Arthur Kahane (1872–1932)

Persönliche Daten
Namensvarianten
Pseudonym: Sylvester (gemeinsam mit Felix Hollaender)
Geburtsdatum
2. Mai 1872
Geburtsort
Sterbedatum
7. Oktober 1932
Religionsbekenntnis
israelitisch, seit 1891 konfessionslos

Vater: Bernhard Kahane, d. i. Salomon Kahane (Iași, Moldau [Rumänien] 1840 – Zwittau / Svitavy, Tschechoslowakei [Svitavy, Tschechien] August 1921): Privatbeamter; Heirat mit:
Mutter: Amalie Golde Kahane, geborene Meisels (Krakau, Galizien und Lodomerien [Kraków, Polen] 1839 – Bad Ischl, Oberösterreich 30. Mai 1914), Tochter einer Hausfrau und eines Rabbiners: Hausfrau
Bruder: Max Kahane; d. i. Moses Kahane (Iași, Rumänien 1866 – ?): Maschineningenieur; Heirat in Wien am 5. Mai 1894 mit Anna Maria Unzeitig (Petersdorf, Mähren [Petrov nad Desnou, Tschechien] ? – ?): Hausfrau
Schwester: Frieda Kahane, verheiratete Friederike Winter (Iași, Rumänien 28. September 1864 – Wien 6. Oktober 1924): Hausfrau; Heirat mit Géza Winter (Eperjes / Eperies, Ungarn [Prešov, Slowakei] 14. März 1850 – Wien 3. März 1924): Dr. jur., Rechtsanwalt
Ehe: in Berlin (Preußen [Berlin]) am 14. Jänner 1910 mit Paula Ornstein (Wien 26. September 1874 – Urbana, Illinois, USA 1960), Tochter einer Hausfrau und eines Kaufmanns: Konzertpianistin; flüchtete 1939 in die USA
Sohn: Henry Kahane, d. i. Heine Romanos Kahane; auch: Heinrich Kahane (Berlin, Preußen [Berlin] 2. November 1902 – Urbana, Illinois, USA 11. September 1992): Dr. phil., Romanist (Spanisch und Italienisch), Mediävist, Hochschullehrer und Publizist; flüchtete 1939 in die USA; Heirat mit Renée Maria Toole (1907–2002)
Sohn: Peter Penuel Kahane (Berlin, Preußen [Berlin] 18. Februar 1904 – Basel / Bâle / Basilea, Kanton Basel, Schweiz 12. Februar 1974): klassischer Archäologe und Publizist; emigrierte 1933 nach Griechenland, 1936 in die Schweiz, 1938 nach Palästina [Israel], 1972 wieder in die Schweiz
Sohn: Ariel Kahane, d. i. Anselm Kahane (Berlin, Preußen [Berlin] 29. November 1907 – Jerusalem / ירושלים / دس, Israel 1986): Architekt, Städteplaner und Publizist, emigrierte 1934 nach Palästina [Israel]

Biographie

Arthur Kahane wuchs in Wien auf, wo er sich auch nach seinem Weggang regelmäßig privat wie beruflich aufhielt. Er legte 1890 am Leopoldstädter Kommunal-Real- und Obergymnasium in Wien die Reifeprüfung ab und studierte anschließend Germanistik und Philosophie an der Universität Wien. Max Nettlau (1865–1944) berichtete, dass er 1891 erlebte, wie sich der junge Student Kahane in Diskussionen vom Marxismus distanzierte.1 Am 8. März 1892 hielt Kahane in Wien einen Vortrag über »Moderne Literatur« im Rahmen des »Unterrichts-Verbandes der Arbeitervereine Niederösterreichs«.

Bald darauf, im Oktober 1892, übersiedelte Arthur Kahane zwecks Fortsetzung seines Studiums nach Oberstrass [ab 1893 zu Zürich / Zurich / Zurigo] (Kanton Zürich, Schweiz), wo er unter anderem im Dezember 1892 einen Vortrag von Gustav Landauer (1870–1919) hörte und im August 1893 am Internationalen Sozialistischen Kongress in Zürich als Delegierter teilnahm. Kahane wurde als Wortführer des »Vereins der unabhängigen Socialisten« verhaftet, am 10. Februar 1894 gemeinsam mit siebzehn anderen Anarchisten aus der Schweiz ausgewiesen und kehrte nach Wien zurück.

