Georg Mannheimer (1887–1942)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
10. Mai 1887
Geburtsort
Sterbedatum
22. April 1942
Religionsbekenntnis
israelitisch

Vater: Berthold Mannheimer; d. i. Bertold Mannheimer (Münchengrätz, Böhmen [Mnichovo Hradiště, Tschechien] 1848 – Baden, Niederösterreich 29. März 1925): Dr., Beamter, Direktor der »Escomptegesellschaft für Industrie und Handel«; Heirat in Budapest (Ungarn) am 19. Oktober 1884 mit:
Mutter: Regina Mannheimer, geborene Róza Gruber (um 1863 – Budapest, Ungarn um 1942): Hausfrau
Bruder: »Fritz« Friedrich Mannheimer (Pozsony / Preßburg, Ungarn [Bratislava, Slowakei] 29. Jänner 1886 – ?): Bankbeamter in Prag (Böhmen [Praha, Tschechien])
Bruder: Otto Mannheimer (Prag, Böhmen [Praha, Tschechien] 1889 – Wien 16. Februar 1893)
Schwester: »Lilly« Lili Mannheimer; später: Lili Mannheimerová (Prag, Böhmen [Praha, Tschechien] 21. Mai 1892 – Riga [Rīga], Lettland 1942, ermordet): am 14. Dezember 1941 ins Ghetto Theresienstadt (Protektorat Böhmen und Mähren [Terezín, Tschechien]), am 15. Jänner 1942 nach Riga deportiert
Schwester: »Lene« Helene Sophie Mannheimer; später: Helena Mannheimerová (Wien 22. Juni 1893 – Riga [Rīga], Lettland 1942, ermordet 1942):): Privatangestellte; am 14. Dezember 1941 ins Ghetto Theresienstadt (Protektorat Böhmen und Mähren [Terezín, Tschechien]), am 15. Jänner 1942 nach Riga deportiert
Stiefmutter: Marie Theresia Mannheimer, geborene Mach: Heirat um 1898 mit Georg Mannheimers Vater Berthold Mannheimer
Stiefbruder: Norbert Mannheimer (1900 – ?)
erste Ehe: mit Annie [?]
zweite Ehe: mit Martha Singer; später: Marta Mannheimerová (Wartberg [zu Straning-Grafenberg], Niederösterreich 22. Jänner 1894 – Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Generalgouvernement [Brzezinka (powiat oświęcimski), Polen] Oktober 1944, ermordet): Dr. med., Ärztin; am 5. Juli 1943 ins Ghetto Theresienstadt (Protektorat Böhmen und Mähren [Terezín, Tschechien]), am 19. Oktober 1944 ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert
Tochter: Doris Mannheimer; später: Dora Mannheimerová (Prag ‹Praha›, Tschechoslowakei [Tschechien] 13. Juni 1928 – Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Generalgouvernement [Brzezinka (powiat oświęcimski), Polen] Oktober 1944, ermordet): am 5. Juli 1943 ins Ghetto Theresienstadt (Protektorat Böhmen und Mähren [Terezín, Tschechien]), am 19. Oktober 1944 ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert

Biographie

Georg Mannheimer lebte bereits seit dem Mai 1888 – er selbst behauptete seit 1894 – in Prag. Er besuchte das Staats-Realgymnasium in Prachatitz (Böhmen [Prachatice, Tschechien]), dann das k. k. deutsche Staatsgymnasium in Königliche Weinberge (Böhmen [Královské Vinohrady, zu Prag ‹Praha›, Tschechien]). Seit 1905 studierte er Rechtswissenschaften an der Deutschen Universität in Prag, wo er am 23. Mai 1912 zum Doktor der Rechts- und Staatswissenschaften promoviert wurde.

Seit 1908 war Georg Mannheimer schriftstellerisch tätig und Mitglied der »Rede- und Lesehalle jüdischer Hochschüler in Prag«, seit 1909 regelmäßiger Mitarbeiter an der Zeitschrift »Deutsche Arbeit. Monatsschrift für das geistige Leben der Deutschen in Böhmen« (Prag). Um 1913 hatte er kurzzeitig Kontakt zur anarchistischen Szene Wiens. Obwohl er als Autor hier nicht nachweisbar ist, wurde er als Mitarbeiter der Zeitung »Neue Freie Worte« (Wien) genannt, und am 22. Mai 1913 wurde im Rahmen einer dramatisch-musikalischen Soiree für wohltätige Zwecke im Festsaal des Kaufmännischen Vereins in Wien 1., Johannesgasse 4, neben zwei Stücken anderer Mitarbeiter der »Neuen Freien Worte« (Wien) sein Werk »Die Starken. Ein ernstes Spiel in einem Akt« uraufgeführt.1

