-Syllabus. Napsal Heřman Krassera. New York: Skupina »Bezvládí« 1907 (= Mezinárodní knihovna. 21.), 14 S. Erschien unter dem Autorennamen »Heřman Krasser«. Ungenannter Übersetzer: Eduard Milý (1858–1923). Original: John Most: Die Gottespest. – Hermann Krasser: Anti-Syllabus. 12. vermehrte und verbesserte Auflage. New York 1887. Tschechisch: Die Religionsseuche. Verfasst von Jan Most. – Anti-Syllabus. Verfasst von Herman Krasser.
    Eine besondere Verbreitung in anarchistischen Kreisen fand Friedrich Krassers »Anti-Syllabus« durch Johann Most, der den Text in seine wohl verbreitetste Broschüre aufnahm.
    a) Die Gottespest. (Zwölfte vermehrte und verbesserte Auflage.) [Gezeichnet] John Most, 167 William Street. New York: John Müller Juni 1887 (= Internationale Bibliothek. 3.), 16 S. Erschien unter dem Autorennamen »John Most« [d. i. Johann Most]. Enthält auch Hermann Krasser [d. i. Friedrich Krasser]: Anti-Syllabus. Von Dr. Hermann Krasser, S. 12–16. Die Schrift von Johann Most erschien zuerst New York 1883, die Schrift von Friedrich Krasser zuerst Braunschweig 1878.
    b) Die Gottespest. (Zwölfte vermehrte und verbesserte Auflage.) [Gezeichnet] John Most, 167 William Street. New York: John Müller May 1892 (= Internationale Bibliothek. 3.), 16 S.
    c) Die Gottespest. (Zwölfte vermehrte und verbesserte Auflage.) [Gezeichnet] John Most, 167 William Street. New York: John Müller January 1893 (= Internationale Bibliothek. 3.), 16 S.
    Die Ausgabe erschien später in unzähligen Auflagen und Ausgaben.
  5. Ceterum censeo von Friedrich Krasser. [O. O.]: [o. V.] [1870], 7 S. Lateinisch: Im Übrigen bin ich der Meinung. Die Weiterverbreitung des Inhalts der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 29. Juli 1879 in Österreich verboten.
    b) Ceterum censeo von Dr. Friedrich Krasser. (Verfasser des »Anti-Syllabus.«). [Zürich]: Schweizerischer Vereinsbuchdruck [1870], 7 S.
    c) Ceterum censeo. Von Dr. Friedrich Krasser. (Aus dem in Leipzig erscheinenden »Volksstaat«.) Leipzig: F. Thiele, Genossenschaftsbuchdruckerei [1873], 4 S.
    d) »Ceterum censeo»« von Dr. Friedr. Krasser. (Verfasser des »Anti-Syllabus«.). Chicago: A. Löschke [1871], [4] S.
    e) Ceterum censeo. Von Dr. Friedrich Krasser. Milwaukee, Wis.: Carl Dörflinger Book and Publication Co. [1878], 4 S.
    f) Ceterum censeo von Dr. Friedrich Krasser. Zürich – Hottingen: Verlag der Volksbuchhandlung [1885], 7 S.
    g) Ceterum censeo von Dr. Friedrich Krasser. Hottingen – Zürich: Schweizerische Genossenschaftsbuchdruckerei [1890], 7 S.
  6. Der letzte Strike. Von Dr. Friedrich Krasser. (Aus dem in Leipzig erscheinenden »Volksstaat«.) Leipzig: F. Thiele, Genossenschaftsbuchdruckerei [1878], 4 S.
  7. Das alte und das neue Credo. Die Encyklica. Von Dr. Friedrich Krasser. Milwaukee, Wis.: Carl Dörflinger Book and Publication Co. [1878], 4 S.
  8. Das Glas und die Bibel. Von Dr. Friedrich Krasser. Milwaukee, Wis.: Carl Dörflinger Book and Publication Co. [1878], 4 S.
  9. Marseillaise des Christenthums von Dr. Friedrich Krasser, Verfasser des Anti-Syllabus. Budapest: Druck und Verlag der »Arbeiter-Wochen-Chronik« [1879], [4] S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- und Strafgerichts als Pressgericht Prag vom 9. Juli 1881 in Österreich verboten.
    b) Marseillaise des Christentums von Dr. Friedrich Krasser. Hermannstadt: Verlag von Franz Michaelis [1891], [4] S.
    c) Marseillaise des Christenthums. Von Friedrich Krasser (Verf. des »Anti-Syllabus«). Berlin: Verlag der Expedition des »Vorwärts« Berliner Volksblatt 1891, [4] S.
  10. Krasser’s Gedichte. [O. O.]: [o. V.] [1890], 16 S. Enthält: Anti-Syllabus; Ceterum censeo; Marseillaise des Christenthums. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Kreis- als Pressgericht Reichenberg vom 24. Februar 1893 in Österreich verboten.
    b) Gedichte von Hermann Krasser. [Zürich]: Deutsches Verlagshaus [1875], 15 S. Erschien unter dem Autorennamen »Herman Krasser«. Enthält: Anti-Syllabus; Ceterum censeo; Marseillaise des Christenthums.
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