In Wien schloss sich Arthur Kahane den Unabhängigen Socialisten an und arbeitete bei der 1892 bis 1895 erschienenen wichtigen anarchistischen Zeitung »Die Zukunft« (Wien) mit. Im Prozess anlässlich des tätlichen Angriffs auf Karl Kraus (1874–1936) durch Oskar Friedmann (1872–1929) und andere, der am 26. Mai 1899 vor dem Bezirksgericht Innere Stadt in Wien wegen vorsätzlicher leichter Körperverletzung stattfand, wurde auch Kahane als Mittäter angeklagt und zu 50 Gulden Geldstrafe, eventuell 48 Stunden Arrest, verurteilt.

Arthur Kahane übersiedelte nach Berlin (Preußen [Berlin]). Hier wurde er am 1. Oktober 1902 Mitarbeiter und ab 1905 erster Dramaturg am Deutschen Theater sowie an den anderen Berliner Reinhardt-Bühnen, am Kleinen Theater und am Neuen Theater. Er arbeitete seither bis zu seinem Tod mit Max Reinhardt (1873–1943) eng zusammen, war nicht nur Dramaturg, sondern auch Freund, Laufbursche, Bewunderer, Apologet und Theoretiker Reinhardts. Daneben meldete er ab 1906 mehrere Patente für eine Drehbühne und andere Theatereinrichtungen an, schrieb das Drehbuch für den ersten Film von Max Reinhardt, »Die Insel der Seligen« (1913; in Österreich 1914 unter dem Titel: »Im Traumland«), und verfasste mit Felix Hollaender (1867–1931) unter dem gemeinsamen Pseudonym »Sylvester« den von Friedrich Hollaender (1896–1976) vertonten Text für »Die fromme Helene. Operette in drei Akten«, die am 31. Dezember 1923 am Deutschen Theater, Berlin, uraufgeführt wurde.

Arthur Kahane gehörte zu den wenigen Persönlichkeiten aus dem Wiener Intellektuellenmilieu, die zeitlebens Anarchisten blieben. Er publizierte später unter anderem regelmäßig in den anarchistischen Organen »Der individualistische Anarchist« (Berlin) 1919 bis 1920 und in »Der Einzige« (Berlin) 1919 bis 1925. Arthur Kahane, der sich wiederholt in Wien aufhielt, unterhielt ab 1918 engere Kontakte zu Karl F. Kocmata (1890–1941).

Bücher und Broschüren

  1. Lieder. Berlin: Verlag Oesterheld & Co. 1910, 115 S.

  2. Lieder des Pierrot von Arthur Kahane. Musik von Eduard Künneke, für eine Singstimme und Klavier. Op. 3. No. 1:Pierrots Lied. No. 2: Auf weißen Rosen. No. 3: Ständchen. No. 4: Pierrots Traum. No. 5: Colombine. Berlin: Verlag von Ries & Erler 1913, ? S. Komponist: Eduard Künneke (1885–1953).

  3. Novellen aus der Bibel. Mit kolorierten Originallithographien von Erich Büttner. (Die Auswahl, Sammlung und Anordnung dieser biblischen Erzählungen wurde, mit worttreuer Beibehaltung des Luthertextes, vorgenommen von Arthur Kahane.) Berlin: Erich Reiß Verlag 1917 (= Prospero-Druck. 3.), 88 S. und 13 Bildtafeln. Illustrator: Erich Büttner (1889–1936).

  4. Clemens und seine Mädchen. Ein kleiner Roman. Berlin: Erich Reiß Verlag 1918, 129 S.

  5. Willkommen und Abschied. Roman. Berlin: Erich Reiß Verlag 1919, 211 S.
    b) Willkommen und Abschied. Roman. Zweite Auflage. Berlin: Erich Reiß Verlag 1919, 211 S.

