Josef Trostler (1852–1917)
Persönliche Daten
Biographie
Der Lithograf und Buchdrucker Josef Trostler war Inhaber der durchaus angesehenen Druckerei Josef Trostler in Wien 6., Gumpendorfer Straße 95.
Die Richter-Affäre. März bis Mai 1882
Der Schuhmachergehilfe Johann Richter (1852–nach 1932) übergab Ende März 1882 Josef Trostler in dessen Druckerei in Wien 6.,, Gumpendorfer Straße 95, einen fertigen, aus der Schweiz eingeschmuggelten Letternsatz zum Druck von 20.000 Exemplaren des Flugblatts »Lebenszeichen«1 und leistete 60 Gulden Anzahlung.Der Drucker übergab die Bürstenabzüge der Polizei, welche Richter am 11. April 1882 verhaftete. Er wurde im Prozess, der am 25. Mai 1882 vor dem Schwurgericht Wien, in der auch Josef Trostler als Zeuge auftrat, in geheimer Verhandlung der Verbrechen des Hochverrats, der Majestätsbeleidigung und der Störung der öffentlichen Ruhe sowie mehrerer Vergehen gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung angeklagt. Richter gab an, den Druck im Auftrag des seit 12. März 1882 in Zürich / Zurich / Zurigo (Kanton Zürich) lebenden Schneidergehilfen und Redakteurs Ignaz Formanek (1854–nach 1905) geordert zu haben. Johann Richter wurde von den Geschworenen einstimmig zu zwölf Jahren schwerem Kerker verurteilt. Die Radicalen reagierten auf dieses harte Urteil am 30. Mai 1882 mit dem Flugblatt »Justizstrolche«.2 Und aus Rache für Trostlers Denunziation kam es im März 1886 zur so genannten Trostler-Affäre.
Die Trostler-Affäre. April 1886
Der Pfeifenschneidergehilfe Thomas Zoppoth (1866–1906), der Stuckateurgehilfe Leopold Kaspari (1861–1891), der Fleischausträger Heinrich Rischawy (1858–1942) und der Webergehilfe Johann Wawrunek (1849–?) versuchten im April 1886 in der Nacht, nach 22 Uhr, die Eingangstür der Druckerei des Josef Trostler (1852–1917) in Wien 6., Gumpendorfer Straße 95, aufzubrechen, um zu Lettern für eine geheime Druckerpresse zu gelangen. Josef Trostler wurde ausgewählt, weil durch seine Zeugenaussage der Schuhmachergehilfe Johann Richter (1852–nach 1932) am 25. Mai 1882 zu zwölf Jahren schwerem Kerker verurteilt worden war. Mit den Lettern sollten, wie Zoppoth später aussagten, Flugblätter hergestellt werden, weil die Arbeiter keine Möglichkeit zur Meinungsäußerung hätten. Da man sich so spät für den Einbruch entschied, sei dieser Plan ins Wasser gefallen. Josef Trostler erhielt von diesem Einbruchsversuch, der so genannten Trostler-Affäre, erst im Oktober 1886 im Zuge seiner Vorladung beim Landesgericht Wien Kenntnis.
Es dauerte lange, bis die Polizei den Tätern der so genannten Trostler-Affäre auf die Spur kam. Im Zuge der so genannten Brandleger-Affäre vom 3. und 4. Oktober 1886 holte die Polizei nach wochenlangen Beobachtungen zum großen Schlag gegen die Wiener Sozialrevolutionäre aus. Noch in der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 1886 konnten acht Sozialrevolutionäre verhaftet werden, und innerhalb der nächsten Woche folgten weitere sieben. Im Zusammenhang mit der so genannten Trostler-Affäre wurden Leopold Kaspari, Heinrich Rischawy, Johann Wawrunek und Thomas Zoppoth verhaftet.
Vom 21. bis 28. März 1887 fand vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Wien der große so genannte Anarchisten-Prozess gegen siebzehn Sozialrevolutionäre statt. Verhandelt wurden die so genannte Reich-Affäre vom 18. Juni 1885, die so genannte Tyll-Affäre vom 3. August 1885, die so genannte Dynamit-Affäre vom 14. März 1886, die so genannte Linke-Affäre vom März 1886, die so genannte Trostler-Affäre vom April 1886 und die so genannte Brandleger-Affäre vom 3. und 4. Oktober 1886. Leopold Kaspari wurde des Verbrechens der Mitschuld an der Brandlegung, der Verbrechen nach den §§ 5 und 6 des Gesetzes vom 27. Mai 1886, betreffend Anordnungen gegen den gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen und die gemeingefährliche Gebarung mit denselben, und des Verbrechens des versuchten Diebstahls angeklagt und im Sinne der Anklage zu sechzehn Jahren schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt. Johann Wawrunek wurde des Verbrechens der Mitschuld an der Brandlegung, der Verbrechen nach den §§ 5 und 6 des Gesetzes vom 27. Mai 1886, betreffend Anordnungen gegen den gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen und die gemeingefährliche Gebarung mit denselben, und des Verbrechens des versuchten Diebstahls angeklagt und im Sinne der Anklage zu fünfzehn Jahren schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt. Thomas Zoppoth wurde des Verbrechens des versuchten Diebstahls angeklagt und im Sinne der Anklage zu einem Jahr schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt. Heinrich Rischawy wurde des Verbrechens des versuchten Diebstahls angeklagt und im Sinne der Anklage zu sechs Monaten schwerem Kerker, verschärft mit einem Fasttag im Monat, verurteilt.
Leopold Kaspari verstarb im Gefängnis Stein [zu Krems an der Donau] (Niederösterreich).
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Autor: Reinhard Müller
Version: Mai 2025
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