Michael Hruschka (1844–1914)

Persönliche Daten
Namensvarianten
genannt: der rote Michl
Geburtsdatum
3. August 1844
Geburtsort
Sterbedatum
7. Oktober 1914
Sterbeort
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch, dann konfessionslos
Biographie

Michael Hruschka absolvierte eine Schlosserlehre und arbeitete als Schlossergehilfe in Wien. Hier schloss er sich früh der sozialistischen, dann der radicalen Arbeiterbewegung an.

Am 10. August 1883 fand in Wien eine große, von den Radicalen organisierte Demonstration zum Kampf der verfassungsmäßigen Rechte für die Arbeiterschaft statt, die so genannte Schottenring-Demonstration. Anlässe zu einer derartigen Manifestation hatte es sicherlich viele gegeben, doch die Auslieferung und insbesondere das Vorgehen der Behörden und die Form der Auslieferung von Johann Christian Neve alias John Neve (1844–1896) brachte offensichtlich das Fass zum Überlaufen. Vor allem auf Anraten des Maler- und Anstreichergehilfen Josef Peukert (1855–1910) sollte die Demonstration so organisiert werden, dass sie friedlich verlaufen könne. Seit sieben Uhr abends versammelten sich vor der Votivkirche in Wien 9., Rooseveltplatz, einige hundert Arbeiterinnen und Arbeiter. Diese marschierten um Punkt 20 Uhr vom Schottentor aus zum Gebäude der Wiener Polizeidirektion in Wien 1., Schottenring 11. Hier stießen neuerlich Trupps von Arbeitern dazu, welche von der Roßau (Wien 9.) kamen. Nunmehr waren an die 800 Personen versammelt. Die Behörden waren gut vorbereitet und sollen bereits am Nachmittag fast 1.000 dienstfreie Mann der Sicherheitswache zusammengezogen haben, um das Innenministerium, das Zeughaus und die Polizeidirektion zu beschützen. Außerdem forderte der Wiener Polizeipräsident Karl Krticzka Freiherr von Jaden (1824–1885) Militärassistenz an, woraufhin eine Eskadron vom 2. Dragonerregiment sowie ein Bataillon vom Infanterieregiment Nr. 31 Mecklenburg-Strelitz beigestellt wurden. Plötzlich stürmten Sicherheitswache, eine im Hof des Polizeigebäudes bereitgestellte Kompanie Infanterie vom Regiment Nr. 57 und von außen berittenes Militär vom Dragonerregiment Nr. 8, teils mit gezückten Säbeln, auf die Arbeiterinnen und Arbeiter los. Es kam zu einem Handgemenge, und Demonstranten warfen Steine. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter wurden durch Säbelhiebe verletzt, einige Mitglieder der Exekutive durch Steinwürfe. Nach etwa zehn Minuten war die Demonstration um 21 Uhr aufgelöst, und die Straßen blieben vom Militär besetzt. Offiziell wurden mehr als dreißig Demonstranten durch Säbelhiebe im Gesicht und an den Händen verwundet, darunter zwei schwer, etwa achtzig Arbeiter wurden sofort verhaftet. Fünfundfünfzig Arbeiter wurden im Zusammenhang mit dieser Demonstration verhaftet und achtundzwanzig der gerichtlichen Beurteilung zugewiesen, wobei einundzwanzig von ihnen vor Gericht gestellt und sieben der polizeilichen Bestrafung zugewiesen wurden. Einer der an dieser so genannten Schottenring-Demonstration war Michael Hruschka. Ihm wurde später von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, dass er ein Dragoner-Pikett mit Steinen beworfen und einem Wachmann, der sich in der Nähe des Polizeipräsidenten befand, ein Stemmeisen in den Rücken gerammt habe, welcher dadurch zwar nur leicht verletzt wurde, was aber von der Staatsanwaltschaft von der Handlungsweise her als schweres Verbrechen eingestuft wurde.

Am 4. und 5. September 1883 fand vor dem Erkenntnissenat Wien der Prozess anlässlich der so genannten Schottenring-Demonstration gegen einundzwanzig Arbeiter statt, darunter Michael Hruschka. Er wurde des Verbrechens der schweren körperlichen Beschädigung und der öffentlichen Gewalttätigkeit sowie des Vergehens des Auflaufs beschuldigt und im Sinne der Anklage zu vier Jahren schwerem Kerker, verschärft durch zwei Fasttage im Monat, verurteilt.

