Josef Kittler (1853–1893)

Persönliche Daten
Geburtsdatum
1853
Sterbedatum
15. Januar 1893
Sterbeort
Religionsbekenntnis
römisch-katholisch
Berufe

Ehe: keine
Kinder: keine

Biographie

Josef Kittler absolvierte eine Lehre als Bäcker und schloss sich als Bäckergehilfe der radicalen Arbeiterbewegung in Wien an. Angeblich war er 1884 Mitglied des Exekutivkomitees der Radicalen.

Am 21. Jänner 1884 kam es in Wien wieder zu einem so genannten Bäckerrummel. Am Nachmittag sollte im Magistrat die Wahl des Genossenschaftsausschusses der Bäcker stattfinden. Weil nicht alle Gehilfen Einladungen erhalten hatten, musste die Wahl vertagt werden. Daraufhin zogen mehrere hundert Bäckergehilfen singend durch die Renngasse und Strauchgasse in Wien 1. Gegen 21 Uhr marschierten neuerlich Bäckergehilfen, diesmal etwa vierhundert, durch die Lerchenfelder Straße zur Josefstädter Straße in Wien 8., wo sie vor dem Haus Nummer 81, dem Wohnsitz des Vorstandstellvertreters der Genossenschaft der Bäcker, dem Bäckermeister Johann Müller, Aufstellung nahmen. Rufe wie »Haut’s ihm die Fenster ein!« wurden laut. Die Wachebeamten konnten die Versammlung zwar friedlich auflösen, doch sammelte sich neuerlich ein Trupp und zog zum Bäckermeister Franz Skalnik in Ottakring (Niederösterreich [zu Wien 16.], Ottakringer Hauptstraße 31 [Ottakringer Straße], wo dann auch eine Scheibe zu Bruch ging. Vier Bäckergehilfen, die der Aufforderung, sich zu zerstreuen, nicht nachkamen, wurden verhaftet, darunter Josef Kittler. Am 5. Februar 1884 fand vor dem Landes- als Erkenntnisgericht Wien in geheimer Verhandlung der Prozess gegen die vier Bäckergehilfen wegen Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit im Sinne des Aufruhrs und gegen einen wegen Vergehens der Ruhestörung anlässlich des so genannten Bäckerrummels statt. Josef Kittler, der während des Tumults sozialistische Druckschriften verteilt hatte und in dessen Besitz man einen scharf geschliffenen Dolch gefunden hatte, wurde wegen Übertretung des Waffenpatents und des Pressegesetzes zu vierzehn Tagen strengem Arrest verurteilt.

Am 14. August 1886 wurde in Wien das vor Ort hergestellte Flugblatt »Im August – 1886. Lebenszeichen der Anarchisten, Arbeiter! Brüder.« verbreitet, in welchem die Sozialrevolutionäre auch auf das Anarchistengesetz vom 27. Juni 1886 eingingen.1 Am Abend des 14. August 1886 wurde Josef Kittler auf dem Nachhauseweg von der Arbeit auf dem Rennweg (Wien 3.) wegen seines angeblich verwahrlosten Aussehens von einem Wachmann angehalten. Nachdem dieser bei Kittler zweihundertsechzig Exemplare des Flugblatts in seinem Bäckerkorb fand, wurde er verhaftet. Am 29. Oktober 1886 fand vor dem Landes- als Ausnahmsgericht Wien der Prozess gegen Josef Kittler und gegen den am 15. August 1886 um 1 Uhr nachts verhafteten Schuhmachergehilfen Johann Sekanina (~1861–?) statt, die erste Verhandlung auf Grundlage des Anarchistengesetzes vor dem Ausnahmsgerichtshof. Sie wurden in geheimer Verhandlung des Verbrechens des Hochverrats angeklagt, begangen durch die Verbreitung des Flugblatts »Im August – 1886. Lebenszeichen der Anarchisten, Arbeiter! Brüder«. Im Sinne der Anklage wurden Josef Kittler zu sechs, Johann Sekanina zu vier Jahren schwerem Kerker, jeweils verschärft durch einen Fasttag im Monat, verurteilt.

Josef Kittler, der nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis keine Arbeit finden konnte, verstarb am 15. Jänner 1893 im städtischen Versorgungshaus in Wien 9., Spitalgasse 23 [Lazarettgasse 14], an Tuberkulose.

  • Wien 8., Lerchenfelder Straße 80 (1883)
  • Wien 15., Beingasse 17 (letzte Wohnadresse)
  • Wien 9., städtisches Versorgungshaus, Spitalgasse 23 [Lazarettgasse 14] (Sterbeadresse)
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