Arnold Aleksandrowicz (1888–1944)

Persönliche Daten
Namensvarianten
später auch: Arnold Alexandrowicz
Pseudonym: A. Ex.
Pseudonym: Prof. A.
Geburtsdatum
18. April 1888
Sterbedatum
April 1944
Religionsbekenntnis
israelitisch

Ehe: in Wien 1913 mit Frida Weiß (Wien 1. Dezember 1891 – Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Generalgouvernement [Brzezinka (powiat oświęcimski), Polen] April 1944, ermordet): Hausfrau und Kauffrau
Sohn: Heinz Alexandrowicz; ab 193?: Henri Alexandrowicz (Wien 16. September 1923 – Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Generalgouvernement [Brzezinka (powiat oświęcimski), Polen] April 1944, ermordet): Feinmechaniker

Biographie

Arnold Aleksandrowicz wandte sich schon früh der Schriftstellerei zu. Noch aus Mährisch-Ostrau (Mähen [Ostrava, Tschechien]) sandte er Manuskripte an den Wiener Schriftsteller Arthur Schnitzler (1862–1931), der in seinem Tagebuch am 13. Oktober 1909 festhielt: »dramatische Versuche; durchaus talentlos«;1 und über das Manuskript der Tragikomödie »Venus vulgivaga« vermerkte er am 30. November 1911 schlicht und einfach: »Scheußlich«.2

Doch Arnold Aleksandrowicz ließ sich nicht entmutigen und übersiedelte als freier Schriftsteller 1911 nach Wien, wo er bereits am 17. Dezember 1911 im Rahmen des Wiener Schriftstellervereines »Die Scholle« im »Café Josef Siller« (Josef Siller) in Wien 1., Laurenzerberg 4, aus eigenen Werken las. Bald darauf freundete er sich mit Karl F. Kocmata (1890–1941) an und engagierte sich in dessen anarchistisch-literarischen Kreis. Aleksandrowicz  publizierte nicht nur in dessen Zeitungen »Zukunft!« (Wien) 1913 und »Revolution!« (Wien) 1919, sondern wurde auch Obmann des von ihm initiierten, im Oktober 1913 gegründeten und 1914 aufgelösten anarchistischen »Vereins für Ethik und Kultur ›Die Bresche‹«. 1913 heiratete er in Wien Frida Weiß (1891–1944), mit der er den Sohn Heinz Aleksandrowicz (1923–1944) hatte. Hauptberuflich war Aleksandrowicz 1914 bis 1920 Handelsschulprofessor für Sprachen, wurde aber 1916 zum Kriegsdienst einberufen.

1921 eröffnete Arnold Aleksandrowicz als Kaufmann eine Textilwarenhandlung, die vom 27. Februar 1923 bis 1928 als protokollierte Firma betrieben wurde, wobei sie allerdings erst am 29. Oktober 1935 offiziell gelöscht wurde. 1924 exponierte er sich als Anhänger von Prentice Mulford (1834–1891) und dessen Neugeist-Bewegung  (New Thought movement). So hielt er am 20. September 1924 in der Urania den Vortrag »Prentice Mulford, seine Lehre und seine Gemeinde«, den er am 10. Oktober 1924 beim »Neuen Frauenclub« in Wien 1., Tuchlauben 11, wiederholte.3 Aleksandrowicz rief im August 1924 zur Gründung eines »Prentice Mulford-Hauses« mit Theater, Lichtbühne, Bibliothek, Bad, Speisehalle usw. auf und kündigte die Zeitschrift »Weiße Magie – Im Geiste Mulfords« an,4 deren einzige Nummer 1924 unter dem Titel »Freude für Alle. Im Geiste Prentice Mulfords!« (Wien) erschien. Bemerkenswert war sein an Dadaismus und Psychodrama anklingendes Projekt eines »dramatischen Journals«. Er entwarf ein Szenarium, »das, in seiner Zusammensetzung von Monat zu Monat wechselnd, die charakteristischen Zeitereignisse in Form einer dramatischen Chronik vor dem Zuschauer Revue passieren läßt.« Dabei, hieß es, gelangten »in persiflierender und kritischer Einstellung Begebenheiten des Tages auf die Bühne, die wechselnde Bilder, Heiteres und Ernstes, zu einem Tableau ineinandergefügt, das gleichsam einen Spiegel der für den Zeitgeist typischen Ereignisse dargestellt. Es wird das Leben gespielt: eine Berichterstattung, die geeignet ist, mit ihren vorübereilenden Szenen bei dem durch die Zeitung bereits informierten Publikum den Eindruck des traumhaft Nacherlebten hervorruft. Das Neben- und Nacheinander soll so widerspruchsvoll sein wie die Wirklichkeit […]; ihre ursächliche Verknüpfung wird klar, wenn ›der meditierende Chronist‹ sie im Schlußworte zum Mosaik eines Zeitbildes zusammenfaßt.«5 Die erste Nummer dieses dramatischen Journals sollte nach einer mit dem »Verband österreichischer Künstler und Kunstfreunde« getroffenen Vereinbarung am 18. Jänner 1925, 20.00 Uhr, in den neueröffneten Künstlerspielen, Wien 1., Riemergasse 11, stattfinden.6 Doch auch dieses Projekt scheiterte. Stattdessen betrieb Aleksandrowicz von 1925 bis 1928 eine Agentur als Werbeberater zur tageweisen Übernahme der propagandistischen Leitung einzelner Firmen, während seine Ehefrau Frida Aleksandrowicz sich um die Textilwarenhandlung kümmerte. In diesen Jahren war er auch regelmäßiger Mitarbeiter der Zeitschrift »Seidls Reklame. Das Blatt für Werbewesen und Verkaufstechnik« (Berlin – Wien). 1927 zeichnete Arnold Aleksandrowicz als Herausgeber und Verleger der »Wertezimmer-Zeitung« (Wien).