Am 11. März 1888 begab sich ein Teil der Wiener Arbeiterschaft zum Grab der so genannten Märzgefallenen von der Revolution 1848 auf den Schmelzer Friedhof in Fünfhaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]). Schon vormittags legte eine Arbeiterdeputation einen mit Rosen verzierten Lorbeerkranz am Sockel des Denkmals nieder, mit einer Schleife: »Die socialistische Partei ›Arbeit‹ ein Hoch den Vorkämpfern für Freiheit und Recht«. Gegen 16 Uhr kamen die Gemäßigten zum Denkmal, rund vierzig Arbeiter; ihr Kranz hatte eine Schleife mit der Aufschrift »Die Redaction der ›Gleichheit‹ den Opfern der Revolution«. Unmittelbar danach marschierten rund zweihundert Anhänger der Radicalen, welche sich im Gasthaus »zur alten Hühnersteige« (Franz Schlichtinger) in Fünfhaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]), Schönbrunner Straße 1 [Mariahilfer Straße], versammelt hatten, zum Denkmal, wo sie sich im Halbkreis aufstellten. Auf das Kommando von Michael Hruschka »Hut ab!« entblößten sie ihre Häupter, und nach Hruschkas Worten »Genossen! Den Vorkämpfern für Freiheit und Recht ein dreimaliges Hoch!« stimmten die Arbeiter in die Hochrufe ein und bedeckten nach dem Kommando »Hut auf!« wieder ihre Häupter. Am 5. April 1888 fand wegen der Vorfälle am Grab der Märzgefallenen vor dem Bezirksgericht Sechshaus (Niederösterreich [Wien 15.]) der Prozess gegen Michael Hruschka wegen Übertretung der kaiserlichen Verordnung vom 20. April 1856 wegen seines Hoch-Rufs statt. Da Hruschka zum Prozess nicht erschien und unter der angegebenen Adresse nicht aufzufinden war, wurde der Prozess vertagt. Am 19. April 1888 wurde der Prozess fortgesetzt. Michael Hruschka wurde wegen seiner gegenüber einem Polizeiorgan getätigten Äußerung »Der mit dem Girardi-Hut« wegen Vergehens der Wachebeleidigung zu einer Woche Arrest verurteilt, von der Übertretung des Versammlungsverbots aber freigesprochen.

Zudiesem Zeitpunkt hatte sich Michael Hruschka schon dem Lager der Gemäßigten angenähert, und nach dem so genannten Einigungsparteitag von Hainfeld (Niederösterreich) zur Jahreswende 1888/1889 schloss er sich der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« an. Am 13. März 1890 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien der Prozess gegen Hruschka, nunmehr Geschäftsdiener der Zeitung »Volkspresse« (Wien), statt, angeklagt der Religionsstörung und der Wachebeleidigung. Er hatte am 1. Jänner1890 beim Begräbnis eines konfessionslosen Genossen und Schlosserkollegen den Kranz entfernt und durch zwei rote Kranzschleifen ersetzt. Hruschka wurde wegen Verbrechens der Religionsstörung zu zehn Monaten schwerem Kerker verurteilt, seine Nichtigkeitsbeschwerde vom obersten Gerichts- und Kassationshof am 6. Juni 1890 verworfen. Am 22. Mai 1895 fand vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Wien neuerlich ein Prozess gegen Hruschka statt, diesmal wegen öffentlicher Gewalttätigkeit, Erpressung und Hausfriedensbruch angeklagt. Er hatte am 1. Mai 1895 einen Demonstrationszug von fast dreitausend Arbeitern angeführt. Als er vor dem Haus Neubau 100 dort arbeitende Personen aufforderte, Feierabend zu machen, diese aber seiner Forderung nicht nachkamen, drang er, einen Stock drohend schwingend, in das Haus ein, um seiner Aufforderung Nachdruck zu verleihen. Hruschka wurde wegen Erpressung und öffentlicher Gewalttätigkeit zu sechs Monaten schwerem Kerker verurteilt. Am 29. Mai 1896 stand er wieder vor dem Landes- als Strafgericht Wien, weil er bei einer Generalversammlung der Schlossergehilfengenossenschaft Genossenschaftskommissäre beleidigt habe. Er wurde zu zehn Tagen Arrest verurteilt. Danach wurde es ruhig um Michael Hruschka, der am 7. Oktober 1914 als Pfründner im Krankenhaus an einer Darmentartung verstarb.

Adressen

  • Wien 13., Kaiser-Jubiläums-Spital der Gemeinde Wien [Klinik Hietzing], Wolkersbergenstraße 1 (Sterbeadresse)

 

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