Ferdinand Linke (1827–1898)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
1827
Geburtsort
Sterbedatum
9. Juni 1898
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch
Biographie

Der Versetzer und Geldverleiher Ferdinand Linke, Sohn wohlhabender Eltern, war eine durchaus berüchtigte Persönlichkeit Wiens, berüchtigt für und beneidet um sein durchaus ausschweifendes Leben. Zunächst war er als Advokaturskanzlist tätig, doch bald machte er sich einen Namen als »König der Wucherer« und »General des Wuchers«. Bereits 1852 wurde wegen Diebstahls abgestraft, wurde er im Prozess, der am 6. und 7. Februar 1866 stattfand, vom Landesgericht Wien wegen Vergehens des Wuchers zu einer Geldstrafe von 600 Gulden verurteilt. Allein in der 1850er- und 1860er-Jahren waren gegen ihn wegen Betrugs, Wuchers, Einschränkung der persönlichen Freiheit, Veruntreuung und Notzucht insgesamt siebzehn Strafanzeigen erfolgt. Im Aufsehen erregenden Prozess, der vom 29. Mai bis 1. Juni 1870 vor dem Landesgericht Wien stattfand, wurde Linke wegen Verbrechens des Betrugs zu fünf Jahren schwerem Kerker verurteilt.

Die Linke-Affäre. August 1886

Im März 1886 versuchte eine Gruppe von Sozialrevolutionären zwecks Geldbeschaffung einen Überfall vorzunehmen. Zunächst dachte man an, einen Versetzer in Neubau (Wien 7.) zu überfallen. Dann schlug der Bronzearbeitergehilfe Stefan Buelacher (1858–1908) schlug vor, den Versetzer und Hauseigentümer Ferdinand Linke (1831–1898) in Penzing (Niederösterreich [zu Wien 14.]), Pfarrgasse 17 [Einwanggasse], entweder durch Bedrohung mit Dolchen oder durch Chloroformierung seines Bargelds und seiner Wertpapiere zu berauben. Stefan Buelacher stellte zu diesem Zweck nach dem Buch »Die Wunder der Physik und Chemie« von Ferdinand Siegmund (1829–1902)1 Chloroform her. Die beteiligten Genossen, der Drechslergehilfe Heinrich Höfermayer (1862–?), der Stuckateurgehilfe Leopold Kaspari (1861–1891) und der Webergehilfe Johann Wawrunek (1849–?), glaubten nämlich, dass er dies als Beteiligter der so genannten Merstallinger-Affäre vom 4. Juli 1882 könne. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, in das Haus von Ferdinand Linke zu gelangen, gaben die Sozialrevolutionäre ihren Plan auf. Der Hinweis auf Ferdinand Linke soll vom Schuhmachermeister Karl Schwehla (1851–1897) gekommen sein, der wiederholt für und bei Linke gearbeitet hatte.

Es dauerte lange, bis die Polizei den Tätern der so genannten Link-Affäre auf die Spur kam. Im Zuge der so genannten Brandleger-Affäre vom 3. und 4. Oktober 1886 holte die Polizei nach wochenlangen Beobachtungen zum großen Schlag gegen die Wiener Sozialrevolutionäre aus. Noch in der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 1886 konnten acht Sozialrevolutionäre verhaftet werden, und innerhalb der nächsten Woche folgten weitere sieben. Im Zusammenhang mit der so genannten Linke-Affäre wurden Stefan Buelacher, Heinrich Höfermayer, Leopold Kaspari und Johann Wawrunek verhaftet.

Vom 21. bis 28. März 1887 fand vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Wien der große so genannte Anarchisten-Prozess gegen siebzehn Sozialrevolutionäre statt. Verhandelt wurden die so genannte Reich-Affäre vom 18. Juni 1885, die so genannte Tyll-Affäre vom 3. August 1885, die so genannte Dynamit-Affäre vom 14. März 1886, die so genannte Linke-Affäre vom März 1886, die so genannte Trostler-Affäre vom April 1886 und die so genannte Brandleger-Affäre vom 3. und 4. Oktober 1886.

Leopold Kaspari wurde des Verbrechens der Mitschuld an der Brandlegung, der Verbrechen nach den §§ 5 und 6 des Gesetzes vom 27. Mai 1886, betreffend Anordnungen gegen den gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen und die gemeingefährliche Gebarung mit denselben, und des Verbrechens des versuchten Diebstahls angeklagt und im Sinne der Anklage zu sechzehn Jahren schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt. Heinrich Höfermayer wurde des Verbrechens der Brandlegung, des Verbrechens der Mitschuld an der Brandlegung und des Verbrechens des teils vollbrachten, teils versuchten Betrugs angeklagt und im Sinne der Anklage zu fünfzehn Jahren schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt. Stefan Buelacher wurde des Verbrechens der Mitschuld an der Brandlegung und des Verbrechens der versuchten Verleitung zum Raub angeklagt und im Sinne der Anklage zu zwölf Jahren schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt. Johann Wawrunek wurde Verbrechens der Mitschuld an der Brandlegung, der Verbrechen nach den §§ 5 und 6 des Gesetzes vom 27. Mai 1886, betreffend Anordnungen gegen den gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen und die gemeingefährliche Gebarung mit denselben, und des Verbrechens des teils vollbrachten, teils versuchten Betrugs angeklagt und im Sinne der Anklage zu fünzehn Jahren schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt.

Ferdinand Linke nach der Linke-Affäre

Das ins Auge gefasste Opfer, der mehrfach vorbestrafte Ferdinand Linke, wurde am 25. April 1887 wegen des Verdachts der Mitschuld des Betrugs verhaftet, begangen durch Wechselfälschungen. Nach einer Hausdurchsuchung am 7. Mai 1887 wurde er als Hauptschuldiger verdächtigt und bis 10. August 1887 in Untersuchungshaft gehalten. Im Prozess am 10. und Freitag dem 11. November 1887 wurde er des erwerbsmäßigen Wuchers angeklagt und zu acht Monaten Arrest sowie einer Geldstrafe von 1.500 Gulden oder hundertfünfzig Tagen Arrest verurteilt. Seine Nichtigkeitsbeschwerde wurde am 16. März 1888 vom Kassationsgerichtshof abgewiesen, das Urteil bestätigt.

  • Wien 3., Mohsgasse 33 (letzte Wohnadresse und Sterbeadresse)
Karte
  • 1

    Vgl. Ferdinand Siegmund (1829–1902): Die Wunder der Physik und Chemie. Für Leser aller Stände gemeinfaßlich bearbeitet von Ferdinand Siegmund. Mit 100 Illustrationen« (Wien – Pest [Budapest] – Leipzig: A. Hartleben’s Verlag 1880, VIII, 960 S.