Kajetan Valenci (1853–)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Vater: Josef Valenzi: Lederermeister; Heirat mit:
Mutter: Rosalia Valenzi, geborene Senitsch: Hausfrau
Biographie
Kajetan Valenci absolvierte eine Tischlerlehre und kam als Tischlergehilfe nach Wien, wo er 1889 Mitglied der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« wurde. Gewerkschaftlich engagiert, organisierte er den allgemeinen österreichisch-ungarischen Tischlertag mit, der am 7. und 8. September 1890 in Wien stattfand. Schon früh ging er zur »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« auf Distanz. Auf der von Ihm einberufenen Arbeiterversammlung am 1. November 1891 in der Restauration »zur blauen Traube« (Franz Hamberger) in Wien 5., Schloßgasse 5, wurde beschlossen, die »Arbeiter-Zeitung« (Wien) nicht mehr als Zentralorgan der Sozialdemokratie anzuerkennen. Zunächst gehörte er noch der Opposition der Unabhängigen innerhalb der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« um die Zeitung »Die Volkspresse. Organ für die Interessen des arbeitenden Volkes. Organ der österreichischen Sozialdemokratie« (Wien) und deren Wortführern, dem Porzellanmaler Adolf Heimann (1853–?) und dem Schriftsetzer Rudolf Hanser (1859–1909), an und zeichnete auch als Eigentümer der Festschrift zum 1. Mai 1892.1
Schließlich wurde Kajetan Valenci Gründungsmitglied der am 7. August 1892 gegründeten Partei der unabhängigen Socialisten, wie sich die Anarchisten nun nannten. Er gehörte auch deren Leitung, dem sogenannten Zehner-Ausschuss, an und wurde zunächst alleiniger Herausgeber, vom September 1892 bis Jänner 1894 Mitherausgeber der seit 27. August 1892 erscheinenden anarchistischen Zeitung »Die Zukunft« (Wien), für die er vom Oktober 1893 bis April 1893 auch als verantwortlicher Schriftleiter zeichnete. Seine Aktivitäten bei der Zeitung brachten ihm zahlreiche Prozesse ein. Schon am 5. November 1892 musste er sich in Wien wegen Übertretung des Pressgesetzes, begangen durch unerlaubtes Sammeln von Pränumeranten, unerlaubtes Anschlagen von Druckwerken usw., verantworten, jedoch freigesprochen. Kurz danach, am 14. November 1892, fanden wegen mehrerer Artikel in der Zeitung Hausdurchsuchungen in der Redaktion der Zeitung »Die Zukunft« sowie bei Kajetan Valenci und beim ehemaligen Handlungsgehilfen und nunmehrigen Journalisten und Schriftzsteller Samuel David Friedländer (1865–1942) statt. Friedländer und Valenci wurden schließlich ins Landesgericht Wien eingeliefert. Kajetan Valenci wurde allerdings am 25. November 1892 wieder freigelassen, das Verfahren gegen ihn eingestellt. Allerdings trat er im nachfolgende Prozess gegen Friedländer am 20. Dezember 1892 als – den Angeklagten entlastender – Zeuge auf. Anlässlich eines Artikels in der Nummer 14 der Zeitung »Die Zukunft« vom 11. März 1893 wurde deren verantwortliche Schriftleiter und Mitherausgeber, der Privatlehrer und Journalist Georg Matzinger (1848–1934), wegen Amtsehrenbeleidigung vom Landes- als Schwurgericht Wien am 30. April 1893 zu drei Monaten Arrest verurteilt. Wegen desselben Artikels wurde einige Wochen später auch noch Kajetan Valenci angeklagt, weil er Matzingers Artikel einem Briefträger vorgelesen hatte. Valenci wurde deswegen vom Bezirksgericht Wieden am 27. Juni 1893 zu einer Geldstrafe von zehn Gulden, eventuell achtundvierzig Stunden Arrest verurteilt, wobei nach seiner Berufung der Apellationsgerichtshof das Ersturteil am 21. August 1893 bestätigte. Folgenreich wurde für Valenci der Prozess, der am 29. Mai 1894 vor dem Landes- als Schwurgericht Wien stattfand. Er wurde als Herausgeber und verantwortliche Schriftleiter anlässlich einiger Artikel in der Zeitung »Die Zukunft« wegen Vergehens der Aufreizung gegen Behörden und die besitzende Klasse, der Herabwürdigung der Lehren und Gebräuchen der katholischen Kirche, der Anpreisung ungesetzlicher Handlungen und der Verspottung eines Sachverständigen zu sechs Monaten strengem Arrest mit anschließender Ausweisung aus dem Kronland Niederösterreich und damit auch Wien verurteilt. Auch diesmal wurde sein Rekurs abgewiesen.
Kajetan Valenci, nunmehr bereits Tischlermeister, übersiedelte nach Graz (Steiermark), wo er weiterhin für die Unabhängigen Socialisten aktiv war. Vor allem aber wurde er Obmann des im September 1896 gegründeten »Vereins der Confessionslosen«. In dieser Funktion hielt er die Begrüßungsrede für den freireligiösen Prediger und Philosophen Bruno Wille (1860–1928), der am 2. Juli 1897 in Graz um Restaurant »Annensäle der I. Grazer Actienbrauerei«, Annenstraße 72, vor rund vierhundert Arbeitern seinen Vortrag über »Die Religion der Freude« hielt. Wegen dieser Veranstaltung wurde Valenci wegen Übertretung des Vereinsgesetzes zu zehn Gulden Geldstrafe verurteilt. Bruno Wille wurde allerdings im Prozess vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Graz, der vom 6. bis 9. Dezember 1897 dauerte, des Verbrechens der Religionsstörung und des Vergehens gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung angeklagt, dann aber nur wegen Herabwürdigung von Lehren und Gebräuchen einer staatlich anerkannten Religionsgesellschaft zu einer Woche Arrest und zur Ausweisung aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also aus der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) verurteilt.
Kurz danach verließ Kajetan Valenci Graz, ließ sich in München (Bayern) als Schreinermeister nieder und zog sich von der anarchistischen Bewegung zurück. Hier betrieb er bis mindestens 1918 einer Schreinerwerkstätte und ist zuletzt für 1926 als wohnhaft nachgewiesen.
Publikationen
Herausgeber
- Zum 1. Mai 1892. (Eigentümer Kajetan Valenci. Herausgeber: Adolph Heimann, verantwortlicher Redakteur Karl Bonupf.) Wien: Druck von Joseph Schwarzinger 1892, 8 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 23. April 1892 in Österreich verboten.
Mitarbeiter*innen an Periodika
- Die Zukunft (Wien) 1892 bis 1894
Kategorien
Adresse
- Weitenstein, Steiermark [Občina Vitanje, Slowenien], Markt 12 (Geburtsadresse)
- Wien 5., Kohlgasse 1 (belegt für 1893 bis 1894)
Karte
Autor / Version / Copyleft
Autor: Reinhard Müller
Version: Juli 2025
Anarchistische Bibliothek | Archiv | Institut für Anarchismusforschung | Wien
Copyleft
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Vgl. Zum 1. Mai 1892. (Eigentümer Kajetan Valenci. Herausgeber: Adolph Heimann, verantwortlicher Redakteur Karl Bonupf.) Wien: Druck von Joseph Schwarzinger 1892, 8 S. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 23. April 1892 in Österreich verboten.