1928 emigrierte das Ehepaar Aleksandrowicz mit seinem Sohn nach Belgien, wo Arnold Aleksandrowicz in Antwerpen / Anvers (Belgien) zur Gründung eines »Weltbundes für Humanitaets-Propaganda. Menschlichkeits-Reclame« aufrief. Am 19. Jänner 1944 wurden das Ehepaar Aleksandrowicz in Sint-Lambrechts-Woluwe / Woluwe-Saint-Lambert (Belgien) und sein Sohn, der Feinmechaniker Heinz Aleksandrowicz – nunmehr Henri Alexandrowicz –in Schaarbeek / Schaerbeek (Belgien) verhaftet und am 4. April 1944 vom SS-Sammellager Mecheln [Mechelen / Malines] (Belgien) in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort noch im selben Monat ermordet.

Adressen

Wohnung

  • Wien 9., Rotenlöwengasse 3 (Wohnung; 1911 bis 1928)

Firma: Textilwarenhandlung Aleksandrowicz

  • Wien 9., Rotenlöwengasse 3 (1921 bis 1923)
  • Wien 1., Wipplingerstraße 19 (1923 bis 1928)
  • Werbeberatung Arnold Aleksandrowicz:
  • Wien 9., Rotenlöwengasse 3 (1925 bis 1928)

Bücher und Broschüren

  1. Philister. Eine Tragikomödie in einem Aufzug. [Mährisch-Ostrau]: [Selbstverlag] [1909], 34 S., Maschinenschrift vervielfältigt.
  2. Venus vulgivaga. Tragikomödie in drei Aufzügen. Berlin – Leipzig: Modernes Verlagsbureau Curt Wigand 1912, 70 S. Das lateinische »Venus vulgivaga« bedeutet so viel wie herumschweifende Venus, also Freudenmädchen.
  3. Versuch zur Schaffung eines Weltbundes für Humanitaets-Propaganda. Menschlichkeits-Reclame. Warum und wie. [Berchem (Anvers)]: [Selbstverlag] [um 1933], 20 S.

Periodika

  1. Freude für Alle. Im Geiste Prentice Mulfords! (Wien), 1. Jg., Nr. 1 (1924), 31 S., Herausgeber.
  2. Wertezimmer-Zeitung (Wien), 2. Jg. (1927), Herausgeber und Verleger; Beilage zur »Sonderausgabe« der ab 1926 erschienenen Wochenzeitung: Der kluge Konsument und sein ärztlicher Berater. Unabhängige Wochenzeitung für die Gesamtinteressen des österreichischen Käufers und Verbrauchers (Wien).
Karte
  • 1

    Arthur Schnitzler (1862–1931): Tagebuch 1909–1912. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1981, S. 96.

  • 2

    Arthur Schnitzler (1862–1931): Tagebuch 1909–1912. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1981, S. 286.

  • 3

    Vgl. [anonym]: Vereine, in: Arbeiter-Zeitung [/] Morgenblatt (Wien), 36. Jg., Nr. 260 (20. September 1924), S. 15, und [anonym]: Neuer Frauenclub, in: Neues Wiener Tagblatt (Wien), 58. Jg., Nr. 280 (10. Oktober 1924), S. 7.

  • 4

    Vgl. [anonym]: Prentice Mulford, in: Der Tag (Wien), 3. Jg., Nr. 625 (24. August 1924), S. 8.

  • 5

    [Anonym]: »Das dramatische Journal« - eine neue Revue. Eine Tageschronik in Wort und Spiel, in: Der Tag (Wien), 3. Jg., Nr. 689 (28. Oktober 1924), S. 8.

  • 6

    Vgl. [anonym]: Das dramatische Journal, in: Der Tag (Wien), 3. Jg., Nr. 737 (18. Dezember 1924), S. 6.