Georg Mannheimer, nunmehr Advokaturskonzipist in Prag, war seit 1913 Mitarbeiter und nach dem Ersten Weltkrieg Redakteur, zuständig für die Parlamentsberichterstattung, der Tageszeitung »Bohemia« (Prag), die seit 1914 als »Deutsche Zeitung Bohemia« erschien, wurde aber 1916 zum Kriegsdienst eingezogen. Im Juli 1919 war er Mitglied einer Delegation, welche die Haftbedingungen politisch verdächtiger Deutschböhmen im Prager Garnisonsarrest kontrollieren sollte. Mannheimer war Mitglied der »Reichsgesellschaft der deutschen Presse« in Prag und Mitglied, später auch Ausschussmitglied der »Concordia. Verein deutscher Schriftsteller und Künstler in Böhmen«. Am 20. November 1920 wurde Mannheimers »Bankerott. Drei Akte« im Stadttheater Barmen (Preußen [zu Wuppertal, Nordrhein-Westfalen]) uraufgeführt. Im November 1921 war er Mitbegründer und bis zur letzten Nummer vom 15. September 1938 Mitarbeiter der Halbwochenschrift beziehungsweise Wochenschrift »Die Wahrheit. Unabhängiges Organ für öffentliche Fragen und offizielles Organ des Europäischen Zoll-Vereins in der Tschechoslowakischen Republik« (Prag). 1926 unternahm Mannheimer eine Reise nach Palästina. Am 18. Oktober 1928 wurde sein Stück »Der Mann, der durch den Traum lief« in der Kleinen Bühne in Prag, am 25. November 1929 »Palästina: Drei Akte aus dem Leben der jüdischen Kolonisten« an der Jungjüdischen Bühne in Brno / Brünn (Tschechoslowakei [Brno, Tschechien]) uraufgeführt. Mannheimer wurde am 25. Oktober 1928 von einem Lastauto gegen eine Straßenbahn geschleudert, und es musste sein rechtes Bein amputiert werden. Seit 1929 machte er auch Rundfunksendungen in der Prager »Deutschen Radiosendung« und war Vortragender in der »Freien Schule der politischen Wissenschaften«. Über seine Reise in die Sowjetunion, Dezember 1934 bis Jänner 1935, veröffentlichte Mannheimer ein Tagebuch in tschechischer Sprache. Am 6. März 1936 wurde im Prager Rundfunk Mannheimers »Masaryk in Genf« als Hörspiel erstgesendet. Hingewiesen sei auf seine sechsteilige Reportage-Serie »Palästina – heute«, die vom 11. Juni bis 17. September 1936 in der Zeitschrift »Gerechtigkeit. Gegen Rassenhaß und Menschennot« (Wien) erschien. Im September 1940 wurde Mannheimer verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau deportiert, wo er an sogenannter Entkräftung, also an den Folgen der körperlichen Misshandlungen, verstarb.

Adressen

  • Wien 2., Herminengasse 17 (Geburtsadresse)

Bücher: und Broschüren

  1. Der Landstreicher aus Atlantis. Tragikomödie in einem Vorspiel und drei Akten. Prag: Mittelböhmische Buchdruckerei 1923, 56 S., Sonderdruck aus »Die Wahrheit« (Prag), 2. Jg. (1923), Nr. 2, S. 4–7, Nr. 3, S. 6–9, Nr. 4, S. 6–7, Nr. 5, S. 3–5, Nr. 6, S. 5–7, Nr. 7, S. 6–8, und Nr. 8, S. 4–6.

  2. Palästina. Drei Akte aus dem Leben der jüdischen Kolonisten. Prag: Verlag der »Wahrheit« 1928, 51 S.

  3. Der Mann, der durch den Traum lief. Komödie einer Ehe in drei Akten. Prag: Verlag Fr. Khol 1929 [recte 1928], 41 S.

  4. Masaryk in Genf. Weltkriegslegende in einem Akt. Prag: Verlag »Die Wahrheit« 1930, 23 S.

  5. Das Tagebuch eines Baby. Für Eltern und die es werden wollen! Zeichnungen von Friedrich Feigl. Potsdam: Müller & Kiepenheuer 1933, 39 S. Illustrator: Friedrich Feigl (1884–1965).

  6. Ruský deník. Praha: Tribuna 1935, 94 S., Tschechisch: Russisches Tagebuch.

  7. Lieder eines Juden. Prag Karlín: Verlag und Druck: Neumann & Co. 1937, 77 S.
    b) Lieder eines Juden. 2. Auflage. Prag Karlín: Verlag und Druck: Neumann & Co. [1937], 77 S.

  8. Die Ballade vom Zeitungspapier. Illustriert von Helmut Krommer. Prag: [Deutsche graphische Bildungsvereinigung in der Tschechoslowakischen Republik] [1938] (= Der Buchdrucker. Jahrgang 5. 1.), 4 Bl. Illustrator: Helmut Krommer (1891–1973).

  9. Ein Jude kehrt heim. Roman in Versen. Prag-Karlín: Verlag und Druck: Neumann & Co. 1938, 122 S.

  10. Fünf Minuten vor Zwölf. Lieder eines Zeitgenossen. Prag-Karlín: Verlag und Druck: Neumann & Co. [1938], 73 S.

Übersetzungen

  1. Petr Bezruč (1867–1958): Lieder eines Rebellen. Auslese aus den »Schlesischen Liedern« von Petr Bezruč. Autorisierte Nachdichtung und Vorwort von Georg Mannheimer. Brünn: Buchdruckerei Pokorný & Comp. 1931, 82 S., Teilübersetzung des Originals: Slezské písně. Brno 1899–1928.

  2. Petr Bezruč (1867–1958): : Das blaue Ordensband. Nachgedichtet aus dem Čechischen von Georg Mannheimer. Brünn: Druck von Pokorný & Comp. 1932, 25 S. Original anonym: Stužkonoska modrá. Brno 1930.

  • Neue Freie Worte (Wien) 1913 [kein Beitrag ausgewiesen, aber als Mitarbeiter geführt]
Karte
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    Vgl. [anonym]: Uraufführungen unserer Mitarbeiter, in: Neue Freie Worte (Wien), 3. Jg., Nr. 18 (30. Mai 1913), S. 14–15.