Emanuel Doktor (1844–1925)

Persönliche Daten
Namensvarianten
falsche Namensschreibweise: Emanuel Dokter
Geburtsdatum
28. August 1844
Sterbedatum
9. April 1925
Sterbeort
Religionsbekenntnis
israelitisch, dann konfessionslos
Biographie

Emanuel Doktor war ein gelernter Ofensetzer. Als er als Hafnergehilfe nach Wien kam, gründete er 1870 den »Fortbildungs-, Kranken- und Unterstützungsverein der Hafner Niederösterreichs« in Atzgersdorf (Niederösterreich [zu Wien 23.]) und war dessen Obmann bis zur freiwilligen Auflösung gemäß Beschluss der Generalversammlung vom 2. Juli 1876. 1876 wurde Emanuel Doktor wegen Übertretung nach § 411 Strafgesetz zu einer Woche Arrest verurteilt. Am 6. Februar 1880 wurde Doktor, mittlerweile Obmann des »Arbeiter-Bildungs-Vereins in Atzgersdorf«, in Atzgersdorf wegen Verbreitung der verbotenen Flugschrift »Die Zeiten sind schlecht«1 verhaftet und nach Wien eskortiert. Es war dies die erste Festnahme eines Angehörigen der radicalen Arbeiterbewegung wegen Verbreitung in London (England) hergestellter sozialistischer Druckwerke in Österreich. Wieder freigelassen, wurde er bereits am 22. März 1880 anlässlich der Vorfälle bei der Feier für die so genannten Märzgefallenen von 1848 am 13. März 1880 neuerlich verhaftet und vorübergehend in das Landesgericht Wien eingeliefert. Am 23. April 1880 fand vor dem Landes- als Schwurgericht Wien der Prozess gegen Emanuel Doktor und den Schneidergehilfen Ármin Práger (1851–1905) statt. Sie wurden wegen der Verbreitung der verbotenen Flugschrift »Die Zeiten sind schlecht« der Verbrechen des Hochverrats sowie der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung angeklagt. Doktor wurde zwar freigesprochen, doch hatte der Prozess dennoch Folgen. Mit Erlass des Bezirkshauptmanns von Sechshaus (Niederösterreich [zu Wien 15.]) vom 28. September 1880 wurde der »Arbeiter-Bildungs-Verein in Atzgersdorf«, der erst am 29. August 1880 sein erstes Gründungsfest gefeiert hatte, als staatsgefährlich behördlich aufgelöst. Eines der beiden Hauptargumente dafür war der Umstand, dass der Obmann des Vereins, Emanuel Doktor, Umgang mit hochverräterischen Schriften habe.

Am 10. September 1884 wurde Emanuel Doktor, mittlerweile als Geschirrhändler tätig, aufgrund der Aussage des Schlossergehilfen Karl Stummvoll (1857–?) neuerlich verhaftet und vor Gericht gestellt. Diesmal war es im Hochverratsprozess gegen zwanzig Radicale, der vom 26. bis 29. November 1884 vor dem Ausnahmsgericht Wien stattfand. Wegen Betreibens der geheimen Druckerei von Neulerchenfeld (Niederösterreich [zu Wien 16.]), in welcher unter anderem die Untergrundzeitung »Die Zukunft« [Wien] vom 9. August 1884 gedruckt worden war, lautete die Anklage auf Verbrechen des Hochverrats, der Majestätsbeleidigung, der Beleidigung von Mitgliedern des kaiserlichen Hauses, der Religionsstörung sowie der Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung. Doktor selbst habe sich der Verbreitung der dort hergestellten Druckwerke schuldig gemacht und wurde zu drei Jahren schwerem Kerker, verschärft durch einen Fasttag monatlich, verurteilt. Seit März 1886 kursierte das – im April 1886 widerlegte – Gerücht, der berüchtigte Polizeikommissär Bernhard Frankl (1876–1907) habe Emanuel Doktor versprochen, dass er im Prozess frei gehe, wenn er die Namen seiner Genossen bekanntgebe, worauf Doktor einige Namen weitergegeben haben soll. Obwohl nie bewiesen, war dadurch der Ruf von Emanuel Doktor in der radicalen Arbeiterbewegung ruiniert.

Emanuel Doktor schloss sich nach seiner Freilassung zunächst dem gemäßigten Flügel der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs«, 1889 der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« an, wo er lange Zeit in der Wiener Bezirksorganisation Leopoldstadt aktiv war.

Adressen

  • Wien 5., Spengergasse 20 (1883)
  • Wien 2., Glockengasse 10 (1884–1886)
  • Wien 2., Glockengasse 8 A (Sterbeadresse) 
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