Alois Ketzlik (1886–1938)

Persönliche Daten
Namensvarianten
das ist Alois Keclik
in der Sowjetunion: Алоиз Адольфович Кецлик [Alois Adolfowitsch Ketslik]
Geburtsdatum
23. November 1886
Geburtsort
Sterbedatum
20. August 1938

Vater: Adolf Keclik: Bäckergehilfe; emigrierte 1887 in die USA; Heirat mit:
Mutter: [?] Keclik: Köchin, Näherin und Wäscherin
Ehe: in Wien im März 1931 mit Erna Schwarzfeld (Wien 5. Dezember 1904 – Wien 24. Dezember 1986), Tochter eines Kaufmanns: Bibliothekarin und Malerin; emigrierte 1934 in die Sowjetunion, 1945 Rückkehr nach Wien
Kinder: keine
Lebensgefährtin: in der Sowjetunion Margarete Mengel (Düsseldorf, Preußen [Nordrhein-Westfalen] 12. Mai 1901 – Butowo ‹Бутово› in Moskau ‹Москва›, Sowjetunion [Russland] 20. August 1938, hingerichtet)

Biographie

Alois Ketzlik wuchs bei seiner Mutter, einer Näherin und Wäscherin, auf. Er schloss sich, nachdem er seine 1900 begonnene Lehre als Buchdrucker absolviert hatte, zunächst der Sozialdemokratie an und trat der Grafikergewerkschaft bei, wo er sich der Opposition gegen die so genannten Reformisten anschloss.

Erst durch Alois Ketzliks Bekanntschaft mit Rudolf Großmann alias Pierre Ramus (1882–1942) stieß er zur anarchistischen Bewegung. Nachdem er für seine Geliebte und ein Kind zu sorgen hatte, begab sich der arbeitslose Ketzlik im Mai 1913 in die Schweiz nach Bümpliz [Bümpliz-Oberbottingen, zu Bern] (Kanton Bern).1 Er kehrte aber bald nach Wien zurück, wo er im September 1913 verantwortlicher Redakteur der Zeitung »Zukunft!« (Wien) wurde und enge Freundschaft mit Karl F. Kocmata (1890–1941) schloss. 1917 erinnerte sich Kocmata an die mit dem Arbeiterdichter, der damals in Korneuburg (Niederösterreich) lebte, gemeinsam verbrachte Zeit: »Mit Alois Ketzlik […] freute ich mich der Schönheiten des Sommertages, mit ihm konnte ich mich erhitzen und mit ihm fror ich im Winter. Mit ihm pilgerte ich zur Volksküche und gemeinsam tranken wir den Humpen Wermut. Einer lieh dem Andern Geld und Schuhe, wir schliefen oft in einem Bett und lagen im Klosterneuburger Strandbad unter einer Sonne. Kochten uns fettarme Maggisuppen und praßten gelegentlich drauf los: Uns wollte Einer das Leben lernen? Uns wollte vielleicht Irgendwer sagen, was Romantik wäre? Von der Boheme wollte uns im Ernst Jemand vorschwatzen?«2 Und resümierend meinte er, »an diesen Alois Ketzlik glaube ich. Seine Bescheidenheit ist ein Beweis der Tiefe und der Echtheit seiner Gefühle. Sein Künstlertum ist ihm nicht für Geld feil: er verschenkt seine Dichtungen«.3 Noch 1918 kündete Kocmata seinen Freund Ketzlik als Autor seiner Schriftenreihe »Das neue Gedicht« im Verlag des »Ver!« an, doch ist dieser Band nicht erschienen.

Gegen Ende des Ersten Weltkriegs wandte sich Alois Ketzlik dem linken Flügel der Sozialdemokratie zu, wurde in den Soldaten-, Arbeiter- und Betriebsrat gewählt und mit 1. Jänner 1919 Mitglied der »Kommunistischen Partei Deutschösterreichs«, dessen Zentralkomitee er 1922 bis 1932 angehörte. Er war 1922 verantwortlicher Schriftleiter der Zeitung »Der Rote Gewerkschafter. Organ für die Tätigkeit der Kommunisten in den Gewerkschaften und Betriebsräten. Herausgegeben von der Kommunistischen Partei Österreichs« (Wien) und vom August 1923 bis Jänner 1924 Redakteur des Parteiorgans »Die Rote Fahne« (Wien). Außerdem war er 1924 bis 1933 Mitglied der Kammer für Arbeiter und Angestellte in Wien.

Im Juli 1933 begab sich Alois Ketzlik in die Sowjetunion, wo er ab Dezember 1933 in Moskau ‹Москва› (Sowjetunion [Russland]) Gewerkschaftsredakteur des Organs der deutschen Sektion der Kommunistischen Internationale »Deutsche Zentral-Zeitung« (Moskau) war. Am 4. Februar 1938 im Zuge der so genannten Stalinistischen Säuberungen verhaftet, wurde er am 29. Juli 1938 zum Tod durch Erschießen verurteilt und am 20. August 1938 hingerichtet. Ketzlik, für den die sowjetischen Behörden einen falschen Totenschein auf den 20. August 1944 ausgestellten, wurde am 19. Dezember 1956 durch das Militärkollegium des Obersten Gerichts der Sowjetunion rehabilitiert.

Bücher und Broschüren

  1. Im Alltagsgrau. Lieder eines Proleten. Leipzig: Lyriker-Verlag 1914, 31 S.
  2. Lohnkampf und Politik. Wien: Arbeiterbuchhandlung 1925 (= Revolutionäre Propagandaschriften. 1.), 39 S.
  3. Die Alters- und Invalidenversicherung. Der Gesetzentwurf der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion und die Abänderungsanträge der Kommunistischen Kammerfraktion. Wien: Arbeiterbuchhandlung 1925 (= Revolutionäre Propagandaschriften. 2.), 22 S.

Periodika

  1. Zukunft! (Wien), 3. Jg., Nr. 24 bis 31 (16. September 1913 – 25. Dezember 1913), 1. Jg. (1922): verantwortlicher Redakteur.
  2. Der Rote Gewerkschafter. Organ für die Tätigkeit der Kommunisten in den Gewerkschaften und Betriebsräten. Herausgegeben von der Kommunistischen Partei Österreichs (Wien), 3. Jg. (1922): verantwortlicher Schriftleiter.
Karte
  • 1

    Vgl. Alois Ketzlik: Brief an [Rudolf] Großmann [alias Pierre Ramus] in [Klosterneuburg]. Bümpliz bei Bern [zu Bern], am 17. Mai 1913, im Nachlass Pierre Ramus, Mappe 186, im Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis, Amsterdam.

  • 2

    Karl F. Kocmata (1890–1941) / Theodor Peter (1888–?): Alois Ketzlik, der Arbeiter und Dichter, in: Ver! (Wien), [1]. Jg., H. 3 (15. September 1917), S. 41–44, hier S. 42; vgl. auch K. F. K. [d. i. Karl F. Kocmata]: Kunstnachrichten [/]Karl Dopf und Alois Ketzlik […], in: Neue Bahnen (Wien), 2. Jg., Nr. 9 (24. März 1917), S. [4].

  • 3

    Karl F. Kocmata (1890–1941) / Theodor Peter (1888–?): Alois Ketzlik, der Arbeiter und Dichter, in: Ver! (Wien), [1]. Jg., H. 3 (15. September 1917), S. 43. Zu Alois Ketzliks Rolle als Anhänger des Anarchosyndikalismus vgl. Karl F. Kocmata: Nicht nur die Arbeit, in: Zukunft (Wien), 3. Jg., Nr. 31 (25. Dezember 1913), S. 5.