Emil Schindler (1860–)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
1860
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch
Berufe

Bruder: Franz Schindler (Mährisch Rothwasser, Mähren [Červená Voda, Tschechien] um 1858 – ?): Fabrikarbeiter; Anhänger der radicalen Arbeiterbewegung; am 23. April 1886 aus Augsburg (Bayern) ausgewiesen
Kind: eines (Wien 1875 – ?)

Biographie

Emil Schindler besuchte nur zwei Jahre die Schule, wobei er in dieser Zeit zweihundertachtzig Mal als fehlend eingetragen wurde. Als er aus der Schule ausschied, konnte er kaum lesen und schreiben. Noch vor seinem fünfzehnten Geburtstag ging er eine Beziehung ein und hatte mit seiner Lebensgefährtin ein 1875 geborenes Kind. Als Webergehilfe bemühte sich Emil Schindler, nunmehr Anhänger der radicalen Arbeiterbewegung, seine Familie redlich zu ernähren, wie auch das Gericht später anerkannte.

Am 11. September 1881 erhielt die Polizei die Anzeige, dass Radicale das Flugblatt »An das österreichische Volk«1 anschlagen wollen. In der Nacht wurde dieses tatsächlich an mehreren Orten Wiens und den Vororten hinterlegt, ausgestreut und plakatiert. In Simmering (Niederösterreich [zu Wien 11.]) wurden Emil Schindler und der Webergehilfe Josef Thielmann (1855–?), beide in der Simmeringer Webwaren- und Spinnfabrik beschäftigt, beim Plakatieren dieser Flugschrift ertappt, festgenommen und am 13. September 1881 ins Landesgericht Wien eingeliefert. Am 22. November 1881 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien in geheimer Verhandlung der Prozess gegen die beiden statt, angeklagt, die Rechtsbegriffe über das Eigentum erschüttern zu wollen und zu verbotenen Handlungen aufgefordert zu haben. Thielmann und Schindler wurden wegen Vergehens der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung zu je zwei Monaten Arrest verurteilt. Der Verteidiger legte Berufung ein, und die Strafe von Emil Schindler, der als Analphabet das Flugblatt nicht einmal lesen konnte, wurde dann auf einen Monat Arrest reduziert.

Nach Verbüßung seiner Strafe verließ Emil Schindler im Jänner 1882 Wien, kehrte aber bald wieder zurück. Emil Schindler wurde bereits im Februar 1884 aufgrund der Ausnahmsverordnungen vom 30. Jänner 1884 aus Wien ausgewiesen: »788 Schindler Emil, Weber, geb. 1860 und zust. Rothwasser, Bez. Hohenstadt, k., I., mittelgr., stark, mit ovalem Ges., bld. Haaren, hoher Stirne, bld. Augenbr., gr. Augen, mangelhaften Zähnen, bld. Schnurrb. u. Fliege, ovalem Kinn, deutsch sprechend.«2

Emil Schindler begab sich nach Augsburg (Bayern), wurde aber – gemeinsam mit den Fabrikwebern Franz Blaschke (1840–?) und Anton Zeiper (1843–1919) – am 23. April 1886 aus Bayern ausgewiesen: »3361. Blaschke Franz [...]; 3364. Schindler Emil, led. Fabrikarbeiter von Rothwasser, k. k. Bez.-Hptmsch. Hohenstadt in Mähren (25 J. alt, mittlere Statur, rundes Gesicht, blonde Haare, dunkelblondes Schnurrbärtchen, blaue Augen), dessen Bruder: 3365. Schindler Franz, verheir. Fabrikarbeiter von Rothwasser, k. k. Bez.-Hptmsch. Hohenstadt in Mähren (28 J. alt, mittlere Statur, ovales Gesicht, blonde Haare und Vollbart, blaugraue Augen, spitze Nase);  [...] 3367. Zeiper Anton  [...]; wurden durch Entschließung des k. Staatsministeriums des Innern vom 25. vor., publizirt am 2. ds. Mts., auf Grund Art. 50 Abs. II des Gesezes über Heimath, Verehelichung und Aufenthalt vom 16. April 1868 und 23. Febr. 1872 aus Rücksicht auf die öffentliche Wohlfahrt aus Bayern verwiesen. Bezüglich der sub Ziffer 3361 und 3363 genannten Personen tritt das Aufenthaltsverbot am 5. c. sub Ziffer 3362 am 1. Juni c., sub Ziff. 3364, 3365, 3366 am 16. c. und bei sub Ziff. 3367 am 23. c. in Kraft. 10058. Augsburg, den 6. April 1886.«3

Emil Schindler fand zunächst in einer Fabrik in Kleinmünchen [zu Linz an der Donau] (Oberösterreich), wurde dort aber als Anarchist bald entlassen. Im Juni 1886 begab er sich nach Traun (Oberösterreich), wo er wieder als Fabrikweber arbeiten konnte. aber auch von hier wurde er bald vertrieben, so dass er in der sozialrevolutionären Gruppe in Traun nur kurzfristig eine wichtige Rolle spielen konnte.

Karte
  • 1

    Vgl. [anonym]: An das österreichische Volk. [Wien]: [ohne Verlag] [1881], Flugblatt, beginnt mit »Sehr vor uns liegt«, endend mit »Lebensgenuß hergestellt wird«; Neuauflage der am 19. August 1881 beschlagnahmten Flugschrift, nunmehr mit dem Vermerk des Bedauerns versehen, dass die ganze letzte Auflage von der löblichen Polizei-Behörde konfisziert wurde. Die Weiterverbreitung der Druckschrift wurde mit Erkenntnis des Landes- als Pressgericht Wien vom 10. November 1881 in Österreich verboten.

  • 2

    [Anonym]: 788 Schindler Emil, in: Central-Polizei-Blatt. Herausgegeben von der k. k. Polizei-Direktion zu Wien (Wien), Nr. 16 (1. März 1884), S. 58.

  • 3

    [Anonym]: 3364. Schindler Emil, in: Bayer. Central-Polizei-Blatt (München), Nr. 27 (12. April 1886), S. 112.