Edmund Redisch (1900–1986)
Persönliche Daten
Familienverhältnisse
Mutter: Feige Redisch (Zurawno, Galizien und Lodomerien [Schurawno / Журавно, Ukraine] 5. Dezember 1871 – Wien 23. Februar 1902), Tochter einer Magd und eines Ochsentreibers: Fleischhändlerin
Vater: vermutlich Jakob Krisnagelber (Stanislau; Galizien und Lodomerien [Iwano-Frankiwsk / Івано-Франківськ, Ukraine] 23. März 1859 – ?): Fleischhauermeister
Ehe: mit [?]
Tochter: Gertrude Maria Therese Redisch, verheiratete Maria Blackburn (Wien um 1921 – Newport Pagnell, England 17. August 2010): Lehrerin an der Ousedale Secondary School
Biographie
Edmund Redisch, unehelicher Sohn der Fleischhändlerin Feige Redisch (1871–1902), war noch keine drei Jahre alt, als er nach dem Tod seiner an Lungentuberkulose verstorbenen Mutter Vollwaise wurde. Er meldete sich 1916 freiwillig zum Kriegsdienst und kämpfte 1920 auf Seite der ukrainischen Nationaltruppen gegen Polen. Nach Österreich zurückgekehrt, wurde der gelernte Webergehilfe Bediensteter bei den Österreichischen Bundesbahnen, aber anlässlich des Streiks der Eisenbahner 1921 aus dem Rechtsschutz- und Gewerkschaftsverein ausgeschlossen. Redisch, der am 13. Oktober 1921 aus dem Judentum austrat, wurde nun Mitglied der »Kommunistischen Partei Österreichs« und Internationaler Korrespondent von deren oppositionellem Block revolutionärer Eisenbahner.
1924 wurde Edmund Redisch Mitglied des »Bundes herrschaftsloser Sozialisten« und war 1924 bis 1925 Mitglied des »Aktionskomitees des Bundes herrschaftsloser Sozialisten Wien«. 1925 aus dem »Bund herrschaftsloser Sozialisten« ausgeschlossen, war er 1929 Mitbegründer der Gewerkschaft »Freie Arbeiter-Union Österreichs (Anarcho-Syndikalisten)« und 1929 bis 1931 verantwortlicher Redakteur der von ihm gegründeten Zeitung »Der Taxichauffeur« (Wien). Anlässlich des für den 24. Februar 1929 angekündigten Heimwehraufmarsches forderte Redisch, nunmehr Taxichauffeur, in einer Versammlung der »Kommunistischen Partei Österreichs« am 22. Februar 1929 im Namen der »Freien Arbeiter-Union Österreichs (Anarcho-Syndikalisten)« die Anwesenden zur Störung der öffentlichen Ruhe und zum Widerstand gegen behördliche Anweisungen auf. Er wurde deshalb verhaftet und befand sich zwei Wochen in Untersuchungshaft. Am 11. Juni 1929 wurde er vor dem Geschworenensenat im Landesgericht I wegen Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit durch Störung der öffentlichen Sicherheit sowie wegen Übertretung der Wachebeleidigung angeklagt, jedoch von den Geschworenen freigesprochen, erhielt aber wegen einer Äußerung während des Prozesses eine Disziplinarstrafe von 20 Schilling. Während des Prozesses hatte sich Redisch zur Gewaltlosigkeit bekannt und die Propagierung des gewaltlosen Widerstands verteidigt. Schon im Juni 1929 musste er sich neuerlich, diesmal vor dem Gericht in Wien-Favoriten, verantworten, und zwar wegen einer Amtsehrenbeleidigung. Anlässlich eines Vortrags, den Redisch in Wiener Neustadt (Niederösterreich) gehalten hatte, waren polizeiliche Untersuchungen eingeleitet worden, wobei er den ihn in seiner Wohnung erhebenden Wachebeamten beleidigt haben soll. Redisch wurde zu 20 Schilling Geldstrafe, eventuell drei Tage Arrest, verurteilt. Die im November 1930 vom »Bund herrschaftsloser Sozialisten« gegen Redisch erhobenen Vorwürfe, ein Lügner, Verleumder und Förderer des Faschismus zu sein, wurden jedoch in einer öffentlichen Erklärung im Jänner 1932 zurückgenommen. Im November 1930 musste sich Redisch vor dem Pressgericht als verantwortlicher Redakteur der Zeitung »Der Taxichauffeur« (Wien) wegen einer Klage des freigewerkschaftlichen Gehilfenobmanns Adolf Pergler verteidigen und wurde zu 600 Schilling Geldstrafe, eventuell zwei Wochen Arrest, verurteilt. Und am 15. Dezember 1930 musste sich Redisch vor dem Pressgericht anlässlich eines Artikels in der Zeitung »Der Taxi-Chauffeur« (Wien) wegen Beleidigung des Bundesheeres verantworten und wurde wegen Vernachlässigung der pflichtgemäßen Obsorge zu einer Geldstrafe von 250 Schilling verurteilt. Auch am 5. März 1931 stand er neuerlich vor dem Pressgericht, doch wurde die Verhandlung zur Ergänzung des Wahrheitsbeweises vertagt. Redisch, nunmehr arbeitslos, schloss sich dem »Selbsthilfebund ›Rotfront‹ der Arbeitslosen« an, in dessen Rahmen er in einem seiner letzten öffentlichen Auftritte am 8. Juli 1932 gemeinsam mit Franz Mattl (?–1936) über »Unser Weg zu Brot und Freiheit« sprach.
1939 flüchtete Edmund Redisch nach Großbritannien, wo sich mit Hilfe der Quäker bereits ab Februar 1939 seine Ehefrau und seine Tochter befanden. Edmund Redisch wurde kurz nach seiner Ankunft auf der Isle of Man interniert, kämpfte im Zweiten Weltkrieg im Pioneer Corps der britischen Armee und wurde am 3. Jänner 1947, damals in Holmbridge, West Yorkshire (England), wohnhaft, unter dem Namen »Edward Redcliffe« britischer Staatsbürger.
Adressen
Wien 18., Martinstraße 53 (Geburtsadresse)
Wien 10., Columbusgasse 25/2/19 (1923)
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Autor: Reinhard Müller
Version: Juni 2024
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