  6. Die Tarnkappe. Roman. Berlin: Erich Reiß Verlag 1920, 439 S.

  7. Die Fromme Helene. Operette in drei Akten von Sylvester. Musik von Friedrich Hollaender. Berlin: Theater-und Musikverlag des Deutschen Theaters 1923, 48 S. Erschien unter dem mit Felix Hollaender (1867–1931) gemeinsamen Pseudonym »Sylvester«. Komponist: Friedrich Hollaender (1896–1976).

  8. Der Schauspieler. Roman. Konstanz: Oscar Wöhrle Verlag 1924, 364 S.

  9. Tagebuch des Dramaturgen. Berlin: Bruno Cassirer Verlag 1928, 209 S.

  10. Die Thimigs. Theater als Schicksal einer Familie. Leipzig: Erich Weibezahl 1930 [recte 1929] (= Biographien deutscher Schauspieler. [1].), 143 S. und 32 Tafeln.

  11. Max Reinhardt, 25 Jahre deutsches Theater. Ein Tafelwerk. Herausgegeben von Hans Rothe: In Verbindung mit einem zweiten Band von Franz Horch: Die Spielplane Max Reinhardts 1905 bis 1930. Mit 267 Abbildungen. München: R. Piper Verlag & Co. 1930, 2 Bände:
    [1]. Band: München: R. Piper Verlag & Co. 1930, 77 S. Enthält Max Reinhardt: Rede über den Schauspieler. 1928. – Das deutsche Theater unter Max Reinhardt 1905–1930: 1) Arthur Kahane: Die Jahre 1905–1924. – 2) Heinz Herald (1890–1964): Die Jahre 1924–1930. Dokumentierung von Reinhardts Persönlichkeit. –  Hans Rothe (1894–1977): Kurze Chronik.
    [2]. Band: München: R. Piper Verlag & Co. 1930, 91 S. Enthält Franz Horch (1901–1951): Die Spielpläne Max Reinhardts 1905 bis 1930.
    Mitherausgeber: Hans Rothe (1894–1977) und Franz Horch (1901–1951).

  12. Theater. Aus dem Tagebuche des Theatermannes. Berlin: Volksverband der Bücherfreunde Wegweiser Verlag 1930 (= Volksverband der Bücherfreunde. 12. Buchjahr. Wissenschaftliche Jahresreihe für die Mitglieder 2. 1.), 271 S.

  13. Das Judenbuch. Berlin: Tiergarten-Verlag 1931, 183 S.

  14. Max Reinhardt e il suo teatro. In occasione delle recite date dal Deutsches Theater apr. – magg. 1932. Berlino [Berlin]: A. Metzner [1932], [28] S. Italienisch: Max Reinhardt und sein Theater. Anlässlich der Vorstellungen des Deutschen Theaters April – Mai 1932.

Periodika

  1. Blätter des Deutschen Theaters. Geleitet von Felix Hollaender und Arthur Kahane. Herausgegeben vom Deutschen Theater (Berlin), 1.–19. Jg. (1911/12–1931/32), Herausgeber; teilweise unter den Titeln: Das junge Deutschland. Monatsschrift für Literatur und Theater (1918–1920); Blätter der Reinhardt-Bühnen (1928/29–1931/32). Mitherausgeber: Felix Hollaender (1867–1931). Die Zeitschrift war das Organ der Bühnen von Max Reinhardt (1873–1943).

  • Der individualistische Anarchist (Berlin) 1919

Abdrucke in:

Karte
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    Vgl. Max Nettlau (1865–1944): Anarchisten und Syndikalisten. Teil 1. Der französische Syndikalismus bis 1909 – Der Anarchismus in Deutschland und Russland bis 1914 – Die kleineren Bewegungen in Europa und Asien. Vaduz: Topos Verlag 1984 (= Max Nettlau: Geschichte der Anarchie. Herausgeben in Zusammenarbeit mit dem Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis, Amsterdam. 5.), S. 2826.