Károly Halbedl (1847–1914)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Vater: Sándor Halbedl; Heirat mit:
Mutter: Terezia Halbedl, geborene Gálovics
Bruder: Sándor Halbedl (Kiskőszeg / Donau-Drau-Winkel [Batina, Kroatien] 23. Februar 1843 – ?)
Bruder: Ferencz Halbedl (Kiskőszeg / Donau-Drau-Winkel [Batina, Kroatien] 27. Februar 1845 – ?)
Ehe: keine
Kinder: keine
Biographie
Karl Halbedl absolvierte eine Lehre als Schuhmacher und kam als Schuhmachergehilfe nach Wien, wo er sich früh der radicalen Arbeiterbewegung anschloss. Am 10. Juli 1880 wurde Halbedl zum Kassier der »Gewerkschaft der Schuhmacher« und am 11. September 1881 zum Kassier beim »Arbeiter-Sängerbund« gewählt. Nach einer bei Halbedl in Wien 2., Große Sperlgasse 8, am 5. Oktober 1882 vorgenommenen Hausdurchsuchung wurde er am 7. Oktober 1882 verhaftet. Vorübergehend wurde auch seine Quartiergeberin, die Weißnäherin Marie Meier, festgenommen. Verdächtigt, sich mit der Erzeugung von Sprengstoffen befasst zu haben, wurde eine Untersuchung wegen Verbrechens des Hochverrats gegen ihn eingeleitet, doch musste das Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt werden. Allerdings wurde Károly Halbedl am 8. November 1882 aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also aus der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) ausgewiesen: »38 Halbedl Karl, Schuhmacher, am 24/2. 47 zu Vörösmarti in Ungarn geb. und dahin zuständ., k., l., mittelgroß, mit blassem Ges., schwz., längl., nach rückwärts gekämmten H., schwz. Vollb., am 8. November 1882 von der k. k. Pol.-Dion. Wien wegen werkthätiger Theilnahme an der staatsgefährlich-socialistischen Propaganda u. zwar auf Grund des Gstz. v. 27. Juli 1871, R.-G.-Bl. Nr. 88.«1
Im Dezember 1882 ging Károly Halbedl nach Winterthur (Kanton Zürich, Schweiz) ins Exil. Hier schloss er sich dem »Allgemeinen Arbeiterverein« an, wurde aber als Anarchist bald ausgeschlossen. Anfang Februar 1884 nahm er den in die Schweiz geflüchteten Maler- und Anstreichergehilfen Josef Peukert (1855–1910) bei sich auf und stand seither in engem Kontakt mit ihm. Halbedl unterhielt auch enge Beziehungen zu dem aus Wien geflüchteten Mechaniker Leo Walecka (1856–1914), der im Frühjahr 1884 von St. Gallen / Saint-Gall / San Gallo (St. Gallen, Schweiz) aus den Schmuggel verbotener Druckschriften nach Österreich organisierte. Halbedl nahm im August 1884 an dem geheimen Kongress der in der Ostschweiz lebenden Sozialrevolutionäre teil, bei welchem aus Österreich auch der Schneidergehilfe Ignaz Formanek (1854–?), der Mechaniker Josef Kaufmann (1841–?) – übrigens ein umgedrehter ehemaliger Polizeispitzel – und der Seilergehilfe Josef Klinger (1856–?) anwesend waren, und der sich mit dem Schmuggel sozialrevolutionärer Schriften nach Österreich befasste. Anfang 1885 wurde Károly Halbedl in Räterschen [zu Elsau] (Kanton Winterthur, Schweiz) verhaftet. Man fand bei ihm eine kleine Bibliothek von Büchern über Chemie, in denen es unter anderem um die Herstellung von Sprengstoffen ging. Außerdem wurde bei ihm eine Art Labor gefunden, welches Halbedl, wie die Polizei vermutete, zur Herstellung von Knallquecksilber nutzte. Halbedl wurde auf Ersuchen der österreichischen Behörden und Intervention der österreichischen diplomatischen Vertretungen mit Beschluss des Schweizerischen Bundesrats vom 26. Februar 1885 wegen anarchistischer Umtriebe aus der Schweiz ausgewiesen.
Károly Halbedl emigrierte nach Paris (Frankreich), wo er bereits seit dem 12. September 1885 unter polizeilicher Überwachung stand. Halbedl, der nun unter dem Decknamen »Maximilien Meyer« lebte und eine kleine Schuhmacherwerkstatt unterhielt, organisierte weiterhin den Schmuggel verbotener Druckschriften nach Österreich. Seine Wohnung, in der er eine umfangreiche Bibliothek mit wissenschaftlichen und politischen Büchern unterhielt, waren ein wichtiger Treffpunkt deutschsprachiger Anarchistinnen und Anarchisten. Halbedl alias »père Meyer« (Vater Meyer) verstarb kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs in Paris.
Adressen
- Wien 2., Große Sperlgasse 8 (1882)
Mitarbeiter*innen an Periodika
- Die Zukunft (Wien) 1882
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Autor: Reinhard Müller
Version: November 2024
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