Josef Pongratz (1852–)

Persönliche Daten
Namensvarianten
ungarische Namensform: József Pongrátz
Deckname: Bukovics
Deckname: Reßler
Deckname: Emil Trautz
Deckname: Emil Troitz
Geburtsdatum
1852
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch
Biographie

Josef Pongratz, außerehelicher Sohn einer Magd, war gelernter Gärtner, war aber zunächst vor allem als Kleinkrimineller aktiv. Schon während seines Militärdienstes wurde er zweimal abgestraft. Als er 1873 eine Gefängnisstrafe in der Strafanstalt Suben (Oberösterreich) absaß, soll er hier den Bronzearbeitergehilfen Johann Dürschner (1856–1886) kennen gelernt haben. Nach seiner Haftentlassung wurde Josef Pongratz 1873 als gefährlicher Verbrecher aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) ausgewiesen.

1875 wurde Josef Pongratz vom Stadtgericht Stuttgart (Württemberg [Baden-Württemberg]) wegen zweier Einbruchdiebstehle zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Bald nach seiner Freilassung wurde er im Mai 1878 vom Bezirksgericht München (Bayern) wegen desselben Delikts zu eineinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt.

Nach Ungarn zurückgekehrt, wurde Josef Pongratz am 14. Oktober 1881 vom Gerichtshof Budapest (Ungarn) wegen Diebstahls zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 6. November 1882 gelang Pongratz zusammen mit fünf anderen Häftlingen die Flucht aus der Strafanstalt Lipótvár / Leopoldstadt (Ungarn [Leopoldov, Slowakei]).

Josef Pongratz flüchtete über Wien nach Deutschland, wo er in Ulm (Württemberg [Baden-Württemberg]) oder Augsburg (Augsburg) teils falsche, teils echte Dokumente auf die Namen »Bukovics«, »Reßler«, »Emil Trautz« und »Emil Troitz« kaufte.

Im Jänner 1883 kam Josef Pongratz trotz der noch immer gültigen Ausweisung von 1873 nach Wien, wo er unter dem Namen »Emil Troitz« lebte. Josef Pongratz arbeitete in Wien als Fensterputzer bei einem Reinigungsinstitut. Am 15. November 1883 wurde er von seinem Chef entlassen, weil er angeblich zweimal versucht hatte, bei diesem einzubrechen. Am Tag nach seiner Entlassung soll er dann seinem ehemaligen Chef mit dem Erstechen bedroht haben. Pongratz, Er war zu diesem Zeitpunkt bereits wegen Betrugs, Diebstahls und Wachebeleidigung mehrfach abgestraft.  wurde daraufhin im Dezember 1883 wegen öffentlicher Gewalttätigkeit und schwerer körperlicher Beschädigung in das Landesgericht Wien eingeliefert. Dieses musste allerdings die Untersuchung aus Mangel an Beweisen einstellen und ihn am 5. Jänner 1884 entlassen. Allerdings wurde er wurde aus sämtlichen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern (also der österreichischen Reichshälfte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) ausgewiesen. Nach Ungarn abgeschoben, kehrte Pongratz sofort nach Wien zurück, wo er unter dem Namen »Emil Troitz« in Wien 6., Magdalenenstraße 32, wohnte.

Am 10. Jänner 1884 wurde die Eisert’sche Wechselstube in Wien 6., Mariahilfer Straße 55, von zwei oder drei Männern überfallen.1 Dabei wurden der Besitzer Heinrich Eisert sen. (~1838–1884) sowie dessen Kinder Heinrich Eisert jun. (~1873–1884) und Rudolf Eisert (~1875–1884) ermordet, die anwesende Französischlehrerin der Kinder, Karoline Berger (~1819–?), schwer verletzt.Zunächst vermutete die Polizei keinen politischen, sondern einen rein kriminellen Hintergrund für den Raubmord. Am 11. Jänner 1884, um 21 Uhr, wurde unter dem Verdacht der Mittäterschaft am Überfall der Gärtner und nunmehr arbeitslose Fensterputzer Josef Pongratz in der Wohnung seiner Schwester, der Handarbeiterin Marie Srb, in Wien 6., Mariahilfer Straße 8, verhaftet und ins Polizeikommissariat Mariahilf, Wien 6., gebracht und früh morgens am 12. Jänner 1884 in das Polizeigefangenenhaus in der Theobaldgasse, Wien 6., überstellt. Am 21. Jänner 1884 wurde er gemeinsam mit dem ebenfalls als Mittäter verdächtigten, am 12. Jänner 1884 verhafteten Bronzearbeitergehilfen Johann Dürschner ins Landesgericht Wien eingeliefert. Beide wurden von Zeugen agnosziert oder zumindest als den Tätern ähnlich sehend bezeichnet, etwa von Heinrich Eisert jun., der im Spital vor seinem Tod noch verhört werden konnte und dem die beiden Verhafteten vorgeführt wurden. Josef Pongratz wurde erst Mitte März 1884 von der Beteiligung am Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube entlastet.

Später wurden wegen des Überfalls auf die Eisert’sche Wechselstube der Buchbindergehilfe Anton Kammerer (1862–1884), der die Tat angeblich gestanden haben soll, und der Schuhmachergeselle Hermann Stellmacher (1853–1884), der seine Tatbeteiligung nicht bekannte, zum Tod verurteilt und hingerichtet.

Allerdings wurde Josef Pongratz wegen eines mittlerweile nachgewiesenen Raubes weiter in Haft behalten. Schon am 12. Jänner 1884 wurde er im Zuge des Verhörs wegen des Überfalls auf die Eisert’sche Wechselstube als Beteiligter am Überfall auf den Privatier Samuel Kohn in Wien 6., Rahlgasse 6, am 18. Dezember 1883 vom Überfallenen eindeutig agnosziert. Am 23. und 24. Mai 1884 fand vor dem Ausnahmsgerichtshof Wien der Prozess gegen Josef Pongratz und Johann Dürschner statt. Pongratz wurde des Verbrechens des Raubes, des teils versuchten, teils vollbrachten Diebstahls, wegen Übertretung des Betrugs, der leichten Körperverletzung, der Falschmeldung und der Reversion angeklagt, Dürschner der Mitschuld am Diebstahl. Außer dem Überfall auf Samuel Kohn, bei dem Dürschner beteiligt gewesen sein soll, wurden Pongratz Einbruchsversuche bei seinem ehemaligen Arbeitgeber im Reinigungsinstitut und bei einem Spirituosenhändler sowie Einbruchdiebstehle bei der Inhaberin eines Branntweingeschäfts und in einer Wohnung angelastet. Dazu kam, dass er beim Zechprellen einem Kellner Schläge mit einem Stemmeisen versetzt habe; er wurde damals zwar verhaftet, aber als unbescholtener Herr namens »Bukovics« wieder entlassen. Schließlich wurde er noch der Delikte Falschmeldung und unerlaubte Rückkehr angeklagt. Dürschner wurde freigesprochen, Pongratz wegen Diebstahls und einiger ihm angelasteten Übertretungen zu sechs Jahren schweren Kerker und anschließendem Landesverweis verurteilt; das Urteil wurde am 13. Juni 1884 vom Oberlandesgericht Wien bestätigt.

Adressen

  • Wien 6., Magdalenenstraße 32 (1884)
Karte
  • 1

    Zum Überfall auf die Eisert’sche Wechselstube siehe die Biografie von Heinrich Eisert sen. (~1838–1884).